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Kunstmuseum Basel Ausstellungen 2018 Baselitz, Picasso, Martha Rosler, Hito Steyerl, Lassnig, Theaster Gates, Sam Gilliam und Füssli

Hito Steyerl, Hell Yeah We Fuck Die, 2017, Installation (Skulpturprojekte Münster)

Hito Steyerl, Hell Yeah We Fuck Die, 2017, Installation (Skulpturprojekte Münster)

Das Ausstellungsprogramm des Kunstmuseum Basel feiert mit der Präsentation von 100 Arbeiten auf Papier den 80. Geburtstag von Georg Baselitz. Ab März erinnert es an die erstmalige gemeinsame Präsentation aller 1967 erworbener Picassos im Kunstmuseum Basel. Die erweiterte Sammlungspräsentation wirft einen frischen Blick auf die Ereignisse rund um den Erwerb von Picassos „Les deux frères [Die beiden Brüder]“ und „Arlequin assis [Sitzender Harlekin]“ durch die Basler Einwohnergemeinde und die Gemälde, die Picasso im Anschluss schenkte. Im Herbst präsentiert das Kunstmuseum Basel eine große Überblicksschau zu Johann Heinrich Füssli.

Schwerpunkt Kunst der Gegenwart im Kunstmuseum Basel

Mit Martha Rosler (943, New York, lebt in Brooklyn NY), Hito Steyerl (1966, München, lebt in Berlin) und Maria Lassnig (1919–2014) werden drei ausgesprochen bedeutende Künstlerinnen seit den 1970er Jahren in Basel gewürdigt. Theaster Gates und Sam Gilliam vervollständigen den Reigen der Gegenwartskünstler. Gates sammelt marginalisierte und vergessene Archive – vor allem der afroamerikanischen Kultur - und wird die eurozentristische Sammlung des Kunstmuseum Basel einer kritischen Auseinandersetzung unterziehen. Fragen von Raum und Malerei stellt Sam Gilliam seit den 1960er Jahren, als er die Leinwände von den Keilrahmen löste und sie raumgreifend installierte.

Ausstellungen im Kunstmuseum Basel 2018

Georg Baselitz. Arbeiten auf Papier – Kunstmuseum Basel | Hauptbau (21.1.–29.4.2018)

Georg Baselitz als Zeichner: Enthemmt und expressiv

Anlässlich seines 80. Geburtstags ehrt das Kunstmuseum Basel mit Georg Baselitz (* 23. Januar 1938) einen der bedeutendsten Protagonisten der deutschen Nachkriegskunst. Während die Fondation Beyeler dem Maler eine Retrospektive ausrichtet, präsentieren wir einen repräsentativen Überblick über die Zeichnungen und farbigen Blätter aus dem Kupferstichkabinett.

Die neusten Werke zeugen von der Reflexion über Vergänglichkeit, aber auch vom Blick auf das eigene umfangreiche und vielseitige Werk. Dazu gehört auch die Wiederaufnahme von zentralen Bildthemen und ausschlaggebenden Referenzen wie etwa Marcel Duchamp. Das Kunstmuseum Basel pflegt bereits seit 1970 eine lange Freundschaft mit dem Künstler. Damals kuratierte Dieter Koepplin als Leiter des Kupferstichkabinetts eine erste Schau mit Baselitz‘ Zeichnungen und befeuerte damit die Karriere des erst 32-Jährigen. Aus dieser Ausstellung gelangten 25 Blätter in die Sammlung. In den 1980er Jahren konnte der Bestand in der Folge der umfangreichen Ausstellung „Georg Baselitz. Zeichnungen 1958–1983“ erstrangig erweitert werden. Diese und spätere Ankäufe wurden durch großzügige Geschenke des Künstlers weitsichtig ergänzt.

Heute ist Georg Baselitz mit einem umfangreichen und qualitativ hochstehenden Konvolut von 152 Zeichnungen und Aquarellen im Kupferstichkabinett vertreten. Die Ausstellung präsentiert daraus ungefähr 100 Zeichnungen. Wenige neuere Werke aus dem Besitz des Künstlers runden die Präsentation ab.

