0

Wassily Kandinsky: Biografie Lebenslauf und Ausstellungen des russisch-deutschen Malers

Paul Klee und Wassily Kandinsky in ihrem Garten in Dessau, um 1927, Foto: Nina Kandinsky, Bibliothèque Kandinsky, Centre Georges Pompidou, Paris. Paul Klee und Wassily Kandinsky in ihrem Garten in Dessau, um 1927, Foto: Nina Kandinsky, Bibliothèque Kandinsky, Centre Georges Pompidou, Paris.

Paul Klee und Wassily Kandinsky in ihrem Garten in Dessau, um 1927, Foto: Nina Kandinsky, Bibliothèque Kandinsky, Centre Georges Pompidou, Paris. Paul Klee und Wassily Kandinsky in ihrem Garten in Dessau, um 1927, Foto: Nina Kandinsky, Bibliothèque Kandinsky, Centre Georges Pompidou, Paris.

Wassily Kandinsky (1866–1944) begründete kurz nach 1910 die abstrakte Malerei (→ Abstrakte Kunst), indem er zunehmend die Bildgegenstände abstrahierte und gleichzeitig eine Kunsttheorie basierend auf der Korrelation von Formen, Empfindungen, Farben entwickelte.

Kindheit und Hinwendung zur Kunst

Der am 4. Dezember 1866 als Sohn des wohlhabenden Teehändlers Wassily Silvestrowitsch Kandinsky und dessen Frau Lidija in Moskau geborene Wassily Kandinsky studierte in der zweiten Hälfte der 1880er Jahre Rechtswissenschaft. Bereits vor seinem Schlüsselerlebnis – in einer Ausstellung französischer Kunst hatte er 1896 ein Gemälde aus Claude Monets Serie der „Heuhaufen“ gesehen – hatte er der wissenschaftlichen Laufbahn den Rücken gekehrt und die künstlerische Leitung der Moskauer Druckerei Kušnerev übernommen.

Ausbildung und Reisen

Im Dezember 1896 übersiedelte er gemeinsam mit seiner ersten Ehefrau nach München, um Malerei zu studieren. Nach dem Besuch der privaten Kunstschule von Anton Ažbe (1897–1899), setzte er seine Studien an der Münchner Kunstakademie in der Klasse von Franz von Stuck fort (1900–1903). In diesen Jahren traf er Alexej Jawlensky und Paul Klee.

Ab 1901 malte Wassily Kandinsky kleine Ölstudien vor der Natur sowie Temperabilder mit altrussischen Szenen. Enttäuscht über die Lehrmethoden Stucks gründete er im Mai die Ausstellungsvereinigung Phalanx. Die im Winter 1901/02 gegründete private Malschule gleichen Namens akzeptierte auch Frauen. Im Rahmen dieser Lehrtätigkeit trat Kandinsky die 24-jährige Gabriele Münter (1877–1962).

Um der Ehe zu entgehen, brachen Wassily Kandinsky und Gabriele Münter im Mai 1904 gemeinsam zu einer mehrjährigen Reise auf: Holland, Tunesien, Dresden, Odessa, Rapallo und schlussendlich ein einjähriger Aufenthalt in Paris und Berlin. Obwohl Kandinsky bis 1911 mit seiner ersten Ehefrau verheiratet bliebt, lebten er und Gabriele Münter offen zusammen. Im Frühjahr 1908 entdeckten sie den Ort Murnau, wo sie gemeinsam mit Alexej von Jawlensky und Marianne von Werefkin einen produktiven Malaufenthalt verbrachten. Hier gelang den vier der Durchbruch zum expressiven Malstil.

Der Blaue Reiter

Bevor Wassily Kandinsky gemeinsam mit Franz Marc den Almanach „Der Blaue Reiter“ herausgab, gründete er bereits die Neuen Künstlervereinigung München (N.K.V.M.) als Sammelbecken avantgardistischer Tendenzen (1909–1912). Der noch unbekannte Maler Franz Marc schrieb 1910 eine Entgegnung in der Presse, welche die zweite Ausstellung der N.K.V.M. vernichtend kritisiert hatte. Am Neujahrsabend 1911 lernten die beiden einander persönlich kennen und intensiv zusammenzuarbeiten. Am 8. Oktober wurde auch Paul Klee Kandinsky vorgestellt. Im Herbst bereiteten Kandinsky und Marc – parallel zur Ausstellungsvorbereitung der N.K.V.M. – eine eigene Gruppenausstellung samt Almanach vor. Da Kandinskys abstraktes Werk aufgrund seiner Größe zurückgewiesen wurde, kam es zum Bruch und zum Austritt. So gelang es den Expressionisten die erste Ausstellung bereits im Dezember 1911 und den Almanach „Der Blaue Reiter“ im Mai 1912 vorbereitet zu haben, gleichzeitig hatte Wassily Kandinsky auch sein erstes Buch, „Über das Geistige in der Kunst“, (Publikationsjahr 1912) fertiggestellt. Mit den Aufzeichnungen zu einer Farbenlehre hatte er bereits 1904 begonnen. Zwischen dem 25. und 28. November 1913 malte Kandinsky sein Hauptwerk der Münchner Jahre, „Komposition VII“.

