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Wien | Belvedere: Die Avantgarde im Nachtcafé „Into The Night” beleuchtet die Rolle von Bars und Kabaretts für die Moderne

Rudolf Schlichter, Damenkneipe, Detail, um 1925 (Privatsammlung © Viola Roehr v. Alvensleben, München. Photo: akg-images)

Rudolf Schlichter, Damenkneipe, Detail, um 1925 (Privatsammlung © Viola Roehr v. Alvensleben, München. Photo: akg-images)

Willkommen, Bienvenue, Welcome! Treten Sie ein in die pulsierende Welt der Kabaretts, Clubs und Cafés. Aus Perspektive dieser alternativen Szenen erzählt die Ausstellung „Into the Night“ im Unteren Belvedere und in der Orangerie vom kulturellen Geschehen von den 1880er bis zu den 1960er Jahren.

Moderne Kunst in Nachtclubs, Cafés, Bars, Kabaretts

In Wien war es das 1907 von Protagonistinnen und Protagonisten der Wiener Werkstätte gegründete und ausgestattete Kabarett Fledermaus, das den Übergang vom Secessionismus zum Expressionismus markierte. In Paris nahm das Chat Noir mit seinem Schattentheater in den 1880ern die Kinokultur vorweg. Im Zürcher Cabaret Voltaire wurde Dada gegründet. Der von Giacomo Balla designte Nachtclub Bal Tic Tac und das von Fortunato Depero entworfene Cabaret del Diavolo in Rom waren Brutstätten des Futurismus. Das minimalistische Design des Café L’Aubette in Straßburg stammte zum Teil von Theo van Doesburg, dem Mitbegründer von De Stijl. Im Berlin der Zwischenkriegszeit befeuerte die vibrierende Energie der Nachtclubs die Künstlerinnen und Künstler des Expressionismus und der Neuen Sachlichkeit wie Otto Dix, Jeanne Mammen oder Elfriede Lohse-Wächtler (→ Neue Sachlichkeit).

Nachtclubs, Cafés, Bars oder Kabaretts waren im 20. Jahrhundert wichtige Dreh- und Angelpunkte der Moderne und boten Künstlerinnen und Künstlern eine Plattform des kreativen Ideenaustauschs zwischen Malerei und Grafik, Architektur, Design, Literatur, Tanz und Musik. Die Ausstellung betrachtet zahlreiche dieser Schauplätze weltweit und spürt der vibrierenden künstlerischen Befruchtung nach, die von dort aus die Kunstgeschichte nachhaltig prägte. Sie durchbricht dabei bewusst die Grenzen eines eurozentristischen Blickwinkels. Thematisiert werden nicht nur die bekannten Schauplätze der Avantgarde, sondern auch das Café de Nadie in Mexiko-Stadt oder die Harlem-Renaissance in New Yorker Jazzclubs der 1920er und 1930er Jahre, deren Protagonistinnen und Protagonisten sich im Kampf gegen Rassismus engagierten. Den Schlusspunkt der Ausstellung bilden die Mbari Clubs, die Anfang der 1960er in Ibadan und Oshogbo, Nigeria, gegründet wurden, sowie der 1966 in Teheran eröffnete Künstlerclub Rasht 29.

  • Chat Noir, Paris, 1880er Jahre
  • Loie Fuller im Folies Bergère, 1890er Jahre
  • Kabarett Fledermaus, gegr. 1907
  • Cave of the Golden Calf, London, 1912–1914
  • Cabaret Voltaire, Zürich, 1916
  • Bal Tik Tak, Rom, 1921
  • Fortunato Depero’s Cabaret del Diavolo, Rom, 1922
  • Café de Nadie, Mexico City, 1920er Jahre
  • Café L’Aubette, Straßburg, 1926–1928
  • The Mbari Artists and Writers Club, Ibadan, Nigeria, 1960er Jahre
  • Mbari Mbayo, Oshogbo, Nigeria, 1960er Jahre
  • Rasht 29, Teheran, 1966–1969

„Into the Night“ im Unteren Belvedere

Besucherinnen und Besucher erwartet im Unteren Belvedere Kunstschaffen in all seiner Vielfalt. Architektonische Rekonstruktionen machen die kreative Atmosphäre des Kabarett Fledermaus oder des Chat Noir erlebbar. Ein umfassendes Begleitprogramm mit Theater, Konzerten, Lesungen und Tanzperformances bildet den Rahmen der Schau.

Mit Werken von Hans Arp, Hugo Ball, Giacomo Balla, Max Beckmann, Georgina Beier, E. Simms Campbell, Carl Otto Czeschka, Fortunato Depero, Otto Dix, Theo van Doesburg, Aaron Douglas, Hannah Höch, Josef Hoffmann, Jacob Lawrence, Bertold Löffler, Elfriede Lohse-Wächtler, Oskar Kokoschka, Jeanne Mammen, Koloman Moser, Henri Rivière, Sophie Taeuber-Arp, Henri de Toulouse-Lautrec, Prince Twins Seven Seven, Susanne Wenger und anderen.

Kuratiert von Florence Ostende (Barbican, London), Harald Krejci (Belvedere, Wien).

Die Avantgarde im Nachtcafé: Bilder

  • Rudolf Schlichter, Damenkneipe, um 1925 (Privatsammlung © Viola Roehr v. Alvensleben, München. Photo: akg-images)
  • Erna Schmidt-Caroll, Chansonette, um 1928 (Privatsammlung © Estate Erna Schmidt-Caroll)