0

Salzburg | Dommuseum: Johannes Nepomuk Der Heilige schlechthin?

Johannes Nepomuk, Detail, um 1750, Gouache auf Pergament, Reliefstickerei mit Metallfäden auf Seide (Dommuseum Salzburg / J. Kral)

Johannes Nepomuk, Detail, um 1750, Gouache auf Pergament, Reliefstickerei mit Metallfäden auf Seide (Dommuseum Salzburg / J. Kral)

Als eine der wenigen Institutionen widmet das Salzburger Dommuseum dem hl. Johannes von Nepomuk (um 1345/50–1393) eine Ausstellung anlässlich der Seligsprechung des Prager Kanonikers vor 300 Jahren. Auf der Basis einer 2017 erfolgten Schenkung einer privaten Johannes von Nepomuk-Sammlung entstand eine kleine und mit viel Liebe zum Detail gestaltete Schau. Vorteilhaft ist, dass die vielfältigen Bilder des Heiligen sich gut in die ständige Sammlung mit ihren hagiografischen Schwerpunkten integrieren. Insofern kombiniert die Ausstellung unter dem kennzeichnenden Begriff von „Salzburgs Fünf-Sterne-Patron“ den lokalgeschichtlichen Aspekt mit dem überregionalen Kontext, der Johannes von Nepomuk vom hohen Norden bis nach Italien seine einzigartige Rolle verlieh.

Der Schwerpunkt der Johannes von Nepomuk-Sammlung in der reichen Produktion der Augsburger Druckgrafik des Barock liegt, veranschaulichen zahlreichen Text-Bild-Kombinationen die Multimedialität der Frühe Neuzeit. So kombinierte beispielsweise Johann Andreas Pfeffel als Stecher und Verleger der „Vita S. Joannis Nepomuceni“, verfasst von Bohuslav Balbin (1621–1688), in der Edition von 17291 in 33 Stichen die wichtigsten Szenen des Lebens des Heiligen mit Bibelzitaten, weiteren Heiligen mit Namen Johannes und einer textlichen Kurzfassung aus der Vita des Heiligen. Damit schuf Pfeffel einen wesentlichen Grundstock für die weitere Entwicklung für die Ikonografie des Heiligen.

Auch heute noch ist der hl. Johannes von Nepomuk als „Brückenheiligen“ bekannt. Wie als großformatige „Gegenbilder“ vermögen die in einer Endlosschleife präsentierten Fotos von Denkmälern und Plastiken des Heiligen die fast unheimliche Gegenwart des böhmischen Märtyrers in Erinnerung zu halten. Erstaunlich ist, dass diese Bilder und Statuen in Salzburg bereits unter Fürsterzbischof Thun (reg. 1687–1709) entstanden.

Die Salzburger Schau, zu der auch eine Katalogbroschüre erschien, unterstreicht darüber hinaus mit ihrem Anteil an volkskundlichen Objekten, dass der Heilige gleichermaßen ein Objekt der Verehrung der Eliten als auch breiter Kreise der Bevölkerung gewesen ist. Insofern existiert keine künstlerische Aufgabenstellung in der Frühen Neuzeit, die Johannes von Nepomuk nicht zu ihrem Thema gemacht hat.

Auch im opulenten Rundgang des Salzburger Domquartiers erfüllt die Schau im Domoratorium eine wichtige Funktion, da sie eingängig und instruktiv, etwa anhand zahlreicher großformatiger Reproduktionen nach Stichen, verdeutlicht, wie Heiligenverehrung in der Frühen Neuzeit im Detail funktionierte. Der prominente Name des Heiligen, Johannes, der typologische Assoziationen vom Täufer bis zum Evangelisten stimulierte, unterstreicht, dass der Prager Kanoniker in gewisser Weise die Summe abendländischer Hagiografie repräsentiert.

