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dOCUMENTA (13): Historische Wurzeln aktueller Kunst Das war die dOCUMENTA (13) in 12 Kapiteln - Teil 7: Giorgio Morandi, Gustav Metzger, Mauri, Salvador Dalí und Emily Carr

Fabio Mauri, Non era nuovo, dOCUMENTA (13) 2012, Installationsfoto: Alexandra Matzner.

Fabio Mauri, Non era nuovo, dOCUMENTA (13) 2012, Installationsfoto: Alexandra Matzner.

Bereits am Beginn der dOCUMENTA (13) wird einem der Hauptvertreter der italienischen Pittura Metafisica, Giorgio Morandi (1890-1964), Tribut gezollt. Seine Überzeugung, dass nichts abstrakter sei als die Wirklichkeit, führte zu einer Reduktion, die bereits eine Grundlage für Minimalismus und konzeptuelle Malerei darstellt.

Die Hommage an die Kulturen der Ureinwohner entlang der Pazifikküste in Nordwestkanada führt die Künstlerin Emily Carr (1871-1945) erstmals in Europa ein. Sie studierte in den USA, England und Frankreich und widmete sich in ihrem künstlerischen Leben der Dokumentation der Lebensweise der Ureinwohner. So verbinden sich in ihren Gemälden Naturausschnitte mit den Überlieferungen der First Nations.

Der in London lebende Gustav Metzger (* 1926) wird von CCB ins Zentrum ihrer Überlegungen zur aktuellen Malerei in der dOCUMENTA-Halle gestellt. Unzählige Zeichnungen und einige Gemälde, allesamt zwischen 1945 und 1959 entstanden, zeigen ihn als einen Vertreter der expressiven, figurativen Malerei. Ende der 50er Jahre gab der „artist`s artist“ jedoch das Malen gänzlich auf, veröffentlichte sein erstes Manifest zur autodestruktiven Kunst und weitete den Malereibegriff um prozessbasierte Formen sich selbst zersetzender/schaffender Werke. In den 60ern revoltierte Metzger gegen den Kunstbetrieb, der ihn nun offensichtlich eingeholt hat.

Auch im Werk von Salvador Dalí (1904-1989) sieht CCB einen wichtigen Beitrag zur Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts. Die „kritisch-paranoische Methode“ ermöglichte Dalí, Paranoia als kreatives Potenzial künstlerischen Agierens zu definieren. In seinen Gemälden führt der Spanier Figuren zu mehrsinnige Kompositionen zusammen, d.h. dass die zu Menschenketten verbundenen Elemente gleichzeitig als einzelne Wesen aber auch als zusammengehörige Figur gedeutet werden können. Sehen bedeutet bei Dalí immer auch deuten, neue Zusammenhänge herzustellen.

Der 2009 verstorbene, italienische Künstler Fabio Mauri (1926-2009) ist mit einigen an Fußmatten erinnenden Textobjekten vertreten, in denen Sinnträchtiges eingeschnitten ist. „Non era nuovo“(Es war nicht neu) verweist auf den Originalitätsanspruch in der modernen Kunst. Quasi wie ein Leitsatz der dOCUMENTA (13) liest sich: „Nessun segno particolare di cultura è fuori da un testo generale storico e nessun testo generale storico o interpretazione di mondo è fuori dall` enigma piu generale dell`universo.“ (Kein einzelnes kulturelles Zeichen befindet sich außerhalb eines allgemeinen geschichtlichen Kontextes und kein allgemeiner geschichtlicher Kontext und keine Weltdeutung befinden sich außerhalb des allgemeineren Geheimnisses des Universums.)

Weitere Themen auf der documenta 13

Teil 1: dOCUMENTA (13): Raumfragen
Teil 2: dOCUMENTA (13): Themenfelder
Teil 3: dOCUMENTA (13): Kunst und ihre politische Verantwortung
Teil 4: dOCUMENTA (13): Kunst und der Umgang mit Geschichte
Teil 5: dOCUMENTA (13): Kassel und Afghanistan
Teil 6: dOCUMENTA (13): Kassel und Australien
Teil 8: dOCUMENTA (13) Kunst und Naturwissenschaft
Teil 9: dOCUMENTA (13): Aktuelle Malerei – oder gegen jede Art von Medienspezifität
Teil 10: dOCUMENTA (13): Kunst und Ökologie
Teil 11: dOCUMENTA (13): Künstler und Schamanismus
Teil 12: dOCUMENTA (13): „Realität“ und ihre mediale Vermittlung

Alexandra Matzner
Gründerin von ARTinWORDS * 1974 in Linz, Studium der Kunstgeschichte, Geschichte und Romanistik in Wien und Rom. Seit 1999 Kunstvermittlerin in Wien, seit 2004 Autorin für verschiedene Kunstzeitschriften. Jüngste Publiktionen entstanden für das Kunsthaus Zürich, Schirn Kunsthalle Frankfurt, Albertina und Belvedere in Wien.