Lavinia Fontana

Wer war Lavinia Fontana?

Lavinia Fontana (24.8.1552–11.8.1614) war eine der bekanntesten Malerinnen der Renaissance. Sie schuf vor allem Porträts und Altargemälde. Obschon sie nahezu ihr gesamtes Leben in Bologna tätig war, waren ihre Gemälde auch in Rom und in Spanien gefragt. Lavinia Fontana wurde in die Akademie Roms gewählt und zählte zu den herausragenden Malpersönlichkeiten ihrer Zeit. Es gibt mehr als 100 Werke, die in frühen Quellen dokumentiert werden, aber nur 32 davon sind signiert. Weitere 25 erhaltene Werke werden ihr zugeschrieben, was Fontanas Schaffen zum umfangreichsten einer Malerin vor dem 17. Jahrhundert macht.

Kindheit und Ausbildung

Lavinia Fontana wurde als Tochter des prominenten Bologneser Malers Prospero Fontana (1512–1597) geboren. Sorgfältig im Atelier ihres Vaters ausgebildet, wurde Lavinia Fontana sowohl als Porträtistin (eine traditionelle Rolle für eine Frau in der bildenden Kunst) als auch als nachdenklicher Malerin von Altarbildern sehr erfolgreich.

In ihrem ersten „Selbstporträt“ (1577), das sie laut Inschrift nach ihrem Spiegelbild malte, bezog sich Lavinia Fontana auf ein Porträt von Sofonisba Anguissola (um 1532–1625) und damit auf ihr großes Vorbild. Fontana zeigt sich selbst als Spinettspielerin, womit sie ihre vorbildliche höfische Erziehung demonstriert. Das im Hintergrund abgebildete Atelier verweist auf ihre Tätigkeit als Malerin. Das Gemälde war für ihren zukünftigen Schwiegervater, einen vermögenden Kaufmann aus Imola, bestimmt. Fontana studierte anschließend wohl bei dem niederländischen Maler Denys Calvaert (Dionisio Fiasmmingo, um 1540–1619), der ebenfalls bei ihrem Vater gelernt hatte.

Im Jahr 1577 heiratete Lavinia Fontana den wenig bekannten Maler Paolo Zappi (auch: Paolo Fappi), mit dem sie elf Kinder hatte. Drei davon erlebten das Erwachsenenalter. Fontanas Mann war ebenfalls Maler, allerdings war er willens seine Tätigkeit ihrer unterzuordnen. So unterstützte er seine erfolgreiche Frau, indem er die Hausarbeit übernahm und als ihr Agent auftrat. In ihren Gemälden dürfte er kleinere Details ausgeführt haben (Gewänder).

Werke

Lavinia Fontana arbeitete ab den 1570er Jahren für die bedeutenden Familien von Bologna. Der aus Bologna stammende Papst Gregor XIII. (Ugo Boncompagni, reg. 1572–1585) förderte die Malerin am Beginn ihrer Karriere und ließ sich von ihr porträtieren (1580). Carlo Cesare Malvasia, der Biograf der Bologneser Künstler aus dem 17. Jahrhundert, schrieb über Fontana, sie sei die „Malerin von Papst Gregor XIII. gewesen“, und die gesamte Familie B[u]oncompagni würde sie immer ehren, Vorzüge durch sie erlangen und sie schützten. Lavinia Fontana war auch ein Liebling der adligen Frauen der Stadt, die, wie Malvasia überlieferte, sie respektierten und liebten. Sie sahen sich glücklich, mit ihr an gesellschaftlichen Veranstaltungen teilzunehmen, und schätzten ihre Portraits. So ließ sich die Familie Gozzadini im Großformat (2 x 3 Meter) von Fontana verewigen. Für Einzel- oder Gruppenporträts erhielt Lavinia Fontana genauso hohe Honorare wie später Anthonis van Dyck.

Fontana malte zum Beispiel Carlo Sigonio, einen Historiker aus Modena, in den späten 1570er Jahren dreimal. Sie benutzte dieselbe Spezialtechnik für ihr „Selbstporträt“ in einer Studie von 1579 (Galleria degli Uffizi, Florenz) auf Wunsch des in Rom ansässigen Patrons, des spanischen Theologen Alfonso Chacón (oder Ciaccono). Die Korrespondenz zwischen Fontana und Chacón zeigt, dass er dieses Gemälde „mit dem von Sophonisba begleiten“ wollte, und verweist auf ein bereits in seiner Sammlung befindliches Werk der etwa 20 Jahre älteren und ebenso bekannten Künstlerin aus Cremona, Sofonisba Anguissola, die ebenfalls mehrere Selbstporträtminiaturen auf Kupfer gemalt hat. Lavinia Fontana ehrte ihre Kollegin, indem sie Anspielungen auf deren Werk in ihrem eigenen Selbstbildnis einfügte. In einem Brief gab sich Lavinia bescheiden und meinte, „die Kunstfertigkeit und das Können der Signora Sofonisba“ könne neben ihrer eigenen Kunst „umso mehr ihren Glanz entfalten“.

Lavinia Fontanas Stil hängt eng mit jenem ihres Vaters zusammen. Darüber hinaus zeigt sie eine Nähe zur oberitalienischen Renaissancemalerei von Correggio (1490–1534) und Parmigianino (1503–1540). Weiters orientierte sie sich auch dem Stil der Carracci Familie, die mit ihrem venezianischen Kolorit für die Bologneser Schule bedeutend wurde. Der Einfluss von Correggio und Parmigianino lässt sich am besten in ihren religiösen Gemälden nachvollziehen. In den Porträts näherte sich Lavinia Fontana dem Florentiner Manierismus an.

Lavinia Fontana in Rom: Dame von Stand und kreative Künstlerin

Obwohl Lavinia Fontana den größten Teil ihres Lebens in Bologna arbeitete, war sie auch in Rom gefragt. Zunächst während des Pontifikats von Sixtus V. (reg. 1585–1590) erhielt sie dort sogar einen Auftrag vom spanischen König Philip II.: Für den kürzlich fertiggestellten Escorial malte sie eine „Heilige Familie“ (1589). Die letzten Jahre ihres Lebens, von 1604 bis 1614, verbrachten sie auf Einladung des Papstes Clemens VII. in Rom. In dieser Zeit schuf sie weiterhin große Altarbilder aber auch Historiengemälde für private Galerien. Wenn auch nicht alle begeistert aufgenommen wurden, war Lavinia Fontana dennoch eine große Inspiration für die junge Artemisia Gentileschi (1593–1651/53), die um 1610 in der Werkstatt ihres Vaters ausgebildet wurde.

1611 Zu Ehren ihres 60. Geburtstags ließen die Künstler Roms für Lavinia eine Medaille prägen, die auf der einen Seite eine Standesdame mit Haube und auf der anderen eine antike Frauengestalt mit wild aufgelösten Haaren vor einer Staffelei als Sinnbild für Kreativität zeigt.

Ungewöhnlich für eine Künstlerin der Renaissance war, dass sich Lavinia Fontana auch an Aktmalerei. Ihr Gemälde „Minerva kleidet sich an“ (1613), das sie im Auftrag von Kardinal Scipione Borghese schuf, ist zugleich ihr letztes bekanntes Gemälde.

Beiträge zu Lavinia Fontana

15. Mai 2023
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