Jozef Israëls
Wer war Jozef Israëls?
Jozef Israëls (Groningen 27.1.1824–12. 8.1911 Den Haag) war ein niederländischer Maler und Grafiker des Realismus. Er zählt zu den bedeutendsten Vertretern der Haager Schule und wird als „der angesehenste niederländische Künstler der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts.“1 bezeichnet.
Kindheit
Jozef Israëls wurde am 27. Januar 1824 in Groningen geboren. Seine Eltern gehörten der jüdischen Gemeinde an. Sein Vater, Hartog Abraham Israëls, war Geldwechsler und wollte, dass Jozef Geschäftsmann wurde. Seine Mutter, Mathilda Salomon (geb. Polack), hoffte, dass Jozef Rabbiner werden würde.
Ausbildung
Ab seinem elften Lebensjahr besuchte Jozef Israëls die Akademie Minerva in Groningen und begann Malerei bei Jacob Bruggink, Johan Joeke Gabriël van Wicheren und Cornelis Bernardus Buijs zu studieren.
Nach vier Jahren setzte der nunmehr 18-jährige sein Studium in Amsterdam fort und studierte an der Königlichen Akademie der Schönen Künste, die später zur Staatlichen Akademie der Schönen Künste wurde. Er war Schüler von Jan Adam Kruseman (1804–1862) und bei Johan Willem Pieneman (1779–1853); zudem besuchte er die Zeichenklasse der Akademie. Durch die Bekanntschaft mit dem Belgier Louis Gallait und dem französischen Niederländer Ary Scheffer (1795–1858) kam Israëls zur Romantik. Vor allem zogen ihn Scheffers romantische Szenerien an, hatte der Niederländer doch in Paris mit seinen Interpretationen zu Goethes „Faust“ und Dantes „Göttlicher Komödie“ Aufsehen erregt. Deshalb entschied sich Israëls, seine Ausbildung in Paris zu vollenden.
Von September 1845 bis Mai 1847 war Jozef Israëls in Paris, arbeitete im Atelier des Historienmalers François-Édouard Picot und nahm Unterricht an der Ecole des Beaux-Arts bei James Pradier, Horace Vernet und Paul Delaroche. In diesen Jahren lernte er auch Johan Barthold Jongkind und die Maler von Barbizon kennen.
1847 reiste der Niederländer nach Düsseldorf, wo die Akademie zur Jahrhundertmitte zu den fortschrittlichsten künstlerischen Zentren Mitteleuropas zählte (→ Düsseldorfer Malerschule). Auf dem Rückweg besuchte Jozef Israëls die holländische Künstlerkolonie Oosterbeck bei Arnheim.
Werke
Jozef Israëls blieb von 1847 bis 1870 in Amsterdam, als er nach Den Haag zog und ein führendes Mitglied der Haager Schule der Landschaftsmaler wurde. Ab 1855 stellte der Niederländer im Pariser Salon aus.
Bei einem zweiten Besuch in Paris hörte Israëls von der Freilichtmalerei und dem neuen Realismus der Schule von Barbizon. Er besuchte die Maler im Wald von Barbizon und begann anschließend, angeregt durch die Fischerstücke der Düsseldorfer Malerschule und den Bauernszenen von Jean-François Millet (1814–1875), holländische Genreszenen zu malen. Trotz seiner Ausbildung widmete Jozef Israëls seine Karriere nicht der Historienmalerei. Im Jahr 1862 erzielte Jozef Israëls in London mit „The Shipwrecked Mariner“ großen Erfolg2 und „The Cradle“. Die beiden Bilder beschrieb das Athenaeum-Magazin als die ergreifendsten Bilder der Ausstellung.
Haager Schule
Während sich Israëls im niederländischen Fischerdorf Zandvoort von einer Krankheit erholte, war er bestürzt über das tragische Schicksal der Fischer und ihrer Familien. In Den Haag, wohin er 1872 mit seiner Familie zog, hielten ihn vor allem seine Vorstellungen von einfachen Leuten, vor allem von den Fischern aus Zandvoort und Katwijk (Südholland). Israëls wurde oft mit Jean-François Millet verglichen. Beide sahen im Leben der Armen und Benachteiligten einen Grund, in ihren Bildern ihr tiefes menschliches Mitgefühl mit besonderer Intensität zum Ausdruck zu bringen; Millet war jedoch der Dichter des ruhigen Landlebens, während in fast allen Bildern Israëls ein durchdringender Unterton des Leids zu spüren ist. Edmond Duranty meinte sogar, sie seien mit Düsternis und Leid gemalt.
Für Jozef Israëls – und mit ihm dem in Den Haag ansässigen Kreis von Freilichtmalern – war eine gedämpfte Farbgebung und eine silbergraue Lichtstimmung charakteristisch. Die Zeitgenoss:innen nannten die Haager Schule deshalb auch die „Graue Schule“. Oft nahm der Maler den hohen Himmel der flachen niederländischen Polderlandschaft oder das schwindende Tageslicht in den Blick. Diese Werke, die dem Realismus bzw. dem Naturalismus zugerechnet werden können, sollten Israëls international berühmt machen. Kritiker verglichen seine pastose Pinselführung, sein warmes Kolorit und die Verwendung von Hell-Dunkel mit den Werken von Rembrandt van Rijn, Frans Hals und Jacob van Ruisdael. Seine Genreszenen trugen Jozef Israëls den Beinamen „der Rembrandt des 19. Jahrhunderts“ ein. Damit – wie auch mit seiner erfolgreichen und häufig wiederholten Komposition der „Kartoffelesser“ – beeinflusste er den jungen Vincent van Gogh und in den 1890ern den jungen Kees van Dongen.
