Anlässlich des 900. Geburtstages des berühmten Stauferkaisers Friedrich I. Barbarossa (1122–1190) zeigt das LWL-Museum für Kunst und Kultur in Münster die große internationale Sonderausstellung „Barbarossa- Die Kunst der Herrschaft“. Die schillernde Figur des Kaisers „Rotbart“, der als schwäbischer Herzogssohn seit 1155 als Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation die Geschicke Europas mit lenkte, steht im Zentrum der Schau, die sich auf zwei Standorte verteilt: das Kunstmuseum des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) in Münster und Schloss Cappenberg bei Selm, Kreis Unna.
Deutschland | Münster: LWL-Museum für Kunst und Kultur
28.10.2022 – 5.2.2023
Das LWL-Museum widmet sich in einem breiten kulturgeschichtlichen Überblick dem um Machtausgleich bemühten Politiker, tiefgläubigen Christen, streitbaren Ritter und potenten Kunstförderer Barbarossa. 150 Exponate auf rund 1.000 Quadratmetern thematisiert die Schau den wirtschaftlichen und kulturellen Aufbruch im 12. Jahrhundert. Zahlreiche Stadt- und Universitätsgründungen (Paris und Bologna) frühen zu radikalen Neuformulierungen in Theologie, Philosophie und Naturwissenschaften. Der kulturelle Transfer über Grenzen hinaus führt zu einer Verschmelzung antiken, abendländischen und orientalischen Kulturgutes. Kunstwerke aus dem Hochmittelalter lassen die historische Person Barbarossa und ihr Wirken lebendig werden.
Kaiser Friedrich I. Barbarossa (um 1122–1190) stammte aus dem Adelsgeschlecht der Staufer und war von 1155 bis 1190 Kaiser des Heiligen Römischen Reichs.1 Den Beinamen Barbarossa erhielt er schon von seinen Zeitgenoss:innen aufgrund seines rotblonden Vollbartes. Seine Eltern waren der kaisertreue Herzog Friedrich II. von Schwaben (1090–1147) und seine Mutter Judith (um 1100–1130/31), Tochter der bayerischen Herzogin Wulfhild. Der vermutlich am 20. Dezember 1122 geborene schwäbische Adelige hatte in dem weitschichtigen verwandten Otto von Cappenberg einen Taufpaten, der nicht nur zuvor der kaiserfeindlichen Partei in Sachsen angehört hatte. Als einer der Gründer des ehemaligen Prämonstratenserstifts in Cappenberg (ebenfalls 1122) befindet sich dort der berühmte „Cappenberger Kopf“ (um 1160) und die so genannte „Taufschale“ (1160er, Silber) des späteren Kaisers. Die Reliquien im Kopf stammen von jenem byzantinischen Kreuz, dass über Fridrich Barbarossas Mutter in die Familie gekommen und von seinem Vater als Teil des Kaufpreises für das umfangreiche schwäbische Erbgut des Grafen ausgegeben worden. Rund um diese beiden Exponate entspinnen sich die Biografie Barbarossas und die Umwälzungen des 12. Jahrhunderts.
Bildlichen Darstellungen Barbarossas in der Buchmalerei, auf Münzen und Siegeln, in der Skulptur und Goldschmiedekunst geben neben literarischen Quellen ein recht genaues Bild des Kaisers: Es entsteht die Vorstellung eines Mannes mit gewelltem, vollem Haupthaar und relativ kurzem, allenfalls leicht gewelltem Vollbart. In der Ausstellung wird das Barbarossa-Bild als frommer Stifter, als mutiger und grausamer Feldherr, als Herrscher im kaiserlichen Ornat oder als Gemahl der burgundischen Fürstin Beatrix vorgestellt. Doch was sagen diese facettenreichen Bildnisses über Barbarossas Persönlichkeit, seinen Charakter, seine Ambitionen und sein Herrschaftsverständnis aus?
Kaiser Friedrich I. Barbarossa war das Regieren nicht in die Wiege gelegt. Nachdem Heinrich V. kinderlos verstorben war, wurde zuerst König Lothar III. (reg. 1125–1138) gewählt, gefolgt von Barbarossas Onkel Konrad (reg. 1138– Februar 1152). Die engen Verwandtschaftsbeziehungen führten in diesen Jahrzehnten zu innerfamiliären Territorialkonflikten, darunter der Auseinandersetzung von König Lothar III. mit Heinrich dem Löwen (um 1129/30 oder 1133/35–1195) und Welf VI. (1115–1191) um das Herzogtum Bayern. Barbarossa, der 1147 seinem Vater als Herzog von Schwaben nachfolgte, vermittelte zwischen den Parteien. Dies half ihm, als sein Onkel unerwartet verstarb. Mit tatkräftiger Unterstützung von Welf VI. und Heinrich der Löwe ließ sich Barbarossa in Frankfurt zum römisch-deutschen König wählen (März 1152) und in Aachen krönen. Als Gegenleistung erhielt Welf VI. Spoleto und Tuscien (und damit einen Herzogtitel), während Heinrich der Löwe Sachsen mit dem Herzogtum Bayern vereinen konnte.2 Hier zeigt sich bereits eine Erfolgsstrategie des zukünftigen Kaisers: Er wusste, dass er als Herrscher demonstrativ Rücksicht auf den Ranganspruch des Adels zu nehmen hatte. Sein Verhandlungsgeschick, garniert mit einer Portion Spott und Ironie, war so groß, dass er selbst außer in Oberitalien nie mit einer breiten Fürstenopposition konfrontiert war.
Ehre und Treue gehörten im Mittelalter zu den Grundsätzen politischen Handelns. Barbarossa nutzte eine Reihe von Menschen, die seinen Ruf internationale verbreiteten, darunter
Barbarossa etablierte ein Geflecht einflussreicher Würdenträger, Äbte und Bischöfe, Grafen und Herzöge um sich, die seine Machtansprüche durchsetzten und sicherten. Urkunden und Erlässe, vor allem aber prächtige Kunstwerke, die von den Verbündeten und Vertrauten des Kaisers für die hiesigen Kirchen und Klöster gestiftet wurden, belegen die Verbindung von weltlicher Herrschaft und Christentum im 12. Jahrhundert.
tbc
Die zweite Station der Ausstellung ist in Schloss Cappenberg, Selm, zu sehen (16.9.2022 – 5.2.2023).
Quelle: LWL-Museum für Kunst und Kultur, Münster