Um 2 Uhr früh MEZ fiel in New York der Hammer bei 450 Mio. USD (450.312.500 USD mit Gebühren), oder umgerechnet 380 Millionen Euro. Leonardo da Vincis (1452–1519) erst 2005 wiederentdeckter „Salvator Mundi“ ging von dem im Exil lebenden Russen Dimitri Rybolowiew an den Saudischen Prinzen Bader bin Abdullah, einen Saudi-Prinzen.1Dieser hatte keine Ahnung, dass er nicht gegen Katar, sondern gegen einen Vertreter seines eigenen Landes anbot - und bei der stolzen Summe von 450 Mio. gewann. In der Zwischenzeit ist der „Salvator Mundi“ Leonardos gegen eine gleichwertige Luxusjacht eingetauscht und in den Besitz von Dubai übergegangen. Das Gemälde wird im Louvre Abu Dhabi (Dubai) ausgestellt werden (aktualisiert am 29.4.2018).
2011 präsentierte die National Gallery, London, die Entdeckung stolz in einer Leonardo-Ausstellung – nachdem in den sechs Jahre zuvor seine Authentizität überprüft worden war. Weniger als 20 Gemälde hat der berühmte Meister aus Vinci in der Nähe von Florenz hinterlassen. Seit der Entdeckung der „Benois Madonna“ (Eremitage, St. Petersburg) im Jahr 1909 war kein Bild von Leonardo mehr entdeckt worden. Der „Salvator Mundi“ tauchte vor einigen Jahren auf einer kleinen Auktion in den USA als Kopie eines Nachfolgers auf.
Das Gemälde zeigt den Retter der Welt, so die wörtliche Übersetzung von „Salvator Mundi“, als symmetrisch aufgebaute Halbfigur mit einer segnenden rechten Hand. In der Linken hält Christus eine Kristallkugel, Symbol für die Welt und königliche Regalie in einem. Sie soll das Licht der Welt enthalten und es ohne Veränderung aussenden. Hier mühte sich Leonardo die Qualitäten der perfekt runden aber nicht gänzlich ohne Einschlüsse gearbeiteten Kristallkugel visuell überzeugend darzustellen. Seine Beobachtung, dass die runde Kugel die Handfläche dahinter optisch verzieht, steht für das wissenschaftliche Interesse des Renaissance-Gelehrten.
Zwei Rötelstudien von Draperien haben sich in der Royal Collection in Windsor erhalten. Diese zwischen 1504 und 1508 datierten Zeichnungen wurden auch schon vor Auftauchen des „Salvator Mundi“ in Zusammenhang mit diesem gesehen. Darüber hinaus gibt es mehr als zwanzig gemalte Kopien von Schülern und Nachfolgern, die die Komposition getreu überliefern.
Die nahsichtige, ikonische Darstellung Christi ist von Dunkelheit umgeben, aus der sich die göttliche Figur wie aus einem „Nebel“ auf die Betrachtenden zubewegen scheint. Diese Technik, das Gesicht aus feinsten Farbschichten minutiös aufzubauen, bzw. das sfumato, das Verunklären der Konturlinien, sprechen für eine Zuschreibung an Leonardo. Hände, Locken und Kristallkugel sind die am besten erhalten Partien des Gemäldes, weshalb die Zuschreibung an den berühmten Künstler zusätzlich über diese Partien erfolgen muss. Die außerordentlich hohe Qualität des Gemäldes, die enge Verbindung zu den beiden als authentisch geltenden Leonardo-Zeichnungen sowie die Nähe zu dessen Gemälden aus der Zeit um 1500 sprechen für die Autorschaft des Florentiners.
Dazu enthüllte die Restaurierung noch eine Reihe von pentimenti, Veränderungen zwischen Vorzeichnung und ausgeführter Malerei, die für die Hand des Meisters sprechen. Diese werden weder im Kupferstich von Wenzel Hollar noch den gemalten Kopien angeführt. Die Position des Daumens der segnenden Hand wurde verändert. Infrarot-Aufnahmen des Kopfes offenbaren die Spuren der spolveri, Punkte aus Rußpartikeln für die Übertragung vom Karton auf den Malgrund, im Bereich des Kopfes, vor allem an der Oberlippe Christi. Im Kontrast dazu ist in den Vorbereitungen weniger Aufmerksamkeit auf das Gewand gelegt, was charakteristisch für Leonardo ist.
