Karl Caspar: dt. Maler des Expressionismus | ARTinWORDS

Karl Caspar

Wer war Karl Caspar?

Karl Caspar (Friedrichshafen 13.3.1879– 21.9.1956 Brannenburg) war ein deutscher Maler der Moderne. Beeinflusst vom Expressionismus wählte er christlich-religiöse Themen, um diese in die neue Bildsprache zu übertragen.

Kindheit & Ausbildung

Karl Caspar wurde am 13. März 1879 in Friedrichshafen, Deutschland, geboren.1

Karl Caspar studierte ab 1896 an der Stuttgarter Akademie. Dort traf er seine Freundin aus Kinderzeiten Maria Filser (→ Maria Caspar-Filser) wieder, die an der Damen­Klasse bei Ludwig Herterich eingeschrieben war. Ihre Beziehung entwickelte sich zu einer lebenslangen gleichberechtigten künstlerischen Partnerschaft. 1900 wechselte Caspar mit seinem Lehrer Ludwig von Herterich an die Akademie der Bildenden Künste in München. 1902 zurück in Stuttgart, schloss er 1906 sein Studium ab.

1905 gelangen Maria Filser erste Ausstellungsbeteiligungen. Daraufhin reiste sie mit ihrem Verlobten Karl Caspar zum ersten Mal nach Paris. Karl Caspar und Maria Filser heirateten 1907, zehn Jahre später, 1917, wurde ihre einzige Tochter Felicitas geboren. Das Künstlerpaar führte eine außergewöhnliche, weil gleichberechtigte Partnerschaft.2

Werke

Karl Caspar wählte die Erneuerung der christlich­religiösen Malerei mit malerischen Mitteln der Moderne zu seiner Lebensaufgabe. 1906 bekam er den Rom­Preis der Akademie, verbunden mit einer mehrmonatigen Italienreise 1907. Es folgten zahlreiche weitere Aufenthalte in Italien mit Maria Caspar­-Filser, unter anderem in der Villa Romana 1913. Zusammen traten das Ehepaar Caspar und Caspar-Filser 1913 das Stipendienjahr in Florenz an, das wegen des Kriegsausbruchs im August 1914 vorzeitig abgebrochen werden musste.

Caspar war ab 1906 Mitglied des Deutschen Künstlerbunds (Vorstandsmitglied 1915, Auflösung 1936) sowie der Münchener Secession und der Berliner Secession. Im Jahr 1907 ließ sich das Ehepaar Caspar endgültig in München nieder und beteiligte sich aktiv an der Gestaltung des Kunstlebens: Sie gehörten zu den Gründungsmitgliedern der „Künstlervereinigung SEMA“3 (1911–1913) und der „Münchener Neuen Secession“ (1913, Auflösung 1937), die sich zur überregional bedeutendsten Künstlervereinigung entwickelte.

Caspar stellte deutschlandweit und seit 1913 international aus, in Europa, Japan, Argentinien und den USA, 1924 fungierte er als Mitglied des Organisationskomitees der Biennale Venedig. Bereits 1909 war er gemeinsam mit seiner Frau in Wien an der Internationalen Kunstschau beteiligt (→ Wien | Belvedere: Internationale Kunstschau Wien 1909).

Lehre

Im Jahr 1917 erhielt Caspar den Professorentitel, von 1918 bis 1922 unterrichtete er die Malklasse an den Münchner Lehrwerkstätten; 1922 wurde er an die Akademie der Bilden­den Künste München berufen (für für er einen Ruf an die Stuttgarter Akademie ausschlug). Caspar wurde gegen den Widerstand der konservativen Kollegen bestellt, die keinen Vertreter des Expressionismus an der Akademie sehen wollten.4 Die Berufung bezog seine Frau mit ein, ein gemeinsames Atelier war vielleicht Teil der Vereinbarung. Der liberale Geist, in dem Caspar die Malklasse leitete, und der vom Expressionismus geprägte freie Umgang mit Form und Farbe trug dazu bei, dass sie bald zu den angesehensten unter den deutschen Akademien gehören sollte.

Karl Caspar in der NS-Diktatur

Mit Erstarken des Nationalsozialismus wurde Caspar wiederholt angegriffen; auf einen diffamierenden Artikel im „Völkischen Beobachter“ von 1932 reagierten zahlreiche – auch ehemalige – Schüler:innen mit Protestschreiben, die der Präsident der Akademie ans Ministerium weiterleitete.5 Nach der nationalsozialistischen Machtübernahme folgte er den fürs Lehramt notwendigen Vorgaben: Als Professor musste er in die  Reichskammer der bildenden Künste eintreten, 1936 erbrachte er den Ariernachweis. Innerhalb der Akademie bezog er klar Position: Er widersetzte sich als Einziger dem „Protest der Richard­Wagner­Stadt München“ gegen Thomas Mann 1933 und weigerte sich, das Pamphlet „Die deutsche Kunst ist in Gefahr! Eine Erklärung des Deutschen Künstlerbundes 1933“ zu unterschreiben.6

1937 wurden drei Werke Caspars und ein Werk Caspar­Filsers in der Ausstellung „Entartete Kunst“ gezeigt. Die Caspars waren die einzigen in München tätigen Künstler:innen, deren Werke auf der Feme­Schau gezeigt wurden. Den Auftrag zur Beschlagnahmung der Werke und Organisation der Ausstellung erhielt Caspars ehemaliger Schüler Adolf Ziegler vom Propagandaministerium.7

Unter den Gemälden Caspars stand die Zeile „Solche Meister unterrichteten bis heute deutsche Jugend“. Umgehend bat Caspar die Akademie um Beurlaubung, was als Antrag auf Versetzung in den Ruhestand behandelt wurde. Mindestens 18 Werke Caspars wurden aus deutschen Museen entfernt und zum Teil vernichtet. Das Gemälde „Ostern / Auferstehung“ (1926) der Städtischen Galerie im Lenbachhaus wurde 1937 als „entartete Kunst“ ausgesondert und auf den Feme­Ausstellungen in München und Berlin präsentiert.

