Seit seiner Neuaufstellung im Jahr 2010 präsentiert sich das Augustinermuseum in Freiburg im Breisgau als Zentrum für die gotische und barocke Skulptur, besitzt aber auch einige bemerkenswerke Altargemälde der deutschen Renaissance. Vor allem die Schätze aus dem Münster der Stadt - originale Skulturen vom Außenbau, Glasfenster und Gemälde - sowie die Objekte der "Schatzkammer" sind seither gattungsgerecht und imposant inszeniert.
Die bis zu vier Meter hohen Skulpturen des Freiburger Münsters, berühmt für ihre Ausdrucksstärke, finden sich im Hauptraum des Museums, der Kirche des ehemaligen Augustinerklosters mit Pfeilergeschoss und Galeriegeschoss, imposant neu inszeniert. Im Zentrum der Halle stehen die monumentalen steinernen Skulpturen entsprechend ihrer ursprünglichen Aufstellungen teils frei und teils wandgebunden, während die Holzobjekte und die Gemälde in den anschließenden „Querschiffen“ Platz finden. Einzig der Umstand, dass die ehemaligen Außenskulpturen u.a. der „Marienkrönung“ (um 1280), der zehn „Propheten“ und der „Grafen von Freiburg“ (um 1270) sich nun im Innenraum befinden, mag anfangs zu Verwirrung führen. Die Wasserspeier über ihnen geben hier den richtigen Hinweis – Innen ist gleich Außen. Im obersten Stockwerk werden die neugierigen Besucher_innen mit einem Blick durchs Teleskop auf die Kopien an den Münstertürmen für den steilen Aufstieg belohnt (→ Das Freiburger Münster: Baustelle Gotik).
Von der beeindruckend detailreichen Schilderung des „Sündenfalls“ (um 1520/30) vom Meister H.L. (tätig zwischen 1511 und 1533?) führt der Weg in den abgetrennten Chor und gleichzeitig sprunghaft ins Frühbarock mit Joseph Heintz in Prag und David Zürn in Bayern. Johann Christian Wentzinger (1710–1797), der Hauptmeister der barocken Skulptur in Freiburg, ist mit einer ca. ein Meter hohen „Madonna Immaculata“ (um 1760/65) aus gebranntem Ton vertreten. Das in Freiburg ausgestellte Modell ist entweder nie im monumentalen Format umgesetzt worden, oder die Skulptur ist nicht erhalten.
Altäre und Gemälde des Meisters des Hausbuchs (tätig um 1475/80–1505/10), von Martin Schongauer (um 1450–1491), Hans Baldung Grien (1484/85–1545) und Lucas Cranach der Ältere (1472–1553) leiten zur Renaissance-Kunst und schlussendlich zu den bereits beschriebenen, sehenswerten, spätbarocken Plastiken über.
Eine Tafel mit der Darstellung von „Christus als Schmerzensmann zwischen Maria und dem heiligen Johannes“ von Lucas Cranach dem Älteren entstand in Wittenberg im Jahr 1524 und war für die Stiftskirche zu Halle an der Saale bestimmt. Dieses Gemälde befand sich in der Stiftung des Kardinal Albrechts von Brandenburg auf dem Engelaltar vor dem Lettner. Nach der Reformation 1541 wurde der gesamte Altar nach Aschaffenburg gebracht, wo sich heute noch die Flügel befinden, während die Mitteltafel ihren Weg nach Freiburg geschafft hat.
Hans Baldung Grien ist auch als Entwerfer von Glasfenstern z.B. des Blumenegg-Zyklus mit Szenen der Passion Christi überliefert. Sebastian von Blumenegg hatte sie um 1517 von dem nach Freiburg gerufenen, Straßburger Maler für seine Kapelle im Umgangschor des Münsters entwerfen lassen. Grien gestaltete in diesen Jahren auch das Hochaltarretabel (1512–1517), das sich noch immer an Ort und Stelle befindet. Seine Autorschaft wurde für die Darstellung von „Christus als Schmerzensmann von Maria und Engeln beweint“ (1513) zwar von der Forschung immer wieder in Zweifel gezogen, die Komplexität der Ikonografie scheint m.E. jedoch – trotz aller malerischen Schwächen – für die Hand Baldung Griens zu sprechen.
