Jan III. Sobieski (1629–1696) war einer der bedeutendsten militärischen Protagonisten der Barockepoche, damit ein Zeitgenosse von Prinz Eugen von Savoyen und spielte eine herausragende Rolle während der Belagerung Wiens 1683. Das Oberkommando Sobieskis bei der militärischen Operation des Entsatzes von Wien führte ihn zu hohen Ehren. Sobieski verstand es, den Sieg durch seine Künstler und das Protokoll inszenieren zu lassen: Nach seiner Rückkehr fanden Feierlichkeiten in der Krönungsstadt Krakau statt, er besuchte das Grab des Hl. Stanislaw in der Kathedrale auf dem Wawel und ließ die Briefe an seine Gemahlin Marie Casimire, in denen er die Geschehnisse beschrieb, veröffentlichen. Zudem erteilte er Aufträge für Gemälde, Skulpturen und Medaillen, die seinen Erfolg feiern.
Österreich | Wien: Belvedere, Winterpalais
7.7. – 1.11.2017
Der aus einer polnischen Magnatenfamilie stammende Aristokrat hatte konkrete Vorstellungen von persönlicher und dynastischer Inszenierung und setzte diese Zeit seines Lebens zielstrebig um. Sein Vater, Jakub Sobieski, war ein gebildeter Mann und Politiker, der hohe Positionen in der polnisch-litauischen Adelsrepublik innehatte und zum Kastellan von Krakau ernannt wurde. Seine Ehefrau Teofila Sobieska entstammte einer Familie von verdienten Militärs. Die Eltern ermöglichten Jan III. Sobieski eine fundierte Ausbildung sowie eine Kavalierstour in die Niederlande, nach Frankreich und England. Diese Erfahrungen schulten den Geschmack des zukünftigen Königs und prägten seine Einstellung hinsichtlich Selbstverständnis und Repräsentation.
Jan Sobieskis Erfolge auf dem militärisch-strategischen Gebiet führten ihn schließlich zum Königstitel, als Kommandant der Kavallerie und der Husaren initiierte er Reformen und die Modernisierung der Strukturen, womit er zu Stärkung der Armee beitrug. Als Realunion hatten das Königreich Polen und das Großfürstentum Litauen eine Sonderstellung als Adelsrepublik inne: Polen war eine Wahlmonarchie, als Wähler fungierten alle adeligen Staatsbürger. Folgend dem republikanischen Grundsatz war der König als primus inter pares anzusehen.
Jan Sobieskis Karriere nahm ihren Anfang unter König Jan II. Kazimierz, der 1648 den Thron bestiegen hatte und Amtsvorgänger von Sobieski war. An dessen Hof lernte er 1655 seine zukünftige Ehefrau kennen. Die damals etwa 14-jahrige Französin Marie Casimire d´Arquien war eine Hofdame der Königin Marie Louise Gonzaga, zweite Ehefrau des Jan II. Kazimierz. Erst zehn Jahre später, 1665, fand die Heirat statt, da Marie Casimire bereits mit dem einem polnischen Adeligen vermählt war. Marie Casimire war Sobieskis große Liebe und bedeutende politische Vertraute. Der Briefwechsel des Paares ist erhalten geblieben und ermöglicht den Einblick in das Verhältnis, die gegenseitige Zuneigung und die gemeinsam entworfenen Strategien des Ehepaares. Während der Abwesenheit Sobieskis führte Marie Casimire die politischen Agenden und nahm die Rolle als Stellvertreterin des 1674 zum König gewählten Souverän ein. Eine ausgezeichnete Ausbildung der nächsten Generation und eine subtile Heiratspolitik waren dem Paar gemeinsames Anliegen. Vier Kinder, Jakub, Teresa Kunegunda, Aleksander und Konstanty, erreichten das Erwachsenenalter, ihre Porträts sind in der Ausstellung zu sehen. Sie erlebten während ihrer Kindheit engen Kontakt zu ihren Eltern und man pflegte das tägliche Zusammensein. Nach Jan III. Sobieski trug Kurfürst August der Starke (1670-1733) aus dem Haus der Wettiner den Titel als König von Polen.
Im Rahmen der Ausstellung „Jan III. Sobieski. Ein polnischer König in Wien“ werden die Befreiung von Wien sowie das Leben Jan III. Sobieskis durch eine Vielzahl von Leihgaben – Gemälden und Kunstgegenständen - nachgezeichnet. Die in verschiedenen Museen aufbewahrten Ausstellungsobjekte wurden im Winterpalais zusammengeführt und so gelang es, einen vielschichtigen Eindruck des polnischen Königs und Großfürsten von Litauen Jan III. Sobieski entstehen zu lassen.
