Nicolaes Maes

Wer war Nicolaes Maes?

Nicolaes Maes (Januar 1634–24.11.1693) war ein niederländischer Maler des Barock. Er wurde in Dordrecht geboren und trat im Alter von etwa 15 Jahren in das Atelier von Rembrandt van Rijn in Amsterdam ein. Maes gilt als einer von dessen bedeutendsten Schülern. Vor Dezember 1653 kehrte er in seine Heimatstadt Drodrecht zurück, wo er in den folgenden 20 Jahren vor allem Genreszenen, Porträts, sakrale Werke und selten Stillleben schuf. Die Leistung Nicolaes Maes‘ liegt in der Weiterentwicklung der Genremalerei im Golden Jahrhundert. Ab 1673 etablierte er sich als einer der prominentesten Porträtmaler in Amsterdam, wo er 1693 verstarb.

Kindheit und Ausbildung bei Rembrandt

Nicolaes Maes wurde im Januar 1634 in Dordrecht als zweiter Sohn von Gerrit Maes, einem wohlhabenden Seidenkrämer, Kaufmann und Seifensieder, und Ida Herman Claesdr geboren und getauft. Das Paar scheint wohlhabend gewesen zu sein und hatte sieben Kinder. In seiner Heimatstadt wurde er zunächst bei einem mittelmäßigen Maler im Zeichnen ausgebildet (Houbraken). Um 1648 übersiedelte Nicolaes Maes nach Amsterdam, wo er etwa 1650 in Rembrandts Atelier eintrat und etwa drei Jahre blieb, um das Malen zu erlernen.1

Porträtist in Amsterdam (1673–1693)

Im Jahr 1673 zog Maes nach Amsterdam, wo er bis zu seinem Tod lebte. Der Schritt hing höchstwahrscheinlich mit dem größeren Markt für Porträts zusammen, vor allem nach dem Tod der führenden Amsterdamer Porträtmaler Abraham van den Tempel und Bartholomeus van der Helst. Der Abschwung des Kunstmarktes in Dortrecht und anderen niederländischen Städten infolge des Katastrophenjahrs von 1672, das durch einen groß angelegten Einmarsch französischer und anderer Armeen in die niederländische Republik gekennzeichnet war, dürfte ebenfalls eine Rolle gespielt haben.

Nicolaes Maes muss damit gerechnet haben, dass er mit seinen modischen Porträts die Gunst von Amsterdams wohlhabenden Bürgern erringen könnte. Seine Annahme stellte sich bald als richtig heraus, da Maes als Porträtist in Amsterdam so gefragt war, dass die Porträtierten in großer Anzahl in sein Atelier strömten. Die repräsentativen Bildnisse aus den 1670er und 1680er Jahren zeugen von seinem Erfolg als Gesellschaftsporträtist. Maes malte in seiner reifen Zeit Hunderte von Porträts. Diese wurden größtenteils in zwei standardisierten Formaten ausgeführt: Das erste stellte auf einer kleinen rechteckigen Leinwand die Person in halber Länge in einem Oval dar, während das zweite ein größeres Format verwendete, um eine Figur in Dreiviertellänge abzubilden. Diese aufwändigeren Porträts positionieren die Dargestellten auf einer Terrasse oder Garten gegen einen abendlichen Himmel. Während der 1670er Jahren waren auch Bildnisse von Familien oder Kindern in der Landschaft gefragt, sowie Kinder in Verkleidung als mythologische Figuren. Nur ein einziges Mal wurde Nicolaes Maes gefragt, ein Gruppenporträt auszuführen: „Sechs Regenten der Amsterdamer Chirurgen Gilde“ (1680/81, Rijksmuseum Amsterdam).

Trotz seines langjährigen Wohnsitzes in Amsterdam ab 1673 wurde Maes nie Amsterdamer Staatsbürger. Er wartete bis 1688, um sich bei der Amsterdamer Gilde des Heiligen Lukas anzumelden, nachdem die Gemeinde von der Gilde eine Liste der Mitglieder verlangt hatte. Maes meldet sich bei der Gilde nicht als Bürger von Amsterdam, sondern als Einwohner an.

Krankheit und Tod

Nicolaes Maes litt in den letzten Jahren seines Lebens an der Gicht. Seine Frau Adriana Brouwers wurde am 14. März 1690 in der Oude Kerk in Amsterdam beigesetzt. Maes starb einige Jahre später und wurde am 24. Dezember 1693 im Grab seiner Frau beerdigt. Nicolaes Maes‘ Nachlass bezeugt den großen finanziellen Erfolg, den er mit seiner Kunst erzielt hatte: Der Maler besaß bei seinem Ableben 11.000 Gulden in bar, zwei Häuser in Dordrecht und drei Häuser in Amsterdam.

