Angelika Kauffmann (1741–1807) war eine Malerin des Klassizismus, die zu den gefragtesten Porträtistinnen und Historienmalerinnen des späten 18. Jahrhunderts zählt. Kauffmann gehörte zudem zu den Gründerinnen der Royal Academy in London.
Maria Anna Angelica Catharina Kauffmann kam am 30. Oktober 1741 in Chur, Freistaat der Drei Bünde in der Schweiz (heute Kanton Graubünden) zu Welt. Ihr Vater Joseph Johann Kauffmann (1707–1782) war ein österreichischer Portrait- und Freskenmaler, ihre Mutter Cleophea Kauffmann, geborene Lutz, war Hebamme. Die sechsjährige Angelika Kauffmann galt bereits als zeichnerisches Wunderkind. Zudem zeigte die Sopranistin großes musikalisches Talent. In jungen Jahren machte sie sich bereits als Portraitmalerin und Sängerin in Österreich und Italien einen Namen.
1752 zog die Familie von Chur nach Como (Lombardei), wo ihr Vater für die Grafen von Salis arbeitete, einem alten Schweizer Adelsgeschlecht aus Soglio im Bergell im Süden Graubündens. Sie wurden später auch zu den größten Auftragsgebern Angelika Kauffmanns. Ihre ersten Lehrer waren ihr Vater, zudem prägten sie verschiedene Privatlehrer privat in Como und Mailand (in Malerei und Musik). Im Alter von zwölf Jahren malte Angelika Kauffmann 1753 ihr erstes Selbstbildnis.
Die Familie Kauffmann unternahm zwischen 1754 und 1757 ausgedehnte Reisen nach Italien an den Mailänder Hof des österreichischen Generalsgouverneurs, Francesco III. d´Este, Herzog von Modena und Reggio, Parma, Florenz, Bologna. Angelika Kauffmann lernte in ihrer Jugendzeit viele herrschaftliche Paläste, Villen und Theater kennen, die sie ob ihrer Pracht und Geschichte sehr faszinierten.
Als Angelika Kauffmanns Mutter am 1. März 1757 in Mailand starb, entschloss sich Kauffmann, sich professionell der Malerei zu widmen. Mit ihrem Vater zog die 16-jährige Angelika ins väterliche Haus nach Schwarzenberg im Bregenzerwald, wo etliche Jungendwerke entstanden.
Nach einem verehrenden Brand in der örtlichen römisch-katholischen Pfarrkirche Schwarzenberg, übernahm ihr Vater die innere Neugestaltung. Angelika Kauffmann fertigte hierfür 13 Apostelfiguren nach den Vorlagen von Giovanni Battista Piazzetta (1682–1754), einem italienischen Maler und Radierer des Barock und Rokoko. Etwas später, spendete sie auch noch das Hochaltarbild. Diese Arbeiten blieben die einzigen Werke auf dem Gebiet der Wandmalerei Angelika Kaufmanns.
Zwischen 1757 und 1759 reiste Angelika Kauffmann im Auftrag des Fürstbischofs von Konstanz, Franz Konrad von Rodt (1706–1775), nach Meersburg und Tettnang, in Baden-Württemberg. Dort erhielt sie auch einen weiteren Auftrag zu Portraits der gräflichen Familie Montfort.
Als Kauffmann gemeinsam mit ihrem Vater 1760 eine Reise nach Italien antrat, um die Kunst der Antike und der Renaissance vor Ort studieren zu können, finanzierten sie sich die Reise durch das Porträtieren von Einheimischen.
Vater und Tochter Kauffmann hielten sich für längere Zeit in Mailand, Modena, Parma und Florenz auf (1760–1762). In den berühmten Sammlungen der Modena d´Este in Mailand, Sampieri in Bologna, Medici in Florenz, Borghese in Rom, setzte sich Angelika Kauffmann mit den Werken der Alten Meister auseinander. In Rom erhielt sie zahlreiche Porträt-Aufträge von Grand Tour Reisenden aus England, Frankreich, Polen, Russland und Deutschland. Diese Verbindungen halfen ihr später in London wichtige Kontakte zu englischen Auftraggebern zu knüpfen.
Am 5. Oktober 1762 wurde Angelika Kauffmann mit 21 Jahren zum Ehrenmitglied der Accademia Clementina di Bologna gewählt. Fünf Tage später, am 10. Oktober 1762, erhielt sie das Diplom der Accademia del Disegno. Angelika Kauffmanns hatte das Bestreben, in der Historienmalerei zu Ruhm zu gelangen, einer Gattung, die vornehmlich Männern vorbehalten war.
