29.2.1908
Am 29. Februar 1908 kam Balthasar Klossowski de Rola, genannt Balthus, in Paris zur Welt. Er war der zweite Sohn von Erich Klossowski (1875–1949), einem deutsch-polnischen Kunsthistoriker, Bühnenbildner und Maler und Baladine Klossowska geborene Elisabeth/Else Dorothea Spiro (1886–1969), eine deutsch-jüdische Malerin aus Breslau – Breslau gegen Ende des 19. Jahrhunderts die Hauptstadt der deutschen Provinz Schlesien. Ihr Bruder Eugen Spiro (1874–1972) studierte Kunst und wurde Meisterschüler bei Franz von Stuck (1863–1928) in München. Nach der Heirat änderte sie ihren Vornamen auf Baladine (nach einem Drama von Juliusz Słowacki). Balthus Eltern betrieben einen der wichtigsten Kunstsalons in Paris und später auch in Berlin. Zu den familiären Wurzeln gehörte auch das schottische Adelsgeschlecht der Gordons, wozu auch der englische Dichter Lord Byron (1788–1824) zählte.
Balthus' älterer Bruder: Pierre Klossowski
Balthus älterer Bruder war der Maler, Übersetzer und Schriftsteller Pierre Klossowski (1905–2001). Er verfasste vor allem erotische Werke, in denen er Friedrich Nietzsches (1844–1900) Philosophie und Auffassungen von Marquis de Sade (1740–1814) miteinander zu verbinden suchte. Pierre Klossowski drückte seine Sexualphantasien in lebensgroßen Buntstiftzeichnungen aus.
1914
Die Familie musste bei Ausbruch des Ersten Weltkrieges aufgrund ihrer deutschen Staatsangehörigkeit Paris verlassen. Auch ihr Vermögen wurde eingezogen. Die Familie reiste über Zürich bis nach Berlin, wo sie sich niederließ.
1916
Erich Klossowski arbeitete in Paris mit dem Kunsthistoriker Julius Meier-Graefe (1867–1935) zusammen. Zu den Freunden der Familie zählten unter anderem Pierre Bonnard (1867–1947), André Derain (1880–1954) und Édouard Vuillard (1868–1940).
1917
Die Eltern von Balthus und Pierre trennten sich. Baldine zog mit ihren beiden Kindern nach Genf und kurze Zeit darauf nach Bern in die Schweiz, wo die Buben das Gymnasium besuchten. Dort lernte Baladine den österreich-ungarischen Dichter Rainer Maria Rilke (1875–1926) kennen, mit dem sie bis zu dessen Tod eine leidenschaftliche Beziehung hatte, und dessen Muse sie wurde.
1919
Rilke wurde der Patenonkel Balthasars und verlieh ihm den Spitznamen Balthusz, aus dem dieser später den Künstlername Balthus entwickelte. Rainer Maria Rilke war es auch, der das künstlerische Talent des Jungen erkannte, und früh anfing ihn zu fördern. Er vermittelte unter anderem die erste Publikation des gerade mal elf jährigen Balthus, eine 40 Tuschezeichnungen umfassende Arbeit „Mitsou, quarante images“. Darin betrauterte Balthus das Verschwinden einer ihm zugelaufenen Katze, der er den Namen Mitsou gegeben hatte.
Rilke verhalf Pierre zu einer Stelle als Sekretär beim französischen Schriftsteller und späteren Literatur Nobelpreisträger André Gide (1869–1951) in Paris.
1921
Balthus Bilderzählung „Mitsou, quarante images“ erschien mit einem Vorwort von Rainer Maria Rilke.
Am 24.4.1921 schrieb Rilke: „Balthus ist der Teufel des Kinderzimmers. Sie können sich nicht vorstellen, was er alles erfindet, um den armen kleinen Jungen aufzuregen, der ihn, den er zugleich liebt und fürchtete, entsetzt ansieht.“ (Briefwechsel der 1954 in Zürich unter dem Titel „Rainer Maria Rilke et Merline, Correspondance 1920-1926 – Merline das Pseudonym für Baldine).
Im selben Jahr zog Baldine mit ihren Söhnen zurück nach Berlin, wo sie bei ihrem Bruder Eugen Spiro unterkam.
1924
Die Familie übersiedelte nach Paris zurück, wo Balthus viele Gemälde des Louvre kopierte, vor allem die Werke Poussins und die Alten Meister faszinierten ihn.
