Gerard Dou

Wer war Gerard Dou?

Gerard Dou (auch: Gerrit Dou oder Gerard Douw; Leiden 7.4.1613–begraben 9.2.1675 Leiden) war ein niederländischer Maler des Barock. Wegen seiner Leidenschaft für minutiöse Details und seiner vollendeten Technik gilt er als Begründer der Leidener Feinmalerei, die weit bis ins 18. Jahrhundert gepflegt wurde. Dou gehörte zu den berühmtesten und höchst bezahlten Malern seiner Zeit. Von ihm sind etwa 200 Werke bekannt.

Kindheit

Gerard Dou (auch: Gerrit Dou oder Gerard Douw) wurde am 7. April 1613 als Sohn des Glasmachers und -malers Douwe Jansz und Maria Jansdr in Leiden geboren. In erster Ehe war seine Mutter mit Vechter Vechtersz Cuyper verheiratet gewesen am 6. November 1609 hatte sie das Aufgebot mit Gerard Dous Vater beim Magistrat in Leiden bestellt. Dou hatte einen Bruder namens Jan, der die väterliche Werkstatt übernehmen hätte sollen jedoch vor de Vater verstarb. Möglicherweise hatte er auch noch eine uneheliche Halbschwester oder einen Halbbruder von einer Geertruyt Caesdr.

Ausbildung

Nach einer Lehre bei seinem Vater Douwe Jansz ging Dou 1622 zu dem Bildstecher Bartholomeus Dolendo (um 1570–1626), wo er die Grundlagen der Zeichenkunst erlernte. Nach etwa eineinhalb Jahren soll er für weitere zweieinhalb Jahre bei dem Glasmaler Pieter Couwenhorn gewechselt sein. Danach arbeitete er im väterlichen Familienbetrieb, wo er 1625 und 1627 durch die Glasmachergilde verbürgt ist. Da Gerard Dou beim Reparieren und Einsetzen von Glasscheiben ziemlich waghalsig gewesen sein soll, berichtet der Leidener Bürgermeister und Stadtschreiber Jan Orlers, ließ ihn der Vater zum Maler ausbilden.

Am 14. Februar 1628 trat der 15-jährige Gerard Dou als erster Meisterschüler in Rembrandt van Rijns Leidener Werkstatt ein. Danach wurde er auch in der Glasmachergilde nicht mehr erwähnt. Gerard Dou blieb vermutlich drei Jahre bei Rembrandt, bis zu dessen Weggang nach Amsterdam 1631/32.

Meister in Leiden

Seit 1632 arbeitete Gerard Dou selbständig in Leiden, wo er bis zu seinem Lebensende 1675 wohnhaft blieb. Er erwarb 1640 für 2.000 Gulden ein Haus an der Korte Oude Vest (heute: Gagewater Nr. 6). Ab 1648 war er Mitglied der Leidener Lukasgilde. Zudem diente er in der Leidener Schützengilde als Fahnenschwenker. Als solcher hatte der Junggeselle „einen festen Brustpanzer, mit Halsschurz, Lanze oder Hellebarde und einen Helm“ zu besitzen.

Dou genoss bereits zu Lebzeiten großen Ruhm und konnte für wohlhabende Sammler arbeiten, darunter Pieter Spiering (vermutlich Gerard Dous erster Mäzen), Johan de Bye, der Leidender Arzt François de le Boe Sylvius und der Delfter Notar Willem de Langue (besaß 1655 sechs Gemälde Dous). Für 300 Gulden kaufte der bedeutende Utrechter Kunstsammler Willem Vincent van Wyttenhorst 1651 direkt vom Künstler das Bildnis eines Geigers (The Princely Collections Liechtenstein, Vaduz-Vienna). Zu Dous ausländischen Sammlern gehörte der österreichische Erzherzog Leopold Wilhelm in Brüssel aber auch der Gesandte von Schweden in Den Haag und Agent Christina von Schwedens, Pieter Spiering. Spiering sicherte sich für 500 Gulden im Jahr das Vorkaufsrecht auf Dous Werke und ließ sich mit seiner Ehefrau auch von ihm porträtieren.

