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Gustav Klimts Gold für das Paradies Vergoldungstechnik im Beethovenfries

Veröffentlicht von Alexandra Matzner von 26. September 2015
Gustav Klimt, Beethovenfries: Diesen Kuss der ganzen Welt, 1901-1902, Gesamtmaße 2,15 m x 34,14 m, Mischtechnik, Belvedere, Wien / Leihgabe in der Secession, Wien © BDA.

Gustav Klimt, Beethovenfries: Diesen Kuss der ganzen Welt, 1901-1902, Gesamtmaße 2,15 m x 34,14 m, Mischtechnik, Belvedere, Wien / Leihgabe in der Secession, Wien © BDA.

Zu den bekanntesten Werken aus Gustav Klimts (1862–1918) „Goldener Periode“ zählt zweifellos der Beethovenfries. Das Wandgemälde entstand als temporärer Dekorationsmalerei für die XIV. Ausstellung der Wiener Secession, die vom 15. April bis 27. Juni 1902 zu sehen war. Insgesamt 20 Secessionskünstler und eine Künstlerin gestalteten den Raum für die Beethovenstatue von Max Klinger.1 Nach dem Ende der Präsentation sollte der Fries wie auch alle anderen Werke abgerissen werden. Das wurde jedoch durch das positive Urteil von Klimts Kollegen verhindert. Sie entschlossen sich, das Werk noch bis zur geplanten Klimt-Retrospektive (November bis Dezember 1903; XVIII. Ausstellung) zu erhalten. Der Beethovenfries blieb daher auch während der folgenden drei Secessionsausstellung vorerst - vermutlich verdeckt - an seinem Platz. Der Sammler Carl Reininghaus (1857─1929) erwarb nach Beendigung der Klimt-Schau das Werk und versicherte sich, die bei der Abnahme entstandenen Schäden von Klimt persönlich wiederherstellen zu lassen. Am 6. Dezember 1907 bestätigte Gustav Klimt brieflich seine frühere mündliche Zusage: „… dass ich jederzeit bereit bin, bei endgiltiger Placierung des Werkes die Reparaturen, welche sich bei dessem heutigen Zustande als nötig heraus stellen, ohne Entgelt auszuführen.“2 Doch dazu sollte es nicht kommen, da Reininghaus das Werk 1913 an die Familie Lederer weiterverkaufte, ohne es zuvor verbaut zu haben.

Gustav Klimt, Beethovenfries und das Gold

Österreich / Wien: Secession

Hier geht es zu:
Gustav Klimt in Wien 2012

Gustav Klimt. Zeichnungen zum Beethovenfries

Im knapp über 34 Meter langen und 2,17 Meter hohen Wandgemälde schildert der Wiener Maler die Sehnsucht der Menschheit nach Glück. Ein von Mitleid und Ehrgeiz angetriebener Ritter in goldener Rüstung kämpft für eine arme und schwache Familie gegen „böse Mächte“. Doch kann sein Schwert wirklich etwas gegen Krankheit, Tod und Wahnsinn, die drei Gorgonen, das Ungeheuer Typhoeus, Wollust, Unkeuschheit, Unmäßigkeit und den nagenden Kummer ausrichten?3 Erst Poesie in Verbindung mit Musik stillt die Sehnsucht nach Glück. Die Künste führen die Menschheit in ein „ideales Reich“, in dem sie „reine Freude, reines Glück, reine Liebe“ findet.4

 

Gustav Klimt, Beethovenfries: Die Künste führen in ein ideales Reich hinüber & Diesen Kuss der ganzen Welt, 1901-1902, Gesamtmaße 2,15 m x 34,14 m, Mischtechnik, Belvedere, Wien / Leihgabe in der Secession, Wien © BDA.
Gustav Klimt, Beethovenfries: Die Künste führen in ein ideales Reich hinüber & Diesen Kuss der ganzen Welt, 1901-1902, Gesamtmaße 2,15 m x 34,14 m, Mischtechnik, Belvedere, Wien / Leihgabe in der Secession, Wien © BDA.