Kuratiert von Anita Haldemann

Basel Short Stories. Von Erasmus bis Iris von Roten – Kunstmuseum Basel | Neubau (10.2.–21.5.2018)

Die Ausstellung Basel Short Stories richtet einen Blick auf die umfangreiche und in mancher Hinsicht weltberühmte Sammlung des Kunstmuseums Basel, mit der Absicht, auch weniger bekannte Aspekte der Bestände in neuen Zusammenhängen zu zeigen. Projektionsfläche und Hintergrund dieser Präsentation sind sowohl illustre wie auch vergessene, private und welthistorische, zum Teil groteske Ereignisse aus der Geschichte der Stadt Basel, die anhand der Bestände des Kunstmuseums reflektiert werden.

Ziel ist es, das außerordentliche Potenzial der Öffentlichen Kunstsammlung Basel durch den kuratorisch inszenierten Dialog zwischen vergessenen oder selten gezeigten Werken mit Ikonen der Sammlung auf neue Weise ins Bewusstsein der Besucher zu bringen. Die Mannigfaltigkeit der Akteure, Stimmen und Szenen weist das Museum als komplex-unberechenbaren, sich fortlaufend weiter entwickelnden Organismus aus. Kunstgeschichte, die dem Kanon folgt, soll hier in den Hintergrund treten zugunsten einer freieren, assoziativen Gegenüberstellung von Kunstwerken und Dokumenten – basierend auf der reichen Ideen- und Alltagsgeschichte dieser Stadt und den Geschichten von Personen, die mit Basel verbunden sind.

Dafür ausgewählt wurden der Humanist Erasmus von Rotterdam, das Gemälde „Der tote Christus im Grab“ von Hans Holbein d.J., die Zeichnerin und Forscherin Maria Sibylla Merian, der Historiker und Kunsthistoriker Jacob Burckhardt, der Philosoph Friedrich Nietzsche, der Basler Friedenskongress von 1912, die Eiskunstläufer Frick und Frack, der Erfinder des LSD Albert Hofmann und die Frauenrechtlerin Iris von Roten.

Die Ausstellung Basel Short Stories wird Bekanntes und Unbekanntes neu präsentieren und sowohl für Museums-Insider wie das allgemeine Publikum neue Einsichten in den unentdeckten Reichtum der Sammlung und deren Entstehungsgeschichte ermöglichen. Die transdisziplinäre Anlage der Ausstellung – Kunst, Wissenschaft, Alltags- und Populärkultur – ermöglicht den Einstieg für eine ganze Bandbreite an Zielgruppen. Zur Ausstellung erscheint eine Publikation, die Abbildungen, Zitate und Ausschnitte historischer Texte sowie Texte von Experten aus unterschiedlichen Gebieten gleichwertig behandelt. Ein reichhaltiges Rahmenprogramm möchte die in der Ausstellung gezeigten Geschichten für und im Austausch mit einem breiten Publikum weitererzählen.

Kuratiert von Josef Helfenstein

50 Jahre Picasso-Schenkung – Kunstmuseum Basel | Hauptbau (10.3.–12.8.2018)

2018 jährt sich die erstmalige gemeinsame Präsentation aller 1967 erworbener Werke von Pablo Picasso im Kunstmuseum Basel zum 50. Mal. Dieses Jubiläum bildet den Anlass für eine erweiterte Sammlungspräsentation. Diese wirft einen frischen Blick auf die Ereignisse rund um den Erwerb von Picassos „Les deux frères [Die beiden Brüder]“ und „Arlequin assis [Sitzender Harlekin]“ durch die Basler Einwohnergemeinde und die Gemälde, die Picasso im Anschluss schenkte. Die Ausstellung konzentriert sich dabei auf die Akteure, in deren Zusammenwirken damals wie heute Identifikationsmomente für die Stadt Basel und ihre Sammlung entstehen: Die Bürgerschaft, die Künstler, den Direktor und Mäzene.  Im Mittelpunkt steht die Frage: Welche Kunst kommt ins Museum?. Rund um den Ankaufskredit und das Bettlerfest für die beiden Picasso-Werke wurde sie 1967/68 schon einmal heftig und mit oft unversöhnlichen Standpunkten diskutiert. Da sie 2017/18 nichts von ihrer Aktualität eingebüßt hat, soll die Debatte in Statements von Bürgern und Künstlern wiederaufgenommen und auch ihren Implikationen in Bezug auf Zugehörigkeit und Zusammengehörigkeitsgefühle, Kunst und Kommerz und das Verhältnis der Bürger zu ihrem Kunstmuseum nachgegangen werden.

