Viktorianischer Malerei vom Museo de Ponce im Belvedere
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Schlafende Schönheit Meisterwerke viktorianischer Malerei aus dem Museo de Arte de Ponce

Frederic Leighton, Flaming June, 1895, Öl auf Leinwand, 119,1 x 119,1 cm (Collection Museo de Arte de Ponce. The Luis A. Ferré Foundation, Inc., Ponce, Puerto Rico), Foto: John Betancourt.

Frederic Leighton, Flaming June, 1895, Öl auf Leinwand, 119,1 x 119,1 cm (Collection Museo de Arte de Ponce. The Luis A. Ferré Foundation, Inc., Ponce, Puerto Rico), Foto: John Betancourt.

Der Industrielle, Kunst- und Musikliebhaber Don Luis Alberto Ferré Aguayo gründete 1959 das Museum in Puerto Rico und brachte 71 Gemälde der europäischen Kunstgeschichte ein. Bilder von Alten Meistern wie von Teniers dem Jüngeren und Peter Paul Rubens reihen sich seither an Werke des englischen 19. Jahrhunderts und der zeitgenössischen karibischen Kunst. Das Museo de Art de Ponce leiht dem Belvedere, Wien, einige seiner wertvollsten Gemälde der Viktorianischen Malerei, darunter „Flaming June“ (1894–1895) von Frederic Lord Leighton (1830–1896) und „Der Schlaf des Arthus auf Avalon“ (1881–1898) von Edward Burne-Jones (1832–1898).

Für die Ausstellung in Wien inszenierte Alfred Weidinger diese Bilder mit Werken aus der Sammlung des Belvedere. Österreichische und englische Malereitradition prallen in den Räumen aufeinander. Das Porträt der „Sonja Knips“ (1898) von Gustav Klimt wird etwa Dante Gabriel Rossettis Bildnis der römischen Witwe Papiria Gemina (1874) unter dem Hinweis auf die Beschäftigung des Wieners mit der Viktorianischen Malerei und der symbolistischen Verschlüsselung der Persönlichkeit gegenübergestellt. Das Aufeinandertreffen der beiden Gemälde macht jedoch deren Unterschiede deutlicher als ihre Gemeinsamkeiten. Ähnlich verhält es sich mit „Flaming June“ und Johann Baptist Reiters „Schlummernder Frau“ (1849). Zwischen den beiden Bildern liegt nicht nur ein halbes Jahrhundert, sondern auch eine völlig andere Auffassung von Figur und Darstellungsweise. Das Thema des Schlafs mag zwar verbinden, scheint mir aber nicht aussagekräftig genug.

So bleibt die Ausstellung eine gewollte Inszenierung, ohne das Viktorianische (Wie verhält es sich etwa wirklich mit dem Akt im angeblich so prüden späten 19. Jahrhunderts?) allzu deutlich herauszuarbeiten. Die Gemälde dieser Künstler als rein ästhetische Phänomene des Sinnlichen begreifen zu wollen, greift zu kurz und wird ihrer Auseinandersetzung mit der europäischen Kunstgeschichte, der Literatur und dem sozio-kulturellen Umfeld während ihrer Entstehung nicht gerecht (→ Präraffaeliten. Eine Avantgarde-Bewegung?).

Edward Burne-Jones. Das Irdische Paradies

Hrsg. Kunstmuseum Bern, Staatsgalerie Stuttgart
Deutsch, 2009, 232 Seiten, 274 Abb., davon 247 farbig
23,30 x 28,50 cm, ISBN 978-3-7757-2516-3 (dt) / 978-3-7757-2517-0 (engl)
Hatje Cantz

Wer sich für das Werk von Edward Burne-Jones interessiert, dem sei der Ausstellungskatalog von Stuttgart und Bern wärmstens empfohlen. Unter dem Titel „Das irdische Paradies“ führt die Publikation übersichtlich und reich bebildert in alle Bild-Zyklen des englischen Präraffaeliten ein und beleuchtet dessen inniges Verhältnis zu William Morris. Die auf Gelehrtentum und Poesie basierende Malerei Burne-Jones entfaltet sich in den Artikeln in all ihren kenntnisreichen, subtilen, träumerischen Aspekten. Fazit: Ein Muss für Liebhaber der Viktorianischen Malerei!

Alexandra Matzner
Gründerin von ARTinWORDS * 1974 in Linz, Studium der Kunstgeschichte, Geschichte und Romanistik in Wien und Rom. Seit 1999 Kunstvermittlerin in Wien, seit 2004 Autorin für verschiedene Kunstzeitschriften. Jüngste Publiktionen entstanden für das Kunsthaus Zürich, Schirn Kunsthalle Frankfurt, Albertina und Belvedere in Wien.