Jahre in Russland

Als „feindlicher Ausländer“ musste Wassily Kandinsky das Deutsche Kaiserreich verlassen und reiste zunächst in die Schweiz, wo er Klee kontaktierte, bevor er im November in seine Heimatstadt Moskau zurückkehrte. Gabriele Münter übersiedelte in das neutrale Stockholm und lagerte das Werk von Kandinsky ein. Im Winter 1916 traf sich das Paar in Schweden und trennte sich. Nur wenig später traf Wassily Kandinsky Nina Andrejewsky kennen, die er am 11. Februar 1917 heiratete. Der gemeinsame Sohn Wsewolod (1917–1920) verstarb im Alter von drei Jahren.

Nach der Russischen Revolution hatte Wassily Kandinsky sein gesamtes Vermögen verloren. Dennoch arbeitete er aktiv an der Neuordnung der russischen Kunstszene nach der Revolution mit und übernahm Leitungsfunktionen in Moskau. Das Lehrprogramm des im Mai 1920 gegründeten Instituts für Künstlerische Kultur (INChUK) wurde von den Vertretern des Konstruktivismus als subjektiv zurückgewiesen; Kandinskys Kunstauffassung wurde als bourgeois zurückgewiesen. Aufgrund der kunstpolitischen Schwierigkeiten und der schlechten Versorgungslage, verließen Wassily und Nina Kandinsky im Dezember 1921 Russland und zogen nach Berlin.

Kandinsky am Bauhaus

Am 1. Juli 1922 trat Wassily Kandinsky in den Lehrkörper des Bauhaus in Weimar ein. Wie Paul Klee wurde ihm ein Teil der Grundausbildung übertragen: „Gestaltungslehre Farbe“, „Analytisches Zeichnen“, künstlerische Leitung der Werkstatt für Wandmalerei. 1925 zog er nach Dessau mit, wo er die Einrichtung freier Malklassen forderte. Obscohn das internationale Kunstpublikum auf seine Komposition gemischt reagierte, wurde Kandinsky in Paris wahrgenommen: Michel Seuphor kud ihr 1930 zur Beteiligung an der Gruppe „Cercle et Carré“ ein.

Ab Oktober 1932 unterrichtete er im ehemaligen Bauhaus, nun das private „Freie Lehr- und Forschungsinstitut“ in Berlin. Am 16. Dezember 1933 verließ er zusammen mit Nina Deutschland und traf am 21. Dezember in Paris ein.

Paris: 1933–1944

Die Kandinskys wohnten in Neuilly-sur-Seine. Der bis zu seinem Lebensende täglich malende Kandinsky wurde von Christian Zervos in einer Einzelausstellung 1934 dem Pariser Publikum vorgestellt. Allerdings konnte es sich nicht so recht für dessen Malerei erwärmen. Während der 1920er und auch noch in den 1930er Jahren hatte es Kandinsky schwer, mit seiner Kunst Anerkennung zu finden. Häufig wurden seine abstrakten Kompositionen als „dekorativ“ abgetan. Der wichtigste Sammler des Künstlers wurde der New Yorker Solomon Guggenheim, der sich für ungegenständliche Kunst begeisterte. Guggenheim kaufte auch aus der Ausstellung „Entartete Kunst“, in der 14 Werke Kandinskys gezeigt wurden. Insgesamt wurden 57 Werke Kandinskys aus deutschen Museen konfisziert und verkauft. Obwohl Kandinsky mehrfach eingeladen worden ist (u. a. von Josef Albers), nach Amerika zu emigrieren, lehnte er ab. Stattdessen pflegte er intensive Kontakte zur Pariser Avantgarde, darunter Hans Arp und Sophie Taeuber-Arp, die ihn einluden, mit der Gruppe „Abstraction-Création“ auszustellen.