Die eindrücklichen Fotografien von Kurt Wyss aus dem Jahr 1967 bringen die Vergangenheit ebenso ins Heute wie auf Medientischen präsentierte Zeitungsbücher, Fotoalben und Interviews. Durch das Format der Tischgespräche wird die Ausstellung über ihre Laufzeit hinweg wachsen und neue Inhalte aufnehmen. Die sieben Picasso-Gemälde, die vor 50 Jahren ihren Weg in die Sammlung des Kunstmuseums fanden, stehen so einerseits im Kontext des Meinungsstreits und von Museumsstrategien, behaupten aber gerade darin ihre zeitlose Präsenz.

Die Ausstellung entsteht in Zusammenarbeit mit teamstratenwerth und Emyl.

Kuratiert von Eva Reifert

Martha Rosler, Hito Steyerl: War Games – Kunstmuseum Basel | Gegenwart (4.5.–9.9.2018)

Martha Rosler & Hito Steyerl

Die Ausstellung setzt Werke der Künstlerinnen Martha Rosler (*1943, New York, lebt in Brooklyn, NY) und Hito Steyerl (*1966, München, lebt in Berlin) in einen Dialog zueinander, der die inhaltlichen und medialen Schnittmengen beider Positionen hervorhebt und reflektiert.  Im Falle beider Künstlerinnen handelt es sich um die erste Museumsausstellung in der Schweiz, und ihr Werk wurde bislang noch nie gemeinsam ausgestellt. Dennoch liegt beiden Œuvres ein selten beharrliches und kritisches Engagement in der Auseinandersetzung mit gesellschaftspolitischen Themen zugrunde, das zu einer Fülle von Gemeinsamkeiten zwischen dem Schaffen wie auch der Haltung von Rosler und Steyerl und den von ihnen behandelten Fragen geführt hat – Fragen, die von globaler Bedeutung sind und die auf das tiefgehende, politisch-kritische Bewusstsein beider Künstlerinnen schließen lassen. Realität wird in ihren Werken immer in Wechselwirkung mit den für das Gewebe unseres Alltags sowie unserer Identität maßgeblichen audiovisuellen Medien betrachtet – inklusive deren disruptiver Effekte für das menschliche Leben.

Insofern liegt es nahe, dass sowohl Rosler als auch Steyerl sich immer wieder neuer Medien für ihre Werke bedienen. Rosler arbeitet nicht nur mit Fotografie und Collagen, sondern bereits sehr früh auch mit Video, das sie nutzt, um feministische Inhalte zu transportieren und den durch das Fernsehen und Magazine vermittelten Mythen andere Bilder von Frauen und modernem Alltag entgegen zu halten. Neben Fotografie, Fotocollagen sowie Aktions- und Projektformaten hat sie sich in jüngster Zeit vermehrt mit Social Media wie auch mit Drohnen beschäftigt. Steyerls neuere, teils computeranimierte Videoinstallationen – deren Ästhetik stark durch die auf Internet-Plattformen wie YouTube zu rezipierenden Bildwelten beeinflusst sind – gehören zum Avanciertesten, was in der bildenden Kunst in diesem Medium zu sehen ist.

Beide Künstlerinnen betreten durch ihre Arbeiten bewusst aktuelle Konfliktfelder und erforschen zugleich deren geschichtliche und mediale Hintergründe. Roslers und Steyerls Werke sind ästhetisch faszinierend konstruierte Widerstandsformeln, die sich gegen die Normalisierung von Demokratieverlust, Ökonomisierung und Privatisierung öffentlicher Räume und Lebensbereiche, private wie staatliche Gewalt und Unterdrückung, die Reduzierung des Menschen auf seinen Wert als Arbeitskraft und Konsument sowie die Militarisierung gesellschaftlicher Lebensbereiche richtet. Die Ausstellung trägt so auch der Einschätzung Rechnung, dass es angesichts der weltweiten illiberalen Entwicklungen nicht erst jetzt, aber nach wie vor von großer Bedeutung ist, Kunst zu zeigen, die für den Erhalt demokratischer Strukturen, zivilgesellschaftlicher Werte und Toleranz provokativ Stellung bezieht.

