Romantik
Was ist die Romantik?
Die (Kunstepoche) Romantik war eine künstlerische, literarische, musikalische und intellektuelle Bewegung, die gegen Ende des 18. Jahrhunderts in Europa begann und bis etwa 1850 andauerte. Der kulturhistorische Begriff Biedermeier hat sich, vor allem in Österreich, in der Kunstgeschichtsschreibung als Synonym für Romantik eingebürgert, wenn auch jüngst Ausstellungen betonten, welch unterschiedliche Ausdrucksformen in der Habsburgermonarchie zwischen Mailand und Prag gepflegt wurden.
Die Kunst der Romantik wird durch die Betonung der Affekte und der Individualität charakterisiert, dazu noch die Glorifizierung der Vergangenheit und der Natur, wobei das Mittelalter der Klassik den Rang ablief. Die Romantik wird teils als Reaktion auf die Industrielle Revolution, die sozialen Veränderungen durch die Französische Revolution und teils auf die wissenschaftliche Rationalisierung der Natur in den entstehenden Wissenschaften gedeutet. Die Romantik hatte nicht nur Einfluss auf die Künste, sondern auch auf Politik und Erziehung, der Entstehung des Nationalismus und des Liberalismus.
Bereits die Vorläufer der Romantik – Johann Heinrich Füssli und Francisco de Goya bzw. die Schriftsteller des Sturm und Drang – beriefen sich auf Gefühle als Quelle der ästhetischen Erfahrung wobei sie auch Horror und Terror, neben Bewunderung und Ehrfurcht nicht ausschlossen und so die „Schwarze Romantik“ mitbegründeten. Als neue ästhetische Kategorien wurden individuelle Vorstellungskraft, das Sublime und die Schönheit der Natur diskutiert. In der zweiten Hälfe des 19. Jahrhundert bildete der Realismus den Kontrast zur Romantik.
Die Romantik - mehr Programm als Stil
Von „der Romantik“ zu sprechen, ist wenig sinnvoll, handelt es sich doch bei der Kunst des frühen 19. Jahrhunderts um eine ausgesprochen heterogene Bewegung, deren Zusammenhang sich nicht stilistisch erschließt, sondern erst bei einem Vergleich der von den Künstlern vertretenen Konzepte. Die Romantiker initiierten bewusst einen Kurswechsel. Sie strebten eine umfassende Erneuerung der Künste um und nach 1800 an, nachdem sie einen vermeintlichen „Verfall“ im 17. und 18. Jahrhundert konstatierten (immerhin sind hier die „Goldenen Zeitalter“ in Spanien und Holland subsummiert, genauso wie das flämische Barock rund um Peter Paul Rubens, das französische Rokoko, die Kunst von Caravaggio bis Diego Velázquez). Diese Intention verband eine Reihe von Künstlern, die keine einheitlichen Gestaltungslösungen fanden, sondern sich auf verschiedensten Wegen über eine tiefempfundene, teils religiöse, teils sagen- und märchenhafte „Welt“ mitteilen wollten.
Bisher hat sich wenig sinnvoll erwiesen, die Unterschiede innerhalb der Romantik mit der Herkunft der Künstlerinnen und Künstler zu erklären und etwa eine norddeutsch-protestantische Romantik mit Philipp Otto Runge und Caspar David Friedrich im Zentrum einer süddeutsch katholischen Romantik mit den Nazarenern gegenüberzustellen. Romantik als Epochenbegriff ist medienübergreifend gemeint, wobei oft die Poesie als Leitkunst beschrieben wird. Wilhelm Heinrich Wackenroder hat in seinen „Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders“ (1797) Kunst als „wunderbare Sprache“ der Natur gegenübergestellt.
Der französische Maler Eugène Delacroix versuchte 1846 das Phänomen Romantik zu beschreiben:
„Romantisches ist weder durch die Wahl der Gegenstände präzise zu benennen, noch durch definitive Wahrheiten, sondern durch eine Weise des Fühlens. Man hat versucht, nach dem Romantischen außerhalb der eigenen Person zu suchen, doch es ist nur im Innern zu finden. […] Das Wort Romantik bedeutet so viel, als würde man von moderner Kunst reden – das bedeutet Intimität, Spiritualität, Farbe, Neigung zum Unendlichen, ausgedrückt durch Mittel, das der Kunst zur Verfügung steht.“1
Malerei der Romantik in Deutschland
Philipp Otto Runge – Wegbereiter der deutschen Romantik
Philipp Otto Runge verstarb bereits 1810 und darf als Wegbereiter der Romantik angesprochen werden. Runge war befreundet mit Ludwig Thieck. Die Abkehr vom Klassizismus führte ihn zu komplexen Kompositionen, in denen die Natur als Offenbarung Gottes im Zentrum stellte. Runge wollte die immanente Bedeutung der Natur in zeichenhaften Darstellungen wieder sichtbar machen. Er nutzte Kinder als Genien und stellte Geister dar. Die „Romantisierung der Welt“ (Novalis) ist eine Rekonstruktion ihrer ursprünglichen Bedeutung. Runge träumte davon, komplexe, allegorisch aufgeladene Bildensembles für einen öffentlichen Raum zu schaffen. Seine Werke waren allerding zu komplex und aufgeladen mit Symbolgehalt (esoterisch), um allgemein verstanden zu werden.
