ARTinWORDS Logo, kleinARTinWORDS Logo, kleinARTinWORDS Logo, kleinARTinWORDS Logo, klein
  • Ausstellungen
    • Aktuelle Ausstellungen
      • Ausstellungen 2025
      • Ausstellungen in Deutschland
      • Ausstellungen in Österreich
      • Ausstellungen in der Schweiz
      • Ausstellungen in Frankreich
      • Ausstellungen in Großbritannien
      • Ausstellungen in Niederlande
      • Ausstellungen in Spanien
      • Ausstellungen in Italien
      • Ausstellungen in USA und Kanada
    • Ausstellungen Vorschau
      • Ausstellungen 2026
      • Ausstellungen 2027
      • Ausstellungen in Deutschland: Vorschau
      • Ausstellungen in Österreich: Vorschau
      • Ausstellungen in der Schweiz: Vorschau
      • Frankreich
      • Großbritannien
      • Italien
      • Niederlande
      • Spanien
      • Dänemark
      • USA und Kanada
    • Ausstellungen Archiv
      • Ausstellungen 2024
      • Ausstellungen 2023
      • Ausstellungen 2022
      • Ausstellungen 2021
      • Ausstellungen 2020
  • Künstler & Künstlerinnen
    • Berühmte Künstlerinnen
    • Alte Meister und Meisterinnen
    • Berühmte Künstler der Renaissance
    • Berühmte Künstler des Barock
    • Berühmte Künstler und Künstlerinnen: Romantik bis Jugendstil
    • Berühmte Künstler und Künstlerinnen des 20. Jahrhunderts
    • Berühmte Künstler und Künstlerinnen von heute: die Megastars der Gegenwartskunst
  • Kunstgeschichte
    • Kunstgattungen
      • Malerei
      • Zeichnung & Druckgrafik
      • Druckgrafik
      • Fotografie & Medienkunst
      • Skulptur & Installation
      • Architektur
      • Design & Kunsthandwerk
    • Kunstbegriffe
  • Themen
    • Gespräche mit Persönlichkeiten aus der Kunstwelt
    • ARTinLIFE
    • Hotels
  • Newsletter
✕

Paris Noir 4: Totems, Träume und Tropen – Afro-atlantischer Surrealismus in Paris

Veröffentlicht von Alexandra Matzner von 21. Juni 2025

Zur Ausstellung „Paris Noir“ veröffentlicht das Centre Pompidou einen 14-teiligen Podcast, der die Ziele der Schau und das kulturelle Klima gut aufschlüsselt.

ARTinWORDS bietet eine Nachlese und ordnet das Gesagte ein. Viel Spaß beim Neuentdecken der Pariser Kunst der Nachkriegszeit, die von Künstler:innen afrikanischer, afroamerikanischer und karibischer Herkunft geschaffen wurde!

Afro-atlantischer Surrealismus in Paris

Zwischen den Inseln der Karibik, den Küsten Afrikas und den Ateliers in Paris entsteht in der Nachkriegszeit eine einzigartige Form des Surrealismus – tief durchdrungen von afrikanischen Kosmologien, Spiritualität und politischen Sehnsüchten. In diesem Kapitel der Ausstellung steht das Werk des kubanischen Künstlers Wifredo Lam exemplarisch für eine Verschmelzung von Formen und Kräften, die den westlich geprägten Surrealismus dezentriert und transformiert.

 

Wifredo Lam als Brückenbauer

Wifredo Lam, ein Schüler Pablo Picassos und Vertrauter André Bretons, kehrt 1946 nach Aufenthalten in Kuba und auf Haiti erstmals wieder nach Paris zurück.1 Seine Malerei, vor allem das Werk „Umbral“ (1950, Centre Pompidou) mit einem dunklen, einfarbigen Hintergrund, entstand an einem Wendepunkt, verbindet es doch surreale Bildsprache mit afrokaribischen Symbolen. Der Begriff „Umbral“ – spanisch für Schwelle – verweist nicht nur auf die transkulturelle Passage zwischen Welten, sondern auch auf das spirituelle Moment des Dazwischen.

„Es gibt diese drei rhombischen Formen, drei Arten von Doppeldreiecken, die für die Arbeiten meines Vaters ab dieser Zeit recht typisch sind. Es herrscht eine fast geometrische Dimension vor, mit scharfen, fast aggressiven Spitzen im Vergleich zu den weichen Linien, die wir gewohnt waren. Das Interessante an diesem Werk ist, dass es einen Anfang markiert und gleichzeitig viele der Merkmale widerspiegelt, die er in den 1940er Jahren rund um das Thema Santeria entwickelte. Santeria ist eine Art Voodoo-Synkretismus, eine Kombination aus afrikanischen Religionen und Katholizismus, die in Kuba weit verbreitet war. Der Titel „Umbral“ bedeutet Schwelle. Dies könnte die Türschwelle eines Hauses bedeuten, aber auch den Übergang zwischen zwei Welten. In diesem Gemälde tauchen viele verschiedene Formen auf. Die kleinen runden Köpfe beispielsweise sind Elegguás, gemischte Charaktere, die in den Werken meines Vaters allgegenwärtig sind.“ (Eskil Lam über „Umbral“ von Wifredo Lam)

Lams Sohn Eskil beschreibt das Werk im Podcast zu „Paris Noir“ als ein „Tor zwischen den Welten“. In der reduzierten Farbpalette, den geometrischen Formen und Totems erscheint ein neues Vokabular – eines, das auf Yoruba-Kulte, Santería und das Wissen der Karibik verweist.

