Harald Sohlberg
Wer war Harald Sohlberg?
Harald Sohlberg (Kristiania 29.9.1869–19.6.1935 Oslo) war ein norwegischer Landschaftsmaler und Grafiker der Klassischen Moderne (→ Klassische Moderne). Er ist berühmt für stimmungsvolle „Seelenlandschaften“ und wird deshalb der Neoromantik zugerechnet. Sohlbergs Naturschilderungen speisen sich aus Beobachtungen wie auch Phantasie, wobei das nordische Licht eine außergewöhnlich wichtige Rolle spielt.
Kindheit
Harald Oskar Sohlberg wurde am 29. September 1869 in Kristiania (heute: Oslo). Er war das achte von elf Kindern des Pelzhändlers Johan Sohlberg und seiner Frau Johanne Lardsdatter Viker.
Ausbildung
Obwohl Sohlberg früh den Wunsch hatte, Künstler zu werden, bestand sein Vater jedoch auf einer soliden handwerklichen Ausbildung. Mit sechzehn Jahren begann Sohlberg eine Lehre als Dekorationsmaler bei Wilhelm Krogh. Während er für Krogh arbeitete, studierte er von 1885 bis 1889 Dekorationsmalerei an der Kunstgewerbeschule und besuchte Kurse in technischem Zeichnen und Glasieren. 1889 erkannte ein Freund der Familie Sohlbergs Talent und riet zu einer künstlerischen Ausbildung. Harald Sohlberg verließ seinen Lehrherrn deshalb ohne Abschluss.
Sohlberg begann Unterricht an der Königlichen Zeichenschule in Kristiania (heute: Oslo) zu nehmen. Er studierte Malerei bei den Naturalististen Eilif Peterssen und Erik Werenskiold, bei Kristian Zahrman in Kopenhagen (1892) und wurde nachhaltig von den synthetistischen Gemälden geprägt, die er in einer Ausstellung mit Werken von Paul Gauguin und Jens Ferdinand Willumsen sah.
1896 ging er für ein Jahr an der Kunstakademie Weimar. Auch die Malerin Harriet Backer wurde für Sohlberg wichtig. Dazwischen absolvierte Sohlberg 1892 seinen Militärdienst.
Werke
1894 erregte Harald Sohlberg auf der Nationalen Kunstausstellung in Oslo mit seinem Gemälde „Nachtglühen“ (1893, Nasjonalmuseet, Oslo), einer symbolistischen „Stimmungslandschaft“ in der Art Caspar David Friedrichs, Aufsehen. Die Nationalgalerie kaufte erstmals ein Bild von ihm, was Sohlberg erste Aufmerksamkeit garantierte. Ein Reisestipendium ermöglichte ihm im folgenden Jahr die Mitarbeit im Pariser Atelier des norwegischen Malers Frits Thaulow. 1897 verbrachte er mehrere Monate an der Großherzoglich-Sächsischen Kunstschule in Weimar.
Harald Sohlbergs erster Ausflug auf Skiern ins Rondane-Gebirge im Jahr 1899 wurde zum Ausgangspunkt einer längeren künstlerischen Auseinandersetzung mit dieser kargen Landschaft. Er kehrte 1901/02 wieder in diese Region zurück, da er das Rondane-Gebirge zu seinem bevorzugten Motiv gemacht hatte. Er malte eine Reihe von Ansichten dieser spektakulären Landschaft mit weißen Gipfeln in blauer Winternacht, die seine tiefen und intensiv erlebten Gefühle spiegeln. Zwischen 1901 und 1933 schuf er drei Versionen des Gemäldes „Winternacht im Gebirge“ sowie eine Vielzahl von Zeichnungen, Gemälden und Drucken mit Variationen desselben Themas. Aus einer Synthese von Studien im Freien und Fotografien schuf er idealisierte symbolistische Szenen, die sein pantheistisches Weltbild vermittelten und zu archetypischen Beispielen der nordischen Landschaftsmalerei wurden.
1901 heiratete Sohlberg Lili Hennum. Weitere Ankäufe durch die Nationalgalerie folgten. 1902 zog das Paar in die abgelegene Bergbaustadt Røros, wo es bis 1905 lebte. Dort malte Sohlberg rätselhafte Ansichten der Küste und stille Nächte am Fjord im Sommer. Auch seine Straßenszenen entstanden vor allem in Røros.Neben der Malerei war für Sohlberg die grafische Arbeit eine wichtige Einnahmequelle.
