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Chemnitz | Kunstsammlungen am Theaterplatz: Helene Funke Erste Ausstellung der Expressionistin in Deutschland

Helene Funke, Drei Frauen (Drei Mädchen), Detail, 1915, Öl/Lw, 98 x 81 cm (Lentos Kunstnumseum Linz)

Helene Funke, Drei Frauen (Drei Mädchen), Detail, 1915, Öl/Lw, 98 x 81 cm (Lentos Kunstnumseum Linz)

Die Kunstsammlungen Chemnitz präsentieren die erste Einzelausstellung mit Werken der in Chemnitz geborenen Malerin Helene Funke (1869–1957) in Deutschland. Einige der etwa 60 Gemälde, Grafiken und Zeichnungen von zahlreichen internationalen Leihgebern galten als verschollen und werden erstmals weltweit öffentlich wieder zu sehen sein. Eine Besonderheit der Präsentation sind fotografische Selbstporträts, die Funke bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts von sich anfertigte.

Helene Funke, deren 150. Geburtstag 2019 gefeiert wird, begründete eine eigenständige Form des Expressionismus. Sie studierte neben Gabriele Münter an der Damen-Akademie in München, stellte mit Henri Matisse und Pablo Picasso in den Pariser Salons aus, und feierte Erfolge als vielfach ausgezeichnete Malerin und Grafikerin neben Gustav Klimt und Egon Schiele in Wien.

Ungewöhnliche Bildnisse von Frauen und Frauengruppen wurden ihr Markenzeichen: Sie löste die Frau aus ihrer passiven Rolle in der Gesellschaft, machte sie zur aktiven Beobachterin und betonte zugleich ihre selbstbewusste und konspirative Rolle innerhalb einer weiblichen Gemeinschaft. Zu ihrer Zeit war sie die einzige moderne Künstlerin aus Chemnitz, die internationale Beachtung erlangte. Trotz ihrer mehr als 40 Ausstellungsbeteiligungen von Paris, Hamburg bis Stockholm starb Funke 1957 verarmt und vergessen in Wien, ihr künstlerischer Nachlass wurde verstreut. Erst seit einigen Jahren wird ihr Werk wiederentdeckt.

Helene Funke in Chemnitz

Die Schau zeichnet Funkes künstlerischen Weg von München über Paris nach Wien nach. Funkes leuchtende Farben, der wilde Pinselduktus, ihre ausdrucksstarken Porträts, Frauenakte und Landschaften faszinieren bis heute. Sie wird nicht nur als expressive Künstlerin der Vergangenheit vorgestellt, sondern es wird auch ihre Gegenwärtigkeit unterstrichen, etwa wenn es um ihr Selbstverständnis als emanzipierte Frau geht, oder auch um Besonderheiten ihres Schaffens, wie ihre fotografischen Selbstporträts, also ‚Selfies‘, die für sie ein Mittel des Ausprobierens und des Selbstentwurfs waren.

Zur Ausstellung erscheint ein reich bebilderter, 160-seitiger Katalog mit Textbeiträgen namhafter Autoren und Autorinnen beim Sandstein Verlag, Dresden.

Helene Funke in Chemnitz: Bilder

  • Helene Funke, Drei Frauen, 1915, Öl auf Leinwand, 98 x 81 cm (Lentos Kunstmuseum, Linz, Foto: Lentos Kunstmuseum, Linz © Lentos Kunstmuseum, Linz)

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Alexandra Matzner
Gründerin von ARTinWORDS * 1974 in Linz, Studium der Kunstgeschichte, Geschichte und Romanistik in Wien und Rom. Seit 1999 Kunstvermittlerin in Wien, seit 2004 Autorin für verschiedene Kunstzeitschriften. Jüngste Publiktionen entstanden für das Kunsthaus Zürich, Schirn Kunsthalle Frankfurt, Albertina und Belvedere in Wien.