Gotthardt Kuehl

Wer war Gotthardt Kuehl?

Gotthardt Kuehl (Lübeck 28.11.1850–10.1.1915 Dresden) war ein deutscher Maler des Impressionismus. Nach Abschluss seiner Ausbildung in Dresden und München zog Gotthardt Kuehl 1889 nach Paris, wo er während seines zehnjährigen Aufenthalts zur Pleinairmalerei fand. Kuehl spezialisierte sich auf Interieurs und Landschaften, mit denen er ab den frühen 1890er Jahren den Impressionismus in Deutschland prägte. Von 1895 bis 1915 lehrte Gotthardt Kuehl an der Dresdner Kunstakademie.

„Kunst ist die Spiegelung der Wirklichkeit in einer begnadeten Seele. Der Spiegel ist für das zurückgeworfene Bild ebenso wesentlich wie das gespiegelte Objekte. Jede Persönlichkeit ist eine Welt für sich. So oft eine neue Persnlichkeit geboren wird, entsteht auch eine neue Welt, und jedesmal, wenn die Persönlichkeit sich künstlerisch schaffend veräußerlicht, gibt sie Neues, sie mag ihren Gegenstand und ihre Ausdrucksformen wählen wie sie will.“1 (Gotthardt Kuehl)

Kindheit

Johannes Gotthardt Kühl - seit den 1890er Jahren nannte er sich Gotthardt Kuehl - wurde am 28. November 1850 in Lübeck als viertes Kind des Volksschullehrers Simon Kühl geboren. Er hatte vier Geschwister. Kuehls Vater war Organist und Küster der protestantischen St.-Lorenz-Kirche sowie Lehrer an der angeschlossenen Elementarschule (bis Ostern 1884). Kuehls Mutter war Henriette Caroline Kuehl (geb. Borgward, 1815-?). Die Familie lebte bereits seit drei Generationen in Lübeck und war im Schulhaus der St.-Lorenz-Kirche ansässig. Johannes lebte die ersten 16 Jahre in Lübeck und besuchte bis 1865 die Schule seines Vaters.

Von 1865 bis 1867 besuchte Gotthardt Kuehl die Kaufmannsschule (Handelsschule) in Lübeck. Zwar sollte er Lehrer werden, doch zeigte sich seine künstlerische Neigung schon früh. Kurz wollte er Baumeister werden, doch wandte er sich rasch der bildenden Kunst zu.

1866/67 reiste Kuehl nach Dresden, wo seine neun Jahre ältere Schwester Wilhelmine Dorothea lebte. Seit 1862 war sie mit dem Kunstgärtner Richard Otto Castelli verheiratet, der wahrscheinlich weitläufig mit der Ehefrau des Dresdner Porträtmalers David Simonson (1831-1896) ist. Die Zeichnung „Lettner der Marienkirche in Lübeck“ ist wahrscheinlich Kuehls früheste, nach der Natur gezeichnete Studie. Vermutlich entstand sie noch vor seinem Eintritt in die Dresdner Akademie.

Ausbildung

Gotthardt Kuehl wohnte 1867 zunächst bei seiner Schwester in Dresden-Johannstadt, Blasewitzstraße. Er war zu Gast im Atelier von David Simonson. In den 1870er und 1880er Jahren verkehrte der junge Maler auch weiterhin mit Simonson und schloss Freundschaft mit dessen Familie und Kindern. Im Jahr 1888 heiratete Kuehl Henriette (1860-1921), eine Tochter Simonson. Dessen Sohn Ernst Oskar (1864-1929) sollte 1892/93 in München Kuehls Schüler werden.

Aufgrund seines Zeichentalents erhielt Gotthardt Kuehl ein Stipendium der Saächsischen Akademie der bildenden Künste, wo er ab dem 23. April 1867 in der Unterklasse (Kopiersaal) studierte (Eduard Robert Bary, Carl Gottlob Schönherr, Ludwig Kriebel).2 Ein Jahr später, am 20. April 1868, wurde Kuehl in der Mittelklasse (Gipssaal) versetzt. Dort waren Johann Carl Baehr, K. Wilhelm Schurig und Friedrich Christian Gonne seine Lehrere. Der Studente zeichnete nach dem Diskuswerfer und Akte. Zwei seiner Blätter wurden 1869 in der jährlich veranstalteten Akademischen Kunstausstellung gezeigt.