Dem Bericht des Malers Joachim von Sandrart von Anfang der 1640er zufolge, arbeitete Dou in einem großen Atelier mit hohen Nordfenstern und Blick aufs Wasser bis zum Stadttor De Blauwe Poort, das er auch in seinen Gemälden wiedergab. In seinem Atelier muss Dou zahlreiche hohe Besucher empfangen haben wie Cosimo III. de’Medici. Das „Holländisches Geschenk“ der niederländischen Republik an Charles II. von England umfasste 1660 vor allem italienische Gemälde; aber auch Werke von Gerard Dou. Charles II. soll ihm den Posten des Hofmalers angeboten haben, was Gerard Dou jedoch ablehnte.

Im Jahr 1657 verfasste Gerard Dou sein Testament – und wohnte noch immer an derselben Adresse. Da der Maler zeitlebens ledig blieb, vermachte er das Haus seiner Nichte Antonia van Tol, die ihn versorgte. Zeitgenossen unterstellten den beiden, dass Antonia noch mehr für den Künstler getan hätte. So unterstellte ihr die Frau eines Schneiders, Magdalena Thyssen, dass sie „ihre Kleider auf unehrliche [unsittliche] Weise von ihrem Onkel […], dem kunstreichen Maler Douw, bekommen“ zu haben. Die Beschuldigte und ihr Bruder, der Maler Dominicus van Tol, ließen am 9. Februar 1668 aufgrund der üblen Nachrede und Beschimpfungen ein Schriftstück bei einem Notar aufsetzen.

Gerard Dous Einzelausstellung 1665

Im September 1665 stellte Johan de Bye 27 Gemälde Gerard Dous in der Leidener Breestraat gegenüber dem Rathaus aus. Es handelt sich um die erste monografische Ausstellung eines niederländischen Künstlers! Die Verkaufsschau konnte täglich, außer sonntags, zwischen elf und zwölf Uhr zu besichtigt werden. Zudem wurden Spenden für Bedürftige eingesammelt. Wie die Beziehung zwischen dem Maler und de Bye war, ist nicht überliefert. Sicher ist jedoch, dass dieser Dou wie ein Mäzen unterstützt haben muss. Eines der ausgestellten Werke war „Frau am Klavichord“ (Dulwich Picture Gallery, London), das Jan Vermeer zu seinem Gemälde „Sitzende Virginalspielerin“ (um 1675, The National Gallery, London) inspiriert hat. Das Sujet ist auch von Gabriel Metsu, Frans van Mieris, Jan Stehen und anderen bekannt.

Werke

Gemeinsam mit Gerard ter Borch, Frans van Mieris, Pieter de Hooch, Gabriel Metsu, Nicolaes Maes, Jan Vermeer und Jan Steen gehörte Dou zu jenen Genremalern des dritten Viertels des 17. Jahrhunderts, die sich mit Gemälden in bis dahin unerreichter Qualität und Lebensnähe einen Namen machten.

Der Einfluss des jungen Rembrandt als auch von dessen Künstlerkollegen Jan Lievens war zunächst groß; von seinem berühmten Lehrmeister und dessen Eltern malte Dou Porträts. Ab Mitte der 1630er Jahre sind Dous meisterhafte, in kleinem Format gemalte Genrebilder bekannt. Die Szenen spielen meist in dunklen und engen Räumen, wobei er alles bis ins kleinste Detail erfasste und mit größter Akribie ausführte. Sandrart überlieferte, dass Gerard Dou die Pigmente auf Glas anrieb und seine Pinsel selbst herstellte. Er bewahrte seine Malutensilien in eine Kästchen auf, da Staub die glatte Oberfläche seiner Bilder stören könnte. Erklärtes Ziel von Dous Bildern ist die präzise Schilderung von Oberflächen und stofflichen Qualitäten. So soll Gerard Dou nur bei gutem Wetter (Licht) und nach dem Leben – mit Hilfe eines Vergrößerungsglases und eines Netzrahmens – gearbeitet haben. Der dänische Arzt Ole Borch, der Dou am 9. November 1661 besuchte, hielt fest:

„Wenn Dou beim Malen ist, pflegt er sich gleich drei Sehgläser vor die Augen zu setzen, um schärfer sehen zu können.“

Seit den 1640er Jahren malte Gerard Dou zahlreiche Werke mit einer jungen Frau in einem Bogenfenster (auch: Nischenbild). Er bevorzugte eine Steinbogennische, die sich zu einem großen Innenraum hin öffnet und als Rahmen für die zentrale Figur bildet. Dieses bereits zu Lebzeiten Dous populäre Kompositionsschema wurde unglaublich erfolgreich und finden sich noch in der Malerei des 19. und 20. Jahrhunderts (siehe: Ferdinand Georg Waldmüller, Karl Hofer). Häufig präsentierte der Leidener Feinmaler auf den Fensterbänken Objekte und Essen in stilllebenhafter Weise. In manchen Werken führte Dou eine mit einem Relief geschmückte Brüstung ein, in denen neben der symbolischen Bedeutung der Figuren auch der Wettstreit zwischen den Künsten (Paragone) anklingt.

Internationale Berühmtheit erhielt Gerard Dou auch mit seinen spektakulären Nachtstücken mit Kunstlicht. Darin spielt der Beleuchtungseffekt einer Kerze die Hauptrolle. Seit den 1650er Jahren war die künstliche Beleuchtung eine Spezialität des Malers. Inspiration dafür hatte er von Rembrandt aber vermutlich auch Adam Elsheimer erhalten. Samuel van Hoogstraeten bezeichnete Dou als Vorbild auf diesem Gebiet.

Schüler von Gerard Dou

Gerard Dou hatte viele Schüler und Nachfolger. Sein bedeutendster und treuester war Frans van Mieris (erwähnt von Houbraken). Das Gildebuch der Leidener Maler erwähnt ihn als Lehrmeister von Bartholomäus Maton Mathijs Naiveu und Gerrit Maes. Houbraken führte noch Carel de Moor, Pieter van Slingelandt und Godfried Schalcken als seine Schüler an. Er wäre auch möglich, dass Gerard Dou seinen Neffen Domenicus van Tol sowie Jacob Toorenvliet unterrichtete. Der Vater Toorenvliets hatte die Witwe seines Bruders Jan geheiratet.

Gerard Dou in Sammlungen und Museen

Die wichtigsten Gemälde Gerard Dous befinden sich heute im Rijksmuseum Amsterdam, im Louvre in Paris sowie der National Gallery in London. Auch die Gemäldegalerie Alte Meister in Dresden hat mehr als ein Dutzend seiner Gemälde im Bestand, darunter z. B. das „Stillleben mit Leuchter und Taschenuhr“ (um 1660).

Beiträge zu Gerard Dou

9. September 2021
Jan Vermeer, Die Briefleserin (am offenen Fenster), Detail, um 1657/59, Öl/Lw, 83 x 64,5 cm (Dresden, Gemäldegalerie Alte Meister – Staatliche Kunstsammlungen)

Dresden | Zwinger: Vermeer „Briefleserin am offenen Fenster“ und die holländische Genremalerei des 17. Jahrhunderts

Anlässlich der Restaurierung von „Brieflesendes Mädchen am offenen Fenster“ plant Dresden für das Frühjahr 2021 eine Vermeer-Ausstellung: Zehn Bilder Vermeers und weitere 50 seiner Zeitgenossen kontextualisieren das Dresdner Genrebild mit neuer Aussage!
26. September 2017
Adriaen van Ostade, Der Maler in seiner Werkstatt, Detail, 1663 (Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Gemäldegalerie Alte Meister © bpk, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Foto: Hans-Peter Klut)

Die Geburt des Kunstmarktes Rembrandt, Ruisdael, van Goyen und die Künstler des Goldenen Zeitalters

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