Kuratiert von Søren Grammel

Maria Lassnig. Zwiegespräche – Kunstmuseum Basel | Neubau (12.5.–26.8.2018)

Maria Lassnig: Zeichnungen und Aquarelle

Es sind tiefgreifende Empfindungen, die im Zentrum des Schaffens von Maria Lassnig (1919– 2014) stehen. Das Sichtbarmachen von körperlichen Emotionen und das Nachspüren der Körperwahrnehmung bilden den Mittelpunkt ihrer Body-Awareness-Arbeiten. Humorvoll und ernst, sehnsuchtsvoll und gnadenlos bannte die österreichische Künstlerin ihre Selbstempfindung auf das Papier. Nicht was sie sah, sondern wie sie sich spürte, wurde zum Bild. Parallel zu ihrer introspektiven Körperwahrnehmung blieb Lassnig im Außen verankert. Ihre Porträts basieren auf gründlichem Studium der Realität. Dennoch gehen die sensiblen Beobachtungen von Tieren und Menschen weit über die Wiedergabe des rein Sichtbaren hinaus und enthalten das Wesentliche der jeweiligen Charaktere und spüren dem Einzigartigen im Gegenüber nach.

Diese Zwiesprache mit innen und außen, mit Gefühlswelten und Realitäten, entwickelte Lassnig besonders anschaulich auf dem Papier. Die Zeichnung wird als intimes Medium zum Experimentierfeld spontan gesetzter Linien und Farbfelder. Sie eröffnet neue Perspektiven und erschließt sich neue Themen. Trotz aller Intimität des Zeichnerischen tendiert die Künstlerin dazu, Werke auf Papier in monumentalen und bildgleichen Kompositionen anzulegen. Längst ist die Idee der Skizze und des ersten Entwurfs bei Lassnig gesprengt und in eine autonome künstlerische Aussage auf Papier verwandelt. Schließlich geht auch ihre Malerei in der Intensität der Zeichnung, der Energie der einzelnen Linie wie auch der Strahlkraft der Aquarelle sicht- und spürbar weiter.

Lassnig zählt mit Louise BourgeoisJoan Mitchell und Agnes Martin zu den wichtigsten Künstlerinnen des 20. Jahrhunderts. Bereits früh machte sie ihren eigenen Körper zum Mittelpunkt ihrer Kunst, lange bevor Körperbewusstsein und das Verhältnis von Mann und Frau zentrale Themen der internationalen Avantgarde wurden. Vier Jahre nach ihrem Tod würdigt das Kunstmuseum Basel in Kooperation mit der Albertina in Wien die Künstlerin mit einer Retrospektive der Werke auf Papier und führt rund 80 der eindrücklichsten Zeichnungen und Aquarelle von Lassnig zusammen. Bislang völlig unbekannte Blätter erweisen sich in der Schau als Schlüsselwerke. Gemeinsam mit Vertrautem werfen sie neues Licht auf ihr Konzept der Body-Awareness und erschließen neue Einblicke in das vielseitige und wegweisende Werk der Österreicherin.

Kuratiert von Anita Haldemann

Theaster Gates. The Black Madonna – Kunstmuseum Basel | Neubau & Gegenwart (9.6.–21.10.2018)

Theaster Gates‘ (*1973) künstlerische Praxis reicht von urbanen Interventionen über Performance bis hin zu Töpferei. Er ist Leadsänger der Band The Black Monks of Mississippi und leitet die Initiative Arts and Public Life an der Universität Chicago. Bekannt wurde der gelernte Stadtplaner mit Dorchester Projects, einem Quartieraufwertungsprojekt in der verarmten South Side Chicagos, das er selbst als „real estate art“ beschrieben hat. Stets zielt er in seiner Arbeit darauf, die Bereiche Kunst und Gesellschaft miteinander zu verbinden und durch die Gründung von kulturellen Gemeinschaften soziale, politische und räumliche Veränderungen einzuleiten. Seit seinem Auftritt bei der Art Basel 2013, als er 100 aus den Toiletten einer abrissgefährdeten Bank entnommene Marmorplatten mit der Inschrift „In Art We Trust“ zu Bankanleihen veredelte und damit die Renovierung des Kulturzentrums Stony Island Arts Bank finanzierte, gehört Gates zu den wichtigsten Stimmen in der zeitgenössischen Kunst.