1869 gehörte er zu den letzten Schülern Ludwig Richters (1803–1884), an dessen Kurs für Landschaftszeichnen er teilnahm.3 Es entstanden Landschaftsstudien aus Rochwitz bei Dresden (Münchner Stadtmuseum). Am 1. November 1869 wurde Kuehl in die Oberklasse der Akademie versetzt. Die Professoren im Aktsaal waren Julius Hübner, Carl Peschel und Theodor Große, im Malsaal Adolf Ehrhardt. Ein Besuch bei der „Ersten Internationalen Kunstausstellung“ in München, dürfte Gotthardt Kuehl zu einem Wechsel nach Bayern angeregt haben.

Am 17. August 1870 ging Gotthardt Kuehl von der Dresdner Akademie ab. Er wechselte am 24. Oktober in die Malklasse von Wilhelm Diez (1839–1907) nach München.Etwa gleichzeitig mit Kuehl traten Wilhelm Trübner, Duveneck Herterich, Zimmermann und andere bei Diez als Schüler ein.

Dort herrschte im Vergleich zur Dresdner Akademie eine freiere Atmosphäre, und Gotthardt Kuehl schuf in Bayern seine ersten Ölgemälde. Die Diez-Schule, die in den 1870er Jahren ihren ersten Höhelpunkt hatte, bereitete durch Pflege eines graublauen Silbertons die allgemeine Farbenaufhellung in der Malerei vor. Ihre Vertreter:innen schulgen die Brücke zwischen den biedermeierlichen Münchener Kleinmeistern und der französischen Plein air-Malerei. Wilhelm Leibl kehrte aus Paris nach München zurück, Carl Schuch, Faber und Faur, Thoma zogen ebenfalls nach München. In den ersten Jahren der 1870er kam es zu einem relativ engen Verbindungen zwischen der Diez-Schule und dem Leibl-Kreis.

Im Jahr 1873 gehörte Kuehl zu den Gründungsmitgliedern der Münchner Künstlergesellschaft „Allotria“ und ab 1892 zur Münchner Secession, die daraus hervorging. Beide Vereinigungen galten als „Kampfplatz zwischen Jungen und Alten“.4 Auf der Wiener Weltausstellung 1873 präsentierte sich Kuehl mit einem ersten großen Gemälde mit dem Titel „Leihanstalt“ (1872).5 Kuehl besuchte die Ausstellung gemeinsam mit Heinrich von Zügel (1850–1941) und dürfte dort erstmals mit der Malerei des französischen Impressionismus in Kontakt gekommen sein.

Von 1875 bis 1878 arbeitete Gotthardt Kuehl im Sommer mit Künstlern des Leibl-Kreises in Polling, in Oberbayern. Nach dem Austritt aus der Diez-Klasse war er als freischaffender Maler tätig. Kuehl malte in Bayern bei späteren Sommeraufenthalten bis 1878 schlichte Innenräume sowie Bildnisse von Mädchen und Schusterjungen.

Gotthardt Kuehl in Paris (1879–1889)

Vermutlich bereits 1878 reiste Gotthardt Kuehl nach Paris, um die Weltausstellung zu besuchen. An der Seine arbeitete Kuehl zunächst unter dem Einfluss von Mariano Fortuny y Carló.Der Kunsthändler Goupil beauftragte den deutschen Maler mit Gemälden in Fortunys Stil. Bereits 1878 stellte Kuehl in London aus und erhielt eine silberne Medaille.

Der Skandal um Max Liebermanns „Gänserupferinnen“ sowie Fritz Uhdes „Christus im Tempel“ auf der „Internationalen Kunstausstellunge“ in München 1879 löste in Kuehl den Wunsch aus, in seiner Kunst mit der „braunen Sauce“ in München zu brechen und nach Paris zu übersiedeln. Dort lebte er für ein Jahrzehnt.

