Das Wadsworth Atheneum in Hartford, Connecticut, ist um ein Gemälde von Vincent van Gogh reicher. Das Van Gogh Museum in Amsterdam bestätigte, dass das pittoreske Gemälde „Mohnblumen in einer Vase“ aus dem Frühsommer 1886 ein Original des holländischen Malers ist! Seit 30 Jahren war das Bild nicht mehr in der Schausammlung präsentiert worden, da der Malstil Zweifel ob der Authentizität des Werks aufkommen hatte lassen. Als erstes Museum in Europa wird das Museum Barberini in Potsdam die Mohnblumen in seiner Herbstausstellung präsentieren: Museum Barberini: Van Gogh. Stillleben
Als das Wadsworth Atheneum vor knapp zwölf Stunden twitterte, dass die Echtheit von „Mohnblumen in einer Vase“ bestätigt wurde, war die Überraschung groß. Nachdem im Wadsworth Atheneum unter der Malschicht ein verstecktes Porträt entdeckt worden war, haben Experten am Van Gogh Museum unter der Leitung von Louis van Tilborgh das Gemälde einer intensiven Materialuntersuchung unterzogen. Vincent van Gogh verwendete die Leinwand zwei Mal, um Geld zu sparen. Um vom Profilporträt eines Mannes beim Malen nicht abgelenkt zu werden, drehte er die Leinwand um 180 Grad.
Wenige Monate, nachdem Vincent van Gogh nach Paris übersiedelt war, wandte er sich zu Studienzwecken dem Stillleben zu. Mohnblumen blühen im Juni und Juli, woraus die Forscher die Entstehung des Gemäldes im Frühsommer 1886 schließen. Diese These wird untermauert durch einen englischen Brief des angehenden Malers und Autodidakten Van Gogh an seinen Freund Horace Livens. Darin schildert er seine missliche Lage – aber auch, das er in Paris die Werke von Eugène Delacroix und des Impressionismus kennengelernt hatte. Allen voran begeisterte er sich für Edgar Degas‘ Akte und Claude Monets Landschaften. Da er sich keine Modelle leisten könnte, so Van Gogh weiter, hätte er den Sommer mit folgenden Übungen verbracht:
„eine Serie von Farbstudien gemacht, indem [er] einfache Blumen, roten Mohn, blaue Kornblumen und Vergissmeinnicht malte. Weiße und rosa Rosen, gelbe Chrysanthemen – auf der Suche nach den Gegensätzen von Blau mit Orange, Rot und Grün, Gelb und Violett, auf der Suche nach DEN GRBOCHENEN UND NEUTRALEN TÖNEN, um die brutalen Extreme in ein harmonisches Verhältnis zu bringen. Um intensive FARBEN zu erzielen und keine graue Harmonie“1.
Das Gemälde im Wadsworth – auch wenn es noch keinen Hinweis auf Van Goghs Auseinandersetzung mit dem Pointillismus zeigt oder gar den charakteristischen Van-Gogh-Stil der Spätzeit aufweist – ist ein Schritt auf dem Weg vom Naturalismus der Haager Schule hin zu den Farbexperimenten des Holländers.
Anne Parrish Titzell, eine Schriftstellerin aus Connecticut, schenkte „Mohnblumen in einer Vase“ dem Wadsworth Atheneum im Jahr 1957. Seine Spur lässt sich vermutlich bis zu Ambroise Vollard zurückverfolgen, der ab den 1890er Jahren mit Gemälden von Vincent van Gogh handelte. Zudem dürfte es mit jenen „Roten Blumen“ identisch sein, die auf der bahnbrechenden Armory Show 1913 in New York ausgestellt waren. Dieses Werk war vom Kunsthändler Stephan Bourgeois zur Verfügung gestellt worden, der kurz zuvor von Paris nach New York übersiedelt war.
In den späten 1970ern wurde die Echtheit des Gemäldes angezweifelt,2 und das Werk daraufhin in das Depot verbannt.
Das neu zugeschriebene Van Gogh Gemälde wird ab 26. April 2019 im Wadsworth Atheneum ausgestellt. Ab 26. Oktober ist es erstmals in Europa zu sehen, wenn das Museum Barberini in Potsdam den Stillleben Van Goghs eine Ausstellung widmet.