Der Künstler versteht sich selbst als Sammler von Sammlungen und Archiven, vor allem der afroamerikanischen Kultur. Sein Interesse gilt dabei oft den vergessenen Objekten, Bildern und Themen, die er in seine künstlerische Praxis integriert. Als Sammler von marginalisierten und vergessenen Archiven strebt Gates zusammen mit dem Kunstmuseum Basel eine kritische Auseinandersetzung mit dessen eurozentristischer Sammlung an. Gemeinsam werden grundlegende Fragen zu räumlichen und organisatorischen Strukturen des Museums verhandelt.

Im Rahmen der Ausstellung im Kunstmuseum Basel befasst sich Gates hausübergreifend mit dem Kult der Schwarzen Madonna. Dabei geht es ihm sowohl um die religionsgeschichtliche Bedeutung als auch um den ästhetischen und metaphorischen Gehalt dieser Figur. Im Kunstmuseum Basel | Neubau wird Gates Arbeiten präsentieren, die teilweise für die Ausstellung entstanden sind, und eine Art Schrein für die Schwarze Madonna gestalten, der mit der Architektur des Hauses und den Beständen der Sammlung in einen kritischen Dialog tritt. Dabei ist die Herstellung von Objekten immer auch gesellschaftliche Intervention, denn die Sphären des künstlerischen und des politischen Wirkens sind für Gates untrennbar. Im Kunstmuseum Basel | Gegenwart wird der museale Raum hingegen in eine künstlerische Produktionsstätte verwandelt und mit einem temporären Tonstudio sowie einer Druckwerkstatt bespielt. Hier wird der Künstler mit seinen persönlichen Archiven arbeiten, vor allem mit dem Fotoarchiv der für die schwarze Kultur in Amerika ikonischen Magazine Ebony und Jet Magazine.

Die Kooperation mit Künstlern, Architekten, Forschern und Musikern ist fester Bestandteil von Gates‘ Arbeit. Auch für Basel hat der Künstler ein umfassendes Rahmenprogramm entworfen, das die Ausstellung zur Plattform für Kontemplation, Konzerte, Forschung und öffentliche Debatten macht und außerhalb des Kunstmuseums Synergien mit anderen Basler Institutionen wie dem Jazzcampus Basel, der Basler Papiermühle und dem Basler Münster eingeht.

Kuratiert von Josef Helfenstein & Søren Grammel

The Music of Color. Sam Gilliam, 1967–1973 – Kunstmuseum Basel | Neubau (9.6.–30.9.2018)

Sam Gilliam: The Music of Color

Sam Gilliam (*1933 in Tupelo, Mississippi) zählt zu den wichtigsten Vertretern der abstrakten Malerei in den USA. Seit 1962 lebt und arbeitet der Künstler in Washington D.C. Seine Werke sind in zahlreichen Sammlungen vertreten, u.a. Art Institute of Chicago, MoMA (New York), National Gallery of Art und Whitney Museum of Art. The Music of Color ist die erste institutionelle Einzelausstellung des Künstlers in Europa. Dabei rückt mit dem Schwerpunkt auf den Jahren 1967–1973 Gilliams radikalste Schaffensphase in den Mittelpunkt. 2017 war seine Arbeit „Yves Klein Blue“ auf der 57. Biennale in Venedig zu sehen.

