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Düsseldorf Kunstpalast: Das Junge Rheinland „Zu schön, um wahr zu sein“ der Düsseldorfer Kunstszene bis 1933

Veröffentlicht von ARTinWORDS.de Redaktion von 5. Februar 2019
Gert H. Wollheim, Abschied von Düsseldorf, Detail, 1924, Öl auf Leinwand, 160 × 185 cm (Kunstpalast, Düsseldorf, © Jutta Osterhof / Nachlass des Künstlers, Foto: Kunstpalast - Horst Kolberg – ARTOTHEK)

Gert H. Wollheim, Abschied von Düsseldorf, Detail, 1924, Öl auf Leinwand, 160 × 185 cm (Kunstpalast, Düsseldorf, © Jutta Osterhof / Nachlass des Künstlers, Foto: Kunstpalast - Horst Kolberg – ARTOTHEK)

Am 24. Februar 2019 jährt sich zum 100. Mal die Gründung der Künstlervereinigung „Das Junge Rheinland“. Der Kunstpalast erinnert in einer umfassenden Ausstellung – 120 Gemälde, Skulpturen und Arbeiten auf Papier sowie zahlreiche Dokumente – an diese Gruppierung. Dem „Jungen Rheinland“ gehörten bis 1933 über 400 Künstlerinnen und Künstler an, von denen viele aus Düsseldorf und der näheren Umgebung stammten. Neben der Malerei, Grafik, Bildhauerei, Angewandten Kunst und Architektur waren im „Jungen Rheinland“ auch Dichtung und Schauspielkunst vertreten. Als Mitglied der Künstlervereinigung beschrieb Max Ernst rückblickend den gemeinsamen „Durst nach Leben, Poesie, nach Freiheit, dem Absoluten, nach Wissen“ als „zu schön, um wahr zu sein.“

„Zu schön, um wahr zu sein“ – Das Junge Rheinland

Deutschland | Düsseldorf: Kunstpalast
7.2. – 2.6.2019

Was war „Das Junge Rheinland“?

„Das Junge Rheinland“ hatte sich unmittelbar nach dem Ende des Ersten Weltkrieges in Folge eines Aufrufs des Dichters Herbert Eulenberg (1876–1949), des Malers Arthur Kaufmann (1888–1971) und des Illustrators und Schriftstellers Adolf Uzarski (1885–1970) als ein Sammelbecken für Künstler und Intellektuelle verschiedenster Fachrichtungen formiert. Überregional und international sollte der Künstlerbund „Das Junge Rheinland“ ein Forum für Ausstellungen und Diskussionen bieten. „Sie blieben deshalb bewusst offen in ihrem ästhetischen Programm. Nur der jugendliche Elan der Beteiligten sollte zählen“, betonen die Ausstellungskuratoren Kay Heymer und Daniel Cremer. „Insbesondere die Anfangsjahre von 1919 bis 1922 waren von großem Enthusiasmus und einer besonderen Aufbruchsstimmung getragen.“

 

Wilhelm Kreis, Blick in die Ostseite des Vorhofes zum Kunstpalast (Architekt Wilhelm Kreis), Fotografie: Julius Söhn, 1925/1926, aus: Richard Klapheck (Hrsg.): Dokument Deutscher Kunst Düsseldorf 1926, Düsseldorf 1927, S. 74.
Wilhelm Kreis, Blick in die Ostseite des Vorhofes zum Kunstpalast (Architekt Wilhelm Kreis), Fotografie: Julius Söhn, 1925/1926, aus: Richard Klapheck (Hrsg.): Dokument Deutscher Kunst Düsseldorf 1926, Düsseldorf 1927, S. 74.

 

Das Spektrum der Mitwirkenden spiegelte von Beginn an eine große stilistische Vielfalt an progressiven und konservativen Stilrichtungen wider. Dem Publikum wurden in den Ausstellungen des „Jungen Rheinland“ Werke von rheinischen Expressionisten wie Walter Ophey sowie von Vertretern der ausklingenden Düsseldorfer Malerschule wie Fritz Westendorp, aber auch Arbeiten von jungen Künstlern wie Jankel Adler (→ Jankel Adler und die Avantgarde), Ernst Gottschalk oder Otto Pankok sowie von jung verstorbenen Künstlern wie August Macke oder Wilhelm Lehmbruck präsentiert.