„Nun meyne ich, auf solche Weise, daß immer bey allen Blumen-Compositionen grade die menschliche Empfindung dabey gemahlt würde, die dabey gehörte, müßten sich die Leute nach und nach daran gewöhnen, diese auch immer dabey zu denken. Das ließe sich nun freylich so geschwinde nicht erlangen, aber deswegen meyne ich auch, daß ich für meine Lebenszeit nie eine Blumen-Composition ohne Figuren machen wollte.“2 (Philipp Otto Runge)
Friedrich Schlegel:
„Eine Hieroglyphe, ein göttliches Sinnbild soll jedes wahrhaft so zu nennende Gemälde sein; die Frage ist aber nur, ob der Mahler seine Allegorie sich selbst schaffen, oder aber sich an die alten Sinnbilder anschließen soll, die durch Tradition gegeben und geheiligt sind, und die, recht verstanden, wohl tief und zureichend genug sein möchten? – Der erste Weg ist gewiß der gefährlichere, und der Erfolg läßt sich ungefähr voraussehen, wenn er vielleicht gar von mehreren, die nicht alle gleich gewachsen dazu wären, versucht werden sollte […]. Sichrer aber bliebe es, ganz und gar den alten Malern zu folgen, besonders den ältesten, und das einzig Rechte und Naive so lange treulich nachzubinden, bis es dem Aug und Geiste zur andern Natur geworden wäre. Wählte man dabei besonders mehr den Styl der altdeutschen Schule zum Vorbilde, so würde beides gewissermaßen vereinigt sein, der jeder, der sichre Weg der alten Wahrheit und das Hieroglyphische.“3 (Friedrich Schlegel, 1805)
Caspar David Friedrich
Caspar David Friedrich – einer der berühmtesten Romantiker – profitierte von der anti-napoleonischen Stimmung in Deutschland während der Befreiungskriege und führte die Landschaftsmalerei zu einem neuen Höhepunkt.
Joseph Stieler
Joseph Stieler (auch: Joseph Karl Stieler) war zwischen 1820 und 1855 bayerischer Hofmaler und prägte die Porträtmalerei in München nicht nur mithilfe von Staatsporträts der Regenten, sondern auch mit der sogenannten Schönheitengalerie für die Residenz. Sein berühmtestes Bildnis ist aber das 1820 in Wien entstandene Porträt Ludwig van Beethovens (→ Joseph Stieler: Ludwig van Beethoven). In seinen Porträts verband Stieler eine am Klassizismus geschulte Malerei (weiches Inkarnat und detailreiche Schilderung der Stoffe) mit einer romantischen Inszenierung der abzubildenden Schönheiten.
Nazarener | Lukasbund
Die Nazarener mit ihrer konservativen Utopie feierten erste Erfolge in der Restaurationszeit, bildeten eine Schule und hatten Nachfolger. Die Nazarener arbeiteten in einer engen Gruppierung und kultivierten die Historienmalerei, inspiriert von den Werken von Albrecht Dürer und Raffael.
Düsseldorfer Malerschule
Mit der Münchner Cornelius-Schule und der von Wilhelm von Schadow initiierten Düsseldorfer Malerschule gingen zudem zwei der einflussreichsten künstlerischen Bewegungen aus dem Nazarenertum hervor, die gerade die Malerei des 19. Jahrhunderts nachhaltig prägten. In der Landschaftsmalerei dominierten neben Johann Wilhelm Schirmer und Lessing die Brüder Achenbach, wobei Oswald sich auf italienische Ansichten spezialisierte und sein Bruder Andreas die heimischen Regionen verewigte (→ Andreas Achenbach: Landschaftsmalerei aus Düsseldorf).
