Porzellan in Japan
Japanisches Porzellan ist seit dem frühen 17. Jahrhundert bekannt und wird bis zum heutigen Tag mit den gleichen Methoden hergestellt. Aufgrund eines Vorkommens von Porzellanerde in Arita befinden sich dort die wichtigsten Porzellanmanufakturen. Da im 17. Jahrhundert holländische Händler das Porzellan über den Hafen Imari verschifften, wird das japanische Porzellan auch Imari-Porzellan genannt. Eine Sonderform stellt das Kakiemon-Porzellan dar.
Das japanische Porzellan unterscheidet sich vom chinesischen Ming-Porzellan durch eine stärkere Festigkeit. Das heißt, die legendäre Dünnwandigkeit des Ming-Porzellans konnte in Japan nicht erreicht werden. Allerdings konnten japanische Werkstätten Monumentalgefäße von über 80 cm Höhe in einem Stück auf der Scheibe drehen. Das Innere ist auch immer sorgfältig glasiert.1
Legendenhafter Beginn: die Anfänge des japanischen Porzellans
Der Legende nach soll ein gewisser Gorodayu go Shonzui (gest. 1520) im Jahr 1511 nach China gekommen sein und habe dort die Fertigung von Porzellan kennengelernt. Nach seiner Rückkehr habe er sich in der Nähe von Arita auf Kyushu niedergelassen und eine Werkstatt gegründet. Allerdings konnte er dort nur so lange Porzellan herstellen, wie der aus China mitgebrachte Rohstoff reichte. Der Wahrheitsgehalt dieser Legende ist höchst umstritten, da sich in der Nähe von Arita ein Kaolin-Vorkommen befindet.
Einer weiteren Tradition folgend soll der Daimyo Nabeshima Naoshige den Koreaner Ri Sampei (gest. 20.9.1655) während des Kriegs gegen Korea (1592–1598) nach Japan verschleppt haben. Anfangs habe er vergeblich Versuche unternommen, Porzellan herzustellen und deshalb Keramik nach koreanischer Art produziert. Erst als die Vorkommen an Izumiyama-Erde in Arita gefunden worden waren, konnte japanisches Porzellan entstehen.
Anfang des 17. Jahrhunderts sollen in Arita bereits 34 Werkstätten gegründet worden sein. Zuverlässige Berichte über die genaue Zahl der Porzellanwerkstätten und den besonderen Merkmalen der Porzellane sind nicht erhalten. Um das übermäßige Abholzung der Wälder zu verhindern, wurde ihre Zahl auf 155 begrenzt. Da das Haus Nabeshima (hoher Adel) hohe Steuerauflagen aussprach, war die Gründung einer Werkstatt auch ein finanzielles Risiko. Die Porzellane von Arita wurden nicht gekennzeichnet.
Woraus besteht japanisches Porzellan?
Im Jahr 1616 wurde jedoch die Lagerstätte von Porzellanerde im Berg Izumiyama entdeckt. Das gelblich-weiße Gestein wird in einem Steinbruch gewonnen und braucht keine Zugabe von Feldspat und Quarz, die sonst als „Flußmittel“ dem feuerbeständigen Kaolin zugefügt werden müssen. Da es allerdings dennoch schwierig ist, aus Izumiyama-Erde Porzellanmasse herzustellen, wird heute gewöhnlich 30 bis 35% mit 60 bis 65% Amakusa-Ton gemischt. Letzterer wurde wahrscheinlich im letzten Viertel des 17. oder Anfang des 18. Jahrhunderts entdeckt.
Wie im China des 14. Jahrhunderts begann auch in Japan die Porzellanmalerei mit Dekoren in Unterglasurblau (Kobaltblau). Vermutlich gelang die Herstellung der Farbe anfangs nicht. Es wäre möglich, dass die Ostindische Companie chinesische Porzellanfarbe nach Japan einführte, später übernahmen die Chinesen selbst den Handel. Erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurde in Japan Kobalterz in geringerer Qualität gefunden. Daher ist das japanische Unterglasurblau im Vergleich zur Porzellanmalerei aus der Kangxi-Periode (1662–1722) weniger strahlend und rein; es wirkt schwärzlich oder schiefergrau. Außerdem neigte es während des Brandes zu verlaufen und so die Zeichnung zu verunklären.