„Kuehl [...] hat einmal mit knappen, kernigen Worten ausgesprochen, wie ihm ziemlich angst und bange zumute wurde, als er das erste Mal von der Höhe des Montmartres herab das millionenköpfige Paris zu seinen Füßen liegen sah. Damals kam ihm so recht zum Bewusstsein, dass jeder einzelne nicht mehr als eine Ameise in diesem wimmelnden Haufen sei, wenn er es nicht zu eigenen, besonderen Leistungen und Taten bringe.“6

Ab 1880/81 wurde für Kuehl vor allem Bastien-Lepage wichtig, daneben auch Edouard Manet. In der Pariser Zeit fuhr Gotthardt Kuehl häufig nach Holland und studierte die Alten Meister, von denen besonders Pieter de Hooch und Jan Vermeer auf ihn Einfluss ausübten, weshalb er auch deren Werke kopierte. Bereits 1880 wurden zwei seiner Werke zum Pariser Salon zugelassen, „Interieur aus der Asam-Kirche in München“ und „Der alte Gerichtssaal in Lüneburg“. In einem Brief an den Kunsthistoriker Richard Gaul schrieb der Maler, dass er sich vor dem Kostümstück „ekle“ und „direkt nach dem Leben greifen“ wolle.7

In den Niederlanden traf er 1882 Jozef Israels und Max Liebermann. Kuehl malte dort badende Knaben, alte Fischerhäuser, Dorfstraßen, Hafenmotive und Gängeviertel. In den folgenden Jahren reiste der Dresdner unter anderem nach Dordrecht und Katwijk, wo sich auch Liebermann aufhielt. Kuehl wurde von der niederländischen Freilichtmalerei beeinflusst (Israels, Maris, Mauve) und holte das Freilicht auch in die Innenräume, indem er Zimmer im Gegenlicht in sein Motivrepertoire aufnahm.

In Straßen- und Seineansichten aber auch mit Landschaftsmotiven aus der Umgebung von Paris fand Gotthardt Kuehl zur Freilichtmalerei; der Durchbruch gelang ihm 1883. In München erzeugte Kuehls Impressionismus bei den Konservativen Häme und Spott: So machte die anzügliche Verballhornung seines Namens zu „Cul de Paris [Hintern aus Paris]“ (ein Modeaccessoire, mit dem das Gesäß betont wurde) die Runde. Ab 1884 griff Kuehl mit genrehaften Figurenbildern und Interieurs zu Lübecker Handwerksbetrieben und zum Waisenhaus Themen von Max Liebermann auf. Die Beziehung der beiden Maler zueinander schlug sich in Kuehls Werken „Im Waisenhaus Danzig“ (1885, Leipzig, Museum der bildenden Künste), „Altmännerhaus in Lübeck“ (1886, Berlin, Nationalgalerie) und „Im Lübecker Waisenhaus“ (Triptychon 1896, Dresden, Gemäldegalerie) nieder. Die „niederen Motive“ stießen auf der „Ersten Internationalen Aquarellausstellung“ in Dresden anfangs jedoch auf heftige Ablehnung.

Am 14. Juli 1888 heiratete Gotthardt Kuehl die Tochter seines früheren Dresdner Zeichenlehrers David Simonson, Henriette Simonson-Castelli (1860–1921); danach ging der Maler mit seiner Frau zurück nach Paris. Das Paar behielt sich jedoch einen zweiten Wohnsitz in München. Als die deutsche Reichsregierung die offizielle Beteiligung an der Pariser Weltausstellung 1889 wegen der Hundertjahrfeier der Französischen Revolution verbat, organisierte Gotthardt Kuehl mit Liebermann eine geduldete private Ausstellung deutscher Gegenwartskunst in Paris, die anschließend auch in München für Aufsehen sorgte. Als erstes Werk eines deutschen Künstlers nach 1871 wurde Kuehls Bild „In der Küche“ vom Musée Luxembourg angekauft (27.8.1889). Dieser Erfolg führte auch in der alten Heimat zur Anerkennung - oder wie Liebermann es in einem Brief an Kuehl charmant formulierte:

„Übrigens glaub' ich, dass die Pariser Ausstellung uns'rer Anschauung auch in Deutschland zum Sieg verhelfen wird und dass mit der Münchner braunen Sauce - die hiesigen haben nicht einmal die - nun gründlich aufgeräumt werden wird.“8

Französisch-deutscher Impressionist in München

Im Herbst 1889 zog Gotthardt Kuehl zurück nach München, wo ihn die Ernennung zum Ritter der Ehrenlegion durch die französische Regierung erreichte (gemeinsam mit Liebermann, 3.12.1889). Während die preußische Regierung dem Berliner Liebermann die Annahme der Ehrung verbat, durfte der in München lebende Kuehl sie annehmen. Kurz zuvor hatte Kuehl bereits den bayerischen Veriendstorden vom Heiligen Michael vierter Klasse erhalten.