Carl Spitzweg
Zu den berühmtesten Malern der späten Romantik in Deutschland zählt der Münchner Carl Spitzweg. Der Autodidakt entschied sie Anfang der 1830er Jahre, von der Pharmazie zur Malerei zu wechseln. Bereits Ende des Jahrzehnts hatte er seine bekanntesten Kompositionen entwickelt: „Der arme Poet“, schrullige Wissenschaftler und Büroangestellte, hedonistische Mönche und vergeblich verliebte Kleinstädter symbolisieren für Spitzweg die Gesellschaft seiner Zeit, der er mit viel Ironie in seinen kleinformatigen Gemälden begegnete.
Malerei der Romantik in Frankreich
In Frankreich sind während der 1810er Jahre erste Anzeichen einer Stiländerung feststellbar. Der während der Regierungszeit Napoleons prägte Jacques-Louis David mit Staatsporträts und Historiengemälden die akademische Malerei. Die nun einsetzende Historienmalerei zeigt idealisierte, meist kleinformatige Kompositionen aus dem Mittelalter und der Renaissance, die als „style Troubadour“ bezeichnet wird. Die Inhalte sind häufig intimer und anekdotischer Natur, es gibt aber auch hochdramatische Szenen. Die Leben verehrter Künstler wie jene von Raffael oder Leonardo da Vinci werden genauso rekonstruiert wie die von Herrschern oder fiktiven Figuren. Mitte des 19. Jahrhunderts ging die Romantik in der akademischen Historienmalerei (Salonmalerei) auf. Théodore Géricault, Eugène Delacroix, Ingres, Richard Parkes Bonington, Paul Delaroche sind die wichtigsten Maler der Romantik in Frankreich.
Victor Hugo
Der bedeutenden französische Autor widmete sich während des Schreibens - wörtlich „zwischen zwei Versen“ - dem Zeichnen: Victor Hugo. Der schwarze Romantiker Seine düsteren Landschaften in Sepia (dunkelbraune Tinte) und schwarzer Tusche spiegeln die Atmosphäre seiner Romane wider, ohne motivisch darauf Bezug zu nehmen. Der Romantiker findet sich vor allem in den Sujets: gotische Burgen, verfallende Ruinen, wilde Natur, tosendes Meer mit Schiffen usw. Besondere Aufmerksamkeit hat in den letzten Jahren sein Umgang mit Abklatschbildern und Schablonen erhalten. André Breton schätzte am Werk Hugos bereits dessen Umgang mit dem Ungeplanten, seine Suche nach dem Geheimnisvollen.
Malerei und Grafik der Romantik in Großbritannien
Die britische Kunst der Romantik ist von drei Malern geprägt: William Blake, William Turner und John Constable. Mit Turner und Constable zählen zwei Landschaftsmaler zu den führenden Künstlern ihrer Generation, während das ibskure Werk von William Blake bei den Zeitgenossen kaum bekannt war.
William Turner
Das Wunderkind William Turner wurde an der Royal Academy of Arts zum Historienmaler ausgebildet. Bereits im Alter von 24 Jahren zum Mitglied gewählt wurde er zwei Jahre später ein Vollmitglied er ehrwürdigen Vereinigung. Zeitlebens empfand sich William Turner als Nachfolger der Alten Meister, beginnend mit Tizian, den Marienmalern des niederländischen Goldenen Zeitalters und vor allem kulminierenden mit Claude Lorrain. Dessen atmosphärische Behandlung der Landschaft beeinflusste die künstlerische Entwicklung von William Turner intensiv, vor allem nachdem dieser selbst erstmals Itaien bereisen konnte. Das reife und späte Werk des britischen Landschaftsmalers ist so hell und von Farbnebeln beherrscht, dass die Auflösung der Formen zunehmend auch Kritiker auf den Plan riefen. Darstellungen des Meeres und des Nebels brachten Turner den Ruf ein, ein Wegbereiter des Abstrakten Kunst zu sein.
William Blake
William Blake war Maler, Druckgrafiker, Lyriker, Visionär und Naturmystiker, der einige der bekanntesten und ikonischen Bilder der englischen Kunstgeschichte geschaffen hat. Der Romantiker ist berühmt für seine radikalen und rebellischen Ansichten. William Blake gilt als der Erfinder der Reliefradierung, mit der er enigmatische Erzählungen umsetzte. Da Blake die offiziellen christlichen Lehren ablehnte, entwickelte er einen persönlichen Kosmos, eine subjektive Mythologie, der er bildgewaltige Formulierungen in Wort und Bild zur Seite stellte. Dass er nicht verfolgt wurde, mag damit zusammenhängen, dass er als absonderlicher Exzentriker galt. Erst die Präraffaeliten entdeckten das Werk von William Blake, das sich bis heute der Deutung entzieht. Vor allem diese Dimension fasziniert bis heute, machte sie doch Blake zu einem Hauptvertreter der Romantik aber auch des Individualismus.