Gebrannt wurde das Porzellan in liegenden Öfen, die man an terrassenförmigen Berghängen baute; diese Ofenkonstruktion hatten koreanische Töpfer Anfang des 17. Jahrhunderts ebenfalls eingeführt. Jede Stufe hatte eine Kammer, die durch Flammenkanäle miteinander verbunden waren. Während des Brennens wurde zunächst das Feuer in der am unteren Ende gelegenen Feuerkammer acht Stunden lang unterhalten. Danach ließ man es etappenweise auf die höher liegenden Teile übergreifen, indem man von außen Holz hineinwarf. Damit die Bodenfläche großer Teller und Schalen sich während des Brennvorgangs nicht zu sehr verzogen, wurden sie durch kleine Tonkegel unterstützt. Nach 35 bis 40 Stunden war der Brennvorgang abgeschlossen. Der Ofen musste nun mindestens vier Tage lang auskühlen, bis das fertige Porzellan entnommen werden konnte.
Koreanische Keramiker in Japan
Während der Feldzüge nach Korea (1592–1598) brachten japanische Befehlshaber Töpfer vom Festland auf ihre Besitzungen mit. Sie errichteten neue Werkstätten und hoben die Qualität der keramischen Produkte Japans generell. Tanaka Chojiro (1515–1592) soll in Kyoto nach Anregungen eines Teemeisters erstmals Rikyu, japanische Teekeramik, in der Raku-Werkstatt angefertigt haben. Dabei strebte er nach jener einfachen Schönheit, die er in der Natur finden konnte. Die Keramiker verzichteten seither auf den Gebrauch der Töpferscheibe, weil besonders für Teeschalen eine unregelmäßige, asymmetrische Form bevorzugt wird. Als farbiger Schmuck erscheinen ungleichmäßig fließende Glasuren. Selbst Brandrisse wurden akzeptiert und nicht als Fehler betrachtet. Die Einmaligkeit machte aus diesen Objekten kostbare Sammlerstücke.
Erfindung und Frühzeit des Arita-Porzellans
Die Gründung der ersten Porzellanwerkstätten in und bei Arita erfolgte um 1600. Während die Pioniere des japanischen Porzellans aus Korea stammten und im Krieg verschleppt worden waren, wurde die Blüte des japanischen Porzellans im 17. Jahrhundert eine lange Friedenszeit und die innenpolitisch-gesellschaftlichen Ordnung wesentlich gefördert. Die meisten Manufakturen arbeiteten für den freien Markt; sie waren von Aufträgen abhängig. Deshalb führten sie für die Niederländische Ostindische Handelscompagnie auch anfangs unterglasurblaue Dekore aus, die sich in Europa bereits großer Beliebtheit erfreuten. Im Vergleich zu den chinesischen Vorbildern, die es zu ersetzen galt (u.a. Kraak-Schalen aus der späten Ming-Zeit), zeigen die Porzellane aus Japan ein Streben nach mehr Sorgfalt in der Zeichnung und vereinzelt bereits den Zug zum ornamentalen Stilisieren.
Mit Porzellanmalerei in Aufglasurfarben begann man ungefähr 30 Jahre nach der „Erfindung“ des japanischen Porzellans. Da die Anhänger der gestürzten Ming-Dynastie China in Richtung Japan verließen, ist naheliegend, dass die Rezepturen für die Emailfarben über diesen Weg in das Land der aufgehenden Sonne kamen.
Ein Chinese soll Sakaida Kizaemon (1596–1666), genannt Kakiemon I., die Geheimnisse der Aufglasurfarben anvertraut haben.
Im dritten Viertel des 17. Jahrhunderts löste sich das japanische Porzellan in Form und Dekor von koreanischen und chinesischen Vorbildern. Der Motivschatz – Natur und buddhistische Mythologie – blieb erhalten. Die Art der Darstellung wurde verändert, da es eine Tendenz zur ornamentalen Stilisierung gab. Eng gewundene Ranken, rosettenähnliche Blüten, verlängerte Schwanzfedern bei Vögeln sind einige der beliebtesten Formen. Weiters kennt das japanische Porzellan auch Asymmetrie, u.a. in der Verteilung der bemalten Flächen. Größere weiße Räume sind ebenfalls möglich. Eckig gebrochene Linien und streng geometrische Grundmuster steigern in ihrer Kontrastwirkung noch diese Effekte.
Nabeshima-Porzellan
Eine Porzellan-Werkstatt in Arita, gegründet 1628 und seit 1675 in Okawachi nordwestlich von Arita gelegen, arbeitete nahezu ausschließlich für die Daimyos der Provinz Hinzen, für Mitglieder des Hauses Nabeshima. Sie stellte Porzellane für den eigenen Gebrauch und für Geschenke her. Die Blütezeit des Nabeshima-Porzellans fällt in das späte 17. und frühe 18. Jahrhundert. Es zeichnete sich durch besondere Feinheit von Masse, Formgebung und Dekor aus. Es ist klar ersichtlich, dass die Herrscherfamilie Qualität einforderte.
