Blumen haben in der Kunst immer schon eine große Rolle gespielt – von Rankenwerken in Pompeij über mittelalterlichen Buchschmuck, vom Genter Altar bis zur Blumen-Symbolik barocker Blumenstillleben. Erste realistische Darstellungen von Blumen finden sich um 1500 in Büchern zu Natur- und Heilkunde. Vergleichbar naturalistische Schilderungen finden sich in der Kunst erstmals in den Werken von Martin Schongauer und Albrecht Dürer, die auf diesem Gebiet Revolutionäres geleistet haben. Vorbereitend für das außergewöhnliche Werk von Maria Sibylla Merian, das sowohl naturwissenschaftlich wie kunsthistorisch bedeutsam war, müssen Georg Flegel und Georg (Joris) Hoefnagel angesehen werden. Bei diesen Spezialisten erweitern – wie in der Folge auch bei Maria Sibylla Merian – Kleingetier und naturkundliche Interessen die Blumenmalerei. Unterstützt wird dies durch großformatige Florilegien, in denen Leistungen von barocken Blumenliebhabern, -sammlern und -züchtern hochrepräsentativ dokumentiert wurden.
Deutschland | Berlin: Kulturforum, Kupferstichkabinett
7.4. – 2.7.2017
Deutschland | Frankfurt: Städel
11.10.2017 – 14.1.2018
Blumenmalerei lässt sich viel weiter fassen als die gängige Vorstellung von dekorativen Arrangements, wie sie u. a. Barbara Regina Dietzsch und ihrer Familie professionell und überzeugend realisierten. Naturstudien der Romantik sind im Berliner Kupferstichkabinett in einigen Beispielen zum Abschluss gehängt. Sie dienten Malern wie Carl Wilhelm Kolbe d.Ä. als Vorlagen für Vordergrundgestaltungen ihrer Gemälde. Hier wäre wohl ein Hinweis auf Philipp Otto Runge und dessen inhaltliche Aufladung der Blumen zu weitführend gewesen. In Summe stellt die Ausstellung „Maria Sibylla Merian und die Tradition des Blumenbildes“ einen bislang doch unterschätzten Bereich der Kunstgeschichte würdig ins Zentrum der Aufmerksamkeit und profitiert von der Öffnung der Kunstwissenschaft in Richtung Wissenschaftsgeschichte (Botanik) bzw. Kulturgeschichte.
Bevor an der Wende von Spätmittelalter zur Renaissance die realistische Naturstudie in den Werkstätten von Martin Schongauer und Albrecht Dürer entstanden, waren Blumendarstellungen in der europäischen Kunst vor allem in der Buchmalerei anzutreffen. Das „Missale der Pfalzgräfin Margarethe von Simmern“ (um 1481/82) sowie das anonyme und seltene „Muster- und Lehrbuch zur Gestaltung von Blattranken“ (Ober- oder Mittelrhein, um 1450–1460) belegen anschaulich, wie sich Lehrlinge die artifiziell gestalteten Blattranken und Ornamente Strich für Strich aneignen mussten. Nicht nur mittelalterliche Handschriften wurden mit kostbaren Blumenranken verziert, sondern auch gedruckte Bücher der Gutenberg-Zeit solcherart verziert. Die Verbindung von neuartiger Technologie und bekanntem Handwerk, die botanische und farbige Ergänzung zum Textblock machte aus dem zukünftigen Massenprodukt Buch eine bibliophile Sonderausgabe traditionelleren Zuschnitts.
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Die zweite Quelle, an die spätere naturalistische Schilderungen von Pflanzen anschlossen, waren Kräuterbücher des 15. und 16. Jahrhunderts. Der „Hortus sanitatis [Garten der Gesundheit]“1 (1485) ist eines der frühesten gedruckten Werke dieser Art. Die visuellen Umsetzungen der Pflanzen basieren einerseits auf Naturstudien und andererseits noch auf tradierten, häufig schematisierten Vorlagen, die direkt aus dem „Wiener Dioskurides“ (um 512, Nationalbibliothek, Wien).