Ähnlich umstritten ist auch das zweite Gemälde des Straßburger Künstlers in Freiburg, eine „Muttergottes mit dem schlafenden Kind“. Die Darstellung von Maria mit dem Jesuskind vor blutrotem Hintergrund erstaunt, ob ihrer grissaillehaften Qualitäten und ihrer schwer deutbaren Datierung „151X“, die als 1509, 1514 oder 1520 gelesen wird. Stilistisch verortet es Detlef Zinke, Autor des Museumsführers, in das Jahr 1520 und stellt die Hypothese auf, es könne sich um das nachgereichte Meisterstück des Künstlers für die Straßburger Gilde handeln (S. 148).
Die Glasmalerei umfasst eine vertiable Sammlung an mittelalterlichen Scheiben und ein Votivfenster von Kaiser Maximilian I. und seinem Sohn Philipp den Schönen, persönlich gestiftet von Maximilian I. als Landesherr im vorderösterreichischen Breisgau. Die Scheiben wurden erst Jahre nach dem Ableben von Maximilian in den Jahren 1526 bis 1528 nach Augsburger Entwürfen (Hans Burgkmair?) ausgeführt. In der südlichen Kaiser-Kapelle befinden sich noch die Darstellungen der Kaiser Karl V. sowie Ferdinand I., die jedoch durch eine unsachgerechte Restaurierung im 19. Jahrhundert verdorben wurden. Die Glasfenster mit Maximilian I. und Philipp dem Schönen wurden rechtzeitig ausgebaut und befinden sich im Museum.
Die Goldschmiedekunst aus der Sammlung lässt genauso wie die textilen Objekte - hier sind der „Malterer-Teppich“, auch „Weiberlistenteppich“ genannt, (Oberrhein, 1320) und der „Marienteppich“ (Oberrhein, um 1420/30) besonders hervorzuheben - die durchschnittliche Qualität der in den Obergeschossen ausgestellten, spätmittelalterlichen Bildwerke deutlich hervortreten. Erstgenannte Werke stammen aus dem Erbe des Dominikanerinnenklosters Adelhausen und umfassen neben dem „Adelhausener Tragaltar“ (Oberitalien?, um 800/850) und dem spätkarolingischen „Kristallschnitt mit Kreuzigung Christi“, gotische Scheibenkreuze, barocke Altarretabel und fragile Nadelkunststücke.
Zu den Zimelien des Augustinermuseums gehört ein Reproduktionsklavier (selbstspielend!) sowie eine hübsche Italienerin in Anselm Feuerbach („Nanna als Bacchantin“, 1861). Die deutsche Malerei nach 1800 ist zudem durch Hans Thoma, Wilhelm Trübner, Franz Xaver Winterhalter („Junge Italienerin am Brunnen“, 1833/34), Wilhelm Hasemann, Herman Dischler und Karl Hauptmann vertreten. Das „Auslaufen“ der städtischen Sammlungen im 19. Jahrhundert hängt u.a. mit der Aufteilung der Sammlungsobjekte in zwei verschiedene Häuser zusammen: Das 20. Jahrhundert, u.a. mit dem Rheinischen Expressionismus und der Neuen Sachlichkeit sowie sich auflösende, abstrakte Kompositionen von Julius Bissier, findet sich im benachbarten Museum für neue Kunst.
Fazit: Angenehmes Museum in ruhiger Lage mit französischem Café im Kreuzgang! Umbau sowie Neuaufstellung der Sammlungen glücklich gelöst.
um 1330 Bau der Klosteranlage der Augustinereremiten in Freiburg
1784 Übernahme durch den Franziskanerorden
1821 Erwerb durch die Beurbarungsgesellschaft Freiburg
1822 Nutzung zu militärischen Zwecken
1823–1910 Nutzung als Theater
vor 1850 Bürgerschaftliches Engagement für eine stadtgeschichtliche und kunsthistorische Sammlung
1861 Gründung der Städtischen Altertümersammlungen
1914 Beginn der Umplanung des ehemaligen Klosters zum Museum
1923 Eröffnung des Augustinermuseums
1932 Integration der Sammlungsbestände des Erzbischöflichen Diözesanmuseums
2002 Grundsatzbeschluss des Gemeindesrats zum Umbau des Museums
2004 Baubeschluss für den ersten Bauabschnitt
2008 im April Platzierung der Steinfiguren vom Münster durch das offene Dach
4.7.2008 Richtfest
21.3.2010 Eröffnung des neuen Augustinermuseums.