1925 Balthus lebte in Toulon (Frankreich), wo er vor allem Landschaften malte.
1926
Der 25-jähirge reiste mit Unterstützung des Schweizer Zoologen und Kunstsammlers Jean Stohl nach Italien, um die Fresken von Pierro della Francesca (um 1410/20–1492) zu studieren und kopieren.
1929
Balthus lebte kurze Zeit in Berlin. Im selben Jahr hatte er seine erste Ausstellung in der Zürcher Galerie Förtner.
1930
Einberufung zum französischen Militärdienst. Balthus wurde in die marokkanischen Städte Kenitra und Fés geschickt. Der Künstler verliebte sich in Antoinette de Watteville (1912–1997), die jüngere Schwester eines Jugendfreundes. Antoinette stammte aus einer einflussreichen aristokratischen Schweizer Familie aus Bern. Sie stand Balthus zunächst Modell. Als ihr Verehrer unterzeichnete er seine Briefe an sie gerne mit „H.M. [His Majesty] the King of Cats“.
1932
Balthus zog zurück nach Paris. Dort machte er die Bekanntschaft mit dem französischen Schriftsteller und Literaturkritiker Pierre Jean Jouve (1887–1976), dem französischen Maler André Derain (1880–1954) – der um 1905 neben Henri Matisse (1869–1954) zu den Hauptvertretern des Fauvismus gezählt hatte, und den Schweizer Bildhauer und Maler Alberto Giacometti (1901–1966) – der zu seinen treuesten Freunden wurde.
1934
Balthus hatte seine erste Einzelausstellung in der Galerie Pierre in Paris. Dort wurde unter anderem sein Hauptwerk „La Rue, La Toilette de Cathy und La Leçon de Guitare [Die Gitarrenstunde]“ ausgestellt, das einen handfesten Skandal auslöste. Balthus selbst, ließ dieses Bild zu Lebzeiten nur drei Mal ausstellen, auch jegliche Reproduktion des Bildes untersagte er.
1935
Balthus entwarf Bühnenbild und die Kostüme für das Stück „L'État de Siège“ von Albert Camus (1913–1960) und für das Theaterstück „Les Cenci“ von Antonin Artraud (1896–1948). Im Oktober mietete sich Balthus ein Atelier an der Cour de Rohan in Paris.
Sein 1935 entstandenes Selbstportrait signierte Balthus mit: „A Portrait of H.M. [His Majesty] The King oft he Cats Painted by Himself“. Balthus porträtierte sich im Alter von 27 Jahren als selbstbewusster Dandy. In seinen Bildern tauchten immer wieder Katzen auf und spielen eine wichtige Rolle – nicht selten als Alter Ego des Künstlers.
1936
Balthus begann mit iener Bildserie, für welche die Französin Thérèse Blanchard (1925–1950) Modell stand. Sie war die Tochter eines Kellners, der in der Nachbarschaft in einem Pariser Restaurant arbeitete. In einem Zeitraum von drei Jahren entstanden zehn Bilder mit ihr als Modell. Als Balthus sie zum ersten Mal malte, war sie gerade elf Jahre alt.
1937
Balthus heiratete Antoinette de Watteville. Sie stand ihm für das Bild „La jube blance [Der weiße Rock]“ Modell.
1938
Erste Ausstellung von Balthus in Amerika. Pierre Matisse präsentierte seine Gemälde in New York; Matisse wurde in der Folge der wichtigste Galerist für Balthus. Das Bild „Thérèse rêvant“ entstand.
1939
Balthus musste zum Kriegsdienst einrücken. Er wurde im Elsass verwundet und konnte im Dezember wieder nach Paris zurückkehren.
1940
Vom Krieg freigestellt, floh Balthus mit Antoinette nach der deutschen Invasion in Frankreich zunächst in das Dorf Champrovent in Savoyen. Im selben Jahr entstand seine Landschaftsdarstellung „Le Cerisier“. Ein Bild, das kurz nach dem Ausbruch des Krieges entstand, den er an der Front miterlebt hatte. Erst auf den zweiten Blick erkennt man in der Landschaft ein kleines Mädchen versteckt im Schatten eines Kirschbaumes stehen. Während des Krieges schuf Balthus keine Bilder zu dem Thema. Auf die Frage warum, antwortete er einmal: „Es reicht schon, ihn [den Krieg] zu erleben.“
1941
Pablo Picasso kaufte in der Galerie von Pierre Colle das Bild „Les Enfants Blanchard“.