Ehen und langjährige Beziehungen

  • Anja Fedorowna Schemjakina: 1. ⚭ 1892–1911; Kandinskys Cousine, ab 1904 sind die beiden kein Paar mehr.
  • Gabriele Münter (1877–1962): Verlobung Sommer 1903–1916
  • Nina Andrejewsky (1893–1980): 2. ⚭ 11.2.1917; Kandinsky hatte Nina im März 1916 kennengelernt.

Kind

  • Wsewolod (September 1917–1920)

Weitere Beiträge zu Wassily Kandinsky

Literatur

  • Michael Baumgartner, Annegret Hoberg, Christine Hopfengart (Hg.), Klee & Kandinsky. Nachbarn, Freunde, Konkurrenten (Ausst.-Kat. Paul Klee Zentrum, Bern 19.6.–27.9.2015; Lenbachhaus, München 21.10.2015–24.1.2016), München 2015.

Biografie von Wassily Kandinsky (1866–1944)

  • 4.12.1866

    Am 4. Dezember 1866 wurde Wassily Kandinsky als Sohn des wohlhabenden Teehändlers Wassily Silvestrowitsch Kandinsky und dessen Frau Lidija in Moskau geboren.
  • 1871

    Umzug nach Odessa. Nach der Scheidung der Eltern blieb Kandinsky bei seinem Vater. Humanistische Ausbildung, lernte Deutsch, nahm Zeichenunterricht und begann, Klavier und Cello zu spielen.
  • 1885–1896

    Rückkehr nach Moskau und begann ein Studium der Rechte und der Volkswirtschaft.
  • 1892

    Heirat mit seiner Cousine Anja Schemjakina.
  • 1893

    Legte das juristische Staatsexamen ab, wurde wissenschaftlicher Assistent. Dissertation:
  • 1895

    Legte die Dissertation zurück, stattdessen übernahm er die künstlerische Leitung der Moskauer Druckerei Kušnerev.
  • 1896

    Schlüsselerlebnis in einer Ausstellung französischer Kunst: Ein Gemälde aus Claude Monets Serie der „Heuhaufen“ überwältigt ihn mit der Ausdruckskraft der Farben. Entdeckte bei Richard Wagners Lohengrin die Synästhesie von Malerei und Musik. Wassily Kandinsky schlug ein Lehrangebot der Universität Dorpat aus und entschloss sich, Malerei zu studieren. Im Dezember Übersiedlung gemeinsam mit seiner Frau nach München.
  • 1897–1899

    Besuch der privaten Kunstschule von Anton Ažbe. Mitstudierenden: Alexej Jawlensky und Marianne von Werefkin. Erste Ausstellungsbeteiligung bei der Vereinigung Südrussischer Künstler in Odessa. Kandinsky scheiterte erstmals daran, die Aufnahmeprüfung an der Münchner Kunstakademie zu bestehen. Kunstberichte für die Moskauer Zeitung Novosti Dnja (Neuigkeiten des Tages).
  • 1900–1903

    Aufnahme an der Münchner Kunstakademie zugelassen, Studium bei Franz von Stuck. Erstes Treffen mit Paul Klee, ohne ihn jedoch näher kennenzulernen.
  • 1901

    Kandinsky machte sich künstlerisch selbständig und malte kleine Ölstudien vor der Natur sowie Temperabilder mit altrussischen Szenen. Im Mai Gründung der Ausstellungsvereinigung Phalanx.
  • Winter 1901/02

    Gründung einer privaten Malschule gleichen Namens, die auch Frauen akzeptierte. Mit der 24-jährigen Gabriele Münter (1877–1962) verband Kandinsky eine Beziehung. Arbeitete als Korrespondent für die renommierte St. Petersburger Zeitschrift Mir Iskusstva (Welt der Kunst).
  • 1904

    Begann seine Aufzeichnung über die Farbenlehre. Im Mai machten sich Kandinsky und Münter gemeinsam zu einer mehrjährigen Reise auf, die ihnen auch private Auseinandersetzungen mit Kandinskys Ehefrau ersparte: Holland, Tunesien.
  • 1905

    Gemeinsam mit Mänter in Tunesien (Janaur bis März). Im Mai in Dresden, im Oktober in Odessa, Rapallo.
  • 1906

    Einjähriger Aufenthalt in Paris und Berlin: Kandinsky stellte in der Berliner Secession aus (April).
  • 1908