Im Jahr 1890 setzte er sich gegen den Widerstand Franz von Lenbachs vehement für die Präsentation französischer Kunst auf den Münchner Jahresausstellungen ein. Liebermann, Uhde und Kuehl gehörten zu den aus Deutschland berufenen Mitgliedern der Pariser „Marsfeldgesellschaft [Salon du Champs du Mars]“ (gegr. 1890), nach der Düsseldorfer Secession die zweite Secession in Europa. Als am 29. Februar 1892 die Münchner Secession gegründet wurde, zählte Kuehl zu den Unterzeichnern - neben Habermann, Piglhein, Zügel, Dill, Weishaupt, Höcker und Franz von Stuck. Kuehl gehörte 1893 auch zu den Gründungsmitgliedern der Freien Vereinigung Dresdner Künstler. Über den Wiener Maler Carl Moll (1861-1945), ein guter Freund von Gustav Klimt und späterer Mitbegründer der Wiener Secession, vermittelte Kuehl sowohl die Freilichtmalerei als auch das Secessionskonzept in das österreich-ungarische Kaiserrreich. Moll hielt sich kurz nach 1890 in München und Dachau auf, er freundete sich mit Kuehl an und fand über ihn zum Interieur.9 Vermutlich ist auch die starke Präsenz von Gotthardt Kuehl in der Ausstellung der „Münchner Secession“ im Künstlerhaus in Wien 1894 auf diesen Kontakt zurückzuführen (November-Dezember). Während eines Aufenthalts in Wien traf sich der Maler mit Moll und den späteren Gründern der Wiener Secession. Sie wählten den Dresdner Akademieprofessor zu ihrem korrespondierenden Mitglied.

Richard Graul, Redakteur der „Graphischen Blätter“ und künftiger Museumsdirektor in Leipzig, widmete Liebermann, Uhde und Kuehl eine erste Monografie:

„Der Naturalismus in unserer modernen deutschen Malerei ist mit der unverbitterlichen Rücksichtslosigkeit eines Revolutionärs gegen alle Überlieferung und akademische Gewöhnung aufgetreten. [...] Max Liebermann, der naivste und konsequenteste Vorkämpfer der naturalistischen Glaubenslehre, hatte kein Bedauern für alles, was er zu zerstören kam. [...] Ihm folgte in München als der ersten einer Fritz von Uhde, und bald darauf Gotthardt Kuehl. Für beide Künstler war Liebermanns Hinweis und Beispiel eine wertvolle Anregung. Uhde wandte sich indessen bald der religiösen Malerei zu, während Kuehl die einmal betretene Richtung konsequent im naturalistischen Sinne verfolgte und in ihr, wenn auch nicht die künstlerischen Befähigungen eines Bahnbrechers, so doch diejenigen eines selbständigen und überaus fein empfindenden Koloristen nachwies. [...] Zum Auge will er sprechen, nicht zum Kopfe; eine sinnliche Empfindung will erin schlichter Einfalt im Bilde lebendig werden lassen. Was sich Kuehl und seine naturalistischen Genossen derart vornehmen, ist ja nichts anderes, als was Grillparzer schon 1847 in einem Epigramm aus den 'echten Gesang' münzte: 'Man hört mit dem Ohr und nicht mit dem Geist, / Das Auge nur Farben und Formen weist; / Und hättest du beides in Geist verkehrt, / Hast du gesehen nicht und nicht gehört.'“10

Nach längeren Aufenthalten in Dresden und München arbeitete Kuehl von 1889 bis 1893 mit Fritz von Uhde (1848–1911) und Ludwig Dill (1848–1940) in Dachau. Gemeinsam setzten sie sich als Ziel, das Triptychon in der modernen Kunst wieder zu etablieren.

