Leonardo da Vinci (1452–1519) wurde am 15. April 1452 als unehelicher Sohn des Notars Ser Piero da Vinci und der Bauerntochter Caterina in dem Weiler Anchiano in der Nähe des toskanischen Dorfes Vinci geboren. Er verbrachte seine Kindheit in Vinci vermutlich im Haus seines Großvaters väterlicherseits (1452–1466). Über Leonardos Schulbildung ist nichts dokumentiert, allerdings besuchte er die Lateinschule nicht. Er lernte lesen und schreiben, seine Kenntnisse und Fähigkeiten in Arithmetik waren auch später beschränkt. Um seine naturwissenschaftlichen und technischen Forschungen mit den Zeitgenossen zu diskutieren, lernte er später Latein. Allerdings fühlte er sich in der Sprache nie ganz zuhause.
1464 starb Leonardos Großvater, danach könnte der 12-jährige in den Haushalt seines Vaters nach Florenz übersiedelt sein. Seine Anwesenheit in der Stadt am Arno ist jedoch erstmals 1472 durch seine Mitgliedschaft in der Lukasgilde bestätigt.
Die außergewöhnliche Begabung seines Sohnes soll den Vater dazu angeregt haben, ihn in eine Lehre in Florenz zu geben. Im Alter von 14 Jahren könnte Leonardo seine Ausbildung bei dem berühmten Florentiner Bildhauer und Maler Andrea del Verrocchio angetreten haben. Vor allem Verrocchios Leistungen auf dem Gebiet der Bronzeplastik macht diesen Künstler heute zu einem herausragenden Kunstschaffenden der Renaissance.
Im Jahr 1472 wurde Leonardo da Vinci in die Lukasgilde von Florenz aufgenommen. Obwohl Leonardo nun als unabhängiger Künstler tätig sein konnte, arbeitete er dennoch weitere zehn Jahre mit Verrocchio zusammen. In diesen Jahren malte er erste Porträts und kleine sakrale Bilder mit Darstellungen der Jungfrau Maria.
Das früheste datierte Werk von Leonardo ist eine außergewöhnliche Zeichnung: Am 5. August 1473 schuf, beschriftete (Spiegelschrift) und datierte er die Darstellung vom Arnotal. Mit dieser Naturstudie wandte sich der wissbegierige Maler erstmals von der traditionellen Sicht auf die Landschaft ab und der ihn umgebenden Natur zu.
Zu den frühesten Gemälden, die Leonardo maler bzw. an denen er beteiligt war, zählen die „Verkündigung“ (um 1472–1475, 98 × 217 cm, Uffizien), einige Teile an der „Taufe Christi“ (um 1475 177 × 151 cm, Uffizien) und das „Porträt der Ginevra de‘ Benci“ (um 1478–1480, 38.1 x 37 cm, National Gallery of Art, Washington DC). Das Bildnis der Ginevra de‘ Benci zeigt die idealschöne Frau im Dreiviertelporträt und bezeugt Leonardos Auseinandersetzung mit der flämischen Malerei des 15. Jahrhunderts.
Als Leonardo 1476 wegen Sodomie angeklagt wurde, wurde der Maler in der Klagschrift als Mitglied der Werkstatt Verrocchios beschrieben. Das ist überhaupt die erste Nennung Leonardos im Kontext Verrocchios, der ihn sowohl in Malerei wie auch Plastik ausbilden konnte. Die Klage wurde fallengelassen.
Im Jahr 1478 erhielt Leonardo den Auftrag, ein Altarbild für eine Kapelle im Regierungssitz in Florenz (Palazzo della Signoria) zu malen. Er scheint dieses Werk nie begonnen zu haben. Stattdessen wandte er sich um 1481/82 einer vielfigurigen „Anbetung der Könige“ (unvollendet, 244 x 240 cm, Gallerie degli Uffizi, Florenz) für die Kirche San Donato a Scopeto außerhalb von Florenz zu. Sein Vater war für die Kirche als Notar zuständig. Im September 1481 erhielt Leonarod als Teilzahlung für die „Anbetung der Könige“ ein Fass Wein. Dennoch hinterließ er das Gemälde unvollendet, bzw. im Zustand der Unterzeichnung. Vielfach wird angenommen, dass diese bereits als so vollkommen angesehen wurde, dass Farbe dem Werk nur noch abträglich gewesen wäre.
