München | Pinakothek der Moderne: Anish Kapoor - Howl | ARTinWORDS
0

München | Pinakothek der Moderne: Anish Kapoor – Howl

Anish Kapoor, Howl, 2020, PVC, Ausstellungsansicht Pinakothek der Moderne (oben), Foto: Johannes Haslinger © Anish Kapoor, DACS/VG Bild-Kunst, Bonn 2020

Anish Kapoor zählt zu den weltweit einflussreichsten Bildhauern der Gegenwart (→ Zeitgenössische Kunst). Für die Rotunde im Mittelpunkt der Pinakothek der Moderne schuf der Künstler auf Einladung der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen eine ortsspezifische, monumentale Skulptur. Zum 16. September 2020, also exakt 18 Jahre nach Eröffnung der Pinakothek der Moderne, installiert, ermglicht Kapoors Werk den Betrachtenden ein neues Erlebnis des Raumes - für elf Monate sprengt "howl" - zu Deutsch "Geschrei" - nahezu die Rotunde.

Kapoor ist berühmt für seine oft monumentalen und geheimnisvollen Objekte, die die Grenzen von Architektur und Skulptur überschreiten. Seine jüngste Installation für die Rotunde setzt diese Erforschung des symbiotischen Verhältnisses von Gebäude und Objekt fort. Die in Blau schimmernde und aus PVC gefertigte Skulptur füllt die Rotunde mit einem immens dimensionierten Hohlkörper aus. Dadurch wird die physisch-sinnliche Wahrnehmung von Innen und Außen, von Materialität und Immaterialität herausgefordert. Das Werk ist zugleich ein Objekt und das, was Kapoor ein „Nicht-Objekt“ nennt.

Wie ein außerirdisches Flugobejekt wirkt „Howl“, eingepfercht in die Rotunde. Es ist auf mehreren Ebenen sichtbar, nimmt den Raum dominant ein, schimmert geheimnisvoll, ist in seiner Form perfekt. Die Besucherinnen und Besucher wirken klein neben dem „Ding“, das zu groß scheint für ein einfaches Kunstobjekt. Als ortssezifische Installation funktioniert „Howl“ auch nur in München, einzig die Idee scheint übertragbar auf ähnliche Raumsituationen.

Der indisch-britische Künstler reagiert auf die zylinderförmige Rotunde, indem er eine perfekte Kugel einschreibt und diese mehrere Ebenen einnehmen lässt. Als über den Köpfen schwebendes oder über die Brüstung herausragendes Kugelsegement ist das Objekt genauso erfahrbar wie als zwischen den Säulen verakertes Rund. Doch nicht nur die Monumentalität der Sphäre verändert den Raum nachhaltig, sondern sie produziert gleichsam eine nunmehr neue Lichtführung. Ist die Rotunde ein Raum, der - normalerweise - Durchblicke erlaubt und das Tageslicht leitet, so verstellt „Howl“ diesen Luftraum. Es wirft 2020/21 einen gewichtigen Schatten und verwandelt einen Raum, der meist als Durchgangssphäre genutzt wird, zum Container eines genauso geheimnisvollen wie konkreten „Nicht-Objekts“.

Kuratiert von Oliver Kase.

Aktuelle Ausstellungen

21. April 2024
Kiki Smith, Sky, Detail, 2011, Jacquard-Tapisserie, 287 x 190,5 cm (© Kiki Smith, courtesy Pace Gallery, Foto courtesy the artist and Magnolia Editions, Oakland)

Remagen | Arp Museum: Kiki Smith Verwobene Welten | 2024

Die in enger Zusammenarbeit mit der Künstlerin entwickelte Schau vereint rund 50 Werke, im Zentrum stehen ihre großformatigen, gewebten Wandteppiche.
20. April 2024

Venedig | Biennale 2024 Foreigners everywhere / Stranieri ovunque

Adriano Pedrosa zum künstlerischen Leiter der „60. Biennale von Venedig 2024“ ernannt.
19. April 2024
Caspar David Friedrich, Mönch am Meer, Detail, 1808–1810 (© Staatliche Museen zu Berlin, Nationalgalerie / Andres Kilger)

Berlin | Alte Nationalgalerie: Caspar David Friedrich Die Wiederentdeckung | 2024

Berlin feiert die Wiederentdeckung Caspar David Friedrichs im Jahr 1906 mit seiner ersten Friedrich-Ausstellung. 60 Gemälde & 50 Zeichnungen kommen aus nationalen und internationalen Sammlungen, um Themen wie Friedrichs Bilderpaare zu entschlüsseln.
16. April 2024
Willem de Kooning in seinem East Hampton Atelier, New York, 1971; Foto Dan Budnik © 2024 The Estate of Dan Budnik. All Rights Reserved.

Venedig | Gallerie dell’Accademia: Willem de Kooning de Kooning und Italien | 2024

Erste Ausstellung zum Einfluss Italiens auf Willem de Koonings Kunst. Zwei Besuche in den Jahren 1959 und 1969 geben den Rahmen für eine große Retrospektive des Malers.
11. April 2024
Roy Lichtenstein, Wir standen langsam auf, 1964, Öl und Acryl auf Leinwand, 173 × 234 cm (MUSEUM MMK FÜR MODERNE KUNST, Frankfurt, Ehemalige Sammlung Karl Ströher, Darmstadt (DE) © Estate of Roy Lichtenstein/Bildrecht, Wien 2024)

Wien | Albertina: Roy Lichtenstein Zum 100. Geburtstag | 2024

Die Ausstellung stellt die wichtigsten Etappen von Lichtensteins abwechslungsreichem Werk von den frühen 1960er Jahren bis zum Spätwerk vor.
10. April 2024
Georg Baselitz in Colmar, 6.6.2018, Foto Alexandra Matzner

London | White Cube Bermondsey: Georg Baselitz A Confession of My Sins | 2024

Georg Baselitz kehrt zum ersten Mal seit acht Jahren in die White Cube Bermondsey zurück und präsentiert eine Auswahl neuer Gemälde.
Alexandra Matzner
Gründerin von ARTinWORDS * 1974 in Linz, Studium der Kunstgeschichte, Geschichte und Romanistik in Wien und Rom. Seit 1999 Kunstvermittlerin in Wien, seit 2004 Autorin für verschiedene Kunstzeitschriften. Jüngste Publiktionen entstanden für das Kunsthaus Zürich, Schirn Kunsthalle Frankfurt, Albertina und Belvedere in Wien.