Valentin Serow

Wer war Valentin Serow?

Valentin Serow (russisch Валентин Александрович Серов, St. Petersburg 7.1.1865–22.11.1911 Moskau) war ein russischer Maler des Impressionismus und des Symbolismus. Serow wird als Porträtist gefeiert aber auch gefürchtet. Zu seinen Auftraggebern gehörte die Aristokratie ebenso wie das aufstrebende Bürgertum des späten Zarenreichs.

Kindheit & Ausbildung

Valentin Alexandrowitsch Serow stammt aus einer musischen Familie; sein Vater war der Komponist Alexander Nikolajewitsch Serow und seine Mutter die Pianistin und Komponistin Valentina Serowa. Seine Kindheit verbrachte Serow zeitweise in München. Das Gymnasium besuchte er nur kurz.

Von 1874 bis 1879 erhielt Valentin Serow Unterricht von Ilja Repin in Paris und Moskau. Zwischen 1880 und 1885 besuchte er die Kaiserliche Akademie der Künste in St. Petersburg, wo Pawel Tschistjakow zu seinen Lehrern gehörte und – wie Repin – den frühen Serow maßgeblich beeinflusste. Darüber hinaus prägten ihn die Werk der Alten Meister, die Valentin Serow auf Reisen durch Russland und Westeuropa studierte. Serow verließ die Akademie mit einer Silbermedaille, was die Anerkennung seiner Leistungen deutlich macht.

Mädchen mit Pfirsichen

Wie sein Lehrer Repin und sein Malerfreund Konstantin Korowin gehörte Valentin Serow zum Kreis der Künstler und Kunstliebhaber, die auf dem Landgut des Moskauer Mäzens Sawwa Mamontow in Abramzewo zusammenkamen (→ Impressionismus in Russland). Dort, im Speisezimmer des Haupthauses, malte Konstantin Serow 1887 das Bildnis „Mädchen mit Pfirsichen [Девочка с персиками]“ (Tretjakow-Galerie, Moskau) von Mamontows Tochter Vera, das als eines der ersten russischen Werke in impressionistischer Malweise öffentlich ausgezeichnet wurde. Der 23-jährige Maler präsentierte es 1888 bei der „Jahresausstellung der Moskauer Gesellschaft der Liebhaber der Künste“ gemeinsam mit dem Gemälde „Mädchen, von der Sonne beschienen“ und gewann damit den Ersten Preis. Sowohl das Motiv wie auch die Farbwahl offenbaren den dringendsten Gedanken des Künstlers:

„Ich wünsche mir Freudiges und werde nur Freudiges malen.“1 (Valentin Serow, Mai 1887)

Serows strebte in seinen Bildern eine Abkehr von der tonalen Farbigkeit und den „düsteren“ Themen an. Stattdessen interessierte er sich für heitere Motive und das Studium von Licht und Farbe, Lichteffekten und das Spiel von Licht und Schatten. Bereits im Jahr seiner Entstehung erwarb der Sammler Pawel Tretjakow das Bild „Mädchen, von der Sonne beschienen“ und wurde dafür von seinen älteren Kollegen, die den Realismus als russischen Nationalstil hochhielten, heftig beschimpft. Nichtsdestotrotz wurde Serow ein Jahrzehnt später an die Moskauer Hochschule für Malerei, Bildhauerei und Architektur berufen, wo er eine neue Generation von Malerinnen und Malern unterrichtete. Die impressionistische Malweise faszinierte Serow nur für kurze Zeit und er kehrte nach dem Bild „Im Sommer“ (1895, Tretjakow-Galerie, Moskau) nicht mehr zu ihr zurück.

Berühmter Porträtist

Werke wie „Tatarinnen am Fluss“, das 1893 auf einer Reise nach Kokoz auf der Krim entstand, sind eine Ausnahme im Schaffen Serows, der in den 1880er und 1890er Jahren als schonungsloser Porträtist berühmt wurde. So malte er u.a. die Zarenfamilie – sowie deren Ahnen – aber auch Persönlichkeiten aus Kunst und Wissenschaft, darunter Isaak Lewitan (1893), Nikolai Leskow (1894) sowie Nikolai Rimski-Korsakow (1898).

Am Jahr 2. März 1894 wurde Valentin Serow mit 14 Stimmen in die Bewegung der Peredwischniki gewählt. Etwa in dieser Zeit begann er zunehmend Familienporträts zu malen, hauptsächlich von Kindern und Frauen. Bei seinen Kinderporträts legte er Wert auf Posen und Gestik, um die Spontaneität des Augenblicks in den Bewegungen festzuhalten. Gute Beispiele dafür sind die Porträts „Kinder [Дети]“ von 1899 sowie „Mika Morosow [Мика Морозов]“ von 1901.

Nach einer Phase, in der sich Valentin Serow hauptsächlich mit Landschaftsmalerei auseinandergesetzt hatte, ging er wieder zur Porträtmalerei über. So schuf er 1904 ein „Porträt von Maxim Gorki“ (Gorki-Museum, Moskau) sowie Porträts der Schauspielerin Marija Jermolowa sowie eine Kohlezeichnung des Opernsängers Fjodor Schaljapin. In den Jahren von 1908 bis 1911 arbeitete Valentin Serow mit einer Mischung aus verschiedenen Maltechniken, darunter Wasserfarben, Pastellfarben, Lithografien. Serows Porträts erhielten so eine deutlich verfeinerte Darstellung, wie die Porträts von Wassili Katschalow oder Tamara Karsawina und zahlreiche Figuren aus den Erzählungen von Iwan Krylow belegen.