Ein früher Biografie berichtete, dass Leonardo von Lorenzo de‘ Medici 1482 nach Mailand geschickt worden war, um Ludovico Sforza, dem späteren Herzog, eine silberne Lyra in der Form eines Pferdeschädels vorzustellen. Leonardo hatte das Musikinstrument entworfen und nur er konnte es spielen. Vielleicht hat er deshalb seine frühe „Anbetung der Könige [Epiphanie]“ (1481/82, 244 x 240 cm, Uffizien), seine erste vielfigurige Szene, nicht vollendet.
Spätestens im April 1483 hat sich Leonardo da Vinci in Mailand niedergelassen, wo er die folgenden 16 Jahre blieb. Hier erhielt er von der Bruderschaft der unbefleckten Empfängnis in der Franziskanerkirche San Francesco in Mailand den Auftrag für die „Felsgrottenmadonna“ (um 1483–1485, erste Fassung, 199 x 122 cm, Musée du Louvre).
Vielleicht 1487 oder in der zweiten Hälfte der 1480er Jahre Leonardo da Vinci trat in die Dienste von Ludovico Sforza (1452–1508). Hier zeichnete er bis 1499 vor allem Entwürfe für Waffen, schuf ein Tonmodell für ein gigantisches Reiterdenkmal für den Vater des späteren Herzogs (nie ausgeführt). Die tönerne Darstellung des Pferdes maß allein sieben Meter!
Zu den wichtigsten Gemälden, die Leonardo während seines ersten Aufenthalts in Mailand schuf, zählen die beiden Porträts der Mätressen Ludovicos. Um 1489 beauftragte Sforza Leonardo mit dem Porträt seiner Mätresse Cecilia Gallerani: „Porträt der Cecilia Gallerani [Die Dame mit dem Hermelin]“ (54,8 x 40,3 cm, Czartoryski Museum, Krakau). Das Gemälde muss dem Herzog gefallen haben, wohl um 1494 trug er ihm auf, seine neue Geliebte, Lucrezia Crivelli, ebenfalls in einem Bildnis zu verewigen: „Porträt einer Frau [Lucrezia Crivelli?]“ (um 1494, 63 x 45 cm, Musée du Louvre, Paris). Höchstwahrscheinlich steht Ludovico Sforza auch hinter dem Auftrag für das „Letzte Abendmahl“ im Refektorium von Santa Maria delle Grazie in Mailand – wie auch die Dekorationsmalerei im Castello Sforzesco.
Auch als Ingenieur verdiente sich Leonardo einen gewissen Ruhm am Sforza-Hof. Im Jahr 1490 war er an Theateraufführungen mit überraschenden Spezialeffekten beteiligt. Daraufhin wurde Leonardo da Vinci Mitglied der Akademie [academia] (1490–1492). Die Hinwendung Leonardos zur Wissenschaft und sein Versuch, Malerei als wissenschaftliche Tätigkeit zu etablieren, ist 1498 durch seine Teilnahme Leonardos an einem „wissenschaftlichen Disput [scientifico duello]“ belegt. In der Anwesenheit von Ludovico Sforza sollte jeder Teilnehmer die Vorherrschaft seines Faches – entweder in den Wissenschaften oder den Künsten – argumentativ belegen. Aus seinen Aufzeichnungen lässt sich schlussfolgern, dass Leonardo die Position vertrat, dass die Malerei nicht nur eine mathematische Wissenschaft wäre (Perspektive), sondern höher als Die Dichtkunst, Musik und Bildhauerei zu werten wäre. Danach beauftragte Ludovico Sforza eine Publikation über den paragone [den Vergleich von Malerei und Skulptur] bei Leonardo. Er sollte darin die Höherstellung der Malerei argumentieren.
