Zwei Lichterketten, vom höchsten Punkt der Tonnenwölbung abgehängt, illuminieren auf poetische Art und Weise den klassizistischen Theseustempel. Jasper Sharp wählte für das 2018-Projekt den früh verstorbenen, 1957 auf Kuba geborenen Objekt- und Konzeptkünstler Félix González-Torres (1957–1996) – und von diesem eine der selten verliehenen Arbeiten mit Lichterketten.
Österreich / Wien: Kunsthistorisches Museum, Theseustempel
25.4. – 1.10.2018
Zwei Mal 42 Glühbirnen, in unregelmäßigen Abständen zu zwei Lichterketten verknüpft, hängen von der tonnengewölbten, klassizistischen Decke des Theseustempels. Ihrer beachtlichen Länge zum Trotz winden sie sich am Boden zu kleinen Lichtanhäufungen. Parallel wie die umlaufende Peristasis, der Säulenkranz, des neo-griechischen Tempels, hat er sie anordnen wollen, erzählt Sharp. Denn: Der Künstler hatte den Kuratoren in der Aufstellung bzw. Aufhängung seiner Lichterketten größtmögliche Freiheiten zugestanden.
Das als Unikat konzipierte Werk konnte vom Gladstone Museum in Potomac in der Nähe von Washington D. C. geliehen werden (Ausstellungskopie). Aus der Gruppe von 24 Arbeiten mit Lichterketten wählte Jasper Sharp eine von drei doppelläufigen. Die zweifache Lichterkette verbindet der Kurator mit der Skulpturengruppe Antonio Canovas (1757–1822), für die der Theseustempel zwischen 1819 und 1823 von Pietro Nobile (1774–1854) gebaut wurde. Nahezu siebzig Jahre triumphierte der griechische Held Theseus über den Kentaur (1804–1819) im Volksgarten, bevor die Gruppe 1890 im Stiegenhaus des Kunsthistorischen Museums aufgestellt wurde. Während Canovas „Theseus und der Kentaure“ ein Symbol von Heroismus, Gewalt und Dominanz ist, strahlt Félix Gonzáles-Torres Vergänglichkeit und Sanftmut aus. Die Glühbirnen, so das Konzept des einflussreichen Künstlers, sollen nach ihrem Verglühen ausgetauscht werden – ein Zeichen von Vitalität und Regeneration. Gleichzeitig schwingen in dieser Arbeit Assoziationen an Menschen, weiße Blutkörperchen u.v.m. mit. Vergänglichkeit und Lebensbejahung in so einfachen Haushaltsmaterialien zu entdecken, macht die Bedeutung von Félix González-Torres aus. Im Theseustempel stellt das „Untitled (Lovers – Paris)“ (1993) eindrucksvoll unter Beweis.
Kuratiert von Jasper Sharp.