Ab seinem Umzug nach Den Haag im Jahr 1871 war Israëls eng mit Hendrik Willem Mesdag befreundet. Zusammen initiierten sie 1876 die „Hollandse Teekenmaatschappij [Die Holländische Zeichengesellschaft]“ und spielten eine wichtige Rolle im Den Haager „Pulchri Studio“. So führte Israëls von 1875 bis 1878, also in den Anfangsjahren der Haager Schule, den Vorsitz in der Künstlervereinigung „Pulchri Studio“. Vor allem im Ausland wurde Israëls deshalb auch als Hauptvertreter der Schule angesehen.
Jozef Israëls heiratete Aleida (geb. Schaap). Das Paar hatte zwei Kinder: die Tochter Mathilde Anna Israëls und den Sohn Isaac Lazarus Israëls (1865–1934), der ebenfalls Maler wurde. Bis 1885 unterrichtete Jozef Israëls seinen Sohn Isaac Israëls, von dem Wunderkind erhoffte er, dass er mit Gottes Hilfe ein besserer Maler als sein Vater werden würde. Nach 1885 ging Isaac seinen eigenen Weg und wurde zusammen mit George Hendrik Breitner unter dem Namen Amsterdamer Impressionisten bekannt; letzterer zählte zu den wichtigsten Konkurrenten seines Vaters.
Israëls und Liebermann
Israëls bewunderte 1881 im Pariser Salon Max Liebermanns Gemälde „Altmännerhaus in Amsterdam“. Einige Monate später trafen sich die beiden Maler zum ersten Mal bei der Eröffnung einer Ausstellung der „Hollandsche Teekenmaatschappij“ in Den Haag. Es entwickelte sich eine herzliche Freundschaft, nicht zuletzt, weil Liebermann fast jedes Jahr die Sommermonate in den Niederlanden verbrachte. Beide Maler tauschten ihren akademischen, glatt-realistischen Malstil gegen eine lockerere Pinselführung ein und konzentrierten sich zunehmend auf die Wiedergabe von Landschaften en plein air unter bestimmten atmosphärischen Bedingungen. Während Israëls sich auf Landschaften und Genredarstellungen des Fischerlebens in holländischen Küstendörfern und des bäuerlichen Lebens auf dem Lande beschränkte, widmeten sich sein jüngerer deutscher Freund Max Liebermann und sein Sohn Isaac auch dem mondänen Strandleben und dem modernen Stadtleben, wobei sie den Pinsel noch flotter und skizzenhafter führten.
Neben Liebermann beeinflusste Israëls noch eine Reihe deutscher Maler. So traf er 1882 neben Max Liebermann noch Gotthardt Kuehl, der badende Knaben, alte Fischerhäuser, Dorfstraßen, Hafenmotive und Gängeviertel malte.
Laren
Jozef Israëls gilt als der künstlerische Entdecker des Gooischen Dorfes Laren (Provinz Nordholland) im Jahr 1874. Er wählte ihn aufgrund seiner Ursprünglichkeit als Arbeitsort aus. Der international erfolgreiche Maler nahm bald auch seinen Kollegen Albert Neuhuys sowie 1884 seinen deutschen Malerfreund Max Liebermann mit in die Gooi-Region. Viele Malerinnen und Maler folgten dem Pionier der Haager Malerschule nach, sodass sich vor Ort eine Künstlerkolonie etablierte. Neben Arina Hugenholtz, Anton Mauve und Albert Neuhuys kam auch der Deutsche Max Liebermann ab 1884 immer wieder nach Laren, um an der Seite seines Freundes Israëls zu arbeiten. Nach ihrem großen französischen Vorbild Jean-François Millet stellten die Künstler hauptsächlich Bauern bei ihrer täglichen Arbeit auf dem Feld und im Haus dar.
Niederländischer Impressionismus
Zu seinen späteren Werken zählen „Der Witwer“ (Mesdag-Sammlung), „Wenn wir alt werden“, „Bauernfamilie bei Tisch“ und „Allein auf der Welt“ (Van Gogh Museum, Amsterdam), „Ein Interieur“ (Dordrecht), „Ein karges Mahl“ (Glasgow Museum), „Die Arbeiter des Meeres“, „Sprachloser Dialog“, „Zwischen den Feldern und dem Meeresufer“ und „Der Trödelhändler“ (das auf der Pariser Ausstellung von 1900 mit Ehrenmedaillen ausgezeichnet wurde).
Mit „David singt vor Saul“, einem seiner späten Werke, kehrte Israëls zum rembrandtesken Stil seiner Jugend zurück. Als Aquarellmaler und Radierer schuf er eine große Zahl von Werken, die wie seine Ölgemälde voller tiefer Gefühle sind. Sie sind im Allgemeinen mit breiten Licht- und Schattenmassen behandelt, die das Hauptthema hervorheben, ohne das Detail zu vernachlässigen. 1905 erschien sein vielgelesenes Buch über Rembrandt. Es wurde in fünf Sprachen übersetzt.
Die Zeitgenoss:innen betrachteten Israëls als einen der großen Maler der Moderne. Auf der Biennale von Venedig wurde ihm 1910 eine Einzelausstellung gewidmet.
Auszeichnungen
- 1902: auswärtiges Mitglied in die Académie des Beaux-Arts
- 1899: assoziiertes Mitglied aer Académie royale des Sciences, des Lettres et des Beaux-Arts de Belgique (Classe des Beaux-Arts)
- 1886: Offizier im Leopoldsorden
Tod
Jozef Israëls starb am 12. August 1911 in Den Haag.