Gegen Ende des 19. Jahrhunderts zeichnet sich die Schweizer Kunstszene durch eine große Vitalität aus. Ende der 1890er Jahre setzt sich eine Generation von Malern wie Cuno Amiet, Giovanni Giacometti und Augusto Giacometti, Félix Vallotton oder auch Ernest Bieler oder Max Buri durch, um die Kunst der damaligen Zeit tiefgreifend zu erneuern. Diese Maler wurden in Frankreich, Deutschland oder teilweise Italien im Zusammenhang mit den europäischen Avantgarde-Bewegungen ausgebildet und erforschen die ausdrucksvolle, symbolische oder dekorative Kraft von Linien und Farben. Gleichzeitig beschäftigen sie sich mit Motiven in Anlehnung an die Schweizer Geschichte und Nationalkultur, die damals gerade erfunden wird, vor dem Hintergrund der Selbstbehauptung des jungen Bundesstaats, der 1848 gegründet wurde.
Frankreich | Paris: Musée d’Orsay
2.3. – 25.7.2021
Diese Maler sowie dieser wichtige Augenblick in der europäischen Kunst sind jedoch außerhalb der Schweiz weitgehend unbekannt. Abgesehen von zwei Ausstellungen 1934 und 1960 sowie unlängst zwei ambitionierten Retrospektiven über Ferdinand Hodler (2007 im Musée d'Orsay) und Félix Vallotton (2014 in den Nationalgalerien des Grand Palais wurde der Schweizer Malerei des frühen 20. Jahrhunderts bisher keine einzige Ausstellung gewidmet. Dennoch waren Maler wie Paul Gauguin oder Vincent van Gogh, Schauplätze wie Paris und Pont-Aven ausschlaggebend für wichtige Künstler der damaligen Zeit wie z. B. Cuno Amiet.
Ausgestellt werden etwa 70 Werke aus der Jahrhundertwende, die hauptsächlich aus öffentlichen und privaten Schweizer Sammlungen stammen. Im Mittelpunkt stehen die wichtigen Protagonisten und Meilensteine in der Entwicklung der Avantgarde-Bewegungen, die sich zwar von den bedeutenden Strömungen Europas beeinflussen lassen, jedoch gleichzeitig tief in der kulturellen und intellektuellen Schweizer Landschaft verwurzelt bleiben. Anstelle eines Gesamtüberblicks bietet die Ausstellung die Möglichkeit, in Frankreich unbekannte Künstler sowie außergewöhnliche Gemälde zu entdecken. Die Ausstellung ist in mehrere Abschnitte gegliedert, wobei monografische Ansätze sowie die Gegenüberstellung mehrerer Maler abwechseln. Der Ausstellungskatalog zeichnet die Entwicklung der Schweizer Malkunst der 1900er Jahre in seinem historischen Kontext nach und erweist auch wichtigen Protagonisten wie den Kunstsammlern, Kunstkritikern, Vermittlern und Kunsthändlern eine Hommage.
Diese Ausstellung ist Teil eines Programms, die das rege künstlerische Schaffen dieser Wendezeit innerhalb der Entstehung der Moderne widerspiegelt (zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts). Sie präsentiert Werke, von denen die meisten noch nie in Frankreich gezeigt wurden.
Kuratiert von Paul Muller, Kunsthistoriker, und Sylvie Patry, Leiterin Konservierung und Sammlungen des Musée d'Orsay.
Quelle: Musée d’Orsay, Paris