 

August Macke, Vier Mädchen, 1913, Öl auf Leinwand, 105 × 81 cm (Kunstpalast, Düsseldorf, Foto: Kunstpalast - Horst Kolberg – ARTOTHEK)
August Macke, Vier Mädchen, 1913, Öl auf Leinwand, 105 × 81 cm (Kunstpalast, Düsseldorf, Foto: Kunstpalast – Horst Kolberg – ARTOTHEK)
Marta Worringer, Stadtpark, um 1920, Seidengarn auf Seide, 79,5 × 61 cm (Museum August Macke Haus, Bonn, © Nachlass Marta Worringer, Foto: Museum August Macke Haus, Bonn)
Marta Worringer, Stadtpark, um 1920, Seidengarn auf Seide, 79,5 × 61 cm (Museum August Macke Haus, Bonn, © Nachlass Marta Worringer, Foto: Museum August Macke Haus, Bonn)

 

„Das Junge Rheinland“ in Düsseldorf

Die Ausstellung veranschaulicht die Komplexität und Interdisziplinarität dieser heterogenen Künstlervereinigung durch eine Auswahl der im „Jungen Rheinland“ aufscheinenden künstlerischen Positionen. Im ersten Raum trifft der Besucher beim Ausstellungsrundgang auf das berühmte Gruppenporträt Zeitgenossen von Arthur Kaufmann mit einer sich um die legendäre Kunsthändlerin Johanna Ey (1864–1947) sammelnden Künstlerschar. Es folgen Werke, die die von Anfang an im „Jungen Rheinland“ bestehende stilistische Bandbreite vorstellen.

Das Gemälde „Blick auf das Pantheon“ von Franz Westendorp und das „Gurkenstillleben“ von Ernst te Peerdt (1852–1932) stehen beispielhaft für eine Malerei, die von Impressionismus und Akademie geprägt und konservativ ist. Die „Vier Mädchen“ von August Macke und die „Große Felsenlandschaft“ von Walter Ophey repräsentieren den Rheinischen Expressionismus, das Bild „Flucht nach Ägypten“ von Hans Schüz steht stellvertretend für eine ganze Reihe von Künstlern, die sich zum Teil aufgrund der Erfahrung der Kriegsteilnahme verstärkt religiösen Themen zuwandten.

 

Gert H. Wollheim, Der Aufschrei, 1917, Bleistift auf Papier, 24,3 x 15,8 cm (Stadtmuseum Landeshauptstadt Düsseldorf, © Jutta Osterhof/ Nachlass des Künstlers, Foto: Horst Kolberg - Stadtmuseum Landeshauptstadt Düsseldorf)
Gert H. Wollheim, Der Aufschrei, 1917, Bleistift auf Papier, 24,3 x 15,8 cm (Stadtmuseum Landeshauptstadt Düsseldorf, © Jutta Osterhof/ Nachlass des Künstlers, Foto: Horst Kolberg – Stadtmuseum Landeshauptstadt Düsseldorf)
Heinrich Nauen, Kapuzinerkresse in einer Glasvase, um 1925, Öl auf Leinwand, 80 × 50 cm (Kunstpalast, Düsseldorf, Foto: Kunstpalast – Stefan Arendt/ LVR-ZMB – ARTOTHEK)
Heinrich Nauen, Kapuzinerkresse in einer Glasvase, um 1925, Öl auf Leinwand, 80 × 50 cm (Kunstpalast, Düsseldorf, Foto: Kunstpalast – Stefan Arendt/ LVR-ZMB – ARTOTHEK)

 

Den Kernbereich der Ausstellung bilden Werke von zwölf exemplarisch ausgewählten Protagonisten wie Otto Dix (→ Otto Dix – Der böse Blick), Max Ernst, Wilhelm Kreis, Carl Lauterbach, Heinrich Nauen, Lotte B. Prechner, Karl Schwesig, Adolf Uzarski, Erwin Wendt, Walter von Wecus, Gert H. Wollheim und Marta Worringer. Es handelt sich um Künstlerinnen und Künstler, deren Entwicklung die Schlüsselfragen der Geschichte des „Jungen Rheinland“ beispielhaft veranschaulichen: die traumatische Kriegserfahrung, die entweder zur Politisierung oder zu introvertierter Selbstbesinnung führen konnte, die Konflikte um fortschrittliche und moderate künstlerische Haltungen, die Marginalisierung von Frauen, das Aufeinandertreffen unterschiedlicher Generationen, das Beziehungsgeflecht zwischen Akademie, Museum und freien Künstlern, das Aufkeimen des Faschismus und die unterschiedlichen Reaktionen darauf.