    Bis April hielten sich Kandinsky und Münter in Berlin auf, danach endgültige Rückkehr nach München. Bei einem Ausflug entdeckten Kandinsky und Münter den Ort Murnau, wo sie gemeinsam mit Alexej Jawlensky und Marianne von Werefkin einen produktiven Malaufenthalt verbrachten (Mitte August-30.9.). Durchbruch zum expressiven Malstil. Miete einer Wohnung in der Ainmillerstraße 36, die zu einem Zentrum des Freundeskreises um den Blauen Reiter werden wird. Kandinsky lebte damit nur wenige Hausnummern von Paul Klee mit Familie entfernt.
  • 1909

    Am 22. Januar 1909 Gründung der Neuen Künstlervereinigung München (NKVM) als Sammelbecken avantgardistischer Tendenzen durch Kandinsky, Jawlensky, Münter und Werefkin. Kandinsky wurde der erste Vorsitzende der N.K.V.M. Im Sommer neuerlicher Aufenthalt in Murnau, wo Kandinsky die bayerische Volkskunst und die religiöse Hinterglasmalerei entdeckte (Juli). Im Herbst Reise nach Moskau und Odessa, wo er seine Kontakte zur russischen Kunst- und Musikszene auffrischte. Erste Ausstellung der N.K.V.M. in der Galerie Tannhauser (1.-15.12.), die als Wanderausstellung durch Deutschlnd tourte.
  • 1910

    Zweite Ausstellung der N.K.V.M. in der Galerie Thannhauser nun mit internationaler Beteiligung (1.-14.9.). Der noch unbekannte Maler Franz Marc schrieb eine Entgegnung (die Presse hatte vernichtende Urteile ausgesprochen), die zur Kontaktaufnahme führte. Kandinsky malte im Deember sein erstes abstraktes Aquarell und schrieb "Über das Geistige in der Kunst".
  • 1911

    Am Neujahrsabend 1911 lernte Kandinsky Franz Marc persönlich kennen. Beginn einer intensiven Freundschaft und Zusammenarbeit. Beginn des Briefwechsels mit dem Komponisten Arnold Schönberg.Kanoldt opponierte gegen Kandinsky, der das Amt des 1. Vorsitzenden der N.K.V.M. niederlegte (10.1.). Im August unterschrieb Kandinsky die Schrift "Im Kampf um die Kunst" gegen as Vinnen-Pamphlet. kandinsky und Marc gründeten in Murnau die Redaktion „Der Blaue Reiter“ und arbeiteten am gleichnamigen Künstler-Almanach. Am 8. Oktober lernte Kandinsky Paul Klee kennen.
  • Dezember 1911

    Am 2. Dezember wies die Jury der N.K.V.M. Kandinskys "Komposition V" zurück. Diese Spannungen innerhalb der N.K.V.M.; führten im Dezember zum Austritt von Kandinsky, Marc und Münter. Innerhalb von zwei Wochen stellten sie die Erste Ausstellung der Redaktion „Der Blaue Reiter“ zusammen (18. Dezember 1911 bis 1. Januar 1912 in der Münchner Galerie Thannhauser). Im Dezember 1911 Publikation des ersten Buches „Über das Geistige in der Kunst“ bei Piper (Publikationsjahr 1912), mit Aufzeichnungen zu einer Farbenlehre hatte er bereits 1904 begonnen.
  • 1912

    Von 12. Februar bis April die zweite Ausstellung des Blauen Reiter mit den neuesten Tendenzen in Zeichnung und Druckgrafik. Im März Präsentation des Blauen Reiter in Herwarth Waldens Berliner Galerie DER STURM. Im Oktober richtet fand eine umfassende Einzelausstellung Kandinskys in der STURM-Galerie statt (2.30.10.). Im Mai erschien der Almanach „Der Blaue Reiter“ bei Piper mit Widmung an Hugo von Tschudi (11.5.), eine Mischung aus älterer und neuester Kunst, ethnografischen Objekten, kunsttheoretischen Reflexionen und Korrespondentenberichten aus verschiedenen Ländern. Im Sommer Einladung von Kandinsky, dem Blauen Reiter, Klee zur großen Ausstellung der Schweizer Avantgardevereinigung Moderner Bund im Kunsthaus Zürich.
  • 1913