Besonders deutlich wird dies im symbolträchtigen Organ der Zunge: Der legendären Überlieferung zufolge, widerstand Johannes von Nepomuk Folter und Todesandrohung und hatte auch das Geheimnis der Beichte der Gemahlin von König Wenzel IV. nicht gebrochen. Entsprechend häufig wurde seine Zunge in Darstellungen visualisiert. In Predigten stand die Zunge des Heiligen sowohl für sein Schweigen wie auch seine Verkündigung des Glaubens. In diesem Sinne liefert die Salzburger Schau auch einen wesentlichen kulturgeschichtlichen Beitrag, ohne den Werke von Rainer Maria Rilke, Karl Heinrich Waggerl oder Christoph Ransmayr nicht verständlich sind. Sie und viele andere standen und stehen unter der Wirkung des „Fünf-Sterne-Patrons“.

Weitere Beiträge zum Barock

21. August 2023
Angelika Kauffmann, Farbe – Colouring, ab 1778/vor Mai 1780, Öl/Lw, queroval, 130 x 149,5 cm (Royal Academy of Arts, London © Royal Academy of Arts, London/ Foto: John Hammond)

London | Tate Britain: Britische Künstlerinnen 1520–1920 Erfolgreiche Frauen im britischen Kunstbetrieb | 2024

Mit über 150 Werken räumt die Ausstellung mit Stereotypen über Künstlerinnen in der Kunstgeschichte auf und analysiert den steinigen Weg von Frauen in die Kunstwelt. Mit Werken von Mary Beale, Angelika Kauffmann, Elizabeth Butler und Laura Knight.
15. August 2023
Elizabeth Sparhawk-Jones, The Shoe Shop, Detail, um 1911, Öl auf Leinwand, 99,1 x 79,4 cm (The Art Institute of Chicago)

Madrid | Thyssen-Bornemisza: Künstlerinnen – Elisabetta Sirani bis Frida Kahlo Alte Meisterinnen und rebellische Moderne | 2023/24

Mit fast 100 Werken, darunter Gemälde, Skulpturen, Arbeiten auf Papier und Textilien, bietet die Ausstellung einen Überblick zu Künstlerinnen vom späten 16. Jahrhundert bis zu den frühen Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts. Die Präsentation konzentriert sich auf Gruppen von Künstlerinnen, Mäzeninnen und Galeristinnen.
8. August 2023
Frans Hals, Malle Babbe, Detail, um 1640, Öl/Lw, 75 x 64 cm (Gemäldegalerie Berlin, SMB, Foto: Jörg P. Anders)

Berlin | Gemäldegalerie: Frans Hals Revolutionäre Porträts aus dem Goldenen Zeitalter | 2024

Die Gemäldegalerie organisiert eine umfassende monografische Ausstellung mit rund 70 Arbeiten, davon zehn aus eigenem Bestand wie die „Malle Babbe“, das „Porträt der Catharina Hooft mit ihrer Amme“ oder der „Singende Knabe mit Flöte“.

Aktuelle Ausstellungen

17. August 2023
Käthe Kollwitz, Die Pflüger. Blatt 1 aus dem Zyklus Bauernkrieg, 1907 (Kunsthaus Zürich)

Schweiz | Zürich: Kunsthaus: Käthe Kollwitz / Mona Hatoum Stellung beziehen! | 2023

Erstausgabe von 1724.
16. August 2023
Dots Obsession, 2013, Installationsansicht Yayoi Kusama, You Me and the Balloons, in Manchester International Festival 2023, Foto: DavidLevene

Manchester | The Warehouse: Yayoi Kusama You, Me and the Balloons | 2023

Yayoi Kusama feiert mit der Installation drei Jahrzehnte aufblasbare Kunstwerke, die in dieser Ausstellung zum ersten Mal zusammengeführt werden. In Manchester stellt die japanische Künstlerin elf großformatige Werke aus, einige davon sind über 10 Meter hoch.
15. Juli 2023
Michael Rakowitz, The invisible enemy should not exist (Room F, section 1, panel 15, Northwest Palace of Kalhu), 2019. Middle Eastern food packaging and newspapers, glue, cardboard on wooden structures, 88.6 x 84.2 x 3.5 inches.

Gateshead | Baltic: Michael Rakowitz Hängender Garten | 2023/24

Ein Hängender Garten als weitläufiger, immersiver Wald aus Bäumen, Hecken, Kräutern und Heilpflanzen, bewohnt von Rakowitz’ Pappskulpturen und aktiviert durch ein intensives Programm.
  1. Erstausgabe von 1724.
  2. Erstausgabe von 1724.