Johann Wilhelm Schirmer

Wer war Johann Wilhelm Schirmer?

Johann Wilhelm Schirmer (7.9.1807–11.9.1865) war ein deutscher Maler der Romantik und der Düsseldorfer Malerschule. Der von Wilhelm von Schadow ausgebildete Schirmer gilt als einer der markantesten und am nachhaltigsten prägenden Landschaftsmaler der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Schirmers Werk vermittelt ab Ende der 1820er Jahre zwischen den romantischen und den naturalistischen Tendenzen in der deutschen Landschaftsmalerei.

Kindheit und Ausbildung

Johann Wilhelm Schirmer wurde am 7. September 1807 als Sohn des Buchbinders Johann Gottlob Schirmer (1763–1826) und seiner Frau Wilhelmine Johanna Christina, geb. Breitschwert (1768–1841) in Jülich bei Aachen geboren. Sein Bruder war der weniger bekannte Landschaftsmaler und Fotograf Philipp Schirmer. Anfangs trat Johann Wilhelm Schirmer in die Fußstapfen seines Vaters, indem er eine Buchbinderlehre in der väterlichen Werkstatt absolvierte (1821–1824). Daneben begann er mit autodidaktischen Malstudien.

Ab 1825 besuchter Johann Wilhelm Schirmer die Düsseldorfer Akademie in der Landschaftsklasse von Wilhelm von Schadow und Heinrich Kolbe. Im Jahr 1827 gründet er gemeinsam mit Karl Friedrich Lessing den „Landschaftlichen Componierverein“, hatte er sich doch in dieser Zeit der Landschaftsmalerei zugewandt. Die beiden Maler beurteilten gegenseitig ihre auf den gemeinsamen Wanderungen entstandenen Naturstudien. Er entdeckte das Neandertal (Gesteins) für Freilichtstudien. Einsame Landstriche und spröder Pflanzenwuchs, abgestorbene Bäume und karg-schroffe Felsformationen wurden zu den wichtigsten Motiven Schirmers, der die obligatorische Künstlerreise nach Italien ablehnte. Daraus resultierte eine frühe Hinwendung zum Freilichtstudium und zum detailgetreuen Skizzieren vor der Natur. Sein Lehrer Schadow prognostizierte er „dermaleinst sein Ruisdael“ zu werden. 1828 unternahm er mit Karl Friedrich Lessing eine erste Studienwanderung. Er schuf „Deutscher Urwald“.

In seiner Frühzeit schuf Johann Wilhelm Schirmer ein druckgrafisches Werk, etwa 30 Blätter. Zwischen 1829 bis in die 1840er Jahre schuf er Radierungen aber auch Lithografien, beginnend mit der Radierung „Die betende Nonne“ (1829). Das Mappenwerk „Acht landschaftliche Originalradierungen“ fasst 1847 Drucke aus verschiedenen Jahrzehnten zusammen.

Lehre und Reisen

Bereits 1831 arbeitete Schirmer als Hilfslehrer der neu gegründeten Landschaftsklasse. Er unternahm Schülerexkursionen in die Eifel, das Ahr- und Moseltal. Im Jahr 1833 wurde er zum Mitglied der Königlichen Akademie Berlin ernannt.

Inspiration fand Schirmer auf Reisen in die Eifel (1828, 1829), nach Belgien (1830), in die Schweiz (1835 mit dem Darmstädter Maler J. Schilbach und Mendelssohn Bartholdy,1837) und in die Normandie (1836 mit Schadow und Mendelssohn Bartholdy), Pairs (1850). Auch in den folgenden Jahren prägte eine rege Reisetätigkeit Schirmers Leben. So hielt er sich von Juli 1839 bis Oktober 1840 in Italien auf. Ein Jahr später heiratete er Emilie von Bardeleben.

Ab 1839 unterrichtete Johann Wilhelm Schirmer als Professor an der Akademie in Düsseldorf. Er hatte die größte Klasse mit ca. 150 Schülern, dazu gehörten u.a. Andreas Achenbach (→ Andreas Achenbach: Landschaftsmalerei aus Düsseldorf), Arnold Böcklin und Anselm Feuerbach. Wichtig wurde 1846 ein Aufenthalt in Leipzig, wo er Mendelssohn Bartholdy traf. 1851 reiste Johann Wilhelm Schirmer nach Südfrankreich.

Seit 1854 unterrichtete Johann Wilhelm Schadow die Karlsruher Kunstschule (Berufung durch Großherzog Friedrich I. von Baden), ein Jahr später übernahm er die Leitung. Zu seinen dortigen Schülern gehörten Hans Thoma und Anton von Werner. Die sog. Schirmer-Schule erlebte zwischen 1853 und 1855 ihre Blütezeit, denn auch deutschen Kunstausstellungen überwiegten Landschaften.