„ To gesture at the cycles of history is art at its greatest capacity. “Yves Klein Blue” is about participating in a continuum—it’s about connecting the precursors with the present. After all, blue is what we think of first when we imagine a Klein, but there is something autobiographical there for me as well, which harks back to my early formative years. To me, art is about moving outside of traditional ways of thinking. It’s about artists generating their own modes of working. We need to continue to think about the whole of what art is, what it does. Even though my work is not overtly political, I believe art has the ability to call attention to politics and to remind us of this potential through its presence. “1 (Sam Gilliams über seine Kunstauffassung und die Arbeit Yves Klein Blue auf der Biennale)

1967 begann Gilliam die Serie der Beveled-edge paintings: Er goss Acrylfarbe direkt über die unpräparierte Leinwand und faltete und zerknitterte diese, während die Farbe noch nass war. Anschließend spannte er die Leinwand auf einen abgeschrägten Keilrahmen, was dem Gemälde eine räumliche, objekthafte Qualität verlieh. Die wichtigste künstlerische Errungenschaft Gilliams ist die 1968 begonnene Serie der Drape paintings. Hier bearbeitete er die Leinwand in derselben Weise wie für die Beveled-edge paintings, mit dem Unterschied, dass er die Gemälde vom Keilrahmen befreite. Im Gegensatz zum Staffeleibild, das in der Regel unabhängig von seinem Kontext funktioniert, beziehen die Drape paintings den Ausstellungsraum performativ mit ein, da sie je nach Raumsituation unterschiedlich installiert werden können.

Gilliam bemühte sich darum, die weithin akzeptierte und von Zeitgenossen wie Donald Judd kultivierte Trennung zwischen Malerei und Skulptur zu verwischen. Gilliams Arbeiten der Jahre 1967 bis 1973 zeichnen sich durch ihre Monumentalität und ihre expressive Farbigkeit aus. Die Leinwand wird zum Träger von Spuren des Produktionsprozesses und stellt dabei ihre Materialität zur Schau.

„The Music of Color“ thematisiert auch die politische und historische Dimension von Gilliams Werk. Auch wenn sich der Künstler selbst nur selten zu politischen Fragen äußert, verweisen die Werke der sogenannten Martin Luther King-Serie und Jail Jungle auf die Rassenunruhen 1968 und auf die stark polarisierte Diskussion um Black Art und abstrakte Malerei in den USA der 1960er und 1970er Jahre. Das Kunstmuseum Basel zeigt etwa 50 hochkarätige Werke aus öffentlichen und privaten Sammlungen in Europa und den USA.

Kuratiert von Jonathan Binstock und Josef Helfenstein

Füssli. Drama und Theater – Kunstmuseum Basel | Neubau (20.10.2018–10.2.2019)

Johann Heinrich Füssli. Drama und Theater

Das Kunstmuseum Basel richtet dem in Zürich geborenen und in Rom und London berühmt gewordenen Künstler Johann Heinrich Füssli eine großangelegte monographische Ausstellung aus. Füssli war einer der einfallsreichsten und unkonventionellsten Erneuerer des ausgehenden 18. Jahrhunderts. An der Schwelle zwischen Klassizismus und Sturm und Drang ist seine Kunst beredtes Zeugnis widerstreitender künstlerischer Paradigmen im Nachklang der Aufklärung.

Unter der Perspektive von Drama und Theater erschließt die Ausstellung einen zentralen Komplex des künstlerischen Selbstverständnisses Füsslis jenseits seiner bereits vertrauten Positionierung als Maler der Schwarzen Romantik und des „Gothic Horror“: Der hochgebildete Künstler greift in fast allen seinen Werken Motive aus der Literatur auf, etwa aus der antiken Mythologie, aus John Miltons Paradise Lost oder aus der kurz zuvor wiederentdeckten Nibelungensage. Nach seiner Rückkehr aus Rom nach London 1779 werden zudem Motive aus Shakespeares Dramen zu einem Schwerpunkt seiner Kunst, wie unter anderem seine Beteiligung an der von John Boydell initiierten Shakespeare Gallery zeigt.