Bereits 1762 verband Angelika Kauffmann eine enge Freundschaft mit Johann Friedrich Reiffenstein (1719–1793), einem Maler und Altertumsforscher der in Rom auch als deutscher Cicerone, resp. Fremdenführer, für prominente Reisende arbeitete und auch als Kunstagent tätig war. Er war es auch, der Kauffmann in die Technik der Radierung einwies. So entstanden von 1762 bis 1779 insgesamt 41 eigenhändige Radierungen Kauffmanns.
Zwischen 1763 und 1766 lebte Angelika Kauffmann mit ihrem Vater in Rom, wo sie viele Porträts schuf, vor allem das 1764 entstandene Bildnis von Johann Joachim Winckelmann (1717–1768), dem berühmten deutschen Archäologen, Bibliothekar, Antiquar und Kunstschriftsteller der Aufklärung. Kauffmann folgte seinem Leitsatz von „edler Einfalt und stiller Größe“. Mit seinem Portrait im Typus des Gelehrtenbildnisses, erlangte Kauffmann schlagartig Bekanntheit. In dieser Zeit entstanden auch ihre ersten großformatigen Historienbilder, die ihr den Durchbruch als Historienmalerin ermöglichen.
In den Jahren 1763/64 reisten Angelika Kauffmann und ihr Vater nach Neapel und Ischia, wo sie vom König von Neapel die Erlaubnis bekam, im Palazzo Capodimonte einige Kopien anfertigen zu dürfen. Zu dieser Zeit, spezialisierte sich Kauffmann auf Portraits, vorwiegend von Italienreisenden und Engländern. 1764 malte Kauffmann das Bildnis des englischen Schauspielers David Garrick (1717–1779), das ihr so gut gelang, dass ihr Vater es nach London zur Ausstellung der Society of Artists schickte. Durch dieses Bildnis erlangte die klassizistische Malerin auch in England Berühmtheit.
Am 5. Mai 1765 gelang Angelika Kauffmann mit dem Bild „Die Hoffnung“ die Aufnahme zum Mitglied der Accademica di San Luca in Rom. Im selben Jahr trat Angelika Kauffmann noch eine Reise über Bologna nach Venedig an.
Vater und Tochter Kauffmann übersiedelten 1766 auf Empfehlung Lady Wentworth nach London, wo sie vorrübergehend in einer Wohnung in der Suffolk Street in Charing Cross lebten. Am 30.Juni besuchte Kauffmann dort den englischen Maler Joshua Reynolds (1723–1792) in dessen Atelier. Im Oktober begann sie Reynolds zu portraitieren. Obschon sie seinen Heiratsantrag ablehnte, förderte Reynolds sie weiterhin. Kauffmann und Reynolds porträtierten einander gegenseitig (Plympton bei Plymouth).
Am 22. November 1767 heiratete Angelika Kauffmann den angeblichen Grafen Frederick de Horn, sein eigentlicher Name war jedoch Brandt (er starb 1780/81). Nach kurzer unglücklicher Ehe stellte er sich als Heiratsschwindler heraus und mit verschwand Kauffmanns Ersparnissen. Die Ehe wurde am 10. Februar 1768 durch ein Gericht der anglikanischen Staatskirche für ungültig erklärt.
Angelika Kauffmann und die britische Porträt- und Blumenmalerin Mary Moser (1744–1819) waren 1768 die einzigen Frauen von 22 Gründungsmitgliedern der Royal Academy, die von Joshua Reynolds geleitet wurde. Die beiden Künstlerinnen blieben für die nächsten 200 Jahre, die einzigen weiblichen Mitglieder der Royal Academy. 1780 erhielt Angelika Kauffmann von der Royal Academy den Auftrag, für das Somerset House vier Deckengemälde zu malen.
Zu dieser Zeit begann Kauffmann zahlreiche religiöse Darstellungen und antike Szenen nach Homer, Vergil oder Tasso zu malen. Kleinformatige gefühlvolle Bilder, die berühmte Frauen, ihre Empfindsamkeit und ein sentimentales Frauenideal transportierten und als Heldinnen im Mittelpunkt standen, wie Ariadne auf Naxos, Kalypso, Cornelia, die Mutter der Gracchen oder die Irre Marie nach einer Erzählung von Laurence Sterne‘s (1713–1768) Bestseller „Eine empfindsame Reise“. Die Werke Kauffmanns kamen bei ihren Kunden sehr gut an und prägten so das neue Weiblichkeitsideal der Aufklärung.