Neben Schongauer und Dürer revolutionierten illustrierte Apothekerbücher von Otto Brunfels (1488–1534) die Darstellung von Pflanzen: Das „New Kreüterbuch“ (Basel 1543) versammelt Pflanzen- und Blumenbilder von Heinrich Füllmaurer und Albrecht Meyer (Formschneider Veit Speckle) und zeigt einige von ihnen erstmals nicht idealisiert, sondern teils verwelkt, mit Spuren von Insektenfraß oder Blattfäule.2 Die wie Porträts aufgefassten Naturdarstellungen brachten die Illustrationen von einer ornamentalen Ausrichtung hin zu einer wissenschaftlich verlässlichen Darstellung von Pflanzen. Wie neuartig diese Auffassung ist, zeigt ein Vergleich mit dem „Contrafayt Kreüterbuch“ (Straßburg 1532) von Leonhart Fuchs (1501–1566), dessen Holzschnitte die Pflanzen idealisiert und (leichter) wiedererkennbar zeigt.
Neben den Büchern belegen Einzelblätter in Kupferstich-Technik die ornamentale Pflanzen-Auffassung vom Meister E.S., Martin Schongauer und Israhel van Meckenem. Blattornamente aus Weinranken, Disteln und Eichblättern, Hopfen oder Rasenbüschel konnten ganze Blätter ausfüllen und Liebespaare, Tiere oder auch den Namen des Künstlers in sich verstecken. Die rasante Veränderung des Blumenbildes in Richtung einer naturalistischen Studie ist im frühen 16. Jahrhundert in den Werkstätten von Martin Schongauer und Albrecht Dürer (1471–1528) zu beobachten. In Aquarell und Deckfarben ausgeführte Bilder von einfachen Gartenblumen stehen sie prototypisch für die Entdeckung der Wirklichkeit. Vier Zeichnungen aus dem Umkreis von Albrecht Dürer und Hans Hoffmann, einem Hofmaler Kaiser Rudolfs II. in Prag, zeigen, wie die naturalistische Schilderung mit der dreidimensionalen Darstellung (ein Stiefmütterchen „schaut“ in die Tiefe!) und einem gesteigerten Volumen (versus der früheren Linearität) Hand in Hand ging. Die Pflanzen und ihre Blüten wurden sorgfältig auf dem weißen Blättern nebeneinander arrangiert, wobei die Künstler kaum Überschneidungen zuließen.
Georg Flegel (1566–1638) und der aus Antwerpen stammende Georg (Joris) Hoefnagel (1542–1600/01) haben sich beide in Frankfurt um 1600 dem Blumenbild verschrieben. Georg Flegel war der Lehrer von Merians Stiefvater Jacob Marrel, der Maria Sybilla Merian das Blumenmalen beibrachte. Georg Flegel gilt als der „Vater des Blumenstilllebens in Deutschland“, da er als erster das Stilllebenmalen professionell ausübte. In seiner Jugend war er in den Gemälden des Niederländers Lucas van Valckenborch (1535–1597) für Blumenbouquets und Kleintierstaffagen verantwortlich. Im Jahr 1597 eröffnete Flegel in Frankfurt sein eigenes Atelier und wurde als erster Stillllebenmaler zur zentralen Persönlichkeit in der Entwicklung des Blumenbildes und der naturalistischen Pflanzendarstellung. Typisch für seine Blätter ist, dass die Pflanzen vom unteren Blattrand überschnitten werden und hieratisch auf dem Blattweiß stehen. Wie auch später Merian verband er in einigen Aquarellen Blüten mit Insekten (seltener Früchten), die er jedoch im Verhältnis in vergrößertem Maßstab wiedergab. Zudem werfen die Tiere einen Schatten auf das Blatt, was in direktem Widerspruch zu den aufwachsenden Blüten steht. Erst Maria Sibylla Merian wird, da sie von den Insekten her die Blumenbilder dachte, die organische und perspektivische Verbindung beider anstreben.