Schüler von Nicolaes Maes

  • Justus de Gelder, sein Stiefsohn
  • Margaretha van Godewijk
  • Jacob Moelaert
  • Johannes Vollevens

Nicolaes Maes: Bilder

  • Nicolaes Maes, Die Verbannung von Hagar und Ismael, 1653, Öl/Lw, 87,6 x 69,9 cm (Metropolitan Museum of Art, New York)
  • Nicolaes Maes, Alte Frau beim Dankgebet (Das endlose Gebet) um 1656, Öl/Lw, 134 × 113 cm (Rijksmuseum, Amsterdam)
  • Nicolaes Maes, Mädchen am Fenster (Die Tagträumerin), 1650–1660, Öl/Lw, 123 × 96 cm (Rijksmuseum, Amsterdam)

Literatur über Nicolaes Maes

  • Nicolaes Maes –Rembrandt’s Versatile Pupil (Mauritshuis, The Hague, 17.10.2019–19.1.2020; The National Gallery, London, 22.2.–31.5.2020), Zwolle 2019.
  • Léon Krempel, Studien zu den datierten Gemälden des Nicolaes Maes (1634–1693), Petersberg 2000.

Beiträge zu Nicolaes Maes

London | National Gallery of Art: Nicolaes Maes

Niederländischer Meister des Goldenen Zeitalters

In seinen frühen Jahren etablierte sich der niederländische Barockmaler Nicolaes Maes als ein Genremaler und Porträtist. Ab 1660 spezialisierte er sich auf kleinformatige Bildnisse. Seine frühen religiösen Gemälde, wie das Gemälde „Christus segnet die Kinder“ der National Gallery of Art, sind stark von Rembrandt van Rijns Einfluss geprägt. Im Frühjahr widmet ihm die National Gallery of Art | London eine Kabinettausstellung.

London / National Gallery of Art, 22.2. – 31.5.2020

  1. Außer Maes kamen noch weitere Schüler Rembrandts aus Dordrecht: Ferdinand Bol, Samuel van Hoogstraten, Jacobus Leveck, Arent de Gelder.[note] Obschon die Lehre bei Rembrandt kostspielig gewesen sein dürfte, bestand offenbar ein Bedarf an Gemälden im Stil Rembrandts in der Stadt. Der Beginn der Lehrzeit ist nicht genau zu fixieren, sicher ist, dass Nicolaes Maes im Dezember 1653 die Lehre beendete, nach Dordrecht zurückkehrte und heiratete.

    Erfolgreicher Maler in Dordrecht (1653–1673)

    Bis zum 28. Dezember 1653 war Nicolas Maes wieder nach Dordrecht zurückgekehrt. An diesem Tag stellte er das Aufgebot für seine Eheschließung mit Adriana Brouwers, der Witwe des Predigers Arnoldus de Gelder, am Standesamt, die im Januar 1654 amtilich wurde. Adriana brachte aus erster Ehe den Sohn Justus de Gelder mit! Das Paar hatte gemeinsam auch einen Sohn, der jedoch schon im Mai 1656 verstarb.
    Maes lebte und arbeitete bis 1673 in Dordrecht. Anfangs malte Maes biblische Motive, Genreszenen und Porträts. Stilistisch zeigte er sich in dieser frühen Zeit als Nachfolger von Rembrandt, dessen Stil der 1650er Jahre er weiterführte (→ Der späte Rembrandt: Maltechnik, Radierungen und Bankrott). In dieser Phase sind Maes‘ Gemälde von einem reichen Chiaroscuro und warmen Farben geprägt. Die meisten religiösen Bilder von Maes haben Kabinettgröße.

    Das signierte und 1653 datierte Gemälde „Abraham verstößt Hagar und Ismael“ (The Metropolitan Museum, New York) belegt, dass sich Nicolaes Maes als unabhängiger Maler etabliert hatte. Signatur und Datierung könnten auf die Emanzipation des Malers von seinem Vorbild und Lehrmeister gedeutet werden. Das Gemälde überzeugt durch die Darstellung der widerstrebenden Affekte und die Geschlossenheit der Komposition (ohne Sara). Die Verbannung von Hagar und Ismael“ (1653, Metropolitan Museum of Art, New York) ist eine der bewegendsten Darstellungen dieses Themas, das sich bei Rembrandts Schülern und deren Auftraggebern großer Beliebtheit erfreute.