Drama und Theater – das beschreibt für die Ausstellung das Interesse an den von Füssli gewählten Themen aus Literatur und Bühnenwerken, aber auch seine spannungsvollen Kompositionen, Figurenkonstellationen und die oft «theatralischen» Mittel der Inszenierung.  Drama und Theater ist, wie Füsslis Kunst, alles andere als subtil. Die sieben Gemälde Füsslis in den Beständen der Öffentlichen Kunstsammlung Basel werden mit der großzügigen Unterstützung aus dem Kunsthaus Zürich und aus weiteren internationalen Museen und Privatsammlungen ergänzt. Thom Luz, Regisseur am Basler Schauspielhaus, wird der Ausstellung eine Reflexionsebene im zeitgenössischen Theater hinzufügen und so auch im Ausstellungsraum die Welten von Literatur, Theater und Kunst zusammenbringen.

Kuratiert von Eva Reifert

Kunstmuseum Basel Ausstellungsprogramm 2018: Bilder

  • Johannes Grützke, Böcklin, Bachofen, Burckhardt und Nietzsche auf der Mittleren Rheinbrücke in Basel, 1970, Öl/Lw, 250 x 330 cm (von Bartha Collection Basel)
  • Peter Fischli & David Weiss, Die Abstimmung über das Frauenstimmrecht, 1981, Tonplastik, ungebrannt, 68 x 12 x 12,5 cm (Emanuel Hoffmann-Stiftung)
  • Maria Sibylla Merian, Metamorphosis insectorum suirnamensium, 1705, Ledergebundenes Buch mit 60 kolorierten Umdrucken, Blatt: 51 x 36 cm; Buch: 3,5 x, 37,5 x 51,5 cm (Kunstmuseum Basel, Kupferstichkabinett)
  • Johann Heinrich Füssli, Die schlafwandelnde Lady Macbeth, 1784, Öl/Lw, 221 x 160 cm (Louvre, Paris)
  • Georg Baselitz, Edvards Kopf, 16. April 1983, Aquarell, Blatt: 61.1 x 43.2 cm (Kunstmuseum Basel, Kupferstichkabinett, Foto: Kunstmuseum Basel - Martin P. Bühler)
  • Georg Baselitz, Kopf, 26. Juni 1981, Kohle, Blatt: 60.7 x 43 cm (Kunstmuseum Basel- Ankauf, Foto: Kunstmuseum Basel - Martin P. Bühler)
  • Pablo Picasso, Homme, femme et enfant, 1906, Öl/Lw, 115.7 x 88.9 cm (Kunstmuseum Basel- Geschenk des Künstlers an die Stadt Basel; Depositum der Einwohnergemeinde der Stadt Basel)
  • Maerten van Heemskerck, Madonna mit Kind vor einer Landschaft, 1530, Öl/Holz, 90 x 70 cm (Kunstmuseum Basel, Vermächtnis von Frau Antoinette Frey-Clavel)
  • Theaster Gates, Aus dem Archiv der Johnson Publishing, Jet Magazine: Alice Jones (©the artist)
  • Martha Rosler, House Beautiful: Bringing the War Home, Photo-Op, 2004, Fotomontage, 50,8 x 61 cm (© the artist)
  • Hito Steyerl, Hell Yeah We Fuck Die, 2017, Instalation (Skulpturprojekte Münster)
  • Maria Lassnig, Ohne Titel (Selbstportrait), 1942, Aquarell, 48.5 x 31.9 cm (© Maria Lassnig Stiftung)
  • Maria Lassnig, Ohne Titel (Die Schreiende), 1981, Bleistift, Aquarell, 62,7 x 43,8 cm (©Maria Lassnig Stiftung)
  • Maria Lassnig, Double autoportrait sans pitié, 1999, Bleistift, Acryl, 42.9 x 60.9 cm (© Maria Lassnig Stiftung)
  • Sam Gilliam, Light Depth, 1969, Acryl/Lw, 304.8 x 2269 cm (©David Kordansky Gallery, L.A. / Pro Litteris)

  1. Zit. nach Artforum (Sommer 2017).
Alexandra Matzner
Gründerin von ARTinWORDS * 1974 in Linz, Studium der Kunstgeschichte, Geschichte und Romanistik in Wien und Rom. Seit 1999 Kunstvermittlerin in Wien, seit 2004 Autorin für verschiedene Kunstzeitschriften. Jüngste Publiktionen entstanden für das Kunsthaus Zürich, Schirn Kunsthalle Frankfurt, Albertina und Belvedere in Wien.