„Die Gründer der Landschaftsschule waren Lessing und Schirmer, beide Romantiker, beide Realisten im Gegensatz zur symbolischen oder sogenannten hi8storischen Landschaft. Doch waren und sind noch heute beide wesentlich verschieden. Schirmer wirkte mehr noch als Lehrer denn Lessing. Der derbkräftige Weise, in welcher er die Natur erfasst, macht seine Studien besonders lehrreich für den angehenden Künstler. Dabei ist seine Technik sichtbarer und das System derselben methodischer als bei der Lessing’schen. Die Lessing’sche ist enger verschmolzen mit dem ganzen Wesen seines Genies, weniger von demselben zu lösen. Wenn Schirmer die Natur mit genialer Rüstigkeit ergreift, an sich heranzieht und sich bemüht, sie ganz so voll und so wesentlich wiederzugeben, wie sie seinem gesunden Geiste erscheint; so lauscht Lessing dem geheimnisvollen Weben der Schöpfung, ihrem geisterhaften Sprechen, ihren tiefen melodischen Stimmungen wie Einer, der in diesem Wesen sich selbst auflöst. Und die Übertragung dieser Eindrücke, in eine zweite Anschaulichkeit geschieht so ohne alle Übertreibung, so ohne Ansprüche, so ohne andere Kunst als die des wiederspiegelnden [sic] Genius.“1 (Lorenz Clasen, 1845)

Werke

In einem Rückgriff auf die ältere Landschaftsmalerei des 16. und 17. Jahrhunderts kombinierte Johann Wilhelm Schirmer religiöse Sujets und Landschaften miteinander. Exkursionen in die Natur und die Schulung an Freilichtstudien bildete das Fundament der Düsseldorfer Malerschule und Schirmers Landschaftsmalerei. Bis 1834 beschränkte sich der Maler auf den engen Radius des Rheinlandes. Er durchstreifte (auch mit seinen Schülern) die Felsenschluchten des Neandertals, begleitete Carl Friedrich Lessing nach Altenberg und hielt sich mit seinem Bruder Phillip in der Nordeifel oder im Ahr- und Moseltal auf. Während der 1830er Jahre folgten Reisen in die Schweiz, nach Frankreich und Italien. Die Naturstudien hob Schirmer in Mappen auf und tapezierte damit auch sämtliche Wände seines Ateliers. Sein zeichnerisches Werk umfasst etwa 2.000 Blätter.

Johan Wilhelm Schirmer erzeugt vor allem ab 1836 in der Farb- und Lichtwirkung in seiner Landschaftsmalerei eine romantische Stimmung. In Verbindung mit einer strengen Stilisierung wollte er an den vorangegangenen heroischen Stil er Landschaftsmalerei anschließen. In anderen Gemälden löste er sich vom Einfluss der Romantik, indem er eindringliche, realistische Naturstudien aus der Düsseldorfer Umgebung schuf. Ölstudien aus der Schweiz und der Normandie zeichnen sich durch eine Unmittelbarkeit und Frische aus, die bewusst akademische Regeln negieren. Rasche Pinselführung und helle Farbigkeit unterstützen den Eindruck von Unmittelbarkeit. Weiters verzichtete er auf den vermittelnden Vordergrund und die übliche seitliche Rahmung.

Der Maler selbst verstand sich in seinen öffentlichen Werken – u.a. sein größtes Landschaftsgemälde „Das Wetterhorn“ (1838) – als Vertreter der klassisch-idealen Landschaftsmalerei, dessen Schaffen in Italien unter dem Einfluss der Werke von Claude Lorrain, Nicolas Poussin, Joseph Anton Koch und Johann Christian Reinhart einen deutlichen Stilwandel erfuhr. Der preußische Prinz Friedrich Wilhelm erwarb „Das Wetterhorn“ 1838; im gleichen Jahr nahm Schirmer am Pariser Salon teil und erhielt eine Goldmedaille vom französischen König.

Tod

Johann Wilhelm Schirmer starb am 11. September 1865 in Karlsruhe.

Beiträge zu Johann Wilhelm Schirmer

Johann Wilhelm Schirmer, Große Eiche auf Waldschneise

Düsseldorf | Museum Kunstpalast: Caspar David Friedrich


Johann Wilhelm Schirmer und die Schirmer-Schule in Düssdeldorf übernahmen mit ihren realistischen Landschaften die Themenführerschaft in den 1830er Jahren vom frühromantischen Caspar David Friedrich. Erste Ausstellung zur Auseinandersetzung von Romantik und Realismus in der deutschen Landschaftsmalerei.
Johann Wilhelm Schirmer, Das Wetterhorn

Leipzig | Museum der bildenden Künste: Caspar David Friedrich


Johann Wilhelm Schirmer und die Schirmer-Schule in Düssdeldorf übernahmen mit ihren realistischen Landschaften die Themenführerschaft in den 1830er Jahren vom frühromantischen Caspar David Friedrich. Zweite Station der Ausstellung zur Auseinandersetzung von Romantik und Realismus in der deutschen Landschaftsmalerei (Frühjahr 2021).
  1. Zit. n. Lorenz Clasen, Der Kunstverein für die Rheinlande und Westphalen, in: Correspondenz-Blatt des KVRW, 1. Jg., Nr. 3 (April 1845), S. 34.