Hieronymus Bosch

Wer war Hieronymus Bosch?

Hieronymus Bosch (Jheronimus van Aken, † 9.8.1516 's-Hertogenbosch) war bereits zu seinen Lebzeiten für seine außergewöhnlichen Bilder und Höllendarstellungen bekannt: der Garten der Lüste, die Versuchung des hl. Antonius und phantasievolle Darstellungen des Jenseits gehören auch heute noch zu seinen berühmtesten Werken.
Die Anzahl der Bilder des niederländischen Renaissance-Malers Hieronymus Bosch ist quantitativ überschaubar: 25 Gemälde und 25 Zeichnungen gelten heute als authentisch. Über seine Bilder und deren Rezeption schweigen die zeitgenössischen Quellen, erst etwa 50 Jahre nach seinem Tod († 1516) wird er als berühmter Maler bezeichnet. Die inhaltliche Deutung hat daher von den Werken selbst auszugehen. Indem sich Hieronymus Bosch von ikonografischen Traditionen freispielte, eröffnete er der Kunst neue Möglichkeiten der Poesie und des Dämonischen. Seine Höllendarstellungen voller Monster sind legendär und ließen ihn früh zum häufig kopierten (u.a. von Pieter Bruegel der Ältere) und imitierten „Teufelmacher“ werden.

Hieronymus Bosch in `s-Hertogenbosch

Hiernoymus Boschs eigentlicher Geburtsname ist Jheronimus van Aken, allerdings signierte  er als „Jheronimus Bosch“. Bosch wurde um 1450 in `s-Hertogenbosch in einer Künstlerfamilie geborenen und verstarb nachweislich 1516 in seiner Geburtsstadt. Das Porträt Boschs ist durch einen Stich von Cornelis Cort überliefert, das allerdings erst 1572 und somit 36 Jahre nach dem Ableben des Künstlers publiziert wurde.1 Ein Bild eines Anonymus zeigt den Hauptplatz des spätmittelalterlichen `s-Hertogenbosch und das Haus des Renaissance-Künstlers (um 1530), wo er zwischen 1462 und 1516 lebte. Zu Lebzeiten des Malers war `s-Hertogenbosch eine wohlhabende Handelsstadt im Rhein-Maas-Delta.

Der Erfolg als Künstler brachte Bosch sozialen Aufstieg: Von 1487 bis 1488 war er ein vereidigtes Mitglied der Bruderschaft Unserer Frau (Marienbruderschaft), wo er in Kontakt mit der Elite der Stadt trat bzw. selbst Teil davon wurde, wie seine Hochzeit mit der Tochter eines wohlhabenden Patriziers, Aleid van Meervenne, im Juni 1481 belegt. Einige seiner Brüder beauftragten ihn auch mit Kunstwerken, wie Peter van Os. Im Jahr 1504 besuchte Philipp der Schöne die Stadt und beauftragte Hieronymus Bosch mit einem Weltgerichtsaltar (→ Hieronymus Bosch: Weltgerichtstriptychon).

Das Fehlen einer lokalen Tradition und einer regulierenden Malergilde ermutigten Hieronymus Bosch, einen einzigartigen Stil zu entwickeln. Ausgangspunkt seiner Entwicklung ab 1474 waren Werke von Jan van Eyck (z. B. „Genter Altar“, 1430er Jahre), von denen er sich jedoch schon bald technisch wie ikonografisch emanzipierte. Seine technischen Neuerungen, vor allem seine unverwechselbare Oberflächenbehandlung, sowie die Inhalte seiner oft kaum entschlüsselbaren Bilder sind legendär (→ Hieronymus Bosch. Leben und Bilder).

Versuchung des hl. Antonius

Die Versuchung des hl. Antonius gehört zu den von Hieronymus Bosch häufig bearbeiteten Themen: das Triptychon der „Versuchung des hl. Antonius“ (um 1500–1505) aus Lissabon, die jüngst Bosch persönlich zugeschriebene „Versuchung des hl. Antonius“2 (um 1505–1510) aus Kansas City, eine Studie aus dem Louvre und die beiden Versionen der „Versuchung des hl. Antonius“ aus dem Prado – eine ein Original von Bosch und die andere eine Werkstatt-Kopie,

Die Gestaltungen des Hintergrundes der „Versuchung des hl. Antonius“ in Lissabon bezieht sich nicht wirklich auf die Lebensgeschichte des Heiligen. Hieronymus Bosch ließ sich hierbei von seiner Fantasie leiten, wie vor allem die Darstellungen der Dämonen lebhaft bezeugen. Sie werden den Renaissance-Künstler bis heute berühmt machen und ihm schon wenige Jahre nach seinem Tod als „Teufelsmaler“ in die Geschichte eingehen lassen. „Die Versuchung des hl. Antonius“ ist das am intensivsten erforschte Werk Boschs und das im 16. Jahrhundert am häufigsten kopierte.

