Emil Nolde (1867–1956) zählt unbestritten zu den bekanntesten und wichtigsten Vertretern des deutschen Expressionismus und ist in der Pinakothek der Moderne unter anderem mit einem seiner frühen Schlüsselwerke „Tanz um das goldene Kalb“ von 1910 prominent vertreten. „Meine Art zu malen ist ohne alle Kunststücke ...“ - wie dieses titelgebende Zitat des Künstlers zu verstehen ist, untersucht erstmals ein vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördertes Kooperationsprojekt zur Maltechnik und den Künstlermaterialien Emil Noldes.
Deutschland | München: Pinakothek der Moderne
31.3.2022 – 28.2.2023
Durch eine Auswertung des umfangreichen Künstlerarchivs und des Ateliernachlasses am ehemaligen Wohn- und Arbeitsort des Künstlers in Seebüll sowie maltechnische und materialanalytische Untersuchungen an rund 45 Gemälden aller Werkphasen aus den beteiligten Sammlungen wird erstmals die Malweise Emil Noldes umfassend kunsttechnologisch erforscht. Für den Herbst 2021 ist die Präsentation der Forschungsergebnisse in einer dreiteiligen Ausstellung in Seebüll, Hamburg und München geplant.
Emil Hansen, der sich seit 1901 nach seinem Geburtsort Nolde nannte, wurde 1906 für eineinhalb Jahre Mitglied der Brücke (→ Emil Nolde: Biografie). Über die Dachauer Schule und einen Aufenthalt in Paris, wo ihn der Impressionismus, Vincent van Gogh, Paul Gauguin, aber auch Edvard Munch stark beeinflussten, kam Nolde zu einer spontan vorgetragenen Malerei, deren leuchtende „Farbstürme“ die Brücke-Künstler derart begeisterte, dass sie ihm nach einer Ausstellung 1906 in Dresden sofort die Mitgliedschaft antrugen (→ Die Brücke).
Der „Tanz um das Goldene Kalb“ gehört zu einer Serie religiöser Bilder, die Emil Nolde 1909, nach der Genesung von einer schweren Krankheit, begann. Beim Malen dieser ganz aus der Farbe gestalteten Bilder habe er, so Nolde, Gott nicht vor, sondern in sich gehabt, „heiß und heilig wie die Liebe Christi“. Keinem dogmatischen Bibelbild, sondern der malerischen Vision eines rauschhaften Zustands verleiht Nolde hier Gestalt. Es ist ein heidnisches Freudenfest voller Farbenglut. Die für dieses Bildthema üblichen moralischen Verweise auf die Torheit heidnischer Götzenanbetung fehlen völlig. Das Bild gehört vielmehr in den typisch expressionistischen Themenbereich einer im Motiv des Tanzes ins Dionysische gesteigerten Lebensfreude.
Die Studioausstellung in der Pinakothek der Moderne stellt den eigenen Bestand der Münchner Pinakothek der Moderne in den Mittelpunkt – bei besonderer Betrachtung der Besonderheiten von Noldes Arbeitsweise und der maltechnischen Entwicklung in seinem langen Schaffen. Selbstzeugnisse und Malutensilien wie Farbtuben und Pigmente ergänzen die Präsentation. Die von Nolde intendierte künstlerische Wirkung seiner expressiven Werke beruht wesentlich auf der bewussten Wahl und Variation von Leinwandtexturen, teils sichtbaren farbigen Grundierungen und Unterzeichnungen, sowie seinem meisterhaften Umgang mit reinen, unvermischten Tubenfarben. Bemerkenswert viele Spuren späterer malerischer Überarbeitungen oder Formatänderungen zeugen von teilweise langen Schaffensprozessen, in denen Nolde die Wirkung seiner Werke noch zu „steigern“ suchte. Dank neuester bildgebender Verfahren können die Untersuchungsergebnisse den Besuchern im Vergleich mit den Originalen anschaulich vermittelt werden.
Hauptpartner des multidisziplinären Forschungsverbundes sind das Doerner Institut der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen, die Stiftung Seebüll Ada und Emil Nolde und die Hamburger Kunsthalle.
Quelle: Pinakothek der Moderne, München