Wann genau das Gemälde zu datieren ist, bleibt strittig. Einige Forscher wollen es in den späten 1490er Jahren, also gleichzeitig neben dem „Letzten Abendmahl“, einordnen, andere setzten es gleichzeitig mit der „Mona Lisa“ zw. Dem „Johannes dem Täufer“ (beide Louvre) und somit der Florentiner Phase ab 1500 an. Der Arbeitsweise Leonardos folgend, ist es auch vorstellbar, dass er das Gemälde über mehrere Jahre hinweg gestaltet hat.
Wann und für wen Leonardo das Gemälde geschaffen hat, muss hier spekulativ beantwortet werden: Im Katalog der National Gallery stellt Luke Syson folgende Vermutung an. Der „Salvator Mundi“ könnte für die französische Königsfamilie gemalt worden sein. Das kostbare Lapislazuli-Pigment, das für das blaue Gewand des Salvator eingesetzt wurde, könnte für einen hochrangigen Auftraggeber oder Auftraggeberin sprechen. Königin Henrietta Maria könnte das Werk nach England gebracht haben, wo es erstmals im Besitz von König Charles I. (1600–1649) dokumentiert ist. Charles I. war einer der bedeutendsten Sammler seines Zeitalters. Das Gemälde wird im Inventar, das nach der Enthauptung des Königs angefertigt wurde, als „A peece of Christ done by Leonardo at 30:00:00 [£30]“ angeführt. Bevor Henrietta Maria floh, könnte der „Salvator Mundi“ in ihren privaten Gemächern in Greenwich gehangen haben. Dass Wenzel Hollar, ein überzeugter Royalist, das Werk als Stich kopierte (signiert und datiert 1640) und diesen ein Jahr nach dem Ableben des Königs Henriette Maria schenkte, wird als sentimentale Geste gedeutet. Das Kunstwerk wurde am 23. Oktober 1651 während des „Commonwealth Sale“ an John Stone verkauft. Der Architekt oder Baumeister erhielt das Bild in Gegenleistung für Schulden des Königs.
Als 1660 König Charles II. den Thron bestieg, ließ er die Besitzungen seines Vaters durch ein Dekret wieder zusammenbringen. Stone retournierte das Gemälde an die Krone. Sechs Jahre später wird es als Objekt 311 im Kabinett des Königs angeführt: „Leonard de Vince O.r. Savio.r w.th. a gloabe in one hand and holding up y.e other.“ Erst James II. trennte sich von dem „Salvator Mundi“ und schenkte das Bild aus Whitehall seiner Geliebten Catherine Sedley, der Countess of Dorchester (1657–1717), in deren Familie es bis ins späte 18. Jahrhundert verblieb.
Dann verliert sich die Spur des Bildes. Erst 1900 verkaufte es Sir Charles Robinson als ein Gemälde des Leonardo Nachfolgers, Bernardino Luini, an die Cook Collection, Doughty House, in Richmond. Übermalungen und ein Spalt im Bildträger – Walnussholz – hatte das Werk in einem schwierigen Zustand versetzt. Als die Cook Collection 1958 in einer Auktion aufgelöst wurde, brachte das Bild £45. Dann verliert sich seine Spur erneut, bis es 2005 in einer lokalen Auktion in den USA wieder auftauchte.
Die 2007 durchgeführte Restaurierungskampagne von Dianne Dwyer Modestini2 beschrieb den Erhaltungszustand der Holzplatte als das größte Problem des Werks: Leonardo hatte sich bei der Wahl des Malgrundes nicht auf „handwerkliches Wissen“ bezogen, sondern ein Stück mit einem Ast gewählt. Wohl schon im 17. Jahrhundert war das Bild an dieser Stelle gerissen. Daher wurde die Holzplatte ausgedünnt, der Spalt verkittet, schlecht übermalt und alles auf einen neuen Träger geleimt. Während der Restaurierung wurde das Gemälde von weltführenden Spezialisten untersucht und u.a. mit der Londoner „Felsgrotten-Madonna“ verglichen worden.
Aktualisierung, 8.12.2017, 19:00: Dieser Beitrag wurde mit der Information, dass der Louvre Abu Dhabi offiziell den Erwerb des Gemäldes bestätigt hat, aktualisiert.