Der Heuwagen

„Der Heuwagen“ ist eines der populärsten Werke von Hieronymus Bosch und, wie die jüngsten naturwissenschaftlichen Untersuchungen belegten, eine späte Arbeit, die zwischen 1512 und 1515 entstanden ist. In seiner Nähe hat die Kuratorin Pilar Silva weitere Triptychen aufgestellt, in denen Paradies und Hölle – wenn auch in anderer Form – dargestellt werden. Traditionellerweise zeigen solche dreiteiligen Altäre auf der Mitteltafel das Jüngste Gericht. So zu sehen im gleichnamigen Werk aus Brügge. Hieronymus Bosch schuf mit dem „Heuwagen“-Triptychon eine völlig neuartige Zusammenstellung: im Zentrum das titelgebende Gefährt, flankiert vom „Sündenfall“, bestehend aus dem Engelssturz und dem Sündenfall, links und „Hölle“ rechts, während sich die beiden Außenseiten zu einer Darstellung eines „Landstreichers“ vereinen. Letzterer ist ein Wanderer auf der Erde sicher ohne Ziel, aber vielleicht auch ohne Erlösung?

Die gesamte Innenseite des Triptychons ist der Sünde gewidmet: Männer und Frauen aller sozialen Klassen geben sich im Zentrum des „Heuwagens“ irdischen Gelüsten und materiellen Gütern hin. Hinter dem Heuwagen reiten der Papst, ein König und weitere Repräsentanten. Dämonen führen sie in Richtung Hölle, die von Teufeln noch errichtet wird. Der Heuwagen funktioniert in der Bilderzählung also wie ein Spiegel, in dem sich die Betrachter_innen selbst erkennen sollten (konnten). Um der ewigen Bestrafung in der Hölle zu entgehen, sollten sie das Böse vermeiden (mehr als gute Taten sammeln). Das Werk wird daher als exemplum contrarium, als Gegenbeispiel, gewertet. Zwei in der Nähe ausgestellte Zeichnungen beziehen sich auf die Komposition und sind Einzelstudien von grotesken und fantasievollen Wesen.

Der Garten der Lüste

Das wohl berühmteste und größte erhaltene Werk des Künstlers ist zweifellos „Der Garten der Lüste“. Das Triptychon wurde von Engelbert II. von Nassau in Auftrag gegeben, der auch das „Stundenbuch des Engelbert von Nassau“ (Bodleian Library, Oxford) beim Wiener Meister der Maria von Burgund sowie die „Vision des Ritters Tondal“ (Getty Museum, Los Angeles) bei Simon Marmion bestellte.3 Bereits ein Jahr nach dem Tod des Künstlers (1517) befand sich das Werk im Brüsseler Stadtpalais des Grafen von Nassau, wo es nicht als Altarbild, sondern als Kunstwerk in der Sammlung verwahrt wurde. Seit 1593 ist es im Escorial inventarisiert.

Der „Garten der Lüste“ – der ursprüngliche Titel des Werks ist nicht bekannt – verbindet eine erotische Szenerie mit biblischer Perspektive. Die farblosen Außenseiten zeigen im geschlossenen Zustand die Erschaffung der Welt, eigentlich die Welt am dritten Tag, als sie nur von Pflanzen belebt war. In der obersten, linken Bildecke hockt der mit einer Tiara bekrönte Gottvater. Innen: Die linke Tafel ist Gott und dem Urelternpaar Adam und Eva allein vorbehalten. Der Schöpfergott, der als jugendlicher Christus dessen Opfertod bereits vorwegnimmt, führt Eva dem im Gras sitzenden Adam zu. Die Welt ist als paradiesische Weltlandschaft mit hohem Horizont ausgebildet. Tiere und Pflanzen verweisen auf Harmonie, Fruchtbarkeit und ewiges Leben (Drachenbaum hinter Adam). Der rosa „Brunnen, der alles Land bewässert“ im Zentrum der Komposition wirkt verspielt und fantasievoll, wenn nicht in seinem Zentrum eine Eule, der vieldeutige Nachvogel, sein Nest gebaut hätte. Die exotischen Tiere und Mischwesen werden in der Literatur als „Möglichkeitsformen der Schöpfung“ gedeutet.4