 

Komplexer Materialmix

Der Beethovenfries zählt zu Klimts komplexesten Arbeiten, was den Materialeinsatz anlangt. Im begleitenden Ausstellungskatalog von 1902 vermerkte ein unbekannter Autor, Klimt habe mit den Materialien „Kaseinfarben, aufgetragener Stuck, Vergoldung“5 gearbeitet. Diese kurze Liste führt jedoch nicht alle Werkstoffe auf, mit denen Klimt auf die ebenfalls aus verschiedenen Materialien bestehende Beethoven-Statue von Max Klinger in der Ausstellung reagierte: Genauso wichtig sind die geschliffenen Opalglasknöpfe, in Metall gefassten, geschliffenen, transparenten Farbgläser, Spiegelplättchen, Perlmuttknöpfe und Messinghohlringe als Applikationen.6 Zusätzlich malte Klimt mit Kaseinfarben auf den trockenen Putz. Die Farben trocknen matt, was den Oberflächeneffekt, den Glanz von Gold und Silber verstärkt. Der „goldene“ Klimt bevorzugte eine möglichst flächige Wirkung des eingesetzten Edelmetalls in seiner Wandmalerei.

 

Gustav Klimt, Beethovenfries: Ritter, 1901-1902, Gesamtmaße 2,15 m x 34,14 m, Mischtechnik, Belvedere, Wien / Leihgabe in der Secession, Wien © BDA.
Gustav Klimt, Beethovenfries: Ritter, 1901-1902, Gesamtmaße 2,15 m x 34,14 m, Mischtechnik, Belvedere, Wien / Leihgabe in der Secession, Wien © BDA.

 

Flächigkeit vs. Dreidimensionalität

Das Arbeiten in Seccomalerei ist insofern ungewöhnlich, da während der Ringstraßen-Periode Decken- und Wandgestaltungen als Ölgemälde auf Leinwand ausgeführt und mit Marouflagetechnik an die Wände geklebt wurden.7

Gleichzeitig mit dem Beethovenfries führte Klimt beispielsweise seinen letzten öffentlichen Auftrag aus: die Fakultätsbilder „Philosophie“, „Medizin“ und „Jurisprudenz“ für die Wiener Universität aus (→ Gustav Klimt: Biografie). Alle drei Gemälde waren in Öl gemalt. In den Jahren 1900 und 1901 stellte Klimt die ersten beiden Werke der Öffentlichkeit vor. Vor allem in der „Medizin“ hatte er wichtige Partien wie die Schlange und das Gewand der Hygeia mit Vergoldung hervorgehoben. Da die Gemälde 1945 verbrannt sind, geben nur noch Fotografien einen Eindruck von der in diesen Jahren steigenden Bedeutung des Goldes in Klimts Werk. Einzig das noch erhaltene Gemälde der „Theologie“, ausgeführt von Klimts Kollegen Franz von Matsch, zeigt dass dieser nicht nur mit flächiger Goldmalerei arbeitete, sondern auch die dreidimensionale Wirkung der vergoldeten Stoffe haptisch steigerte, was auf eine Mordentvergoldung hinweist.

 

Gustav Klimt, Beethovenfries: Die bösen Mächte, 1901-1902, Gesamtmaße 2,15 m x 34,14 m, Mischtechnik, Belvedere, Wien / Leihgabe in der Secession, Wien © BDA.
Gustav Klimt, Beethovenfries: Die bösen Mächte, 1901-1902, Gesamtmaße 2,15 m x 34,14 m, Mischtechnik, Belvedere, Wien / Leihgabe in der Secession, Wien © BDA.

 

Vergoldung und ihre Restaurierung

Im Gegensatz zu Matsch ging es Klimt aber hauptsächlich um eine flächige Wirkung des Goldes, weshalb er sich für eine Ölvergoldung entschied. Dafür isolierte er den Untergrund mit einer Grundierung, vermutlich aus mit Poliment-Rot eingefärbtem Schellack8. Für die dreidimensionale Wirkung nutzte er Stuckauflagen, d. h. einen Kreidegrund9, den er mit Pinsel (z. B. bei den Spiralen über dem Liebespaar) und Spachtel (z. B. die Bänder im Haarschmuck) auftrug.10 Auch die Applikationen klebte er mit Glutinleim verstärkten Kreidegrund auf.11 Das Anlegemittel für das Gold stellte Klimt aus Eigelb her.12 Für die Restaurierung in den frühen 1980er Jahren wurde der Grund aus einer Mischung aus Eigelb mit Wasser und ein paar Tropfen Glycerin, gemischt mit Sand hergestellt. Nach zweimaligem Auftragen des Anlegemittels und Trocknung wurde die Vergoldung aus Dukatendoppelgold angeschossen. Die zweimalige Vergoldung durch Klimt hatte wohl nur einen farbkonservatorischen Grund. Laut Analyse hatte das Originalgold einen Cu-Anteil von 5%, was im Handel nicht mehr erhältlich ist.13 Die Restauratoren firnisten neu vergoldete Flächen mit Mastix, das sie mit Umbra gebrannt und Veroneser Grüner Erde eintönten, um den Goldton an das Original anzupassen. Für das Schwert des Ritters verwendete Klimt interessanterweise Aluminiumfolie, was einen Silberton ohne die Gefahr von Oxidation ermöglichte.14 Zum Schluss überzeichnete der Maler die Vergoldungen mit Bleistift, bzw. lasierte sie farbig.