 

Gert H. Wollheim, Abschied von Düsseldorf, 1924, Öl auf Leinwand, 160 × 185 cm (Kunstpalast, Düsseldorf, © Jutta Osterhof / Nachlass des Künstlers, Foto: Kunstpalast - Horst Kolberg – ARTOTHEK)
Gert H. Wollheim, Abschied von Düsseldorf, 1924, Öl auf Leinwand, 160 × 185 cm (Kunstpalast, Düsseldorf, © Jutta Osterhof / Nachlass des Künstlers, Foto: Kunstpalast – Horst Kolberg – ARTOTHEK)
Carl Lauterbach, Karneval, 1929, Öl auf Leinwand, 130 × 145 cm (Stadtmuseum Landeshauptstadt Düsseldorf, © Archiv Carl Lauterbach / Stadtmuseum Landeshauptstadt Düsseldorf, Foto: Horst Kolberg / Stadtmuseum Landeshauptstadt Düsseldorf)
Carl Lauterbach, Karneval, 1929, Öl auf Leinwand, 130 × 145 cm (Stadtmuseum Landeshauptstadt Düsseldorf, © Archiv Carl Lauterbach / Stadtmuseum Landeshauptstadt Düsseldorf, Foto: Horst Kolberg / Stadtmuseum Landeshauptstadt Düsseldorf)

 

Auflösung

Die wachsenden Konflikte zwischen avantgardistischer Programmatik, politischem Engagement und dem täglichen Existenzkampf, die das Leben der Kunstschaffenden in der Weimarer Republik prägte, fanden im „Jungen Rheinland“ ihren Ausdruck in öffentlich werdenden Streitigkeiten, in Austritten oder Abspaltungen sowie einer Auflösung mit anschließender Neugründung.

Viele der aktiven Künstlerinnen und Künstler der bis 1933 existierenden Gruppierung Junges Rheinland wurden verfemt, verfolgt und im Extremfall – wie der aufgrund seines politischen Engagements verhaftete Maler Karl Schwesig – gefoltert oder wie die jüdischen Maler Julo Levin und Franz Monjau ermordet. Die Rheinische Sezession, die Nachfolge-Gruppe des „Jungen Rheinland“, wurde 1938 durch die Nationalsozialisten verboten. Die Geschichte des „Jungen Rheinland“ markiert für die Kunststadt Düsseldorf einen wesentlichen Augenblick künstlerischer und intellektueller Freiheit, der die Weimarer Jahre der deutschen Geschichte auch in Düsseldorf bis zu ihrem jähen Ende 1933 strahlen.

 

Karl Schwesig, Selbstbildnis im Karneval, 1930, Öl auf Leinwand, 134 × 114 cm (Kunstpalast, Düsseldorf, © Nachlass Karl Schwesig / Galerie Remmert und Barth, Foto: Stefan Arendt / LVR-ZMB)
Karl Schwesig, Selbstbildnis im Karneval, 1930, Öl auf Leinwand, 134 × 114 cm (Kunstpalast, Düsseldorf, © Nachlass Karl Schwesig / Galerie Remmert und Barth, Foto: Stefan Arendt / LVR-ZMB)
Lotte B. Prechner, Epoche, 1928, Öl auf Leinwand, 105 × 85,5 cm (Friedrich-Ebert-Stiftung e.V., © Nachlass Lotte B. Prechner, Foto: Friedrich-Ebert-Stiftung e.V.)
Lotte B. Prechner, Epoche, 1928, Öl auf Leinwand, 105 × 85,5 cm (Friedrich-Ebert-Stiftung e.V., © Nachlass Lotte B. Prechner, Foto: Friedrich-Ebert-Stiftung e.V.)

 

Das „Junge Rheinland“ im Kunstpalast

Für den Aufbau der Sammlung des 1913 gegründeten Kunstpalast hat Karl Koetschau (1868–1949) als damaliger Direktor der Städtischen Kunstsammlungen Düsseldorf zahlreiche Werke aus dem Umfeld des „Jungen Rheinland“ angekauft. Das Ensemble am Ehrenhof mit dem hufeisenförmigen Museumsgebäude, der heutigen Tonhalle, dem NRW-Forum sowie der nahegelegenen Rheinterrasse wurde von dem Architekten Wilhelm Kreis, einem Mitglied der Künstlervereinigung, für die „Große Ausstellung Düsseldorf 1926 für Gesundheitspflege, soziale Fürsorge und Leibesübungen (GeSoLei)“ entworfen. Für die künstlerische Ausstattung beauftragte er vor allem Künstler des „Jungen Rheinland“.

