Am 29. Mai 1660 feierte Charles II seinen 30. Geburtstag und seine triumphale Rückkehr nach London. Mit seiner Besteigung des englischen und irischen Königsthrones endete eine über zehn Jahre dauernde Periode republikanischer Regierung. Im Laufe der folgenden 25. Jahre spielten die Künste eine wichtige Rolle in der Legitimierung von Charles‘ Autorität als Herrscher.
Großbritannien | London:
The Queen's Gallery, Buckingham Palace
8.12.2017 – 13.5.2018
Nach 14 Jahren im Exil kehrte Charles II. (1630–1685) auf den Thron Englands und Irlands zurück.1 Er war sich der Bedeutung der Tradition bewusst und zeigte eine barocke Prachtentfaltung, die sein Recht auf den Thron und seine Position als Vorsteher der anglikanischen Kirche - vor allem auch gegenüber dem Parlament - bestätigen sollte. So beauftragte er neue königliche Regalia und Kronjuwelen, um die von den Parlamentariern verkauften oder eingeschmolzenen Stücke zu ersetzen. Die Krönung von Charles II. am 23. April 1661 war die extravaganteste seit der Zeit von Königin Elisabeth I. Dazu gehörte die Präsentation eines neuen Altargeschirrs bestehend aus einem goldenen Kelch und Patene, begleitet von einem vergoldeten Silberteller von Henry Greenway mit einem Durchmesser von nahezu einem Meter.
Eine der ersten Aktionen von Charles‘ Regierung war die väterliche Kunstsammlung wiederzuerlangen. Wenn auch die königliche Residenz den Bürgerkrieg größtenteils unbeschadet überstanden hat, so hatte die Commonwealth Regierung das Mobiliar und die Einrichtung nahezu gänzlich verkauft und auktioniert. Die königlichen Stücke reichten von Tapisserien, die auf £ 2.000 geschäzt wurden, zu Tüchern im Wert von 6 Schillingen. Der jüngst hochpreisig auktionierte „Salvator Mundi“ von Leonardo befand sich ebenso unter den Schätzen (→ Leonardo da Vincis „Salvator Mundi“ für 450 Mio. USD verkauft).
Im Mai 1660 befahl das Parlament, dass all Personen, die in Besitz von Objekten aus dem Haushalt von König Charles I, Königin Henrietta Maria oder dem neuen König waren, diese sofort zurückzugeben. Diese Order wurde später durch den Act of Indemnity and Oblivion legalisiert, der im August des Jahres herausgegeben wurde. Unter den zurückgegebenen Werken befanden sich Orazio Gentileschi's „Sibylle“ (um 1635–1658) und „Ein bärtiger alter Mann mit einer Muschel“ (um 1606) von Michiel Jansz van Miereveld, die in der Auktion vom Maler Sir Peter Lely erworben worden waren. Während sich Charles II. noch im Exil in den Niederlanden aufhielt und nur Tage vor der Unterschrift der Deklaration von Breda{note]Damit wurde das Verhältnis des Monarchen zum Parlament, der Armee und der Kirche neu geregelt.[/note], hatte der zukünftige König von England eine große Gruppe an Gemälden vom Kunsthändler William Frizell bestellt. Fritzell hatte die Werke eines Vaters in den 1630er Jahren am Kontinent verkauft. Darunter waren Pieter Bruegel der Ältere mit dem „Bethlehemitischen Kindermord“ (um 1565–1567), „Die Vier Letzten Dinge“ (1565) von Maarten van Heemskerck und Georges de La Tour|s „Heiliger Hieronymus“ (um 1621–1623).
Im gleichen Jahr präsentierten die Staaten von Holland und Westfriesland dem König ein außergewöhnliches Geschenk, um die Allianz zwischen den beiden Ländern zu stärken: Gemälde, Skulpturen und Möbel sollten Charles II von einem Vertrag mit seinem Cousin Ludwig XIV., mit dem die Holländische Republik tief verfeindet war, abhalten. Mit dem „holländischen Geschenk“ kamen Lorenzo Lotto's „Andrea Odoni“ (1527), Paolo Veroneses „Die mystische Hochzeit der heiligen Katherina von Alexandria“ (um 1562–1569), Giulio Romanos „Margherita Paleologo“ (um 1531) und „Madonna und Kind in einer Landschaft mit Tobias und dem Engel“ (um 1535–1540) von Tizian in die englische Sammlung. Dennoch befanden sich England und Holland innerhalb weniger Jahre im Krieg gegeneinander.