Die Ereignisse des Jahres 1683 waren von größter Bedeutung für den 1674 zum König gewählten Jan III. Sobieski. Ausschlaggebend für die Wahl war der 1673 errungene Sieg gegen die osmanischen Truppen in der Schlacht bei Chocim (Chotyn). Der Erfolg in Wien förderte den Triumph des Königs. Jan III. Sobieski befreite am 12. September 1683 als Anführer eines Koalitionsheeres die Residenzstadt Kaiser Leopolds I. von den Osmanen nach einer Belagerung von 61 Tagen.
Kaiser Leopold I. hatte sich seit der Zunahme der osmanischen Bedrohung um die Unterstützung der Staaten des Heiligen Römischen Reiches bemüht. Im März 1683 wurde auch ein Bündnis mit Polen-Litauen geschlossen, worin sich die Parteien gegenseitige Unterstützung zusicherten. Daran war auch Papst Innozenz XI. beteiligt, der ein Jahr nach dem Sieg Sobieski den Titel „Defensor Fidei“ verlieh. Im Juli 1683 erreichte das Heer von Großwesir Kara Mustafa Pascha die Tore Wiens, Kaiser Leopold I. hatte seine Residenz verlassen und Ernst Rüdiger Graf Starhemberg die Verteidigung der Stadt übertragen.
An der Schlacht um Wien waren bedeutende Feldherren aus dem Heiligen Römischen Reich beteiligt, die Kaiser Leopold I. ihre Ergebenheit zusicherten: Die Kurfürsten Maximilian II. Emanuel von Bayern und Johann Georg III. von Sachsen, Karl V. Herzog von Lothringen und Georg Friedrich Herzog von Württemberg führten ihre Truppen an, dazu kamen jene aus der polnischen Kronarmee (armia koronna). In der Folge sollte diese die 1684 geschlossene, antiosmanische Koalition, die so genannte Heiligen Liga, bilden. Weitere Mitstreiter waren der Papst, die Republik Venedig und ab 1686 Russland.
Die Schlacht um Wien nahm am 12. September 1683 um 4 Uhr Früh mit dem Angriff von Karl V. Herzog von Lothringen ihren Beginn. Kara Mustafa hatte weder dem Entsatzheer das Überqueren der Donau erschwert noch den Kahlenberg (heute: Leopoldsberg) zu befestigen. Marco D´Aviano soll eine Messe gelesen haben, um die Truppen auf das Kommende vorzubereiten. Karl V. von Lothringen führte die verbündeten polnisch-deutschen Fußtruppen vom Kahlenberg in den Rücken der Osmanen. Darauf entstand eine zweite Front, welche die osmanischen Anführer völlig überforderte und dem Entsatzheer ermöglichte, den schwachen rechten Flügel der Belagerer zu besiegen. Jan III. Sobieski führte am Nachmittag die Elitetruppe der Husaren (Hussaria) in einer Kavallerieattacke vom Berg herab. Gemeinsam schlug die Kavallerie die osmanischen Elitetruppen der Sipahi und Janitscharen. Nachdem die polnisch-deutschen Truppen ins feindliche Lager vorgedrungen waren, floh das osmanische Heer in Chaos. Erst bei Schwechat gelang es Kara Mustafa, einen Teil seiner Truppen zu sammeln und nach Győr (heute: Ungarn) zurückzuführen.
Der Verlauf der Entsatzschlacht von Wien bedeutete auch für Prinz Eugen von Savoyen einen bedeutenden Erfolg (→ Prinz Eugen). Er nahm an der Seite seines Cousins, Ludwig Wilhelm Markgrafen von Baden, teil und begründete damit seine Karriere am Wiener Hof. 1697 erneuerte Prinz Eugen seine ersten Erfolge als Feldmarschall und später Reichsfeldmarschall in den Schlachten gegen die Osmanen bei Zenta, 1716 bei Peterwardein (Petrovaradin) und der Einnahme der Festung Temesvar und 1717 in Belgrad. Wie Jan III. Sobieski galt er als „Retter des Abendlandes“.