Auf Einladung des Direktors der Hamburger Kunsthalle, Alfred Lichtwark, malte Gotthardt Kuehl Stadtansichten für dessen „Sammlung von Bildern aus Hamburg“. Im Dezember 1890 erhielt Kuehl in München den Professorentitel und ein Jahr später wurde seine einzige Tochter Luise geboren. Mit Uhde plädierte Kuehl für die erste offizielle Ausstellung Werken Claude Monets, Edouard Manets und Alfred Sisleys in Deutschland anlässlich der Jahresausstellung im Münchner Glaspalast. Das City Art Museum in St. Louis erwarb das Kircheninterieur „Auf der Orgelempore“ auf der Weltausstellung in Chicago 1893.

Goppeln

In Goppeln bei Dresden traf sich seit Anfang der 1890er Jahre eine Gruppe Maler, die unabhängig von der Akademie die Pleinair-Malerei pflegten: Carl Bantzer, Wilhelm Ritter, Georg Lührig, Paul Baum, Robert Sterl. Auch Kuehl war einige Maler dort zu Gast. Er schloss hier Freundschaft mit Wilhelm Claudius (1854-1942) aus Altona, auf den er einen starken Einfluss ausübte. Weitere "Schüler" Kuehls waren Georg Müller-Breslau und Wilhelm Claus.11

Neu-Dachau

Unter Adolf Hölzel und Ludwig Dill formierte sich in Dachau die Künstlerkolonie Neu-Dachau. Kuehl hielt sich 1893 dort zum letzten Mal auf. Wahrscheinlich datiert der „Biergarten in Dachau“ aus dieser Zeit.

Kuehl war eigentlich an der Landschaftsmalerei nicht interessiert. Allerdings schuf er in dieser Zeit einige Elblandschaften sowie Gärten und Blumenfelder, die er auf der Akademischen Kunstausstellunge in Dresden 1895 präsentierte.

Kuehl als Lehrer in Dresden

Im Frühjahr 1895 folgte Gotthardt Kuehl dem Ruf an die Dresdner Kunstakademie (1.4.) und wurde der Vorstnad eines neueingerichteten „Meisterateliers für Genremalerei“.Einer seiner ersten Schüler war Ferdinand Dorsch (1875-1938), ein Freund Carl Molls, der ab 1906 Leiter eines Meisterateliers und ab 1914 als Akademieprofessor in Dresden wirkte. Dresdner Motive wurden zu einem Hauptthema seiner Malerei. Mit seinen Schülern, die ihn 1902 zum Ehrenvorsitzenden ihrer Künstlervereinigung „Die Elbier“ wählten, unternahm er Studienreisen in Europa.

Als jüngstes Mitglied des Akademischen Rates nutzte er sein Amt zu Reformen von Akademie und Ausstellungswesen, das er der internationalen Moderne öffnete. So holte er für die „Erste Internationale Kunstausstellung“ 1897 über 850 Gemälde und Arbeiten auf Papier aus Paris, Nord- und Südeuropa nach Dresden: Bastien-Lepage, Carrière, Degas, Monet, Pissarro, Segantini, Sisley, Rodin, Ensor, Israels, Hodler, Boecklin, Rohlfs, Slevogt, Trübner, Uhde stellten teilweise zum ersten Mal in Sachsen aus. Weiters brachte er eine Sammlung von über 60 Werken von Constantin Meunier nach Deutschland (Auswahl von Georg Treu) und neueste französische Zimmereinrichtungen von Henry van de Velde und Wanddekorationen von Albert Besnard. Aus der Perspektive der Kunstkritik übertrumpfte Kuehl damit die Ausstellung in München.

1910 zeigte die Münchner Galerie Thannhauser eine Einzelausstellung Kuehls. Trotz seiner Weitläufigkeit unterstützte er 1911 Karl Vinnens „Protest deutscher Künstler“. Im gleichen Jahr studierte Kurt Schwitters bei Kuehl.

Ehrungen

1913 ernannte ihn der bayerische König zum Mitglied des Maximiliansordens für Wissenschaft und Kunst, vom sächsischen König erhielt er 1914 die Kleine Goldene Medaille.

Tod

Kaum genesen von einer lebensgefährlichen Schilddrüsenoperation im Spätherbst 1913, starb Gotthardt Kuehl in der Nacht vom 9. zum 10. Januar 1915 in Dresden an einer durch eine Influenza verursachte Lungenentzündung. Er wurde 65 Jahre alt. Am 13. Januar wurde er eingeäschert und am 27. September im Neuen Park des Urnenhaines Dresden-Tolkewitz beigesetzt.