Im Jahr 1905 zog er zurück nach Oslo und 1910 nach Skovly. Sohlbergs Ruf als einer der bedeutendsten Künstler Norwegens wuchs Anfang des 20. Jahrhunderts international: 1907 stellte er auf der Biennale von Venedig aus, wo er eines seiner berühmtesten Gemälde zeigte, „Ein Haus an der Küste (Fischerhütte)“ (1906, The Art Institute of Chicago), und 1912 im Hagenbund in Wien.
Im folgenden Jahr machten Sohlbergs Gemälden, darunter die endgültige Version von „Winternacht in den Bergen“ und „Ein Haus an der Küste“, großen Eindruck auf die kanadischen Künstler Lawren S. Harris und J.E.H. MacDonald, als die Wanderausstellung „Zeitgenössische skandinavische Kunst“ nach Buffalo kam. Ab 1921 zeigen Harris’ Stimmungslandschaften vom Lake Superior gewisse formale Ähnlichkeit mit den Kompositionen Harald Sohlbergs: Verbindende Idee ist die Vereinfachung der Form. Wie Sohlberg distanzierte sich Harris von der physischen Realität der Landschaft und malte kühlere, distanziertere und intellektuellere Darstellungen.
Harald Sohlberg wird der Stilrichtung der Neoromantik zugeordnet. Die Bergwelt um Rondane war für ihn eine unerschöpfliche Inspirationsquelle für seine zahlreichen Studien und Aquarelle, die allerdings erst Jahre später in seine Landschaftsbilder einflossen.
Die Landschaftsmalerei bot den Künstlern ein Mittel, über die Darstellung der Natur hinauszugehen und ihrer eigenen Stimmung oder ihrem Gemütszustand visuelle Form zu geben. Der Begriff „Stemning“, der Atmosphäre oder Stimmung bedeutet, gewann gegen Ende des 19. Jahrhunderts in den Schriften nordeuropäischer Künstler und Historiker an Bedeutung. Um die Mitte des Jahrhunderts prägte der deutsche Philosoph Friedrich Theodor Vischer in seiner „Ästhetik oder Wissenschaft des Schönen“ den Begriff Stimmungsbild. Bereits 1896 widmete der Maler und Theoretiker Richard Bergh eine Abhandlung der „nordischen Stimmungslandschaft“ in der Kunst seines Freundes Karl Nordström. Nordströms Gemälde „Winternacht“ (1907) zeigt, wie er das nordische Licht und die Farben der Natur nutzte, um eine Stimmung zu erzeugen. Schon um die Jahrhundertwende kamen Bildthemen der Jahres- oder Tageszeiten in Mode, so etwa in „Winternacht im Gebirge“ von Harald Sohlberg.
In der norwegischen Kunstszene war Sohlberg der Künstler, der in seiner Arbeit Elemente des Symbolismus und der Mystik mit seinen pantheistischen Ansichten verband. Während er bei seinen Künstlerkollegen zuerst wenig Verständnis für seine Arbeiten fand, erhielt er nach einer Ausstellung 1914 erste positive Resonanz von Kritikern und Sammlern.
Tod
Nach 1920 wurde Harald Sohlberg zunehmend kränker. Er starb am 19. Juni 1935 in Oslo im Alter von 65 Jahren an Krebs.
2019 gab die norwegische Post anlässlich des 150. Geburtstages von Sohlberg Sondermarken heraus.
Literatur zu Harald Sohlberg
- Harald Sohlberg: Infinite Landscapes (Ausst.-Kat. The National Museum of Art, Architecture and Design, Oslo; Dulwich Picture Gallery, London; Museum Wiesbaden) München 2019.
- Traumlandschaften. Symbolistische Malerei von Van Gogh bis Kandinsky, hg. v. Richard Thomson, Rodolphe Rapetti, Frances Fowle und Anna-Maria von Bonsdorff (Ausst.-Kat. Van Gogh Museum, Amsterdam, 24.2.–17.6.2012; Scottish National Gallery, Edinburgh, 14.7.–14.10.2012; Ateneum Art Museum, Finish National Gallery, Helsinki, 16.11.2012–17.2.1023) Stuttgart 2012.
- A Mirror of Nature: Nordic Landscape Painting 1840–1910 (Ausst.-Kat. Ateneum Art Museum, Helsinki; Nationalmuseum, Stockholm; The National Museum of Art, Architecture and Design, Oslo; Statens Museum for Kunst, Copenhagen; The Minneapolis Institute of Arts) Helsinki 2006, S. 296.