Das Louisiana Museum of Modern Art zeigt neun Ausstellungen im Jahr 2020. Erstmals bringt das idyllisch gelegene Museum in Dänemark die Bronzen von Per Kirkeby zusammen und stellt den sonst als Maler gewürdigten Künstler auch als Schöpfer von Objekten vor (Februar – Mai 2020). Gemeinsam mit der Schirn Kunsthalle Frankfurt a. M. organisierte das Louisiana einen Überblick über die 30 wichtigsten Mitstreiterinnen des Surrealismus (Juni – September 2020). Von Louise Bourgeois, Frida Kahlo, Meret Oppenheim, Dora Maar bis zu Dorothea Tanning reicht die Riege der Protagonistinnen, die noch immer nicht so berühmt sind wie ihre männlichen Kollegen. Die große Herbst-Ausstellung ist dem Thema Mutterschaft gewidmet und stellt die veränderten Rollenmodelle und Blickwinkel auf das hochkomplexe, jedoch alle betreffende Beziehungsgeflecht (September 2020 - Januar 2021).
Drei Personalen stellten höchst unterschiedliche Künstlerpersönlichkeiten vor: Die in Belgien lebende Lichtkünstlerin Ann Veronica Janssens (Januar – Juni 2020), der japanische Avantgardist der 1950er bis 1970er Jahre Tetsumi Kudo (März – Juni 2020) und der renommierte Gegenwartskünstler Arthur Jafa (November 2020 – Februar 2021) machen die Vielfalt künstlerischen Ausdrucks nachvollziehbar.
LOUISIANA ON PAPER ist zwei Künstlerinnen gewidmet: Nancy Spero (Januar – April 2020) wird von Pia Arke (Mai – August 2020) abgelöst. Zu den Sommer-Highlights in Dänemark darf der Architektur-Workshop der indischen Architektin Anupama Kundoo unter dem Titel „Zeit nehmen“ eingereiht werden (Juli – Oktober 2020). Die Verantwortliche für die „universelle“ Stadt Auroville [Morgenröte] in Südindien zeigt, wie die Ressource Zeit als Teil der Architektur funktioniert, und wie man mit möglichst wenig Ressourcenverschwendung baut.
Stand: 6.7.2020
Die Ausstellung stellt die Arbeit der belgischen Lichtkünstlerin Ann Veronica Janssen (* 1956) erstmals in Dänemark vor. Janssens Kunst entzieht sich einer Klassifizierung, begeistert aber durch ihre Wirkung auf die Betrachtenden. Sie schätzt die amerikanischen „Light and Space“-Künstler der 1960er Jahre in Kalifornien, zu denen u. a. Robert Irwin und James Turrell gezählt werden. Janssen ist eine Nachfolgerin auch der Op Art der 1960er und 1970er Jahre, deren Protagonistinnen und Protagonisten das Kunsterlebnis durch optische Effekte als eine Beeinflussung des Körpers vermittelten - statt Kunst aus der Ferne zu betrachten.
Ann Veronica Janssens Arbeiten haben einen breiten Zugang. Sie möchte nicht wiederholen, was man ohnedies bereits weiß. Stattdessen geht es der Künstlerin darum, dass die Rezipientinnen und Rezipienten sich wieder öffnen. Als Wissenschaftlerin verfolgt und erweitert sie die Grenzen des Bekannten – Lichteffekte, das Beschlagen on Oberflächen, Farbspuren und optische Täuschungen mit Hilfe von Spiegeln. Die Werke Janssens können sehr einfach sein, sie fordern die Teilnahme und können das Publikum auch vollständig in Fremdheit einschließen. 1999 vertrat Janssens Belgien aus der 48. Biennale von Venedig.
Per Kirkeby (1932–2018) ist einer der wichtigsten Künstler der Louisianas Sammlung. Das Museum besitzt Werke Kirkebys von dessen Anfang bis in sein letztes Jahr. Eine seiner Bronzeskulpturen ist in der Nähe der Skulptur von Henry Moore im Skulpturenpark des Museums permanent aufgestellt.