 

Von Paris bis Addis Abeba: Surrealismus wird afrikanisch

Die surrealistische Bildsprache wird von vielen Künstler:innen aufgegriffen und in neue Kontexte getragen. Alexander „Skunder“ Boghossian (1937–2003), äthiopischer Maler und Paris-Reisender, entwickelt aus diesen Einflüssen eine eigene Bildsprache, die Spiritualität, Geschichte und Trauma verbindet – er nennt sie „totemischer Expressionismus“.

Auch der kubanische Bildhauer Agustín Cárdenas (1927–2001) nutzt den Totem als Leitmotiv und transformiert ihn zu einer ästhetischen Figur zwischen Abstraktion und Erinnerung.

 

Ein Werkzeug der Dekolonisierung

Für viele dieser Künstler:innen ist Surrealismus keine Stilübung, sondern ein Werkzeug: zur Kritik, zur Befreiung, zur Rückverzauberung einer von Kolonialismus beschädigten Welt. Der afro-atlantische Surrealismus in „Paris Noir“ ist demuifolge nicht nur ein Unterkapitel zum Surrealismus und zur Kunstgeschichte – er ist ein politisches Instrument und zugleich eine poetische Geste.

Das Centre Pompidou macht mit Hilfe der Kunst einen Umbruch sichtbar: Der Westen ist nicht mehr alleiniger Ursprung von Avantgarde. Die Bilderwelten des Globalen Südens treten in Dialog mit den etablierten Künstlern – kraftvoll, geheimnisvoll, unerlässlich.

Wer war Wifredo Lam?

Wifredo Lam, kurz für Wilfredo Óscar de la Concepción Lam y Castilla wurde am 2. Dezember 1902 in Sagua la Grande, Kuba, geboren und verstarb am 11. September 1982 in Paris. Lam war ein kubanischer, später französischer Maler und Grafiker des Surrealistismus. Seine kraftvolle Malerei wird in enger Verbindung mit dem Santería-Kult gesehen, da sie auf wild-tänzerische Art karibisch-afrikanische Geister und Formen zu beschwören scheint.

Während seines Studiums an der Kunsthochschule in Madrid entdeckte Lam die Werke von Hieronymus Bosch und Pieter Bruegel der Altere im Prado. Neben der akademischen Technik eignete er sich eine "primitive" Ästhetik und Kenntnisse zur afrikanischen Kunst an. Als sein kleiner Sohn und seine Ehefrau Eva Piriz 1931 an der Tuberkulose starben, wurden seine Gemälde düsterer. Dies könnte dazu beigetragen haben, dass er sich dem Surrealismus zuwandte.

1938 übersiedelte Wifredo Lam nach Paris, wo ihn Pablo Picasso - Picasso hatte Lams Werk ein jahr zuvor in einer Ausstellung in Madrid entdeckt - in den Kreis um André Breton einführte. Innerhalb kürzester Zeit lernte der Kubaner Künstler wie Fernand Léger, Henri Matisse, Georges Braque und Joan Miró kennen. Auf einer Reise nach Mexiko wohnte Lam bei Frida Kahlo und Diego Rivera.

Lam schuf Bilder in denen er den Surrealismus mit Kubismus verband, tropische Vegetation mit Figuren und Symbolen der Santería. Über das im Centre Pompidou gezeigte Gemälde "Umbo" sagte er:

„Ich wollte von ganzem Herzen das Drama meines Landes malen, aber indem ich den schwarzen Geist und die Schönheit der bildenden Kunst der Schwarzen zum Ausdruck brachte.“ (Lam)

Vor dunklem Hintergrund überragen drei Totemfiguren mit Frontschilden eine hybride Figur – zwischen Pfeil und Mahongwé-Reliquiar –, die auf dem Boden zu kriechen scheint. Inspiriert von Aimé Césaires im selben Jahr erschienenem "Diskurs über den Kolonialismus" schematisierte der Künstler archaische Formen, bis er sie zu Kriegerbildern machte, die würdig waren, die Sache seines Volkes zu verteidigen. Wifredo Lam wurde schließlich von der kubanischen Regierung anerkannt und erhielt 1950 eine erste Retrospektive in Havanna.

Alle Folgen

  • Kapitel1: Paris Noir 1: „Paris wird schwarz – Eine andere Geschichte der Moderne“
  • Kapitel 2: Paris Noir 2: Eine Buchhandlung verändert die Welt – Présence Africaine und der Aufbruch der Négritude
  • Kapitel 3: Paris Noir 3: Poetische Weiten – Édouard Glissants Atlantik und das Tout-Monde
  • Kapitel 5: Paris Noir 5: Ein Sprung ins Abstrakte – Licht, Jazz und Collagen
  • Kapitel 6: Paris Noir 6: Revolutionäre Allianzen – Paris und die Welt in Bewegung
  • Kapitel 7: Paris Noir 7: Basslines der Befreiung – Schwarze Musik als Pariser Soundtrack

 

Für alle Francophilen geht es hier zum Podcast, Teil 1 → Pan-African Paris

Alexandra Matzner
Gründerin von ARTinWORDS * 1974 in Linz, Studium der Kunstgeschichte, Geschichte und Romanistik in Wien und Rom. Seit 1999 Kunstvermittlerin in Wien, seit 2004 Autorin für verschiedene Kunstzeitschriften. Jüngste Publiktionen entstanden für das Kunsthaus Zürich, Schirn Kunsthalle Frankfurt, Albertina und Belvedere in Wien.
Copyright by ARTinWORDS
  • Publikationen
  • Biografie
  • Kontakt
  • Impressum
    Diese Website benutzt Cookies. Wenn du die Website weiter nutzt, gehen wir von deinem Einverständnis aus.OK