Der Bildhauer Leonardo vollendete 1493 ein gigantisches Tonmodell eines Pferdes, das vielgerühmt wurde. Es stand in der Corte Vecchia, in der Nähe des Domes. Leonardo ging jedoch nie über dieses Tonmodell hinaus. Das verstärkte die Zweifel seines Auftraggebers, ob er jemals das Reiterporträt zu Ehren seines Vaters vollenden würde.
Das berühmteste Werk von Leonardo in Mailand ist „Das Abendmahl“ (1494–1498) im Refektorium des Dominikanerklosters Santa Maria delle Grazie. Mit seiner spannungsgeladenen und doch harmonischen Komposition, vor allem aber der überzeugenden Darstellung der unterschiedlichen Charaktere und Reaktionen der Apostel wurde „Das Abendmahl“ rasch zum berühmtesten Werk Leonardos.
Im Jahr 1499 eroberte die französische Armee die Lombardai und stürzte Ludovico vom Thron. Leonardo verlor seinen wichtigen ersten Mäzen und seine Stellung bei Hofe. Bevor er Mailand verließ, gewann er französische Gönner für sich und erarbeitete Aufträge, die bis zum Ende seines Lebens wichtig bleiben sollten.
Nach kurzen Aufenthalten in Venedig und möglicherweise Rom und Neapel kehrte Leonardo 1500 nach Florenz zurück. Seine ersten Werke waren die „Madonna mit der Spindel“ und der Karton der „Anna selbdritt“ (London). Allerdings soll sich der Maler stark mit Geometrie beschäftigt und nur wenig Geduld mit dem Pinsel gehabt haben.
Vom Sommer 1502 bis zum März 1503 stand Leonardo als Militärarchitekt und Ingenieur im Dienst von Cesare Borgia, Sohn von Papst Alexander VI. und Befehlshaber der päpstlichen Armee. Bis Ende des Jahres 1502 bereiste er die neu eroberten Territorien östlich von Florenz, wo er Ceseca, Rimini, Urbino, Pesaro und Imola besuchte. Hier begutachtete er die Befestigungsanlagen, was sein früheres Interesse an militärischer Theorie wiederaufleben ließ.
Nachdem er im März 1503 wieder nach Florenz zurückgekehrt war, begann er an Arbeiten an der „„Porträt der Lisa del Giocondo [Mona Lisa]” (77 x 53 cm, Musée du Louvre, Paris) und der „Leda mit dem Schwan“ (verloren). Gleichzeitig fertigte er Landkarten für die Florentiner Stadtregierung an (Gebiet um Pisa, Chiana-Tal, Arno östlich und westlich von Florenz).
Sein wichtigstes Projekt aber war das Fresko der „Anghiari-Schlacht“ (unvollendet): Leonardo erhielt den Auftrag der florentinischen Stadtregierung im Großen Rat des Palazzo della Signoria (Palazzo della Signoria), dem damaligen Sitz der Republik, die Schlacht von Anghiari (1449) zu malen. Es handelte sich um den wichtigsten Auftrag im öffentlichen Raum, den Leonardo je erhielt. Im Jahr 1505 malte er den zentralen Teil der Komposition der „Anghiari-Schlacht“, die sich auf den Kampf um die Standarte konzentrierte. Aufgrund schlechter Materialwahl blieb die Farbe nicht an der Wand haften, weshalb das Projekt eingestellt wurde. Das unvollendete Fresko blieb mehrere Jahrzehnte lang sichtbar, bis Cosimo de‘ Medici eine Renovierung des Saales beauftragte: Giorgio Vasari bemalte die Wand mit einem weiteren Schlachtengemälde.