Die Horizontlinie setzt sich in die Mitteltafel fort, deren Fülle kaum zu überblicken ist und daher eindeutig überfordern muss. Hier schildert Hieronymus Bosch eine Gegenwelt, ein irdisches Paradies, einen irdischen Garten der Lüste, in dem Sexualität frei ausgelebt wird. Doch nicht nur die unmöglichen Proportionsverhältnisse und fantasievollen Details verwundern die Betrachter_innen. Bosch imaginiert das Paradies, als ob es den Sündenfall nie gegeben hätte. So entsteht die Vision einer harmonischen Existenz des Menschen in der Natur. Erdbeeren, Kirschen, Fruchtkapseln stehen für die Fruchtbarkeit ohne Sünde und Tod und Schmerzen bei der Geburt.

Die rechte Tafel ist einer nächtlichen Höllendarstellung gewidmet, die genauso aus dem Vollen schöpft wie das zentrale Bildfeld. Mit Hilfe der um 1500 bereits unzeitgemäßen Perspektive bietet Hieronymus Bosch eine Vielzahl von Figuren und Episoden Platz. Der Horizont wird von brennenden und explodierenden Ruinen gebildet. Anstelle unberührter Natur wie im Paradies ist nun die pervertierte Zivilisation offenbar die Bühne des Spektakels: ein vogelköpfiges Ungeheuer rechts frisst Menschen und scheidet sie wieder aus. Hier könnte sich Hieronymus Bosch auf Tundal“ beziehen. Musikinstrumente werden missbraucht, um einen höllischen Lärm zu veranstalten, an dem die Menschen genauso leiden wie an der eisigen Kälte. Die beiden riesigen Ohren, die ein Messer halten, sind Symbole für Denunziantentum und Leidenswerkzeug. Der zentrale Baum-Mensch findet sich auch in der Albertina-Zeichnung wieder, dort allerdings in einer idyllischen Landschaft positioniert. Die perfekt ausgeführte Meisterzeichnung darf daher als autonome Nachschöpfung (?) angesprochen werden und ist nicht als Entwurfsblatt anzusehen. Damit zeigt sich Hieronymus Bosch als einer der ersten Künstler nördlich der Alpen, der Zeichnungen als neues Medium und Objekt des Kunstmarkts schuf. Ob sich in dem leicht lächelnden Gesicht wirklich ein Selbstbildnis des Künstlers verbirgt, konnte bislang noch nicht eindeutig bewiesen werden.

Beiträge zu Hieronymus Bosch

23. April 2019
Hieronymus Bosch, Der Garten der Lüste, Triptychon, um 1490–1500, Öl auf Holz, 185.8 x 172.5 cm (Mitteltafel); 185.8 x 76.5 cm (linke und rechte Tafel) (Madrid, Museo Nacional del Prado. Depósito de Patrimonio Nacional)

Hieronymus Bosch: Biografie Lebenslauf des berühmtesten niederländischen Malers um 1500

Hier findest du die wenigen gesicherten Daten zum Leben von Hieronymus Bosch (um 1450-1516), dem berühmtesten Maler der Niederlande um 1500: Kindheit, Ausbildung, Ehefrau, Bruderschaft, Auftrag für Philipp.
6. November 2017
Hieronymus Bosch, Weltgerichts-Triptychon, um 1490–um 1505, Öltempera auf Eiche © Gemäldegalerie der Akademie der bildenden Künste Wien

Hieronymus Bosch zieht um: Akademiegalerie Wien zu Gast im Theatermuseum Von Cranach bis Füger, Bosch tritt auf & Thomas Ender in Brasilien

Neuaufstellung der Akademiegalerie Wien: von Cranach bis Füger: Die Ausstellungsfläche im Theatermuseum lädt ein zum Durchwandern von sechs Jahrhunderten europäischer Malereigeschichte sowie einer ersten Präsentation zu Thomas Enders aquarellierten Zeichnungen der Überfahrt nach Brasilien (1817).
19. Juli 2016
Hieronymus Bosch, Die Versuchung des hl. Antonius, Mitteltafel, um 1500–1505, Öl auf Holz, 131.5 x 111.9 cm (Museu Nacional de Arte Antiga, Lissabon)