Die Frühjahrsausstellung 2020 präsentiert Kirkebys Bronzeskulpturen, seine Arbeit mit Figur und Raum seit den frühen 1980er Jahren. Die Bronzen spielen bei Kirkeby-Ausstellungen oft eine wenig beachtete Rolle. Die Ausstellung im Lousiana Museum versammelt erstmals fast alle Plastiken von Kirkeby. An einigen Stellen treten die skulpturalen Werke in Wechselwirkung mit einzelnen Gemälden und Zeichnungen. Eingeschlossen eines Überblicks über Kirkebys Parnass der Kunstgeschichte: Welche Künstler waren für den intellektuellen Umgang des Künstlers und seine Weltsicht typisch? Ausgehend vom Werk Auguste Rodins erschließt sich der künstlerische Kosmos des 2018 verstorbenen Malers und Objektkünstlers. Die Ausstellung ist die erste vollständige Präsentation von Kirkebys Bronzen und füllt den gesamten Westflügel des Museums.
Tetsumi Kudo (1935–1990) zählte zu den radikalsten Kunstschaffenden der 1950er Jahre in Japan und in den 1960er und 1970er Jahren in Paris. Seine Kritik an der westlichen und auch japanischen Gesellschaft traf die von neuen Technologien angetriebene Selbstzerstörung und des ökologischen Verfalls der Menschheit. Die Ausstellung zeigt Werke aus den 60er und 70er Jahren, die aus der apokalyptischen Erfahrung des Atombombenabwurfs auf Hiroshima und Nagasaki entstanden sind. Im Westen in Tetsumi Kudo wenigen bekannt, aber die Louisiana Sammlung zwei seiner markanten und eigentümlichen Skulpturen – eine Art dystopisches Terrarium mit fluoreszierenden Farben und skurrilen Experimenten über die Keimung des Lebens. Diese Werke sind der Ausgangspunkt für die Präsentation von Tetsumo Kudos korrosiven Darstellungen einer verschmutzten und kranken Welt, an der wir selbst Schuld sind, und die wir nun selbst „heilen“ müssen.
Louisianas große Sommerausstellung 2020 konzentriert sich auf die Beiträge von Künstlerinnen zum Surrealismus. Während die männlichen Surrealisten vielen bekannt sind und durch mehrere Ausstellungen viel Aufmerksamkeit erhalten haben, gibt es heute nur noch wenige, die über ein umfassenderes Wissen über die Surrealistinnen verfügen. Und das trotz der Tatsache, dass die meisten Teil des inneren Kreises des Surrealismus um André Breton waren und Seite an Seite mit ihren männlichen Kollegen bei den wegweisendsten Surrealismus-Ausstellungen der Zeit ausgestellt wurden.
Die surrealistischen Künstlerinnen arbeiteten in den Medien Malerei, Skulptur, Zeichnung, Fotografie und Film. Mit rund 250 Kunstwerken von 30 Künstlerinnen aus den USA, Mexiko und Europa zeigt die Ausstellung erstmals eine umfassendere Präsentation und bietet einen faszinierenden Einblick in die Herangehensweise der verschiedenen Künstlerinnen an die Ideen des Surrealismus. Jede Künstlerin wird mit einer Auswahl von charakteristischen Werken vorgestellt, die gemeinsam die Arbeit der Künstlerinnen umreißen und ihren besonderen Beitrag zur Form und Bildsprache des Surrealismus hervorheben. Gleichzeitig sollen thematische Ähnlichkeiten und Zusammenhänge zwischen den verschiedenen Künstlerinnen aufgezeigt werden.