Auch eine bedeutende Sammlung an Renaissance-Zeichnungen kam unter der Regierung von Charles II. in die Königliche Sammlung. Charles I. hatte sich für Zeichnungen wenig interessiert. Das Interesse seines Sohnes an diesem Medium könnte daher während seines Exils am Kontinent erwacht sein. Vor allem in Frankreich hatte Charles II. eine Reihe von bekannten Sammlungen besichtigt. Aus der Sammlung von Thomas Howard, dem 14. Earl of Arundel, erwarb er zwei Gruppen von Zeichnungen von Hans Holbein dem Jüngeren und Leonardo da Vinci. Arundel war der erste bedeutende Sammler von Zeichnungen in England gewesen. Die Arbeiten wurden dem König vielleicht von dessen Enkel überreicht, um seine Dankbarkeit für die Rückgabe von Land und Titeln des Dukes of Norfolk nach der Restauration.
Da Charles II. umgeben von der Kunstsammlung seines Vaters aufgewachsen war, sah er Gemälde nicht nur als Dekoration oder Unterhaltung, sondern auch als Ausdruck von Macht. Nur drei Wochen nach seiner Rückkehr nach England, berief der zukünftige König Sir Peter Lely als offiziellen Limner and Picture Drawer, d.h. als Hofmaler am englischen Hof. Lely wurde als der Nachfolger von Anthonis van Dyck, dem ersten Inhaber des Posten (eingeführt durch Charles I.) angesehen. Der Miniaturmaler Samuel Cooper, der das Profilporträt des Königs für die neue Münze schuf, wurde 1672 Picture Maker. Um 1674 überreichte der italienische Maler Antonio Verrio, der vielleicht Charles Le Brun in Versailles assistiert hatte, dem König das große Gemälde „Der Seetriumph von Charles II.“ Die Geste zahlte sich für Verrio aus, wurde dieser doch sofort mit der Ausmalung der neu errichteten Staatsräume in Windsor Castle beauftragt. Im Jahr 1684 wurde Verrio zum Chief and First Painter des Königs berufen.
Die höfische Kultur von Charles II. war deutlich beeinflusst von der luxuriösen französischen Mode, die er am Hof von Ludwig XIV. am Beginn seines Exils gesehen hatte. Die königlichen Apartments in Whitehall Palace strotzten nur so von aufwändigem Kunstgewerbe, darunter Pariser Tapisserien und Silbermöbel in französischem Geschmack. Die königlichen Paläste waren die Kulissen für verschwenderische Maskeraden und Bälle, die von Schauspielern, Wissenschaftlern, Dichtern, Autoren und schönen Frauen besucht wurden. Sir Peter Lely poträtierte einige der Damen in der Serie von Kniestcken, den später so genannten „Windsor Beauties“: Elizabeth Hamilton, Countess of Grammont, Mary Bagot, Countess of Falmouth und Dorset sowie Barbara Villiers, Countess of Castlemaine und Duchess of Cleveland, die die Mätresse des Königs war.
Die traditionelle Sicht auf Charles II. als den Merrie Monarch, einen Liebhaber von Frauen, Vergnügungen und Festen, wird in der Ausstellung ebenso Rechnung getragen. Er erfreute sich an Pferderennen, Bootsfahrten und dem Theater. Seine Patronage dieses populären Zeitvertreibs war auch ein kalkulierter Weg, um die Unterstützung des Landes zu gewinnen. Im Gegenzug begeisterte er sich für die Wissenschaft, ein Werkzeug, um Marine und Militär zu verbessern, und eine Möglichkeit, sich mit anderen mächtigen Dynastien wie den Medici als Großherzöge der Toskana zu vergleichen. 1660 gründete et die Royal Society, in der so beeindruckende Talente Mitglieder waren wie Isaac Newton und die Astronomen Flamsteed und Halley. Letztere arbeiteten im neuen Royal Observatory in Greenwich. Robert Thackers Radierung „Prospectus Intra Cameram Stellatam“ (1676) zeigt Astronomen bei der Arbeit. Ihre königlichen Förderer, Charles II und sein Bruder James, Duke of York, schauen ihnen dabei interessiert über die Schulter.
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