Claude Mellan
Wer war Claude Mellan?
Claude Mellan (Abbeville 23.5.1598–9.3.1688 Paris) war ein französischer Kupferstecher und Maler des Barock. Anatole de Montaiglon sammelte 400 Kupferstiche von Claude Mellan, von denen nur etwa 100 erhalten sind. Der Künstler stach auch zahlreiche Porträts, vor allem Büsten. Sein berühmtestes Werk ist die „Vera Icon“ oder „Das Schweißtuch der Veronika“, das wahre Abbild Christi, das er 1649 mit nur einer an- und abschwellenden Spirallinie als technisch virtuoses Meisterwerk schuf.
Kindheit & Ausbildung
Claude Mellan wurde am 23. Mai 1598 in Abbeville im nordfranzösischen Departement Somme als Sohn eines Kupferschmieds geboren. Mellan verbrachte seine Jugend in Paris.
Seine ersten Lehrer sind nicht bekannt, aber man geht davon aus, dass seine frühen Stiche den Einfluss von Léonard Gaultier erkennen lassen.
Claude Mellan
Claude Mellans erster Stich, den er für die Philosophische Dissertation von Guillaume de Longueil am Collège Mathurin anfertigte, belegt, dass er sich 1619 in Paris aufhielt. Fünf Jahre später reiste er mit finanzieller Unterstützung von Nicolas-Claude Fabri de Peiresc nach Italien.
Im Jahr 1624 studierte Mellan kurze Zeit bei Francesco Villamena in Rom die Kunst des Kupferstichs. Da Villamena im selben Jahr starb, wurde Mellan Schüler von Simon Vouet (1590–1649). Vouet ermutigte Mellan zum Zeichnen, da er es sowohl für den Kupferstich als auch für die Malerei als unerlässlich erachtete.2 Viele seiner römischen Stiche sind Reproduktionen von berühmten Kunstwerken unter anderem von Pietro da Cortona oder Gian Lorenzo Bernini (1598–1680). Über Mellans Leben ist zwar wenig bekannt, doch seine umfangreiche Produktion und sein soziales Netzwerk, das auf seinen zahlreichen und prestigeträchtigen Aufträgen beruhte, rückten ihn ins Zentrum des Goldenen Zeitalters des französischen Kupferstichs.
Claude Mellan kehrte 1636 nach Frankreich zurück und ließ sich in Aix-en-Provence nieder. In diesen Jahren stach er nach den Anweisungen des Astronomen Nicolas-Claude Fabri de Peiresc und Pierre Gassendi die Oberfläche des Vollmondes (unsigniert und undatiert) und Mondphasen (1636 publiziert). Dafür nutzte er ein erst wenige Jahre zuvor in den Niederlanden erfundenes Teleskop. Der Künstler übertrug seine Beobachtungen in das feine, horizontal ausgerichtete Liniensystem der Kupferplatte.3
- Claude Mellan, Das Schweißtuch der hl Veronika, 1649, Kupferstich on wove paper, 49.5 x 37.3 cm (National Gallery of Canada, Ottawa. Photo NGC)
Ein Jahr später zog er nach Paris (1637), wo er als Porträtist des französischen Königs tätig wurde und von 1642 bis zu seinem Tod im Louvre wohnte. Dort entwickelte er jene eigenwillige Technik, die ihn heute zu einem der berühmtesten Druckgrafiker des 17. Jahrhunderts machte. Anstatt Schattierungen durch Kreuzschraffuren zu erzeugen, nutzte Claude Mellan ein System paralleler Linien und regulierte den Tonwert durch Variation ihrer Breite und Dichte, durch das An- und Abschwellen unter anderem einer Spirallinie.
Mellan schuf zahlreiche Kupferstiche religiösen Inhalts, darunter das berühmte „Heilige Antlitz Christi auf dem Schleier der Veronika“ oder „Vera Icon“ (1649). Dieses Werk, das als das Meisterwerk von Claude Mellan gilt, wurde mit einer einzigen Strichführung ausgeführt, die von der Nasenspitze des Gesichts ausgeht und gegen den Uhrzeigersinn eine durchgehende, wellenförmige Spirale beschreibt, die sich erweitert, um das Gesicht zu vervollständigen. Die Konturen des Gesichts und des scheinbar darunterliegenden Tuchs werden so durch den Aufsatzwinkel und die Tiefe des Stichs, aber auch durch die Ondulationen der Linie erzeugt.4 Im Unterschied zur Zeichnung sind beim Stich keinerlei Korrekturen möglich, was das perfekte Resultat umso beeindruckender macht.
Am unteren Bildrand finden sich sowohl die Hinweise zum Autor, zum Ort der Entstehung und Datierung als auch eine Inschrift in römischen Majuskeln: „FORMATVR VNICVS VNA / NON ALTER [Der Einzige von der einen geformt / kein anderer]“ Der Text wurde von Mellans Freund, dem Abt Michel de Marolles, verfasst und bezieht sich subtil sowohl auf den Gottessohn und seine Mutter Maria als auch auf den Kupferstich. Das „wahre Bild“ Christi, die „vera icon“, ist aus einer einzigen Linie geformt, und niemand außer Mellan wäre dazu in der Lage gewesen.
Die Albertina in Wien besitzt die Rötel-Zeichnung eines „Satyr“ (um 1649). Mellan setzte den Rötel auf der Nasenspitze des Satyrn an und führte ihn, wohl mithilfe eines Zirkels, in annähernd kreisförmigen Bewegungen nach außen. Durch unterschiedlich starken Druck und verschiedene Neigungswinkel des Stifts auf dem Papier variierte er die Linie so, dass nach und nach das Antlitz der Figur zutage tritt.
Tod
Claude Mellan starb am 9. März 1688 im Alter von 89 Jahren in Paris.
Nachruhm
Ende des 18. Jahrhunderts urteilte Joseph Strutt (in Kenntnis der weichen Aquatinta- und Mezzotinto-Technik):
„Der Effekt, den er mit dieser Gravurmethode erzielte, ist weich und klar. Bei einzelnen Figuren und kleinen Motiven war er sehr erfolgreich; bei großen Motiven jedoch, bei denen eine große Schattentiefe erforderlich war, scheiterte er.“5