Kakiemon
Sakaida Kizaemon (1596–1666), genannt Kakiemon I., gründete eine Porzellan-Manufaktur in der Nähe von Arita. Vermutlich war er einer jener Produzenten, der die Aufglasurfarben in die Porzellanmalerei einführte. Angstachelt durch den Keramikhändler Tokuyemon, der von mehrfarbigen Kyoto-Keramiken beeindruck gewesen ist, habe Sakaida Versuche mit Aufglasurfarben angestellt. Die Rezepte hatte er von Tokuyemon erhalten, der sie wiederum Chinesen abgekauft habe. Zwischen 1640 und 1646 hatte Sakaida Erfolg. Bereits 1659 sind solche Objekte nachweisbar, vielleicht waren schon 1646 solche vielfarbigen Porzellane verfügbar. Die charakteristische Farbenskala reicht von Schmelzfarbenblau über ein sanftes, nach Orange getöntes Eisenrot; seltener Blau- und Grasgrün und ein blasses Gelb. Wahrscheinlich etwas später gelang die Gold- und Silbermalerei (bald nach 1658). Länger als bis 1660 konnte die Kakiemon-Familie das Produktionsgeheimnis allerdings nicht wahren.
Der Künstlername der Familie, Kakiemon, geht auf einen Gönner aus dem Hause Nabeshima zurück. Von dem Daimyos protegiert, soll Sakaida Kizaemon wegen zweier Porzellane mit Kaki-Dekor (Persimonenfrüchte) als Kakiemon bezeichnet worden sein.
Kakiemon steht nicht nur als Synonym für buntfarbig bemaltes, milchigweißes Porzellan mit transparenter, mitunter leicht grünlicher Glasur der Frühzeit, sondern auch für einen markanten Malstil. Dieser unterscheidet sich deutlich vom gleichzeitig chinesischen und gilt als typisch japanisch. Wenn auch von Kangxi-Porzellan beeinflusst, so führte Sakaida eine lockere, zarte, elegante Bemalung mit Naturmotiven ein. Teil stilisiert, teils ornamental erscheinen Pflanzen und Tiere, seltener Menschen und Landschaften. Im Vergleich zum Brokat-Porzellan wird nur wenig Gold eingesetzt.
In französischen Inventaren wurde das Kakiemon-Porzellan als „la première qualié coloriée du Japon“ gepriesen. In Europa ist frühes Kakiemon-Porzellan in Dresden erhalten. Die Bemalung dort ist noch nicht perfektioniert, was an ungleichmäßig aufgetragenen Farbschichten zu erkennen ist.
Imari-Brokatware
Das sogenannte Imari-Porzellan hat seinen Namen vom Hafen, über den es nach Nagasaki bzw. in den Binnenmarkt verschifft worden ist. In Japan selbst ist es als „nishiki-de [Brokatware]“ bekannt. In seiner Monumentalität und üppigen Pracht der Bemalung im Imari-Stil entspricht die Brokatware in besonderer Weise höfisch-barocker Repräsentation.
Charakteristisch für das Imari-Porzellan ist seine Farbigkeit: Unterglasur-Blau (Kobalt), Eisenrot und Gold. In der Frühzeit wurden blau-goldene und rot-goldene Partien voneinander getrennt. Die Malerei bedeckt das Porzellan und strebt nach dekorativer Wirkung. Die „Brokatware“ soll die anderen Porzellane aus Arita in Prunk und Dekor übertreffen.
Damit zählt das Imari-Porzellan zur Prunkkeramik, weshalb es große Schüsseln mit oder ohne Deckeln sowie Deckelvasen gibt. Für den Export stellten die Manufakturen vorwiegend zu fünfteiligen Serien zusammen, damit diese auf Kaminsimsen oder Konsoltischen Platz finden konnten (meist drei bauchige Deckelvasen und zwei becher- oder balusterförmige Gefäße ohne Deckel bzw. Flötenvasen).
Geschichte Japans um 1600
Mitte des 16. Jahrhunderts hatten die Reichsregenten der Familie Ashikaga (Shogune) die Macht an die Militärbefehlshaber in den Provinzen (Daimyo) verloren. Etwa 250 Kleinstaaten kämpften um Macht und Landbesitz gegeneinander. Sie nutzten Samurai, Angehörige des niederen Adels, um ihre Kämpfe auszutragen. Die Einigung des Inselreichs gelang erst unter Toyotomi Hideyoshi (1536–1598), einem General des Daimyo Odo Nobunaga (1534–1582), der angeblich im Auftrag des politisch machtlosen Kaisers (Tenno) 1568 die Hauptstadt Kyoto besetzt hatte. In der Folge wurden die Fürsten einer Zentralgewalt unterworfen aber nicht abgesetzt. Trotz dieser unstabile politischen Lage blühte der Überseehandel.