Georg (Joris) Hoefnagel führte Ende des 16. Jahrhunderts die Darstellung von Pflanzen und Tieren ebenfalls zu einem Höhepunkt.3 Der Einfluss der niederländischen Kultur und des aufgeklärten (calvinistischen) Humanismus war in Frankfurt sehr hoch. Hoefnagels Darstellungen von Käfern und Insekten sind in ihrer Präzision erstaunlich und spiegeln das Interesse der Zeit wider, als Naturabgüsse in der Bilderhauerei oder Giuseppe Arcimboldos Pflanzen-Porträts am Prager Hof geschätzt wurden. Georg Hoefnagel arrangierte die Tiere in Goldovalen und kombinierte sie mit literarischen Sinnsprüchen, durch die er die Bilder emblematisch auflud. Gemeinsam mit seinem Sohn Jacob Hoefnagel (1575–um 1630) verlegte Georg Hoefnagel diese Zeichnungen: Die „Archetypa Studiaque Patris Georgii Hoefnagelii“ (1592) popularisierten die Miniaturen höchst erfolgreich.
In Berlin gibt es eine Serie von formal sehr ähnliche Kompositionen Maria Sibylla Merians, welche in einer Distanz von fünfzig Jahren die Hoefnagel-Arbeiten wiederholen.4 Ist die Zuschreibung an Merian korrekt? Wenn ja, wie konnte die Malerin die sehr privaten Darstellungen rezipieren? Wie können diese traditionsreichen Darstellungen in das wissenschaftliche und künstlerische Werk der Malerin eingeordnet werden? Auf diese Fragen sind bislang noch keine schlüssigen Antworten gefunden worden. Zumindest zeigen diese Arbeiten, wie sehr sich Merian mit der Tradition des Blumenbildes in ihrer Heimatstadt auseinandersetzte.
Die Künstlerin und Naturwissenschaftlerin Maria Sibylla Merian lebte ein außergewöhnliches Leben. Vielleicht war ihre Religionszugehörigkeit – sie war Calvinistin – dafür mitverantwortlich. Calvinisten zeichnen sich durch Unabhängigkeitsstreben aus, haben keine Hierarchie und müssen auf ihr eigenes Tun vertrauen. Maria Sibylla Merian schloss sich einer calvinistischen Sekte an, um sich von ihrem Mann trennen zu können. Sie zog nach Amsterdam um, wo ihr als Frau Respekt gezollt wurde. Sicher hatte sie einen starken Charakter, arbeitete hochprofessionell und besaß ein herausragendes Talent. Merians Reise nach Surinam (→ Maria Sibylla Merian: Schmetterling aus Surinam), die sie mit ihrer Tochter unternahm, führte sie in den Dschungel. Sie wohnte in einer Siedlung an der Küste, von wo sie Expeditionen in den Urwald unternahm – in Reifröcken wohlgemerkt. Indigene und schwarzafrikanische Sklaven halfen ihr dabei. Maria Sibylla Merian ist die erste Frau, die diese Strapazen auf sich nahm. Das Surinam-Buch ist als Foliant herausgebracht worden, was den repräsentativen Anspruch seiner Schöpferin unterstrich. Das kleine und bescheidene Raupenbuch, mit dem erstmals in Erscheinung trat, ist hingegen ein Oktav-Band, der durch einen Theologen eingeführt wurde. Beide Bücher sind ob ihrer Aufmachung und ihres Inhalts gleichermaßen bedeutend, hatte Merian im Raupen-Buch ihre jahrelangen Beobachtungen der Metamorphose der Schmetterlinge wissenschaftlich und mit empirischer Exaktheit veröffentlicht.
Die Blumenmalerin Maria Sibylla Merian und die Wissenschaftlerin sind nicht voneinander zu trennen. Das meint nicht nur den Entstehungsprozess der Bilder, sondern auch die Nutzung derselben im weiteren Verlauf: Druckplatten für Bücher konnten später auch in komplizierten Umdruckverfahren auf verschiedenen Bildträgern (Papier, Pergament) vervielfältigt werden. Mit Aquarell- und Deckfarben kolorierte Einzelblätter erhielten so den Rang von bildmäßig ausgeführten Miniaturen, die sich die Künstlerin entsprechend abgelten ließ.
In der Berliner Sammlung befindet sich ein Konvolut von über 130 Blumendarstellungen, die traditionell Maria Sibylla Merian zugeschrieben waren. Heute ist bekannt, dass es sich um Werke des Nürnberger Künstlers Johann Bartholomäus Braun (1626–1684) handelt, der für den Hof in Durlach arbeitete und auch nach Blumenbüchern kopierte. Zu den strittigen Blättern zählen auch jene, die Blütenblätter von Tulpen abbilden. Zweck und Funktion dieser Blumenbilder sind nicht bekannt, die Zuschreibung an Maria Sibylla Merian mehr als strittig.