    Daran schließ stilistisch eine Gruppe von fünf Historienbildern an, darunter das „Abrahams Opfer“ (The Metropolitan Museum, New York). Auch das berühmteste Bild Maes' in Großbritannien „Christus segnet die Kinder“ (The National Gallery, London) besticht durch die nunmehr lebensgroßen Figuren und die tonige Farigkeit. Die starken Bewegungen und verschiedenen RIchtungen der Figuren legen nahe, dass sich der Maler mit der Frage der Variation beschäftigte. Als Nicolaes Maes diese Werke schuf, war er um die 19. Jahre alt und arbeitete mit rembrandtesken Elementen. Da es sich nicht um sklvische Nachahmungen handelt, liegt der Schluss nahe, dass Rembrandt seinen Schülern viel Freiheit ließ, damit sich diese eigenständig weiterentwickeln konnten.

    Weitere Gemälde aus dieser Phase sind: „Vertumnus und Pomona“ (um 1653, National Gallery of Ireland, Dublin) und „Samariterin am Brunnen“ (um 1653, Sammlung Russell, Amsterdam). Maes‘ biblische Kompositionen waren eindeutig den Vorbildern seines Meisters Rembrandt verpflichtet, zeigen aber gleichzeitig, dass er die Bibel und die ikonografischen Vorbilder auf originelle Weise verändern konnte.

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    Ab 1654 wandte sich Nicolaes Maes der Genremalerei zu - und zwar dem bürgerlichen Gerne, das in der niederländischen Malerei nach der Jahrhundertmitte das bäuerliche Genre überflügelte und immer mehr ins Zentrum der Aufmerksamkeit trat. Gelchzeitig wählte Nicolaes Maes häufiger das Hochformat und wandte sich einer Feinmalerei zu, mit der er sich zunehmend von der pastosen Malerei Rembrandts verabschiedete. Wichtig für diese Kompositionen sind die klare Raumkonstruktion und die atmosphärische Lichtwirkung (vgl. Pieter de Hooch).

    In dieser frühen Phase zeigte sich Maes als einer der einfallsreichsten Genremaler der niederländischen Republik. Er führte neue (häusliche) Themen ein und erfand beispiellose ausdrucksstarke Posen, Gesten und Gesichtsausdrücke wie etwa in „Mädchen am Fenster (Die Tagträumerin)“ (1650–1660, Rijksmuseum, Amsterdam). Diese Werke hatten Einfluss auf andere niederländische Maler wie Jan Steen. Seine Gemälde von Frauen bei der Hauswirtschaft – wie Spinnerinnen, Klöpplerinnen und Müttern mit Kindern – sind durch das Spiel von Licht und Schatten und die begrenzte Farbpalette von Rembrandt mit einer feierlichen Würde ausgestattet. Damit spiegeln Maes‘ Werke die Auffassung der calvinistischen Niederländer wider, die den Wert des Familienlebens und stillen Fleißes hochhielten.

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    Maes schuf einige Szenen, die vor der Haustür eines Privathauses spielen, z. B. das Klingeln von Milchmädchen oder das Erhalten von Zahlungen oder das Bitten von Jungen um Almosen. Mitte der 1650er Jahre behandelte malte Maes häufig Bilder von älteren Frauen in Halb- oder Dreiviertelfigur, die beispielsweise vor einem einfachen Essen ein Dankgebet aufsagt, inmitten von Vanitas-Symbolen betet oder über einer Bibel döst.

    Maes‘ Hauptbeitrag bei der Darstellung des Innenraums bestand darin, Innenräume nicht als flache, dreiwandige Kästen, sondern als Raumabfolgen zu behandeln. Vermutlich ließ er sich hierzu vom neuen Handlungselement inspirieren, das er in die Genremalerei einführte. Diese Neuerung hatte einen wichtigen Einfluss auf Delfter Genremaler wie Jan Vermeer und Pieter de Hooch. Maes‘ Genreszenen im Außenraum haben möglicherweise auch De Hoochs Blick auf den typischen niederländischen Innenhof beeinflusst.