    Erschöpfung und Wunsch, sich vor allem seiner Malerei widmen. Im Februar / März Beteiligung an der Armory Show in New York, durch die amerikanische Sammler auf ihn aufmerksam wurden, darunter Arthur Jerome Eddy. „Klänge“ (Piper-Verlag) mit Holzschnitten und Gedichten Kandinskys. In Waldens großer Überblicksausstellung „Erster Deutscher Herbstsalon“ ist Kandinsky repräsentativ vertreten. Album „Kandinsky 1901–1913“ (STURM-Verlag).
  • 25.-28. November 1913

    Kandinsky malte sein Hauptwerk der Münchner Jahre, „Komposition VII“. Am 30. November Einladung zum Abendessen an Paul und Lily Klee aus Anlass der Fertigstellung.
  • 1914/15

    Im März 1914 zweiter Auflage vom Almanach „Der Blaue Reiter“, im April erschien „Über das Geistige in der Kunst“ in englischer Übersetzung. Nach dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges musste Kandinsky Deutschland als „feindlicher Ausländer“ verlassen und reiste zunächst in die Schweiz, wo er Klee kontaktierte, bevor er im November in seine Heimatstadt Moskau zurückkehrte. Fast seine gesamte Habe einschließlich seiner Bilder blieben bei Münter. Diese deponierte alles bei einer Spedition und zog nach Stockholm (neutral), um Kandinsky im Dezember wiederzusehen.
  • 1916

    Im März Rückkehr nach Moskau und endgültige Trennung von Münter. Im Mai lernte er die 20-jährige Nina Andrejewska kennen.
  • 1917

    Heirat mit Nina (11.2.). Im September Geburt ihres Sohnes Wsewolod, der jedoch 1920 starb. Nach Ausbruch der russischen Revolution im Oktober 1917 und der Machtübernahme durch die Bolschewiki verliert Kandinsky durch Enteignung sein gesamtes Vermögen.
  • 1918/19

    Obwohl Kandinsky sich als unpolitischer Künstler verstand, arbeitete er aktiv an der Neuordnung der russischen Kunstszene nach der Revolution mit: Anfang 1918 Mitgliedschaft in der Abteilung für Bildende Kunst (ISO) im neu gegründeten Volkskommissariat für Bildungswesen (NARKO MPROS). Mitwirkung bei der Gründung der Freien Staatlichen Kunstateliers (SWOMAS) und Leiter des Studios in Moskau ernannt. Stellte Kontakte zu deutschen Künstlern her, darunter zu Walter Gropius.
  • 1919

    Im Februar Direktor des Moskauer Museums für Malkultur und Publikationstätigkeit, u. a. in „Das Kunstblatt“).
  • 1920

    Im Mai an der Gründung des Instituts für Künstlerische Kultur (INChUK) beteiligt und im Juni Präsentation eines Lehrprogramms, das jedoch von Vertretern des Konstruktivismus als subjektiv zurückgewiesen wird.
  • 1921

    Im Mai in den Vorsitz des Gründungskomitees einer Russischen Akademie für Kunstwissenschaften (RAKhN) berufen, bei der Wahl des Präsidenten jedoch zurückgesetzt, da er nicht Mitglied der kommunistischen Partei war. Kandinsky fühlte sich zunehmend künstlerisch und intellektuell isoliert. Hinzu kam die katastrophale Versorgungslage, die seinen Entschluss beförderte, Russland zu verlassen. Ende Dezember mit Nina in Berlin.
  • 1922

    Die ersten Monate verbrachte Kandinsky zurückgezogen in Berlin, dann Wiederaufnahme der alten Kontakte. Im März besuchte ihn Gropius und überbrachte die offizielle Berufung an das Bauhaus. Am 1. Juli trat Kandinsky in den Lehrkörper der Schule in Weimar ein. Wie Klee ist ihm ein Teil der Grundausbildung übertragen: „Gestaltungslehre Farbe“, „Analytisches Zeichnen“, künstlerische Leitung der Werkstatt für Wandmalerei. Wenige Wochen später mit der Werkstattarbeit bei der Juryfreien Kunstschau in Berlin. Ende des Jahres die Grafikmappe „Kleine Welten“ publiziert. Bei einem Besuch am Bauhaus lernte Katherine S. Dreier, die Gründer in der New Yorker Künstlervereinigung Société Anonyme, im Oktober Klee und Kandinsky kennen.
  • 1923