Die Leistungen Maria Sibylla Merians liegen nicht nur im realistischen, ja wissenschaftlich korrekten Blumenbild, sondern auch in ihrer Publikationstätigkeit. Die Naturwissenschaftlerin und Künstlerin verlegte während ihres Lebens acht Bücher, vor allem auf dem Gebiet der Entwicklung der Insekten sowie der exotischen Fauna und Flora von Surinam war sie Expertin. Die Ausstellung lenkt die Aufmerksamkeit jedoch auf eine Reihe von interessanten Blumenbüchern, Florilegien:
Zu den Inkunabeln der Gartenkunst zählt der „Hortus Eystettensis [Garten von Eichstätt]“, den der Nürnberger Apotheker Basilius Besler für den Fürstbischof Johann Konrad von Gemmingen (1561–1612) anfertigte. Der Fürstbischof hatte die Willibaldsburg erweitern und einen Garten anlegen lassen. Ab 1606/07 ließ er Früchte und Blüten des Gartens durch Besler dokumentieren, um seine Erfolge zu publizieren. Der 1613 gedruckte Foliant enthält lebensgroße Abbildungen von Pflanzen und erläuternde Texte. Er wurde handkoloriert, was ihn zu einem der teuersten, kolorierten Bücher des 17. Jahrhunderts machte. Neben der wissenschaftlichen Funktion hatten diese Florilegien hohe repräsentative Funktionen. In den folgenden Jahrzehnten folgten eine Reihe von Professionalisten – wie der 1657 zum Garteninspektor berufene Johann Sigismund Elsholz (1623–1688) für den Berliner Lustgarten – diesem Beispiel.
Berühmt ist auch das Florilegium des Grafen von Nassau-Idstein, das auf 130 Blättern die Pflanzen des gräflichen Gartens präzise wiedergibt, den dieser ab 1646 anlegen ließ. Zwischen 1651 und 1664 zeichneten Johann Walter d.Ä. (1604–1676/77) und Johann Valentin Hoffmann die Blumen nach dem Leben. Der aus Straßburg kommende Maler Walter arbeitete während des Frühlings und des Sommers in Idstein und stellte seine Gouachen später in Straßburg fertig. Da Maria Sibylla Merians Bruder, Matthäus Merian der Jüngere, Kunstberater des Grafen von Nassau-Idstein und der Inhaber des wichtigen Verlags- und Kunsthauses Merian in Frankfurt a.M. war, könnte Walters Arbeit bekannt gewesen sein. Die Nähe der Familie Merian zum Auftraggeber lässt einen Einfluss der präzisen Blumenporträts Walters auf das Werk Merians nachvollziehbar erscheinen. Maria Sibylla Merian nahm diese Konzepte ebenfalls auf, da sie ihre Bücher in verschiedenen Ausstattungen verkaufte (koloriert, gedruckt, extrem fein mit Gouache kolorierte Umdrucke).
Exotische Blumen und Pflanzen finden sich in der Publikation des Gartens von Caspar Anckelmann. Der Hamburger Kaufmann und Ratsherr legte um 1669 einen Lustgarten an, der vom Hamburger Blumenmaler Hans Simon Holtzbecker (gest. 1761) als Motivschatz für ein Florilegium eines Patriziers genutzt wurde. Auf 188 bemalten Pergamentblättern zeigt er außereuropäische Blüten wie Anemone, Tulpe, Kaiserkrone oder Nelke. Da die Blüten nicht beschriftet sind und sich auch kein erklärender Text bei den Abbildungen findet, erhalten die Blumenbilder einen höchst eigenständigen Charakter.