Kuratiert von Kay Heymer und Daniel Cremer.
Quelle: Pressetext

 

Erwin Wendt, Hup, 1928, Collage, 50 × 35,1 cm (Kunstpalast, Düsseldorf, © Nachlass Erwin Wendt, Foto: Kunstpalast - Horst Kolberg – ARTOTHEK)
Erwin Wendt, Hup, 1928, Collage, 50 × 35,1 cm (Kunstpalast, Düsseldorf, © Nachlass Erwin Wendt, Foto: Kunstpalast – Horst Kolberg – ARTOTHEK)

 

Düsseldorf Kunstpalast. Das Junge Rheinland: Ausstellungskatalog

mit Beiträgen von Daniel Cremer, Kay Heymer, Anne Rodler, Jens-Henning Ullner, Andrea von Hülsen-Esch und Carolin Wurzbach
280 Seiten, über 250 Abbildungen
Wienand Verlag

 

Düsseldorf Kunstpalast. Das Junge Rheinland: ausgestellte Werke

  • August Macke, Vier Mädchen, 1913, Öl auf Leinwand, 105 × 81 cm (Kunstpalast, Düsseldorf)
  • Gert H. Wollheim, Der Aufschrei, 1917, Bleistift auf Papier, 24,3 x 15,8 cm (Stadtmuseum Landeshauptstadt Düsseldorf)
  • Marta Worringer, Stadtpark, um 1920, Seidengarn auf Seide, 79,5 × 61 cm (Museum August Macke Haus, Bonn)
  • Walter von Wecus, Entwurf eines Bühnenbildes zu Frank Wedekinds „Frühlings Erwachen“. Heuboden. 1920/21, Wachskreide auf Papier auf Pappe, Papiermaß: 25 x 32 cm (Theaterwissenschaftliche Sammlung, Universität zu Köln)
  • Karl Schwesig, Lulu, 1922, Öl auf Leinwand, 190,5 × 80,5 cm (Stadtmuseum Landeshauptstadt Düsseldorf)
  • Otto Dix, Bildnis Adolf Uzarski, 1923, Öl auf Leinwand, 110 × 76 cm (Kunstpalast, Düsseldorf)
  • Otto Dix, Bildnis der Kunsthändlerin Johanna Ey, 1924, Öl auf Leinwand, 140 × 90 cm (Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf)
  • Gert H. Wollheim, Abschied von Düsseldorf, 1924, Öl auf Leinwand, 160 × 185 cm (Kunstpalast, Düsseldorf)
  • Arthur Kaufmann, Zeitgenossen, 1925, Öl auf Leinwand, 182 x 245,5 cm (Stadtmuseum Landeshauptstadt Düsseldorf)
  • Heinrich Nauen, Kapuzinerkresse in einer Glasvase, um 1925, Öl auf Leinwand, 80 × 50 cm (Kunstpalast, Düsseldorf)
  • Wilhelm Kreis, Blick in die Ostseite des Vorhofes zum Kunstpalast (Architekt Wilhelm Kreis), Fotografie: Julius Söhn, 1925/1926, aus: Richard Klapheck (Hrsg.): Dokument Deutscher Kunst Düsseldorf 1926, Düsseldorf 1927, S. 74.
  • Max Ernst, Die Jungfrau züchtigt das Jesuskind vor drei Zeugen: André Breton, Paul Eluard und dem Maler, 1926, Öl auf Leinwand, 196 × 130 cm (Museum Ludwig, Köln)
  • Lotte B. Prechner, Epoche, 1928, Öl auf Leinwand, 105 × 85,5 cm (Friedrich-Ebert-Stiftung e.V.)
  • Erwin Wendt, Hup, 1928, Collage, 50 × 35,1 cm (Kunstpalast, Düsseldorf)
  • Carl Lauterbach, Karneval, 1929, Öl auf Leinwand, 130 × 145 cm (Stadtmuseum Landeshauptstadt Düsseldorf)
  • Karl Schwesig, Selbstbildnis im Karneval, 1930, Öl auf Leinwand, 134 × 114 cm (Kunstpalast, Düsseldorf)
  • Julo Levin, Hiob, 1933/34, Öl auf Leinwand, 103 x 69 cm (Stadtmuseum Landeshauptstadt Düsseldorf)

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