Paolo Veronese, auch Paolo Caliari (1528–1588), war einer der führenden Maler Venedigs in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Gemeinsam mit Tizian und Jacopo Tintoretto bildet Veronese das Dreigestirn der venezianischen Renaissance-Malerei, wobei er im Vergleich zum „Schnellmaler“ Tintoretto der Maler der eleganten, modisch gekleideten Figuren ist, der mit seinen großformatigen und teils heftig kritisierten Darstellungen der Gastmähler Kunstgeschichte schrieb.
Paolo Veronese wurde im Jahr 1528 als fünftes Kind des Steinmetzen, Gabriele de Piero, und dessen Ehefrau Catherina in Verona geboren. Anfangs war Paolo Veronese unter dem Namen Paolo Spezapreda [Steinmetz] bekannt. Erst 1555 nahm er den Namen Paolo Caliari an, da seine Mutter eine uneheliche Tochter des Adeligen Antonio Caliari war. Seine Ausbildung erhielt er um 1540 bei Antonio Badile (um 1516–1560) und 1544 bei Giovanni Francesco Caroto. Beide Lehrer Veroneses waren führende Maler in Verona.
Veronese schuf sein erstes Gemälde 1546. „Die Heilung der Tochter des Jairus“ (verschollen) befand sich in der Avanzi-Kapelle in San Bernardino in Verona. Weitere Altargemälde der Jahre 1547/48 zeigen, dass der noch nicht 20-jährige Maler frühreif war und die Einflüsse des Manierismus, darunter Correggio, gut zu verarbeiten wusste. Über den Architekten Michele Sanmicheli erhielt er den Auftrag für eine Ausstattung in der Villa Soranzo in Sant‘Andrea di Castelfranco (1551). Im gleichen Jahr schuf Veronese mit dem Altargemälde „Heilige Familie mit dem Johannesknaben sowie den hll. Katharina und Antonius Abbas“ für San Francesco della Vigna das erste Werk in Venedig. Die Auftraggeber waren Lorenzo Giustiniani, der Prokurator von San Marco, und Antonio Giustiniani, Senator der Stadt Venedig. Die familiären Verbindungen der Giustinani mit den Gritti, den Grimani und den Barbaro bildeten das ökonomische Netzwerk, in dem sich Paolo Veronese als Maler bewegte.
Bevor sich Paolo Veronese 1553 endgültig in Venedig niederließ, berief ihn 1552 Kardinal Ercole Gonzaga, Großonkel des regierenden Guglielmo Gonzaga, Herzog von Mantua, nach Mantua. Vor Ort entstand das Altargemälde für den Dom in Mantua, die „Versuchung des hl. Antonius“ (Caen, Musée des Beaux-Arts), in der Veronese den Torso Belvedere zitiert. Während seines Aufenthalts in Mantua konnte Veronese die Deckengemälde von Giulio Romano studieren, die seine kommenden venezianischen Aufträge stark beeinflussten.
Paolo Cagliari wurde 1553 zu Paolo „il Veronese“ [der aus Verona]: Er schuf Fresken für die Decke der Sala del Consiglio dei Dieci und die anschließenden Säle – Sala dell’Udienza, Sala della Bussola und Sala dei Tre Capi del Consiglio – im Dogenpalast. Das wichtigste Gemälde des jungen Veronese befand sich ursprünglich in der Sala dell’Udienza und zeigt „Jupiter vertreibt die Untugenden“ (Louvre).)
Neben seiner Beschäftigung im Palazzo Ducale malte Paolo Veronese ab 1555 bevorzugt für San Sebastiano in Venedig. Der Prior, Bernardo Torlioni, beauftragte Veronese mit der Gemäldeausstattung des Deckengewölbes der Sakristei und mit der Gechichte der Esther im Kirchenschiff (1556/57). Das berühmteste Bild ist aufgrund seiner gewagten Perspektive „Der Triumph des Mordechai“. 1562 ergänzte Veronese die Decken mit dem Gemälde „Friedrich Barbarossa, der dem Schisma-Papst Victor IV. die Hand küsst“, das 1577 durch einen Brand zerstört wurde. Für die Sala del Maggior Consiglio schuf er den „Triumph Venedigs“ (1582 eingesetzt).
1556/57 gelang Paolo Veronese der Aufstieg in die erste Reihe der venezianischen Meister: Er wurde gemeinsam mit anderen Malern beauftragt, die Decke der Libreria Marciana zu gestalten. Die Jury, welche die Künstler auswählte, bestand Vasari zufolge aus Tizian, Jacopo Sansovino und Pietro Aretino. Paolo Veronese erhielt als Ehrenbekundung für das Gemälde der „Allegorie der Musik“ in der Libreria Marciana eine Goldkette. Bei dieser Gelegenheit wurde Veronese öffentlich von Tizian gelobt. Zu den bedeutendsten Freskoausstattungen des 16. Jahrhunderts zählt Veroneses Zyklus in der Villa Barbaro in Maser (1560/61). Die Verbindung von komplexen Perspektiven und Trompe l’œil machten Paolo Veronese zum Malerstar.
In den 1560ern und 1580ern prägte Paolo Veronese einen neuen Bildtypus, die „Gastmähler“. Für das Refektorium von San Giorgio Maggiore in Venedig bemalte er eine 66 m² große Fläche mit einem „Gastmahl in Kanaa“, wobei er sich verpflichtete, so vielen Figuren wie möglich und nur die besten Farben (incl. Lapislazuli) zu verwenden. Das großformatige Werk befindet sich heute im Musée du Louvre in Paris und war eine Zusammenarbeit mit Andrea Palladio.
Die Dominikaner von Santi Giovanni e Paolo in Venedig beauftragten Veronese 1573 mit dem Gemälde „Das Gastmahl im Hause des Levi“ (Galleria dell´Accademia, Venedig), das ein verbranntes „Letztes Abendmahl“ von Tizian ersetzen sollte. Paolo Veronese wagte es, deutsche Söldner, Kleinwüchsige und Tiere einzufügen. Für diese Kompositionen musste sich Veronese vor der Inquisition verantworten. Paolo Veronese forderte in seiner Aussage die Freiheit der Künstler ein. Vermutlich hatte der Maler heimliche Unterstützung durch einen adeligen Kunstliebhaber. Das „Letzte Abendmahl“ wurde in „Das Gastmahl im Hause des Levi“ umbenannt, da es das decorum der Gegenreformation verstieß.
Am 19. April 1588 verstarb Paolo Veronese im Alter von 59 oder 60 Jahren in Venedig und fand die letzte Ruhestätte in San Sebastiano.