    Kandinsky wurde zum 1. Vizepräsidenten ehrenhalber der Société Anonyme ernannt, er erhielt eine Einzelausstellung. 15. August bis zum 30. September Ausstellungsbeteiligung am Bauhaus in Weimar. Kandinsky hielt den Vortrag „Über synthetische Kunst“ und schrieb drei Texte für die Publikation. Langjährige Korrespondenz mit dem Kunstkritiker Will Grohmann begann. Am 16. Oktober war Kandinsky zusammen mit Klee Trauzeuge von Walter Gropius und Ise Frank. Im Dezember begann die regelmäßige Folge von gegenseitigen Kunstgeschenken zwischen Klee und Kandinsky: Kandinsky beschenkte Klee jährlich zu dessen Geburtstag am 18. Dezember sowie zu Weihnachten.
  • 1924

    Bei einem Besuch von Will Grohmann am Bauhaus im März lernte Kandinsky den Kritiker persönlich kennen. Erfolglose Bewerbung an der an der Kunstakademie Dresden als Nachfolger von Oskar Kokoschka. Auf Initiative der Kunstvermittlerin Emmy „Galka“ Scheyer wurde die Ausstellungsgemeinschaft „Die Blaue Vier“ ins Leben gerufen, der Klee, Kandinsky, Feininger und Jawlensky angehörten. Das Bauhaus löste sich als Institution am 26. Dezember selbst auf.
  • 1925

    Zu Jahresbeginn verhandelte das Bauhaus mit verschiedenen Städten über die Weiterführung der Schule. Kandinsky unternahm eine Ortsbesichtigung in Dessau. Am 1. April wurde das Weimarer Bauhaus geschlossen und zog nach Dessau um. Kandinskys erste Unterkunft war eine Mietwohnung, eines der Zimmer vermietete er an Klee. Gemeinsam mit Klee forderte Kandinsky die Einrichtung freier Malklassen. Ausstellung im Kunstverein Jena, zu deren Eröffnung Kandinsky am 15. März er einen Vortrag hält. Ausstellungsbeteiligung im Neuen Museum in Wiesbaden an der März-Ausstellung des Nassauischen Kunstvereins und hielt auch hier einen Vortrag. Publizierte seinen Aufsatz „Abstrakte Kunst“ in „Der Cicerone“. Von der Kunstkritik empfindlich angegriffen; besonders heftig von Carl Einstein aus, der 1926 in der Propyläen Kunstgeschichte seine Kunst zum „geschmackvollen Arrangement“ deklassierte, während er Klee als zukunftsweisenden Schöpfer neuer bildnerischer Realitäten feierte. Der Braunschweiger Sammler Otto Ralfs gründete die Kandinsky-Gesellschaft, deren personelle Zusammensetzung großenteils identisch mit der Klee-Gesellschaft ist.
  • 1926

    Kandinskys Schrift „Punkt und Linie zu Fläche“ erschien als Band 9 der „bauhausbücher“. Geburtstagsausstellung aus Anlass seines bevorstehenden 60. Geburtstages, veranstaltet von der Braunschweiger Gesellschaft der Freunde junger Kunst unter dem Vorsitz von Otto Ralfs (ab Mai, Dresdener Galerie Arnold, etc.). Klee verfasste für den Katalog einen Text. Im Juni zogen die Kandinskys in eines der sogenannten Meisterhäuser, Doppelhäuser, die jeweils für zwei Künstlerpaare und ihre Familien erbaut wurden. Kandinsky teilte das Haus mit Paul und Lily Klee. Teilnahme an der Internationalen Kunstausstellung Dresden (Juni–Oktober). Kandinskys Bild „Einige Kreise“ wurde für die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden erworben. Nach jahrelangen Rechtsstreitigkeiten erhielt er von Gabriele Münter Teile seiner Habe zurück. Einweihung des Dessauer Bauhaus-Gebäudes und Gründung der Zeitschrift „bauhaus“. Diese widmete dem 60jährigen Kandinsky ihre erste Ausgabe. Das Weihnachtsfest feierten Kandinskys und Klees von diesem Jahr an im kleinen Kreis gemeinsam.
  • 1927

    „Seminar für freie plastische und malerische Gestaltung“ (Frühjahr), das 1928 in „Freie Malklasse“ umbenannt wurde. Sommerurlaub in Pörtschach am Wörthersee in Österreich, wo die Kandinskys zufällig mit Arnold Schönberg zusammentrafen.
  • 1928