Auf Bitten der französischen Besatzer kehrte Leonardo im Sommer 1506 nach Mailand zurück. In den folgenden zwei Jahren reiste er wiederholt zwischen Florenz und Mailand, beschäftigte sich mit Staffeleibildern, vor allem aber seinen anatomischen Studien. So sezierte Leonardo im Winter 1506/07 einen alten Mann im Hospital Santa Maria Novella in Florenz. Die im Rahmen dieser Sektion entstandenen Zeichnungen können als Leonardos größte Leistungen in der Anatomie gewertet werden. An der medizinischen Fakultät der Universität Pavia sezierte er weitere Leichen.
Im Frühjahr 1508 kehrte Leonardo da Vinci endgültig nach Mailand zurück. Bis 1513 lebte der Maler und Forscher in und um Mailand. Wahrscheinlich begann er in dieser Zeit mit der Arbeit am Gemälde „Anna selbdritt“. Er plante eine Villa für den Statthalter in Mailand und ein weiteres Reiterstandbild des Söldnerführers Gian Giacomo Trivulzio.
Einmal mehr beeinflussten Politik und militärisches Geschick Leben und Werk des Renaissance-Genies: Als 1512 Schweizer Truppen, unterstützt vom Paper und dem Heiligen Römischen Reich, einen Teil von Mailand besetzten, setzten sie den Sohn von Ludovico Sforza als Herzog ein. Da dieser das Mäzenatentum seines Vaters nicht aufnehmen konnte, verlor Leonardo jegliche finanzielle Unterstützung. Er hielt sich daher häufig in der Familienvilla seines wohlgeborenen Gehilfen Francesco Melzi auf. Hier entwarf Leonardo Verbesserungen für die Villa und setzte seine wissenschaftlichen Studien fort: anatomische Untersuchungen (Hunde, Vögel, Ochsen).
Im September 1513 verließ Leonardo die Lombardei endgültig und reiste nach Rom. Hier lebte er drei Jahre lang und genoss das Mäzenatentum von Giuliano de‘ Medici, dem Bruder der kurz zuvor gewählten Papstes Leo X. Michelangelo hatte die Decke der Sixtina fertig bemalt, und Raffael arbeitete in den Stanzen. Was Leonardo künstlerisch in Rom vollbrachte, ist ungewiss.
Im Juli 1515 gab die florentinische Gemeinde in Lyon bei Leonardo einen mechanischen Löwen in Auftrag, um den frisch gekrönten König Franz I. zu begrüßen. So kam auch der neue französische König in Kontakt mit dem Erfindungs- und Ideenreichtum des Florentiners. Nachdem im März 1516 Giuliano de‘ Medici verstorben war, gibt es im August des Jahres den letzten Beleg von Leonardos Anwesenheit in Rom: Der Ingenieur und Architekt untersuchte die Basilika San Paolo fuori le mura. Danach übersiedelte er, nun im Alter von 64 Jahren, nach Frankreich.
Ab Januar 1517 arbeitete Leonardo am Hof von König Franz I. im Königsschloss in Amboise (Loiretal). Er war als Maler, Ingenieur und Architekt für den König in einer privilegierten Stellung tätig, lebte in seinem eigenen Haus und erfreute sich erstmals in seinem Leben eines regelmäßigen Einkommens. Leonardo arbeitete in den letzten eineinhalb Jahren seines Lebens nur noch wenig. Allerdings standen die „Mona Lisa“ und die „Anna selbdritt“ noch immer auf der Staffelei. Zu den weiteren Projekten der Spätzeit Leonardos gehören Entwürfe für ein weiteres Reiterstandbild. Seinen Lebensunterhalt verdiente er jedoch damit, den Hof in technischen Belangen zu beraten und Lustbarkeiten zu entwerfen. Zudem erfreute sich Franz I. der Gesellschaft Leonardos, dem er gerne beim Reden zuhörte, wie Benvenuto Cellini berichtete.
Am 2. Mai 1519 verstarb Leonardo da Vinci in Amboise. Sein Grabstein befindet sich auf dem Grund des Château d’Amboise, wo er besichtigt werden kann.