Hieronymus Bosch. Leben und Bilder Das vollständige Werk des niederländischen Renaissancemalers

Das Werk des niederländischen Renaissancemalers Hieronymus Bosch ist quantitativ überschaubar: 25 Gemälde und 25 Zeichnungen gelten heute als authentisch. Über seine Bilder und deren Rezeption schweigen die zeitgenössischen Quellen, erst etwa 50 Jahre nach seinem Tod († 1516) wird er als berühmter Maler bezeichnet. Die inhaltliche Deutung hat daher von den Werken selbst auszugehen. Indem er sich von ikonografischen Traditionen freispielte, eröffnete er der Kunst neue Möglichkeiten der Poesie und des Dämonischen. Seine Höllendarstellungen voller Monster sind legendär und ließen ihn früh zum "Teufelmacher" werden.
3. Juli 2016
Jan Mandyn (1502–um 1560), Die Verspottung des Hiob, 16. Jahrhundert (Privatsammlung, Niederlande, by courtesy of Hoogsteder & Hoogsteder, Den Haag)

Bosch, Bruegel und die Druckgrafik Teufel, Dämonen und Mischwesen

Die von Hieronymus Bosch geschaffenen Kunstwerke mit ihren absonderlichen Mischwesen, Dämonen und Teufeln übten bereits auf seine Zeitgenossen eine große Faszination aus. Um die Nachfrage nach seinen Werken zu stillen, ließen sich Nachfolger von seinen Dämonen und Mischwesen inspirieren. Der wichtigste, weil eigenständigste war zweifellos Pieter Bruegel d. Ä.
20. Juni 2016
Hieronymus Bosch mit Werkstatt, Das Jüngste Gericht, Weltgerichtstriptychon, um 1500–1505 Öl auf Eichenholz, linker Flügel 163 x 60 cm; Mitteltafel 163 x 127 cm; rechter Flügel 163 x 60 cm (Gemäldegalerie der Akademie der bildenden Künste, Wien, Inv.-Nr. gg-579–gg-581)

Hieronymus Bosch: Weltgerichtstriptychon in der Gemäldegalerie der Akademie der bildenden Künste Wien

Hieronymus Bosch's Weltgerichtstriptychon in Wien ist nach dem „Garten der Lüste“ im Prado das größte Werk des Niederländers aus 's-Hertogenbosch und seiner Werkstatt.
31. Mai 2016
Hieronymus Bosch, Der Garten der Lüste, um 1490–1500, Mitteltafel: Lebensbrunnen (Madrid, Museo Nacional del Prado. Depósito de Patrimonio Nacional)

Hieronymus Bosch: Garten der Lüste & Versuchung Ausstellung des Prado zum 500. Todestag des Renaissance-Malers

Der Prado besitzt die größte und laut Selbstdefinition „beste“ Sammlung von Werken des Hieronymus Bosch, darunter das Triptychon „Der Garten der Lüste“, der „Heuwagen“ und die „Anbetung der Könige“.
16. März 2013
Pieter Bruegel der Ältere, Die großen Fische fressen die kleinen, Detail, 1556, Feder und Pinsel, Foto: Alexandra Matzner.

Bosch Bruegel Rubens Rembrandt Niederländisch-flämische Meisterwerke der Albertina

„Bosch, Bruegel, Rubens, Rembrandt“, sind für Dir. Klaus-Albrecht Schröder „vier Namen, die wohl jeder kennt“ und symbolisieren für ihn auch die ältere und jüngere Geschichte der Albertina. Neben den wichtigen Dürer-Beständen, die derzeit in der National Gallery in Washington ausgestellt werden, bilden diese Zeichnungen eine Basis der größten Grafiksammlung der Welt.
  1. in: Cornelis Cort, Pictorium aliquot celebrium Germaniae Inferioris effigies.
  2. Im Rahmen der jüngsten Forschungen konnte die Tafel aus Kansas City als Original von Hieronymus Bosch erkannt werden: Neu entdecktes Bosch-Gemälde im Nelson Atkins
  3. Der Prado zeigt sein Porträt des Engelbert von Nassau vom Meister der Prinzenporträts aus dem RIjksmuseum, Amsterdam.
  4. Hans Belting, Hieronymus Bosch. Garten der Lüste, München 2002, S. 26.