    Im Januar lernte Kandinsky Christian Zervos kennen, der Klee am Bauhaus einen Besuch abstattete. Bis 1935 dienten ihm dessen Zeitschrift „Cahiers d’art“ und seine Galerie in Paris als Forum. Rücktritt vom Bauhaus-Gründer Walter Gropius, mit dem Kandinsky in enger Verbindung stand. Sein Nachfolger wurde am 1. April der Schweizer Architekt Hannes Meyer, der das Bauhaus stärker als zuvor auf gesellschaftliche Fragen ausrichtete. Kandinsky, seit seinen Erfahrungen während der russischen Revolution antimarxistisch eingestellt, hatte zu ihm ein spannungsvolles Verhältnis.
  • 8. März 1928

    Am 8. März erhielten die Kandinskys die deutsche Staatsbürgerschaft und luden aus diesem Anlass zu einem Kostümfest ein. Im Dessauer Stadttheater inszenierte Kandinsky eine szenische Umsetzung von Modest Mussorgskys Konzertsuite „Bilder einer Ausstellung“ (4. und 8. April) mit beweglichen Bühnenelementen. Regieassistent war Klees Sohn Felix, dem sein Vater davon abgeraten hatte, Künstler zu werden, und der nun stattdessen eine Theaterlaufbahn einschlug.
  • 1929

    Zu Jahresbeginn seine erste Einzelausstellung in der kleinen Galerie ZAK in Paris. Im Mai besuchte ihn Katherine S. Dreier in Begleitung von Marcel Duchamp am Bauhaus. Erste und einzige Ausstellung der Blauen Vier in Deutschland in der Galerie Ferdinand Möller (Oktober). Sommerferien in Hendaye an der französischen Atlantikküste. Zusammentreffen der Kandinskys mit den Klees, die im Nachbarort Bidart Urlaub machten.
  • 1930

    Kandinsky wurde von Michel Seuphor zur Beteiligung an der Gruppe „Cercle et Carré“ eingeladen. Im Sommer erhielt er Besuch von dem amerikanischen Sammler Solomon Guggenheim und Hilla von Rebay, die für den Industriellen eine Sammlung gegenstandsloser Kunst aufbaute; sie erwarben drei Bilder. Kandinsky u. a. intrigierten gegen den Bauhaus-Direktor Hannes Meyer, der daraufhin abgesetzt wurde. Mies van der Rohe übernahm die Direktion. Kandinsky-Monografie von Will Grohmann im Verlag der „Cahiers d’art“ nach dem Muster des 1929 erschienenen Buches über Klee.
  • 1931

    Kandinsky veröffentlichte in „Cahiers d’art“ unter dem Titel „Réflexions sur l’art abstrait“ erstmals einen Aufsatz in Frankreich. Der Galerist Alfred Flechtheim veranstaltete seine erste und einzige Ausstellung Kandinskys. Im Frühjahr Anbot der Art Students League in New York eine Lehrtätigkeit zu übernehmen, was er ausschlug. Auf der Deutschen Bauausstellung in Berlin 1931 gestaltete er einen Musikraum mit keramischer Wandverkleidung. Im Mai gab er die Abschiedsausgabe für Paul Klee der Zeitschrift „bauhaus“ heraus.
  • 1932

    Am 22. August beschloss der Dessauer Gemeinderat auf Antrag der Nationalsozialisten die Schließung des Bauhauses. Die Schule wurde privatisiert und ab Oktober unter der Leitung von Mies van der Rohe als „Freies Lehr- und Forschungsinstitut“ in Berlin weitergeführt. Umzug nach Berlin am 10. Dezember.
  • 1933

    Wohnung in der Villa Henning in Berlin-Südende. Für eine Benefizauktion zugunsten des Bauhauses sammelte er bei Künstlerfreunden Werke zur Versteigerung. Klee autorisierte ihn, sich „bei Flechtheim etwas auszusuchen“. Kurz nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurde das Bauhaus in Berlin von Polizei und SA durchsucht und versiegelt (11. April). Am 19. Juli beschloss die Lehrerkonferenz die endgültige Auflösung der Schule. Sommerferien in Frankreich und machte im Oktober in Paris Station. Er traf dort auch mit Klee zusammen, der seine Emigration vorbereitete und sich damit befasste, seine Kunsthandelsbeziehungen neu zu regeln. Zurück in Berlin, bereitete nun auch Kandinsky seine Ausreise aus Deutschland vor. Am 16. Dezember verließ er zusammen mit Nina Deutschland und traf am 21. Dezember in Paris ein.
  • 1934/35

    Die Kandinskys wohnten in Neuilly-sur-Seine. Im Februar begann Kandinsky wieder zu malen. Ende Mai veranstaltete Christian Zervos eine erste Einzelausstellung Kandinskys in der von ihm geführten Galerie Cahiers d’art. Kandinsky pflegte Kontakte zu einigen der Surrealisten und anderen Künstlern der Pariser Szene, v. a. mit Hans Arp und Sophie Taeuber-Arp, Alberto Magnelli und André Breton.
  • 1935