In London wurde Angelika Kauffmann zu einer der bedeutendsten Künstlerinnen des Klassizismus und erlangte auch international große Bekanntheit, nicht zuletzt, dank ihrer hervorragenden Kontakte in der Kunstszene. Viele ihrer Gemälde wurden in hohen Auflagen im Tiefdruckverfahren des Punktstiches (auch Opus Mallei genannt) und der Crayonmanier (auch Kreidetechnik oder Pastellstich genannt) vervielfältigt. Vor allem die Arbeiten William Wynne Ryland (1732–1783) und Francesco Bartolozzi (1728–1815), die Stiche nach Kauffmann anfertigten, erfreuten sich großer Beliebtheit.
Im Juli 1781 heiratete die 39-jährige Kauffmann auf Wunsch ihres Vaters den 55-jährigen venezianischen Maler Antonio Zucchi (1726–1795) in London. Zucchi wurde in Folge auch Kauffmanns Manager. Mit ihm schloss sie einen Ehevertrag, der ihr die freie Verfügung über ihre Einkünfte sicherte. Das Paar unternahm etliche Reisen, unter anderem nach Flandern, Verona, Padua und Venedig. Zusammen mit ihrem Vater und ihrem Ehemann verließ sie endgültig London, um sich in Rom nieder zu lassen. Joseph Johann Kauffmann verstarb Anfang Januar 1782 während eines Zwischenaufenthaltes in Venedig.
Im November 1782 richtete sich das Paar ein Haus mit Atelier bei Santa Trinitá dei Monti auf dem Pincio in Rom ein. Sie bewohnen in der Via Sistina 72 einen Palazzo, in dem der deutsche Maler Anton Raphael Menges (1728–1779) bis zu seinem Tod gelebt hatte. Der Salon von Angelika Kauffmann wurde zum kosmopolitischen Treffpunkt der geistigen Elite des 18. Jahrhunderts (Aristokraten, Künstlern, Diplomaten, Bankiers und Intellektuellen). Zu Kauffmanns Auftraggebern zählte unter anderem Kaiser Joseph II. (1741–1790) der Zar von Russland, Paul I., die Könige von Neapel und Polen sowie auch Papst Pius VI. Sie pflegte Freundschaften mit Literaten, Wissenschaftlern und bildenden Künstlern, wie mit der französischen Künstlerin Elisabeth Vigeé-Lebrun (1755–1842), dem Schweizer Maler und Grafiker Salomon Gessner (1730–1788), dem deutschen Dichter Friedrich Gottlieb Klopstock (1724–1803) oder dem Schweizer Arzt Samuel Auguste Tissot (1728–1797).
Angelika Kauffmann vollendete 1784 das von Ferdinand IV. und seiner Frau Königin Maria Karoline von Österreich in Auftrag gegebene große Bildnis der Königlichen Familie von Neapel und Sizilien. Königin Maria Karoline versuchte vergebens, Angelika Kauffmann als Hofmalerin zu gewinnen.
Johann Wolfgang von Goethe (1749–1832) kam 1787 nach Rom. Es entwickelte sich zwischen Kauffmann und Goethe eine tiefe Freundschaft. Auch Anna Amalia von Sachsen-Weimar-Eisenbach (1739–1807), die in Begleitung mit dem deutschen Dichter, Übersetzer, Theologe und Philosoph der Weimarer Klassik, Johann Gottfried Herder (1744–1803) reiste, war Gast in der Via Sistina 72. Letzterer bezeichnete Angelika Kauffmann als die „kultivierteste Frau Europas“. Kaufmann porträtierte alle drei und zählte bald sie zu den engsten Vertrauten des Goethe Kreises.
Der Bruder ihres Ehemannes, der Kupferstecher Giuseppe Carlo Zucchi (1721–1805), brachte 1788 den ersten Teil einer Biografie über seine berühmte Schwägerin heraus. 1795 starb Kauffmanns Ehemann Antonio Zucchi. Ab diesem Zeitpunkt lebte Angelika Kauffmann sehr zurückgezogen und widmete sich immer stärker religiösen Themen. Aufgrund der Besetzung Roms durch die Franzosen kam es 1798 zur Entwertung von Kauffmanns Vermögen. Angelika Kauffmann erhielt 1805 einen letzten großen Portraitauftrag von Kronprinz Ludwig I. von Bayern (1786–1868).
Angelika Kauffmann verstarb am 5. November 1807 im Alter von 66 Jahren. Sie und ihr Ehemann Antonio Zucchi wurden in der Kirche Sant´Andrea delle Fratte in Rom bestattet. Ihr Begräbnis wurde als das feierlichste nach dem großen Raffael bezeichnet. Eine große Menschenmenge, darunter Professoren der Akademie sowie Künstlerkollegen und Freunde begleiteten die Künstlerin auf ihrem letzten Weg. Antonio Canova (1757–1822) gehörte zu den Sargträgern.
Angelika Kauffmann hinterließ ein beträchtliches Vermögen, über 800 Werke sowie eine große Kunst- und Büchersammlung.