Die Höhepunkte des Ausstellungsjahres 2019 im Kunsthaus Zürich sind mit Henri Matisse als Plastiker, Picasso – Gorky – Warhol aus der Sammlung Loser, einer Themenausstellung zum 50 Jubiläum der Mondlandung und einer Personale zum deutschen Realisten Wilhelm Leibl schnell umrissen. Einmal mehr zeigt das Kunsthaus Zürich 2019 eine ausgewogene Mischung aus Retrospektiven, die schon mit der monografischen Ausstellung zu Oskar Kokoschka Ende 2018 beginnt, Themenausstellungen (Mondlandung, zeitgenössische Fotografie, Kunst nach 1945) und der konzentrierten Sammlungspräsentation Loser.
→ Oskar Kokoschka: Eine Retrospektive
Oskar Kokoschka (1886–1980) zählt zu den wichtigsten Künstlern des 20. Jahrhunderts. Im von zwei Weltkriegen erschütterten Europa, in dem realistische Kunst in Verruf geraten war, setzte sich Kokoschka unerschrocken für die Anerkennung der figurativen Kunst ein. Die Retrospektive trägt mit rund 200 Exponaten in allen von Kokoschka verwendeten Techniken – Ölmalerei, Zeichnung, Aquarell und Druckgrafik – sämtlichen Schaffensphasen des Künstlers Rechnung.
Seine letzte Retrospektive in der Schweiz fand 1986 im Kunsthaus Zürich statt. Die Ausstellung entsteht in Kooperation mit dem Leopold Museum, Wien.
→ Kunsthaus Zürich: Fly Me To The Moon
50 Jahre Mondlandung. Dieses Ereignis hat unser Verhältnis zur (Um-)Welt verändert. Wie haben Künstlerinnen und Künstler reagiert? Die Ausstellung ist ein Streifzug durch die Geschichte künstlerischer Auseinandersetzung mit dem Mond. Ausgehend von der Romantik liegt ihr Schwerpunkt in der Kunst der Gegenwart - darunter Kiki Kogelnik. 100 Werke widmen sich Themen wie Mondtopografie, Mondnacht und -schatten, Mondkrankheiten, Zero G und mediale n Inszenierungen. Die Ausstellung, die in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V. entsteht, wird anschliessend im Museum der Moderne Salzburg gezeigt.
Der 1976 in Frankreich geborene obsessive Zeichner Guillaume Bruère (* 1976) arbeitet schnell. Mit energiegeladenem vibrierendem Strich schafft er innerhalb kürzester Zeit eine Vielzahl von Werken. Dabei spielt das Porträt eine zentrale Rolle. Gerne zeichnet Bruère direkt in Museen. Er war im Louvre, in der Alten Pinakothek in München, in der Berliner Gemäldegalerie und im Kunsthaus Zürich tätig. Bei seinen Besuchen im Kunsthaus hat der Künstler 160 Zeichnungen realisiert – 38 davon allein nach dem Selbstbildnis von van Gogh. Auch im Schauspielhaus Zürich war Guillaume Bruère mehrere Male zu Gast und hat während einiger Proben gezeichnet. Die Ausstellung zeigt zum ersten Mal eine Auswahl dieser zwei Zürcher Werkgruppen.
Im Mittelpunkt dieser Ausstellung steht die Frage nach der Entwicklung der Kunst zwischen dem Schicksalsjahr 1933 und dem Jahr 1955. Wie haben Künstlerinnen und Künstler mit ihrem Schaffen auf die massiven Zäsuren von Faschismus und Zweitem Weltkrieg reagiert? Und wie fanden sie nach dem Zweiten Weltkrieg und bis in die Mitte der 1950er Jahre neue Wege, der Existenz – und der Existenz der Kunst – Gestalt zu verleihen?
Antworten auf diese Fragen bietet die Kunsthaus-Sammlung. Parallel dazu werden Forschungsergebnisse zur Herkunft von Werken thematisiert, die das Kunsthaus in den Jahren 1933 bis 1950 für die Grafische Sammlung erworben hat.
→ Henri Matisse. Der Plastiker
Henri Matisse (1869–1954) war bereits zu Lebzeiten als revolutionärer Maler und Erfinder der „Papiers découpés“ berühmt. Dass er aber auch in Ton und Gips modellierte und Wert darauflegte, als Bildhauer öffentlich wahrgenommen zu werden, ist weit weniger bekannt. Hier setzt die Ausstellung an. Gleichsam einer Metamorphose wandeln sich seine Bronzen von einer Naturform zu einer Kunstform. Dieser Prozess der Verwandlung findet Parallelen in seinem malerischen und zeichnerischen Werk (→ Henri Matisse: Das geheime Leben der Dinge). Dieses wird erstmals zu den Skulpturen in Beziehung gesetzt. Unterschiedliche Inspirationsquellen – Aktfotografien, afrikanische und antike Vorbilder – sowie Fotografien, die den Künstler als Bildhauer zeigen, runden diese fokussierte Schau ab.
Diese Präsentation von Skulpturen und Arbeiten auf Papier aus der Sammlung Hubert Looser eröffnet einen Dialog zwischen grafischen Arbeiten und den dazu passenden skulpturalen Werken von Pablo Picasso, Arshile Gorky und Andy Warhol. Über das Spiel von Linien und Texturen, die sich auf dem leeren Weiß der Zeichnungsblätter ergeben, kommt der Betrachter der Präsenz der Skulpturen im Raum näher. Zu sehen sind mehr als 80 Spitzenwerke u.a. aus dem Surrealismus, dem Abstrakten Expressionismus, dem Nouveau Réalisme, der Pop Art und der Minimal Art sowie der Arte Povera.
→ Wilhelm Leibl: Zeichnungen und Gemälde
Gut sehen ist alles! Der Schwerpunkt dieser ersten Schweizer Museumsausstellung mit Zeichnungen und Gemälden von Wilhelm Leibl (1844–1900) liegt auf dem Bildnis und der Figurendarstellung. Gefördert von Gustave Courbet, beeinflusst von Edouard Manet und geschätzt von Vincent van Gogh, gehört Leibl zu den wichtigsten Vertretern des Realismus in Europa. Die Ausstellung mit Leihgaben aus Deutschland, Österreich, Ungarn, der Tschechoslowakei und der Schweiz reist anschließend an die Albertina in Wien.
Die Sammlungsausstellung thematisiert neue künstlerische Wege der Fotografie der 1970er und 1980er Jahre. Die Szene wurde vom allgemeinen Aufbruch in der zeitgenössischen Kunst stark beeinflusst. Fotografinnen und Fotografen mit praktisch-kommerzieller Ausbildung standen Künstler-Amateuren gegenüber.
Anhand von rund 30 Einzelwerken und Editionen werden diese gegensätzlichen Haltungen in einem spannungsreichen Diskurs dargestellt. Am Ende steht die Innovation – die Fotografie erobert neue Räume und prägt die Ästhetik neuer Medien.