    Im Februar wurde er von dem in die USA emigrierten Josef Albers als „Artist in Residence“ an das Black Mountain College eingeladen. Wie schon 1931 entschied er sich dagegen, nach Amerika zu gehen. Er publizierte zahlreiche theoretische Texte, vor allem in Frankreich, aber auch in Holland und Dänemark.
  • 1936

    Kandinsky veröffentlichte anlässlich des 20. Todestages von Franz Marc (4.3.) einen Erinnerungstext in den „Cahiers d’art“, in dem er an die Zeit des Blauen Reiter erinnerte. Die Galeristin Jeanne Bucher zeigte eine erste Einzelausstellung in ihrer Galerie mit Werken aus den Jahren 1910–1935.
  • 1937

    Im Februar große Ausstellung in der Kunsthalle Bern, letzter Besuch bei Klee in dessen Berner Wohnung; Urlaub im Berner Oberland. In Deutschland wurden bei nationalsozialistischen Beschlagnahmeaktionen insgesamt 57 Werke Kandinskys aus deutschen Museen konfisziert. 14 Werke wurden auf der Ausstellung Entartete Kunst gezeigt. Darüber hinaus dienten Kandinskys Formen zur hetzerischen Dekoration einer der Ausstellungswände. Während der Pariser Weltausstellung 1937 nahm Kandinsky an der Schau „Origines et Développement de l’Art International Indépendant“ im Jeu de Paume teil, die sich als Opposition zu der nationalistischen Tendenz der offiziellen Veranstaltungen verstand.
  • 1938–1940

    Im April 1938 war Kandinsky an der Ausstellung „Tentoonstelling Abstracte Kunst“ im Stedelijk Museum in Amsterdam beteiligt, gleichzeitig hatte er eine Einzelausstellung in Peggy Guggenheims Londoner Galerie. Im August wurde sein deutscher Pass ungültig. Da er nicht bereit war, den Ariernachweis für eine Verlängerung zu erbringen, wechselte er im Sommer 1939 zur französischen Staatsbürgerschaft. Am 1. Juni war er mit zahlreichen Werken an der Ausstellung „Art of Tomorrow“ im Museum of Non-Objective Painting in New York, dem ersten Veranstaltungsort der Solomon R. Guggenheim Foundation, vertreten. Kandinsky ließ 1939 vorsichtshalber 75 Gemälde nach Mittelfrankreich auslagern.
  • Mai 1940

    Als am 10. Mai 1940 die deutsche Invasion in Frankreich begann, wichen die Kandinskys zunächst in die französischen Pyrenäen aus, kehrten Ende August aber nach Paris zurück, da sie eine Beschlagnahmung ihrer Wohnung durch die Deutschen befürchteten. Nachricht vom Tod Paul Klees.
  • 1941–1943

    Auf Veranlassung des Emergency Rescue Committee und einiger amerikanischer Kunstsammler und Museumsleute arrangierte der Journalist und Fluchthelfer Varian Fry im Mai 1941 über sein Rettungsnetzwerk in Marseille eine Überfahrt für die Kandinskys nach New York; sie lehnten jedoch ab. Von Jahresmitte 1942 an malte Kandinsky nur noch kleine Bilder auf Holz oder Leinwandpappe. Seine Ausstellungsmöglichkeiten in Paris waren durch die politische Situation stark eingeschränkt. In New York fand eine Ausstellung mit seinen Werken in der Nierendorf Gallery (Dezember 1942-Februar 1943) statt.
  • 1944

    Im Frühjahr erkrankte Kandinsky, er arbeitete aber bis Ende Juli weiter. Am 25. August wurde Paris durch die Alliierten von den Deutschen Besatzern befreit.
  • 13.12.1944

    Am 13. Dezember starb Kandinsky im Alter von 78 Jahren an einem Hirnschlag.
Alexandra Matzner
Gründerin von ARTinWORDS * 1974 in Linz, Studium der Kunstgeschichte, Geschichte und Romanistik in Wien und Rom. Seit 1999 Kunstvermittlerin in Wien, seit 2004 Autorin für verschiedene Kunstzeitschriften. Jüngste Publiktionen entstanden für das Kunsthaus Zürich, Schirn Kunsthalle Frankfurt, Albertina und Belvedere in Wien.