1942
Balthus und seine Frau konnten dank des Schweizer Passes von Antoinette in Schweiz einreisen, zunächst nach Bern und kurze Zeit drauf nach Fribourg und Genf. In Bern wurde der erste Sohn Stanislas (* 1942) geboren. Er wurde unter dem Namen Stash de Rola als Schlagzeuger, Sänger, Schriftsteller und Musikproduzent bekannt. Unter anderem, trat er als Perkussionist in der Band seines Freund Vince Taylor im Frühjahr 1965 im Pariser Olympia Stadion als Vorgruppe der Rolling Stones auf.
1945
Die Familie bezog die Villa Diodati in Cologny am Genfersee.
1946
Geburt des zweiten Sohnes Thaddeus.
1947
Balthus und seine Ehefrau trennten sich. Balthus kehrte alleine nach Paris zurück. Seine Exfrau zog mit den beiden Söhnen nach Bern und kurz darauf nach Beatenberg in die Schweiz. Sie waren weiterhin freundschaftlich miteinander verbunden.
1952
Beginn der Arbeit an seinem monumentalen Werk „Passage du Commerce-Saint-André“, das er 1954 beendete. Das großformatige Gemälde mit den Maßen 294 x 330 cm zeigt eine Straßenecke, an der sich das Atelier und die Wohnung des Malers befanden.
1953
Balthus zog mit finanzieller Unterstützung einiger Förderer, Sammler und Freunde in das Château de Chassy im Burgund. Zu den Unterstützern zählte unter anderem Pierre Matisse, Claude Hersaint und Alix de Rothschild (1911–1982) geborene Alix Schey de Koromla.
1961
Balthus wurde von André Malraux (1901–1976), der unter Präsident Charles de Gaulle (1890–1970) zum französischen Kulturminister aufgestiegen war, zum Direktor der französischen Akademie in Rom ernannt. Balthus leitete die ehrbare Institution bis 1977. Die Akademie befindet sich in der Villa Medici. Während dieser Zeit malte Balthus wenig, da er sich vor allem auf die Restaurierung der Villa konzentrierte. Seine Studenten forderte er vor allem auf, über die Kunstgeschichte nachzudenken.
1962
Balthus lernte auf einer diplomatischen Reise nach Japan die japanische Malerin und Schriftstellerin Setsuko Ideta (* 1943) kennen, die seine Lebensgefährtin und sein Modell wurde. 2005 wurde Setsuko von der UNESCO als Künstlerin für den Frieden gewählt.
1965
Als Balthus in Rom lebte, entstand das Gemälde „La Chambre Turque“. Setsuko stand für dieses Gemälde Modell. Sie nahm die traditionelle Pose der Venus ein. Durch die intensive Restaurierung der Villa Medici und das Leben in Rom, wurde Balthus Interesse für die Ornamentik von bunten Fliesen, Stoffen und Muster geweckt.
1967
Heirat mit Setsuko Ideta.
1968
Umfangreiche Balthus-Retrospektive in der Tate Gallery, London. Geburt des Sohnes Fumio Klossowska.
1969
Tod der Mutter, die sich als Künstlerin den Namen „Baldine“ gab, von Rilke „Merlin“ genannt wurde und von ihren Freunden „Mouky“.
1970
Balthus erwarb das Castello di Montecalvello bei Viterbo nördlich von Rom. Tod des zweijährigen Sohnes Fumio.
1973
Geburt der gemeinsamen Tochter Harumi Klossowska in Rom, die heute als Schmuckdesignerin arbeitet.
1976
Balthus kaufte das Grand Chalet in Rossiniére im Kanton Waadt in der Schweiz, hier lebte er mit seiner Frau und seiner Tochter bis zu seinem Tod 2001. Das Chalet ist ein imposantes Holzgebäude aus dem 18. Jahrhundert.
1977
Teilnahme an der documenta 6 in Kassel.
1983
Große Retrospektive im Centre Pompidou, Paris, die vom Metropolitan Museum of Art in New York und dem Museum der Stadt Kyôto in Japan übernommen wurde.
1991
Balthus erhielt für sein Lebenswerk den japanischen Praemium Imperiale.
18.2.2001: Tod
Balthus starb am 18. Februar 2001 im Alter von 93 Jahren in seinem Grand Chalet in Rossiniére.
2001
Balthus-Ausstellung im Palazzo Grassi, Venedig.