Literatur zu Gotthardt Kuehl

  • Gotthardt Kuehl. Ein Lichtblick für Dresden, hg. v. Kristin Gäbler (Ausst.-Kat. Städtische Sammlungen Freital, 31.7.-16.10.2022), Dresden 2022.
  • Jasper Warzecha, Gotthardt Kuehl und der „figürliche Impressionismus“, Berlin 2022.
  • Jasper Warzecha, Von den „Alten“ lernen: Gotthardt Kuehl und die Bedeutung der niederländischen Interieurmalerei für das 19. Jahrhundert, in: Klasse Gesellschaft. Alltag im Blick niederländischer Meister, hg. v. Sandra Pisot (Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle, Hamburg) Hamburg 2021, S. 68-79.
  • Gotthardt Kuehl, hg. v. Gerhard Gerkens und Horst Zimmermann (Ausst.-Kat. Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Gemäldegalerie Neue Meister, 28.3.-9.6.1993; Museum für Kunst und Kulturgeschichte der Hansestadt Lübeck-Behnhaus, 20.6.-22.8.1993), Leipzig 1993.
  • George Minde-Pouet, Gotthardt Kuehl, in: Westermanns Monatshefte 63, Bd. 125, Heft 745 (1918), S. 17-32.
  • Gotthardt Kuehl (Ausst.-Kat. Galerie Emil Richter, Dresden), Dresden o. J. (1915).
  • Richard GRaul, Gotthardt Kuehl; in: Die Graphischen Künste 16 (1883), S. 1-10.
  1. Gotthardt Kuehl bei einer Künstlerversammlung, Datun unbekannt. Zitiert nach: George Minde-Pouet, Gotthardt Kuehl, in: Westermanns Monatshefte 63, Bd. 125, Heft 745 (1918), S. 17-32, hier S. 31.
  2. Diese Biografie verdankt sich den Biografien von Gotthardt Kuehl, in: Der deutsche Impressionismus, hg. v. Jutta Hülsewig-Johnen und Thomas Kellein (Ausst.-Kat. Kunsthalle Bielefeld, 22.11.2009–28.2.2010), Bielefeld 2009, S. 26; Elmar Jansen, Chronik zum Leben und Werk Gotthardt Kuehls, in: Gotthardt Kuehl 1993, S. q65-189.
  3. Ab 21. Oktober 1869 beschränkte sich Richter auf den Unterricht in der Meisterklasse und 1876 wurde er in den Ruhestand versetzt.
  4. Hermann Schlittgen, Erinnerungen, München 1926, S. 184-185.
  5. Das Gemälde wird als erstes wichtiges Führwerk Kuehls betrachtet. Es war 1907/08 auf der Gedenkausstellung der Schüler von Diez zu Ehren ihres Lehrers in München und Dresden zu sehen. Später sollte es im Führer-Museum in Linz ausgestellt werden, für das es aus einer gemeinsamen Versteigerung der Galerien Flechtheim, Helbing und Pfaffrath 1932 in Düsseldorf angekauft wurde.
  6. Zitiert nach: Gotthardt Kuehl (Ausst.-Kat. Galerie Emil Richter, Dresden), Dresden o. J. (1915), S. 3f.
  7. Jansen 1993, S. 171.
  8. Zitiert nach Jansen 1993, S. 175.
  9. Siehe: Kathrin Wolf, Carl Moll, in: Im Lichte Monets. Österreichische Künstler und das Werk des großen Impressionisten, hg. v. Agnes Husslein-Arco und Stephan Koja (Ausst.-Kat. Belvedere, Orangerie des Unteren Belvedere, Wien, 24.10.2014–8.2.2015), München 2014, S. 221–224, hier S. 222.
  10. Richard GRaul, Gotthardt Kuehl; in: Die Graphischen Künste 16 (1883), S. 1-10, hier S. 1, 5.
  11. Einige der Künstler in Goppeln, datuner Carl Bantzer und Robert Sterl bildeten 1894 die Dresdner Secession, die sich aber bereits am 29. Dezember 1900 wieder mit der Kunstgenossenschaft verinigte. Kuehl gehörte ihr nicht an.