Marsden Hartley (1877–1943) gilt als erster bedeutender moderner Maler Amerikas des 20. Jahrhunderts und ein Werk als Verbindung zwischen der amerikanischen und europäischen Moderne – und dennoch sind er und seine Kunst dem europäischen Publikum noch so gut wie unbekannt. Die Ausstellung im Louisiana Museum of Modern Art ist die erste große Retrospektive der Gemälde seit über 60 Jahren.
Dänemark | Humlebæk:
Louisiana Museum of Modern Art
19.9.2019 – 19.1.2020
Das Werk des amerikanischen Malers und Dichters Marsden Hartley kann als Brücke zwischen der europäischen und der amerikanischen Moderne angesehen werden. Hartley reiste einen Großteil seines Lebens als Nomade zwischen Europa und den USA, und diese Bewegungslust führte zwischen 1906 und 1943 zu einer Reihe von zutiefst originellen Werkgruppen. Darunter finden sich sowohl abstrakte Gemälde, deren Ausgangspunkt militärische Symbole sind und die Schrecken des Ersten Weltkriegs, weiters trostlose, fast surreale Landschaften aus New Mexico, feminisierte Figurenbilder muskulöser Arbeiter.
Vor dem Ersten Weltkrieg nahm Marsden Hartley an Gertrude Steins berühmten Salons in Paris teil, wo er Pablo Picasso, Henri Matisse und Robert Delaunay traf. Im Jahr 1913 übersiedelte er nach Berlin und besuchte Wassily Kandinsky und Gabriele Münter in München. Franz Marc lud ihn ein, seine mystischen Abstraktionen 1913 bei der berühmten Ausstellung „Erster Deutscher Herbstsalon“ in Berlin zusammen mit den anderen Mitgliedern der Künstlergruppe „Der Blaue Reiter“ zu zeigen.
Auch in seiner Heimat war Marsden Hartley Teil der künstlerischen Elite. In New York gehörte er zum Kreis des berühmten Fotografen und zukunftsweisenden Galeristen Alfred Stieglitz, der ihn auf all seinen Reisen finanziell unterstützte und Hartleys Wissen vertiefte. Trotz seiner zentralen Stellung in der Kunstszene der Zeit ist Hartley in den USA ein vernachlässigter Name geblieben und in Europa eine unbekannte Persönlichkeit. Dies könnte auf den facettenreichen Charakter von Hartleys Werken zurückzuführen sein.
Nachdem sich Marsden Hartley 1937 in Maine niedergelassen hatte, wandte er sich Studien nach athletischen Männern und Sportlern zu. „Madawaska—Acadian Light-Heavy” (1940, Chicago Art Institute) ist eine davon. Hartley schuf sie für ein Wandbild in einem Sportstudio. Marsden Hartleys Lieblingsmodell war der französisch-kanadische Boxer im Halbschwergewicht. Er erklärte: „Ich habe zum ersten Mal seit 1922 ein echtes Modell, einen großartigen jungen Mann […] Sein Körper ist so fein und kostbar. Ich konnte fast ohne Ende von ihm arbeiten.“ Hartley erfreute sich an der starken Physis des Boxers, übertrieb dessen Anatomie und ließ ihn vor tiefrotem Hintergrund auftreten, um den Eindruck seiner Vitalität zu erhöhen. Hartleys Figurenbilder hatten großen Erfolg. Kritiker in den frühen 1940er Jahren lobten sie für ihre Darstellung von starker, heroischer Männlichkeit und ignorierten absichtlich ihre umstrittenen homoerotischen Untertöne.
Die Marsden Hartley Retrospektive in Louisiana ist eine der größten Präsentationen des Künstlers bis heute und die erste große Ausstellung seines Schaffens in Europa seit 1960. Mit mehr als 110 Gemälden wird die Doppelrolle des Künstlers als Maler und Dichter unterstrichen.
Als Ergänzung zum retrospektiven Format hat Louisiana eine Reihe von gefilmten Interviews mit lebenden Künstlern über Hartley geführt. Unter den mitwirkenden Künstlern sind: Dana Schutz, David Hockney, Sam McKinnis, Shara Hughes und David Salle.