Der Beethovenfries gehört neben den Vorzeichnungen zum Stocletfries im MAK (Juli 1910─1914 → Gustav Klimt: Lebensbaum – Erwartung – Erfüllung – Ritter) hinsichtlich der Materialverwendung zu den am besten erforschten und dokumentierten Werken Gustav Klimts. Der Materialluxus Klimts ging im Stocletfries sogar so weit, dass er für Vorzeichnungen (!) echtes Blattplatin und Blattgold verwendete. Da Analysen belegen, dass unter der „Tänzerin“ Silber (vermutlich in Pulverform) liegt, änderte Klimt seine Materialvorstellung während des Arbeitsprozesses.15 Klimts experimenteller und differenzierter Zugang zur Verwendung von Blattmetallauflagen zeigt sich auch in seiner Unterscheidung zwischen Blattmetall und Metallfarben. Während die Figuren „Erwartung“, „Erfüllung“ und „Ritter“ mit Blattmetall belegt wurden, setzte Klimt an den ornamentalen Teilen im Hintergrund Metallfarben ein. Hierfür verwendete er Gold-, Bronze- und Silberpulver, das er mit Zinkweiß ausmischte.16 Durch unterschiedliche Mischverhältnisse von Metallpulver, Pigment und Bindemittel gelang es Klimt auch, verschiedene Glanzeffekte zu erzeugen.

Gustav Klimt ist demnach nicht nur ein Produzent von häufig kopierten Glanzstücken österreichischer Malerei, sondern auch ein höchst innovativer Künstler, was seine Materialverwendung betraf. Da technologische Untersuchungen zu einigen der Hauptwerke wie zum Beispiel „Der Kuss“ (→ Gustav Klimt: Der Kuss (1907/08)) oder „Adele Bloch-Bauer I“ (1907, Privatbesitz, Neue Galerie → Gustav Klimt: Adele Bloch-Bauer I und Adele Bloch-Bauer II) ausstehen, werden Erkenntnisse daraus das Bild des „goldenen Klimt“ vermutlich noch weiter bereichern.

Für die großzügige Unterstützung zu diesem Artikel danke ich dem Bundesdenkmalamt Wien, vor allem Fachdirektor Dr. Bernd Euler-Rolle und Mag. Markus Santner, Abteilung für Konservierung und Restaurierung.

 

Franz Matsch, Theologie (Deckenbild für die Aula der Universität Wien), 1900–1903, Öl auf Leinwand, 430 × 300 cm, , Universität Wien/Katholisch-Theologischen Fakultät, Foto: Alexandra Matzner.
Franz Matsch, Theologie (Deckenbild für die Aula der Universität Wien), 1900–1903, Öl auf Leinwand, 430 × 300 cm, , Universität Wien/Katholisch-Theologischen Fakultät, Foto: Alexandra Matzner.
Franz Matsch, Theologie, Detail, 1900–1903, Öl auf Leinwand, 430 × 300 cm, Universität Wien/Katholisch-Theologischen Fakultät, Foto: Alexandra Matzner.
Franz Matsch, Theologie, Detail, 1900–1903, Öl auf Leinwand, 430 × 300 cm, Universität Wien/Katholisch-Theologischen Fakultät, Foto: Alexandra Matzner.

 

Gustav Klimt, Beethovenfries: Bilder

  • Gustav Klimt, Beethovenfries: Ritter, 1901–1902, Gesamtmaße 2,15 m x 34,14 m, Mischtechnik, Belvedere, Wien / Leihgabe in der Secession, Wien © BDA.
  • Gustav Klimt, Beethovenfries: Die bösen Mächte, 1901–1902, Gesamtmaße 2,15 m x 34,14 m, Mischtechnik, Belvedere, Wien / Leihgabe in der Secession, Wien © BDA.
  • Gustav Klimt, Beethovenfries: Die Künste führen uns in ein ideales Reich hinüber & Diesen Kuss der ganzen Welt, 1901–1902, Gesamtmaße 2,15 m x 34,14 m, Mischtechnik, Belvedere, Wien / Leihgabe in der Secession, Wien © BDA.
  • Franz Matsch, Theologie (Deckenbild für die Aula der Universität Wien), 1900–1903, Öl auf Leinwand, 430 × 300 cm, Universität Wien/Katholisch-Theologischen Fakultät, Foto: Alexandra Matzner, ARTinWORDS.
  • Franz Matsch, Theologie, Detail, 1900–1903, Öl auf Leinwand, 430 × 300 cm, Universität Wien/Katholisch-Theologischen Fakultät, Foto: Alexandra Matzner, ARTinWORDS.