Impressionistische Landschaften

Valetin Serow malte in den 1880er und 1890er Jahren mit weiteren Studenten Polenows – Konstantin Korowin, Sergei Winogradow und Abram Archipow – Landschaften, die ihnen bald den Namen „Moskauer Impressionisten“ eintrugen. Gleichzeitig begann er in den 1880er Jahren mit dem Licht im Innenraum zu experimentieren. Bald näherte er sich jedoch dem Jugendstil und dem Symbolismus an. In seinen letzten Lebensjahren widmete er sich neben dem Porträt der Darstellung von Themen der klassischen Mythologie und der Geschichte.

1888 stellte Valentin Serow auf der „8. Periodischen Ausstellung der Moskauer Gesellschaft der Liebhaber der Künste“ das Gemälde „Dämmerung“, später „Zugewachsener Teich. Domotkanowo“ (Staatliche Tretjakow-Galerie, Moskau) genannt, aus. In einem Brief an Ilja Ostrouchow nannte Serow sein Bild scherzhaft „mein Daubigny-Rousseau“.2

Internationaler Durchbruch

Sergej Djagilew organisierte 1898 die wegweisender Ausstellung russischer und finnischer Kunst in St. Petersburg. Valentin Serow war mit 15 Gemälden vertreten, darunter „Mädchen mit Pfirsichen“ und das „Portrait des Großfürsten Pawel Alexandrowitsch“. Beide Gemälde wurden wegen ihrer Leuchtkraft und Lebendigkeit ausgewählt und repräsentieren den Impressionismus Serows beispielhaft. Djagilews Ausstellung gastierte in der Münchener Secession, wo Valentin Serow erstmals breite Anerkennung in Westeuropa erhielt. Den krönenden Abschluss bildete die Pariser Weltausstellung 1900, bei der Serow für sein „Portrait des Großfürsten“ mit der Grande Médaille d’Honneur ausgezeichnet wurde.

1905 verließ Valentin Serow die Kaiserliche Akademie aus Protest gegen das gewaltsame Vorgehen des Militärs gegen Demonstranten vor dem Winterpalast in St. Petersburg.

Lehre

Von 1897 bis 1909 leitete Valentin Serow die Klasse Porträtmalerei an der Moskauer Hochschule für Malerei, Bildhauerei und Architektur. Ab 1901 unterrichtete auch Konstantin Korowin als zweiter Lehrer an Surows Seite. Die beiden Maler ergänzten einander gut.

Als Lehrer war Serow eine prägende Figur für die kommenden Avantgardisten wie Robert Falk und Michail Larionow. Weiter Studenten Serows waren Pawel Kusnezow, Nikolai Sapunow, Martiros Sarjan, Kusma Petrow-Wodkin, Michail Schemjakin, Leonard Turshanski, Nikolai Uljanow und Konstantin Juon.

Tod

Valentin Serow starb am 22. November 1911 in Moskau.

Beiträge zu Valentin Serow

Pierre-Auguste Renoir, Porträt von Jeanne Samary, 1877 (Puschkin-Museum, Moskau)

Paris | Fondation Louis Vuitton: Morosow Sammlung


2021 überlässt die Fondation Louis Vuitton für fünf Monate die gesamte Galerie den Meisterwerken aus der Sammlung der Brüder Michail Abramowitsch Morosow (1870–1903) und Ivan Abramowitsch Morosow (1871–1921). Die beiden bedeutenden Sammler trugen im frühen 20. Jahrhundert in Moskau eine der weltweit außergewöhnlichsten Kollektionen der französischen Moderne zusammen:
Valentin Serow, Im Sommer, Detail, 1895, Öl/Lw, 74 х 94 cm (Tretjakow-Galerie, Moskau)

Potsdam | Museum Barberini: Impressionismus in Russland


Zahlreiche Künstler in Russland ließen sich von der Malweise des französischen Impressionismus anregen. Sie malten en plein air und spürten der Flüchtigkeit des Moments nach. Auch Maler, die später die Avantgarde bildeten, entwickelten aus dem impressionistischen Studium des Lichts ihre neue Kunst - darunter Valentin Serow.
  1. Zit. n. Rosalind P. Blakesley, Realistische Impressionen oder impressionistische Realitäten. Eine komplexe Grenzlinie in der russischen Kunst, in: Impressionismus in Russland. Aufbruch zur Avantgarde, hg. v. Ortrud Westheider, Michael Philipp und Henning Schaper (Ausst.-Kat. Museum Barberini, Potsdam, 7.11.2020 - 14.2.2021; Museum Frieder Burda, Baden-Baden; 13.3.-1.8.2021), München 2020, S. 24.
  2. Zit. n. Tatiana Yudenkova, Im Land des Impressionismus. Frankreich-Reisen russischer Künstler, in: Impressionismus in Russland. Aufbruch zur Avantgarde, hg. v. Ortrud Westheider, Michael Philipp und Henning Schaper (Ausst.-Kat. Museum Barberini, Potsdam, 7.11.2020 - 14.2.2021; Museum Frieder Burda, Baden-Baden; 13.3.-1.8.2021), München 2020, S. 21.