Holger Drachmann
Wer war Holger Drachmann?
Holger Drachmann (Kopenhagen 9.10.1846–14.1.1908 Hornbæk, Seeland) war ein dänischer Maler des Naturalismus (→ Naturalismus 1875-1918), Journalist und Dichter. Er gilt als einer der führenden Maler der Moderne in Dänemark und Entdecker des Fischerdorfes Skagen, das sich ab den 1880ern zur Künstlerkolonie entwickelte. Drachmann war der Vater der Malerin und Schriftstellerin Eva Drachmann und des Politikers Povl Drachmann.
Kindheit
Holger Henrik Herholdt Drachmann wurde am 9. Oktober 1846 in Kopenhagen geboren. Sein Vater, Andreas Georg Drachmann (1810–1892), war Chirurg an der Seeverwaltung war. Seine Mutter war Wilhelmine Marie Stæhr (1820–1857).
Ausbildung
Drachmann studierte ab 1866 in Kopenhagen Kunst bei C.F. Sørensen, Wilhelm Marstrand und dem Marinemaler C.F. Sörensen. Einen großen Teil seiner Studienzeit verbrachte Drachmann auf Bornholm, wo er sich vom Meer und Schiffen inspirieren ließ. Drachmann wurde nach dem Studium Maler, nachdem er dort mit 19 Jahren Bekanntschaft mit dem aus dem Ausland wiedergekehrten Maler Carl Bloch machte.
Holger Drachmann debütierte auf der Frühjahrsausstellung 1869 und war für die folgenden fünf Jahre ein fester Bestandteil der Ausstellungen in Charlottenborg.
Werke
Drachmann ging 1868 nach Bornholm, um Maler zu werden. Hier traf er auf Vilhelmine Erichsen, die er 1871 heiratete. Die Ehe hielt bis 1874. Sie ließen sich 1878 scheiden, woraufhin Vilhelmine Valdemar Hilarius-Kalkau heiratete, der Drachmanns Tochter Eva adoptierte.
1872 ließen sich Holger Drachmann und Karl Madsen als erste Maler in Skagen nieder, bald gefolgt von Laurits Tuxen, Michael Ancher und Viggo Johansen sowie ein paar Jahre später von Christian Krohg und Peder Severin Krøyer.
Drachmanns Lieblingsmotiv war das tosende Meer und der tobende Sturm, und seine am häufigsten verwendeten Motive aus der Skagen-Zeit sind der Zweig und der Grå Fyr sowie der Skagen-Nordstrand. Drachmanns Stärke war die Marinemalerei, obwohl sie in den 1870er Jahren eine eher rückständige Angelegenheit war.
1902 ließ sich Holger Drachmann in Skagen nieder und nahm das Malen wieder auf. Anfang des 20. Jahrhunderts gelang es Drachmann, seine Technik aufzulockern, und obwohl das Motiv dasselbe war, wurden die Striche klarer und das Licht lebendiger. Drachmann malte bis zu seinem Tod im Jahr 1908 weiter, und als die Villa Pax 1902 wieder aufgebaut wurde, wurde fast die Hälfte des Hauses als Atelier genutzt.
Schriftsteller
Drachmann gab die Kunst allerdings bald zugunsten der Schriftstellerei auf. Seinen literarischen Durchbruch hatte Drachmann mit der Gedichtsammlung „Digte“ (1872), die er meinem Freund Georg Brandes widmete. Darin zeigte er revolutionäre Interessen (die Gedichte Engelske Socialister, Den 28. November 1871 und King Mob). Er war bekannt für die vielen Frauen, die seine Gedichte inspirierten, und er sorgte oft für Aufsehen. Nach seiner ersten Scheidung begann er eine leidenschaftliche Beziehung mit einer verheirateten Frau, Polly. Er zeugte mit ihr ein Kind, doch sie lief vor ihm davon.
Reisen durch Europa und ein längerer Aufenthalt in England als Journalist führten ihm die sozialen Missstände der Zeit vor Augen. Zurück in Kopenhagen, schloss sich Drachmann dem Kreis „Det moderne Gennembrud [Aufbruch in die Moderne]“ um Georg Brandes an. Mit seinen enthusiastischen Huldigungen für die Pariser Kommune und ironischen Angriffen auf die geistige Enge Dänemarks war er dort ein willkommener Gast.
In seiner späteren Liebes- und Naturlyrik schilderte Holger Drachmann das Meer überwiegend als Symbol für Unruhe, Freiheit und Stärke; in seinen meist realistischen Erzählungen beschrieb er heimatverbunden das Leben der Fischer.
In Drachmanns Schaffen spiegelte sich sehr genau die Problematik des dänischen Bürgertums wider: das Schwanken zwischen bürgerlicher und liberaler Haltung. Dem Dichter erging es da ähnlich; unstet im Leben wie in der Gesinnung wandelt er sich von demokratisch zu nationalistisch. Auch Kritik am Verfall der bürgerlichen Gesellschaft, deren Untergang er prophezeite, taucht in den Werken immer wieder auf.
1883 brach Drachmann gewaltsam mit der Brandes-Bewegung, näherte sich den Konservativen und agierte das nächste halbe Dutzend Jahre lang als nationaler, traditioneller und verteidigungsfreundlicher Schriftsteller. Einige seiner beliebtesten Dramen wie „Once Upon a Time“ (1887) stammen aus dieser Zeit. Ab Anfang der 1890er Jahre schloss er sich erneut dem Kreis „Det moderne Gennembrud [Aufbruch in die Moderne]“ an, ohne jedoch seine Themen stark zu wechseln.
Er wurde 1887 Ritter des Dannebrog und 1906 Kommandeur 2. Grades.
Tod
Holger Drachmann starb am 14. Januar 1908 in Dr. E. Brünniches Privatklinik in Hornbæk, Seeland. Er wurde 61 Jahre alt.
Die Urne mit seiner Asche wurde in Skagen an der Landspitze Grenen beigesetzt. Die Grabkammer befindet sich am Grenen und wurde von dem Künstlerfreund P. S. Krøyer entworfen. Drachmanns Wohnhaus wurde 1911 als Museum, das Drachmanns Hus, der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Am 9. Oktober 1936 wurde auf dem Hafenplatz in Hornbæk ein Gedenkstein enthüllt, der vom bekannten Steinmetzmeister Peter Schannong als Geschenk gestiftet wurde. An der Enthüllung des Steins, einem mannshohen Schwesterstein mit Bronzerelief des Bildhauers Jakob Bregno, nahmen mehrere hundert Menschen auf dem Hafenplatz teil.
Nach Drachmann ist das seit 1917 verliehene Stipendium Drachmannlegatet für Belletristik-Autoren benannt.