Barbara Regina Dietzsch (1706–1783) und ihre Geschwister schufen in Nürnberg Blumenbilder als fein gemalter Wandschmuck, die in der Nachfolge Merians stehen. Ihre Bilder mit Insekten und kleinen Reptilien unterscheiden sich von Merians Werken durch den auffallenden, schwarzen Hintergrund, vor dem die Buntfarben deutlich hervortreten. Zudem erweiterte Dietzsch ihr Motivrepertoire um Gemüse und Obst; ihr Nachfolger Joseph Karell (um 1730–nach 1765) führte auch erstmals Kakteen in die Blumenmalerei ein. Der Arzt und Botaniker Christoph Jakob Trew übernahm einige von Dietzsch‘ Blumenbildern als Vorlagen für seinen „Hortus Nitidissimis omnem per annum superbiens floribus sive amoenissimorum Florum Imagines“ (Nürnberg 1750, Universitätsbibliothek, Frankfurt a.M.).
Mit Blättern von Künstlern der deutschen Romantik endet die Ausstellung. Adrian Zingg, Jakob Philipp Hackert, Johann Christoph Reinhart und Carl Wilhelm Kolbe d.Ä. machten zwar auch nocht beeindruckende Blumen- und Pflanzenstudien, nutzten sie jedoch nicht mehr selbständig, sondern um Landschaftsbilder mit Vordergrundmotiven zu füllen.
Die Bestände des Berliner Kupferstichkabinetts sind 1835 durch die Sammlung Carl Ferdinand Friedrich von Nagler in einer Mappe von 38 Blättern sowie einem Folioband mit 138 Blumenbildern auf Pergament begründet worden. Bis ins späte 20. Jahrhundert wurden Merian in Berlin über 170 Werke zugeschrieben. Seit 1993 ist jedoch bekannt, dass der Nürnberger Johann Bartholomäus Braun verantwortlich für eine große Reihe von Blättern aus dem Folioband ist. Florilegien waren einige Jahrhunderte lang (ähnlich den Galeriewerken) hochrepräsentative Medien für Sammler. Daher befinden sich in Berlin und Frankfurt eine große Anzahl barocker Blumenbücher wie dem „Hortus Eystettensis“ (1613, Berlin, Staatsbibliothek), das Florilegium des Grafen von Nassau-Idstein (1651–1677, Städel) und das Florilegium des Hamburger Kaufmanns und Senators Caspar Anckelmann (um 1669, Berlin, Kupferstichkabinett), welche die Verbindung von lebensgroßen Blumenporträts, naturkundlichem Interesse und Sammelleidenschaft verdeutlichen.
Wenn Berlin über die größte und bedeutendste Grafiksammlung Deutschlands verfügt, so Martin Sonnabend, Leiter der Graphischen Sammlung bis 1750 am Städel, so besitzt Frankfurt doch auch schöne Bestände von Maria Sybilla Merian (Gouachen auf Pergament). Die Künstlerin und Naturforscherin war in Frankfurt zur Welt gekommen und hat lange dort gelebt. Ihre Werke kamen fast alle aus der Sammlung von Johann Georg Grahms, der ein enger Freund des Stifters Städel war (1816 gestorben). Auch Grahms‘ Kollektion wurde nach dessen Tod in den Bestand des Sätdel übernommen. Noch während seiner Funktion als Stiftungsvorstand hatte sich Grahms dafür eingesetzt, dass zwei Bände des Florilegium des Grafen von Nassau-Idstein mit 10 brillanten Blumenzeichnung als erste Erwerbung überhaupt an das Haus kam.5 Das löste sofort Kritik aus, weil die Blumenbücher nicht im Kanon der klassischen Kunst gelistet waren (und sind) und darüber hinaus ihre Malerei viel zu prekär, um sie der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. Dass Maria Sybilla Merian und das Blumenbild in Frankfurt auf solch hohem Niveau gezeigt werden kann, ist ein Einzelfall und der persönlichen Vorliebe des Sammlers geschuldet. Merians außergewöhnliche Position, und darauf ist bereits seit dem Ende des 18. Jahrhunderts immer wieder verwiesen worden, gründet auf der Vereinigung von kunstgeschichtlicher Bedeutung und naturwissenschaftlicher Neugier auf höchstem Niveau. Bereits Wolfgang Goethe schrieb über sie: „Sie bewegte sich hin und her… malerischen Zwecken.“ Beide Forschungszweige haben sich bislang zu wenig mit der Künstlerin beschäftigt.
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