    Zu Nicolaes Maes' wichtigsten Genrebildern gehören die Szenen der Lauscher oder Lauscherinnen wie „Lauscherin und Liebespaar“ oder „Das Publikum“ (1656, Wellington Museum Apsley House). Die Bildidee hatte Isaak Koedijck um 1650, als er „Lauscher auf der Treppe“ malte. Das Original ist in einem Schiffbruch im späten 18. Jh. verlorengegangen, weshalb Willem Joseph Laquyas Aquarellkopie des Werks im Amsterdams Historisch Museum die wichtigste Quelle für den Ursprung des moralisierenden Sujets ist. Maes kombiniert eine nahsichtige Figur, die durch den Zeigegestus die Aufmerksamkeit des Publikums auf sich lenkt, während im Bildhintergrund erotische Szenen angedeutet werden. Seine Interpretationen spielen - im Vergleich zu den Vorgängern - nicht mehr in Wirtshäusern oder Bordellen, sondern in eher bürgerlichem Ambiente. Insgesamt kann aber konstatiert werden, dass im gesamten erhaltenen Werk von Nicolaes Maes die positiven Vorbilder überwiegen.

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    Maes in Antwerpen

    Mitte oder Ende der 1650er Jahre reiste Maes nach Antwerpen, wo er die Werke flämischer Künstler wie Peter Paul RubensAnthonis van Dyck und Jacob Jordaens studierte. Während seines Aufenthalts in Antwerpen soll Maes das Atelier von Jacob Jordaens besucht und sich ausführlich mit dem Künstler über das Malen unterhalten haben. Diese Auseinandersetzung mit dem flämischen Barock führte zu einem Stilwandel - aber auch ab 1655 zur Hinwendung zur Porträtmalerei. Um 1662 soll sich Nicolaes Maes auch in London aufgehalten haben.

    Porträts

    Ab 1655 schuf Maes hauptsächlich kleinformatige Genreszenen und ab etwa 1660 wandte er sich fast ausschließlich der Porträtmalerei zu. Im Gegensatz zu Rembrandts Spätwerk malte Nicolaes Maes allerdings glatter und detailreicher, was dem Geschmack der Zeit besser entsprach. Er war nachweislich erfolgreich und ein gefragter Maler von Statusporträts. Das ist durch die Tatsache belegt, dass er Gemeindesteuern auf 3.000 und 4.000 Gulden Kapital entrichtete. Sein hoher sozialer Status zeigt sich in der Mitgliedschaft in der örtlichen Bürgerwehr, in der er den Rang eines Leutnants bekleidete.

    In seinen früheren Porträts stellt Maes seine Dargestellten vor einen dunklen Hintergrund. Maes' reifer Stil entstand in den 1660er Jahren und zeigt den Einfluss des flämischen Porträts von Anthonis van Dyck, das im letzten Jahrzehnt in die niederländische Republik gefragt war. Inszenierungen und Accessoires wurden während der 1670er Jahre wichtiger. So ließ er die Porträtierten in eleganten Gärten sitzen, malte sie in hellen Farben und mit einem freien Pinselstrich. Diese späteren Porträts betonen die Gesten und Posen sowie die Kleidung und Frisuren der Modelle.

    Einen Neuanfang wagte der Maler um 1670, als er begann leuchtendere Farben und starkere Kontraste einzusetzen. Zu den außergewöhnlichsten Bildnissen dieser Phase gehören zwei Kinderporträts: „Mädchen mit zwei Rehen“ (um 1671, Privatsammlung) sowie „Junge mit Eisvogel und Hund“ (1671, Privatsammlung). Die Rollenbildnisse lassen die Kinder mit Attributen von Jägern bzw. der Jagdgöttin Diana erscheinen. die Kostüme sind phantasievoll und bunt. Auftraggeber dürften bürgerliche Familien gewesen sein, die sich in die Tradition der adeligen Rollenporträts einschrieben. Häufig gehörten die Auftraggeber zu den privilegierten Milieus der NIederlande. Da viele von Maes' Bildnissen unbenannte Personen wiedergeben, ist es schwierig, den Maler mit einerm bestimmen Milieu oder einem Netzwerk in Verbindung zu bringen. Zeitgenossen scheinen an den teils martialischen Verkleidungen (z.B. die Anlehnung an das römische Soldatenkleid, "lorica") jedenfalls keinen Anstoß genommen zu haben, währnd spätere Interpreten sie auch als Karikaturen empfanden. Vermutlich stand dahinter der Wunsch, in einer zeitlosen Kleidung wiedergegeben zu werden.[note]In Großbritannien ist dafür besonders der Porträtist Petr Lely berühmt.