Zu dieser Zeit, der späten Muromachi-Periode (1392–1573) kamen erstmals Europäer nach Japan: 1543 wurden portugiesische Kaufleute an die Küste der südwestlichen Hauptinsel Kyushu verschlagen. Bereits drei Jahre später folgten Jesuiten unter der Leitung des hl. Franz Xaver, einem engen Vertrauten des Ordensgründers Loyola. Die Mönche begannen, das Christentum zu predigen. Dies stieß bei der Bevölkerung auf Interesse, man verglich den Katholizismus sogar mit dem Buddhismus. Hideyoshi schätzte die Macht der Feuerwaffen und ließ deshalb sogar einen Kirchenbau und die Eröffnung einer christlichen Schule in Kyoto zu. Da der Herrscher die Eroberung Chinas plante, wollte er ursprünglich die Christen ausweisen, was allerdings nicht befolgt wurde. Er begann 1592 mit einem Kriegszug nach Korea, das in den folgenden Jahren schwer verwüstet wurde, und endete kurz vor seinem Tod mit einem Rückzug.
Der begüterte Fürst Tokugawa Ieyasu übernahm die Vormundschaft von Hideyoshis Sohn Hideyori. Bereits 1600 schwang sich Ieyasu auf den Thron und ließ sich 1603 mit dem Titel Shogun ansprechen. Er erhob Edo, das heutige Tokyo, zum Regierungssitz. Mit der Eroberung der Festung Osaka festigte der neue Regent seine Macht und vernichtete die Familie Hideyoshis (1615). Zudem ließ er das Christenrum verbieten; Iemitsu, der dritte Tokugawa-Shogun, brach den Kontakt zu den katholischen Händlern ab und beschränkte den Handel mit den Holländern auf den Hafen Nagasaki.
Porzellan-Handel mit den Niederländern
Porzellan wurde seit dem 16. Jahrhundert hauptsächlich aus China nach Europa exportiert. Am Ende der Ming-Dynastie kam es um 1644 zum Bürgerkrieg und zur Zerstörung von Jingdezhen 1675, sodass die Handelsniederlassungen Produktionsstätten außerhalb Chinas suchten. Da die Porzellan-Manufakturen in Arita keinen Absatzmarkt im eigenen Land fanden, kamen ihnen die Aufträge aus Europa umso gelegener. Dies führte zu einer beträchtlichen Steigerung der Produktion und dem Export über die Niederländische Ostindische Compagnie (V. O. C.).
Die erste Ladung mit japanischem Porzellan erreichte 1659 Batavia (heute: Jakarta). Insgesamt 56.700 Stück – hauptsächlich Kaffeetassen – waren (noch nicht) für Europa bestimmt, sondern wurden nach Mocha in Arabien geliefert. Neben Trinkgefäßen waren Apothekerfläschchen, Töpfe und Phiolen die wichtigsten Exportgüter (ab 1653). Der Niedergang des Exports ist ab 1683 nachweisbar.
Exporte japanischen Porzellans nach Europa:
- 1653: 2.200 Stück Apothekengefäße für Batavia
- 1659: 56.700 Stück, hauptsächlich Kaffeetassen für Arabien
- Herbst 1660: 71.000 Porzellane auf sieben Schiffen, davon 11.530 für Holland bestimmt
- Januar 1663: 33.000 Porzellane von Batavia aus nach Europa abgeschickt
- Herbst 1663: 3.543 Gefäße für Holland mit dort ausgewählten Mustern
- 1665: 65.000 Porzellane
- 1683: 8.000 Porzellantassen für Persien, erwiesen sich wegen des Preises als unverkäuflich.
- 1686: 7.910 Porzellane auf zwei Schiffen, davon 300 Schüsseln nach Ceylon.
Mit der neuerlichen Erstarkung des chinesischen Porzellans bemängelten die Europäer:innen die Preisgestaltung der japanischen Werkstätten: Die billige Ware sei bedeutend schlechter in der Qualität als die chinesisch, die guten Porzellane hingegen viel teurer als ein qualitativ vergleichbares Stück aus China. An der Wende vom 17. zum 18. Jahrhundert kam der offizielle Porzellan-Handel mit Japan gänzlich zum Erliegen. Stattdessen blühte der Privathandel. Das Ende des Exports von Porzellan machte ein Befehl der japanischen Regierung im Jahr 1713: Nur noch zwei holländische Schiffe durften pro Jahr in Japan anlanden.