Seit 1676 war Kara Mustafa Pascha Großwesir des Sultans Mehmed IV. und 1683 Anführer des osmanischen Heers vor den Toren Wiens. Zählte die kaiserliche Armee ungefähr 27.000 Mann, so kämpften 150.000 bis 200.000 Soldaten im Namen des Sultans. Bei der Belagerung von Wien missachtete Kara Mustafa die Anweisungen Mehmeds IV. und wurde nach der Niederlage auf Befehl des Sultans hingerichtet. Zahlreiche kostbare Beutestücke fanden nach dem Rückzug der osmanischen Truppen den Weg in die kaiserlichen Sammlungen und in den Besitz des Königs von Polen. Jan III. Sobieski setzte diese nach seiner Rückkehr als Mittel zur Selbstdarstellung ein. Die Fahne der Osmanen ließ er Papst Innozenz XI. nach Rom übersenden, den Steigbügel Kara Mustafas widmete er seiner Gemahlin, Königin Marie Casimire. Sie übertrug den Gegenstand in die Heiligkreuzkapelle in der Kathedrale auf dem Wawel als Votivgabe.
War die Kunst Polens im 17. Jahrhundert noch den Traditionen des Sarmatismus verpflichtet, so belebte Jan III. Sobieski das künstlerische Schaffen durch neue Impulse. Er förderte die Ausbildung polnischer Künstler an der römischen Accademia di San Luca und bereitete dadurch die Einflüsse der italienischen barocken Tendenzen in Warschau und Krakau vor. Jerzy Eleuter Szymonowicz-Siemiginowski und Jan Reisner ermöglichte er eine Ausbildung in Rom.
Die am Hof Sobieskis aktiven Künstler erlangten in weiterer Folge auch bei anderen Auftraggebern Beliebtheit: Andreas Schlüter wurde in Berlin und Sankt Petersburg mit Projekten betraut, Alexandre-Francois Desportes in Paris und Martino Altomonte in Wien, wo er für Prinzen Eugen von Savoyen tätig wurde. Jerzy Eleuter Szymonowicz-Siemiginowski und Jan Reisner schätzte der Nachfolger auf dem polnischen Königsthron, Kurfürst August II.
Jan III. Sobieski pflegte auch großes Interesse an den Wissenschaften. Er stellte den Künstlern und Forschern adäquate Bedingungen für ihre Tätigkeiten zur Verfügung. Als Ehrenbekundung benannte der Danziger Astronom, Johannes Hevelius, ein Sternbild nach dem König, Scutum Sobiescianum (Schild des Sobieski). Adam Adamandy Kochański, Hofbibliothekar Sobieskis, beschäftigte sich mit Mathematik, Physik, Astronomie, Philosophie, Geografie und Sprachwissenschaften und korrespondierte, wie Hevelius, mit den europäischen Wissenschaftlern Gottfried, Wilhelm Leibniz, Athanasius Kircher und Ismael Boulliau. Der König avancierte zum Förderer der ersten geografischen Gesellschaft Europas, der Akademie der Argonauten, die von dem berühmten Globenhersteller Vincenzo Maria Coronelli begründet worden war. Er forschte selbst als Kartograph und agierte mit Interesse und Offenheit gegenüber vielen Forschungsgebieten. Zudem pflegte Jan III. Sobieski Kontakte über den Orden der Jesuiten zum Kaiserreich China: Kaiser Kangxi übersandte er ein Porträt mit der Nachricht des Sieges bei Wien.
Schloss Wilanow bei Warschau ließ Jan III. Sobieski durch den Architekten Agostino Vincenzo Locci ab 1677 zu einer barocken Sommerresidenz umgestalten. Sie folgte dem Formenrepertoire französischer und italienischer Residenzen. Gelehrsamkeit, Wertschätzung der Künste, der Wissenschaften, der Philosophie und der Theologie fanden ihren Niederschlag in der Dekoration des Schlosses, dessen Erscheinung dem Geisteshorizont des Königs entsprach. Bernardo Bellottos Veduten der Anlage, die im Auftrag von König August dem Starken entstanden, sind bis heute Ausdruck der Würdigung des Ensembles. Am 17. Juni 1696 verstarb König Jan III. Sobieski auf Schloss Wilanow.
Kuartiert von Maike Hohn, Belvedere, und Konrad Pyzel, Museum Schloss Wilanów. Die Ausstellung ist eine Kooperation zwischen dem Belvedere und den vier bedeutenden polnischen Residenzen – dem Museum Schloss Wilanów, dem Königschloss und dem Königlichen Łazienki Museum in Warschau sowie dem Königsschloss auf dem Wawel in Krakau.
Das Wissenschaftliche Zentrum der polnischen Akademie der Wissenschaften organisiert gemeinsam mit dem Muzeum Pałacu Króla Jana III w Wilanowie, dem IKM - das Institut für kunst- und musikhistorische Forschungen der Österreichischen Akademie der Wissenschaften sowie dem IKT - Institut für Kulturwissenschaften und Theatergeschichte eine Tagung zur Person von Jan III. Sobieski (19.-20. September 2017).