Neben bekannten Künstlerinnen wie Louise Bourgeois, Frida Kahlo, Leonora Carrington und Meret Oppenheim werden erstmals in Dänemark Kunstschaffende wie Kay Sage, Leonor Fini, Kay Sage und Toyen präsentiert. Die Ausstellung entsteht in der Schirn Kunsthalle Frankfurt (→ Frankfurt | Schirn: Künstlerinnen des Surrealismus) in Zusammenarbeit mit dem Louisiana Museum of Modern Art.
Die Ausstellung beleuchtet die sich wandelnden Wahrnehmungen von Mutterschaft in Kunst- und Kulturgeschichte im Laufe des 20. und 21. Jahrhunderts von den frühen Avantgarde-Bewegungen über die feministische Kunst der 1970er Jahre bis heute. Feministische Strömungen stellen die traditionelle soziale Position von Frauen in Frage und üben somit unvermeidlich Druck auf die Mutterschaft und die traditionellen kulturellen Normen und Erwartungen aus.
Die Ikonografie der Mutterschaft reicht von religiösen Madonnenpräsentationen bis zu den „bösen Mädchen“ des Postfeminismus und ist eng mit Geschichten über weibliche Macht und Emanzipation verbunden. Mutterschaft ist als Thema für ein künstlerisches Studium ein unterbelichtetes Motiv, das eng mit der Aushandlung des eigenen Bildes durch Künstlerinnen verbunden ist (→ Mütterbilder von 1900 bis heute). Anwesend oder abwesend, heiß oder teuflisch. Jeder hat eine Mutter!!
Die Ausstellung ist eine Fortsetzung des langjährigen Fokus auf Künstlerinnen im Louisiana Museum of Modern Art, zuletzt mit Pipilotti Rist und Dea Trier Mørch, wobei Mutterschaft im Mittelpunkt steht. Die Schau vereint eine Reihe bedeutender Künstlerinnen, die in den letzten zehn Jahren im Louisiana sowohl in Sonderausstellungen als auch in Einzelausstellungen präsentiert worden sind, darunter Paula Modersohn-Becker, Louise Bourgeois, Yayoi Kusama, Rineke Dijkstra und Candice Breitz. „Mama!!“ wird eine Reihe Klassiker der feministischen Kunst neben Werken jüngerer Künstlerinnen und Künstler zeigen, die eigens für die Ausstellung geschaffen werden.
Der amerikanische Künstler Arthur Jafa (* Tupelo, Mississippi, 1960) erlangte mit seiner achtminütigen Videoarbeit „Love is the Message, the Message is Death“ aus dem Jahr 2016 weltweite Aufmerksamkeit. Das Video ist ein virtuoser Clip, der virale Videos verschiedener Art mit historischem Filmmaterial amalgamiert: von dunkelhäutigen amerikanischen Prominenten wie Barack Obama und Serena Williams bis hin zu historischen Bildern von unter anderem Martin Luther King für Nachrichtenclips, dazu Aufnahmen von Polizeigewalt gegen Afroamerikanerinnen und -amerikaner. Aber auch selbstgedrehtes Material aus seiner direkten Umgebung ergänzen die Collage zu einer Arbeit über kulturelles und persönliches Gedächtnis. Das Video ist für den Hip-Hop Song „Ultralight Beam“ von Kanye West inszeniert. Die Arbeit ist zutiefst berührend und kritisch zugleich. Sie offenbart die Diskrepanz zwischen dem größten Ruhm und Status der Celebrities und der allgemeinen Behandlung der afroamerikanischen Bevölkerung in den USA heute.
Die Ausstellung zeigt Arthur Jafas Hauptwerk „Love is the Message, the Message is Death“ zusammen mit einer Reihe anderer Werke, die für die Ausstellung produziert werden. Neben seiner künstlerischen Tätigkeit hat Jafa zahlreiche Dokumentarfilme und Spielfilme als Regisseur oder Kameramann gedreht und Musikvideos unter anderem mit Jay-Z und Solange Knowles aufgenommen. Arthur Jafa ist mit dem Werk „Apex“ (2013) in der Sammlung des Louisiana Museum of Modern Art vertreten.
