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Kopenhagen, Nationalgalerie von Dänemark Dänische Kunst und französische Moderne

L.A. Ring (1854–1933), An den französischen Fenstern, die Frau des Künstlers, 1897, Öl auf Leinwand, 191 x 144 cm © SMK Foto

L.A. Ring (1854–1933), An den französischen Fenstern, die Frau des Künstlers, 1897, Öl auf Leinwand, 191 x 144 cm © SMK Foto

Die Nationalgalerie in Kopenhagen (Statens Museum for Kunst) ist die wichtigste Sammlung für dänische Kunst und präsentiert gegenwärtig ihre Schätze in einer neuen Hängung. Unter dem Titel „Danish and Nordic Art 1750-1900“ wird in 24 Sälen die Geschichte der dänischen Malerei aufgefächert. Der chronologische Rundgang mit 400 Werken berücksichtigt sowohl die wichtigsten Künstlerpersönlichkeiten wie bedeutende Themen. Bereits im ersten Saal wird modernes Kommunikationsmanagement deutlich: Anstelle einer Timeline an der Wand ist es den Besucherinnen und Besuchern möglich, über einen riesigen Touchscreen sämtliche Gemälde mit Erklärungen abzurufen. Diese Aktivierung der MuseumsbesucherInnen wird auch in einem Kinder-Zeichen-Möbel sichtbar, das in einem weiteren Saal mit Tierskulpturen für die ganz Kleinen Zeichenutensilien bereithält.

Die dänische Kunst vom Klassizismus zum Symbolismus

Die wichtigsten „Stationen“ der dänischen Kunst beginnen mit dem absolutistischen Porträt und der Hinwendung zu einer „natürlichen Privatheit“ im Klassizismus, finden einen ersten Höhepunkt im sog. „Goldenen Zeitalter“ im frühen und enden mit dem Symbolismus am Ende des 19. Jahrhunderts. Bereits die Bilder von Jens Juel (1745-1802) zeigen die für die dänische Kunst typische Schärfe und Klarheit der Malerei. Die Szenen und Porträts sind von einem kühlen, nordischen Licht durchflossen, die Figuren werden fast nüchtern und dreidimensional herausgearbeitet.

 

 

Neben Juel ist Nicolai Abilgaard (1743-1809) der wichtigste Vertreter der akademischen Malerei, der letzte „Vollzeit-Historienmaler“. Er fand seine Themen in der Antike, in schriftstellerischen Werken von Shakespeare oder Ossian und interpretierte seine Sujets sozialkritisch und voller Satire. Nicht das soziale oder politische Drama, sondern die Landschaftsbilder von Christoff Wilhelm Eckersberg (1783-1853) werden jedoch die nächste Generation von Künstlern deutlich beeinflussen. Eckersberg war der erste dänische Künstler, der seine Bilder direkt vor dem Motiv malte. Er begründete das „Goldene Zeitalter“ der dänischen Kunst und gab sein Wissen (1810-13 Paris- und 1813-16 Romaufenthalt) ab 1818 als Akademieprofessor weiter. Einer seiner Schüler, Christen Købke (1810-48), wird als der genialste, weil unprätentiöseste aller dänischen Künstler des 19. Jhs betrachtet. Seine kleinformatigen Landschaften, Porträts und Wolkenstudien erinnern frappant an den gleichzeitig in Österreich tätigen Waldmüller. Im Gegensatz zu den einfachen Landstrichen in Købkes Gemälden ist die Landschaftskunst von Caspar David Friedrich, der in Kopenhagen studierte, und Johan Christian Dahl stärker atmosphärisch und „romantisch“ geprägt.

Im internationalen Vergleich fällt auf, dass für die zweite Jahrhunderthälfte keine repräsentative Salonmalerei (vgl. Alexandre Cabanel und Jean-Léon Gérôme in Paris, Makart in Wien, Piloty in München) gezeigt wird, sondern der Realismus dominiert. Obwohl es den Frauen bereits ab 1888 möglich war, an der Akademie zu studieren, sind in der Sammlung kaum Werke von ihnen erhalten. Diese Institution konnten sie erst Jahre später erobern. Die durchaus deprimierenden Bilder vom harten Arbeitsleben der Bauern und Fischer sind daher vornehmlich von männlichen Künstlern gestaltet. Eine Ausnahme bildet Anna Ancher (1859-1935), deren großformatige Genrebilder zwischen Realismus und Symbolismus verortet werden können.

 

 

Der wichtigste Symbolist der dänischen Kunstgeschichte ist zweifelsohne Vilhelm Hammershøi (1864-1916). Er malte hauptsächlich Interieurs, Landschaften und Porträts in ruhigen, atmosphärischen Zuständen. Seine limitierte Palette bevorzugt alle Schattierungen von Grau, seine Themen sind genauso geheimnisvoll wie einfach, denn Leere spielt eine große Rolle. Auch der Norweger Edvard Munch, der zwischen 1880 und 1909 immer wieder in Kopenhagen verweilte und hier erstmals mit französischer Kunst konfrontiert war, ist mit dem großformatigen Frühwerk „Abendgespräch“ (1889) vertreten.

 

 

Internationale Kunst in der dänischen Nationalgalerie

Die Neuaufstellung gibt einen guten und spannenden Überblick über die Entwicklung der dänischen Kunst – quasi ein Kunstgeschichtebuch mit Originalen. Im Gegensatz dazu ist die Präsentation der internationalen Kunst weniger berauschend: im neuen Teil des Museums vor allzu hohen, weißen Wänden, schlecht beleuchtet und teils barock gehängt. Die „Highlights“ der Sammlung sind sicher die Cranach-Gemälde, die Trompe-l´œil-Stillleben des Barock (v.a. von Cornelius N. Gijsbrechts), eine „Engelspietà“ von Andrea Mantegna und ein „Petri Fischzug“ von Jacob Jordaens.

Die Präsentation der „Französischen Kunst 1900-1930“ verdankt ihren interessanten Bestand einigen voraussehenden Kunstsammlern Dänemarks. So ist die Galerie im Besitz des berühmten fauvistischen Porträts der Madame Matisse, auch „Die grüne Linie“ genannt (1906), und einem späten Scherenschnitt von Henri Matisse, dem Mädchenporträt „Alice“ (um 1918) von Amedeo Modigliani, einer größeren Anzahl von Skulpturen Henri Laurens` und einigen Gemälden von André Derain.

 

Alexandra Matzner
Gründerin von ARTinWORDS * 1974 in Linz, Studium der Kunstgeschichte, Geschichte und Romanistik in Wien und Rom. Seit 1999 Kunstvermittlerin in Wien, seit 2004 Autorin für verschiedene Kunstzeitschriften. Jüngste Publiktionen entstanden für das Kunsthaus Zürich, Schirn Kunsthalle Frankfurt, Albertina und Belvedere in Wien.