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  1. In der Literatur wird der genaue Entstehungszeitraum des Beethovenfrieses noch diskutiert. Ivo Hammer geht davon aus, dass er bereits im August/September 1901 gemalt worden sei, worauf neben Medienstimmen der Zeit vor allem der differenzierte Umgang mit dem Feinputz hindeuten würde. Da die oberste Putzschicht den Motiven „angepasst“ wurde, muss die Konzeption des Werks bereits festgestanden haben. Alfred Weidinger vermutet hingegen, dass Klimt den Beethovenfries innerhalb von vier Wochen ab Mitte März 1902 ausgeführt hat. Siehe: Ivo Hammer, 110 Jahre Beethovenfries von Gustav Klimt, in: Agnes Husslein-Arco (Hg.), Gustav Klimt - Josef Hoffmann. Pioniere der Moderne (Ausst.-Kat. Belvedere, 25.10.2011-4.3.2012) München 2011, S. 140-149, hier S. 141 und Fn 22.
  2. Siehe die Reproduktion des Briefes in: Tobias G. Natter, Die Galerie Miethke. Eine Kunsthandlung im Zentrum der Moderne (Ausst.-Kat. Jüdisches Museum der Stadt Wien, 19.11.2003-8.2.2009), Wien 2003, S. 91.
  3. Für die Identifikation der Allegorien siehe erneut den Ausstellungskatalog zur XIV. Ausstellung der Wiener Secession, Wien 1902, S. 25-26.
  4. Ebenda, S. 26.
  5. Ebenda, S. 25.
  6. Siehe: Zusammenfassender Bericht über die Konservierung und Restaurierung des Beethovenfries von Gustav Klimt (1974-1985), 2009 zusammengestellt von Markus Santner (unveröffentlicht).
  7. Siehe Manfred Koller, Zur Technik und Erhaltung des Beethoven-Frieses, in: Stephan Koja (Hg.), Gustav Klimt. Der Beethoven-Fries und die Kontroverse um die Freiheit der Kunst, München 2006, S. 155-165, hier S. 155. Die genaue Zusammensetzung des Schellacks ist laut Restaurierbericht nicht zu ermitteln gewesen, Santner, S. 39. Siehe auch Hammer, S. 143.
  8. Die genaue Zusammensetzung des Schellacks ist laut Restaurierbericht nicht zu ermitteln gewesen, Santner, S. 39. Siehe auch Hammer, S. 143.
  9. Laut Bindemittelanalysen sind im Original keine Proteine erhalten, demnach sind Gips, Gips-Kalk Mischung oder Weißzement denkbar. Für die Restaurierung wurde die Stuckaturmasse aus Hautleim, Kreide und Dentalgips hergestellt. Santner, S. 78.
  10. Manfred Koller, Klimts Beethovenfries. Zur Technologie und Erhaltung, in: Mitteilungen der österreichischen Galerie, Nr. 66/67 (1978/79), S. 215-240, hier S. 231.
  11. Hammer, S. 143.
  12. Santner, S. 39.
  13. Ebenda, S. 39.
  14. Koller 1977/78, S. 143.
  15. Beate Murr, Die Entwurfszeichnungen zum Stoclet Fries: Ihre Entstehung, Umsetzung und Restaurierung, in: Christoph Thun-Hohenstein, Beate Murr (Hg.): Gustav Klimt - Erwartung und Erfüllung. Entwürfe zum Mosaikfries im Palais Stoclet (Ausst.-Kat. MAK 21.3.-15.7.2012) Wien 2012, S. 11-42, hier S. 26.
  16. Ebenda, S. 30.
Alexandra Matzner
Gründerin von ARTinWORDS * 1974 in Linz, Studium der Kunstgeschichte, Geschichte und Romanistik in Wien und Rom. Seit 1999 Kunstvermittlerin in Wien, seit 2004 Autorin für verschiedene Kunstzeitschriften. Jüngste Publiktionen entstanden für das Kunsthaus Zürich, Schirn Kunsthalle Frankfurt, Albertina und Belvedere in Wien.
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