Die Amerikanerin Nancy Spero (1926–2009) war eine Pionierin des Feminismus. Ab den 1960er Jahren engagierte sie sich mit ihrer Kunst als Aktivistin bei Kundgebungen aller Art, wobei sie sich nicht zuletzt auf politische Unterdrückung, Rassismus und männliche Dominanz konzentrierte.
Die Werke Nancy Speros kreisen um die Gewalt ihrer Zeit - dem Zweiten Weltkrieg, gefolgt vom Vietnamkrieg und der Unterdrückung in der Dritten Welt. Gleichzeitig versuchen sie, eine andere Substanz zu definieren, in der Inspiration aus alten Kulturen auf dem Vormarsch ist. Lange Papierfriese werden zum Beispiel von übernatürlichen Figuren bevölkert, die kämpfen und lieben, oft in zyklischen Prozessionen, bei denen Frauen das absolute Zentrum der Welt bilden. Um das ausdrücken zu können, was sie als die Grundnatur des Menschen empfand, verzichtete Spero in den letzten Jahren auf die Darstellung von Männern in ihren Werken. Die Ausstellung ist die erste Ausstellung der Künstlerin in Dänemark.
Die Ausstellung wird vom Museum Folkwang in Zusammenarbeit mit dem Nordischen Aquarellmuseum, dem Louisiana Museum of Modern Art und dem Lillehammer Art Museum erstellt und von der Terra Foundation for American Art unterstützt.
Mit dem Erwerb von 15 Hauptwerken der grönländisch-dänischen Künstlerin Pia Arke (1958–2007) legte das Louisiana Museum of Modern Art den Grundstein für diese Ausstellung, die aus Papierarbeiten, Fotografien und verarbeiteten Materialien im Zusammenhang mit Grönland besteht. In Arkes Kunst drücken sich sowohl verlorene als auch bestehende Verbindungen zwischen ihren beiden Polen aus: Grönland und Dänemark. Sie pendelte zwischen Kolonialgeschichte, selbst erlebten Episoden und Exzessen zwischen mehreren Erzählungen. Fotografien, Aufzeichnungen, Kartografien und akademische Konventionen in der Erforschung Grönlands bilden einen Schwerpunkt, aber ganz klar auch die notwendige Suche der Künstlerin nach eigenen und fremden Kunst- und Kulturgeschichten.
Mit der vierten Ausstellung in der Reihe Architecture Workshops will die indische Architektin Anupama Kundoo eine knappe Ressource in unserem Leben beleuchten: die Zeit. Kundoo nimmt die Zeit als vergessene Ressource in der Architektur wahr - Architektur ist ein Prozess, der an sich Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft enthält. Die Ausstellung ist als Zeitreise aufgebaut, in der traditionelles indisches Bauhandwerk, Kunsthandwerk und Materialnutzung erkundet und in Kundos zeitgenössische Werke integriert werden. Die Architektin ist bemüht, in ihren Werken so wenig Ressourcen wie möglich einzusetzen.
Kundoo arbeitet sowohl in Indien als auch in Europa, und ihr eigenes Zuhause in der „universellen“ Stadt Auroville [Morgenröte] in Südindien ist eines ihrer Hauptwerke. Auroville entstand in den 1960er Jahren aus der Idee einer Gemeinschaft, in der Menschen aus verschiedenen Kulturen ungeachtet ihrer Nationalität, Religion, Kaste oder Politik in Frieden und Harmonie leben können. Kundoos Arbeiten zur Entwicklung von Auroville sind eines der Ausstellungsthemen und werden anhand von Modellen in großem Maßstab präsentiert. Kundoo entwirft auch eine ortsspezifische Installation für den Louisianas Park, die während der Ausstellungsdauer erlebbar ist.
Quelle: Pressetext