Der Möglichkeit beraubt, öffentlich zu arbeiten und auszustellen, zog sich das Paar 1939 nach Brannenburg am Inn in die „Innere Emigration“ zurück. Wichtige Werke konnten sie unter anderem mithilfe der befreundeten Familie Groz in Ebingen verstecken. Zudem gelang es Caspar, einen Atelieranbau zu verwirklichen, in dem er den größten Teil seiner eigenen Bilder und die gesamte Sammlung des Verlegers Reinhard Piper unterbringen konnte. In München verbliebene Werke und Dokumente wurden bei der Bombardierung im Juli 1944 zerstört.8 Bezugsscheine für Malmaterial fehlten, Freunde und Schüler:innen halfen dem Paar aus. Caspar verzichtete zugunsten seiner Frau auf die Ölmalerei und zeichnete vor allem.

Nachkriegszeit

1946 wurde Caspar erneut als Professor an die Akademie berufen und 1948 gehörte er zu den Mitbegründern der Bayerischen Akademie der Schönen Künste. Vor der Aufnahme Hermann Kaspars in die Akademie der Schönen Künste wurde Karl Caspar um ein schriftliches Statement gebeten, da seine Vorbehalte bekannt waren. Hermann Kaspar war 1938 an die Akademie berufen worden, nachdem 1937 Karl Caspar und Julius Diez als Professoren entlassen bzw. vorzeitig pensioniert worden waren. Caspars kritische Position bezüglich der Aufnahme Hermann Kaspars in die Akademie der Schönen Künste 1956 ermöglichte dessen Berufung erst nach Caspars Tod 1957.9

1949, zu seinem 70. Geburtstag, wurde Karl Caspar zum Ehrenmitglied der Akademie ernannt und unterrichtete bis 1951 über die Altersgrenze hinaus.

Im Jahr 1959 erhielt Caspar das Große Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland als erster bildender Künstler.

Tod

Karl Caspar starb am 21. September 1956 in Brannenburg.

Maria Caspar-Filser überlebte ihren Mann bis zum 12. Februar 1968.

Literatur zu Karl Caspar

  • Stefan Borchardt, Eigenart und Einklang. Die Kunst­ und Lebensgemeinschaft von Maria Caspar­Filser und Karl Caspar, in: Felix Billeter und Maria Leitmeyer (Hg.): Künstlerpaare der Moderne. Hans Purrmann und Mathilde Vollmoeller­Purrmann im Diskurs, Berlin und München 2021, S. 88–107.
  • Nadezhda Voronina, Karl Caspar, in: vermacht, verfallen, verdrängt. Kunst und Nationalsozialismus. Die Sammlung der Städtischen Galerie Rosenheim in der Zeit des Nationalsozialismus und in den Nachkriegsjahren, hg. von Christian Fuhrmeister u. a. (Ausst.-­Kat. Rosenheim) Rosenheim 2017, S. 140–146.
  • Stefan Borchardt, Bäumchen pflanzen im Bildersturm. Maria Caspar­Filser (1878–1968) und Karl Caspar (1879–1956) unter dem Nationalsozialismus, in: Ein schwieriges Erbe 1933–1945 (Kunst Oberschwaben 20. Jahrhundert), hg. von Gesellschaft Oberschwaben (Ausst.­Kat. Museum Biberach), Lindenberg 2014, S. 140–153.
  • Karl Caspar 1879–1956. Zum hundertsten Geburtstag (Ausst.­Kat. Museum Langenargen), Langenargen a. B. 1979.
  1. Karl­Heinz Meißner, Lebenschronik, in: Karl Caspar 1879–1956. Zum hundertsten Geburtstag (Ausst.­Kat. Museum Langenargen, Langenargen a. B. 1979), S. 47–112.
  2. Stefan Borchardt, Eigenart und Einklang. Die Kunst­ und Lebensgemeinschaft von Maria Caspar­Filser und Karl Caspar, in: Felix Billeter und Maria Leitmeyer (Hg.), Künstlerpaare der Moderne. Hans Purrmann und Mathilde Vollmoeller­Purrmann im Diskurs, Berlin und München 2021, S. 88–107.
  3. Siehe Susanne M. I. Kaufmann, Die Künstlervereinigung Sema. Eine Künstlergruppierung zwischen expressionistischer Kunstauffassung und den Mechanismen des Kunstmarktes, München 2008.
  4. Nadezhda Voronina, Karl Caspar, in: vermacht, verfallen, verdrängt. Kunst und Nationalsozialismus. Die Sammlung der Städtischen Galerie Rosenheim in der Zeit des Nationalsozialismus und in den Nachkriegsjahren, hg. von Christian Fuhrmeister u. a. (Ausst.-­Kat. Rosenheim) Rosenheim 2017, S. 140–146.
  5. Stefan Borchardt, Bäumchen pflanzen im Bildersturm. Maria Caspar­Filser (1878–1968) und Karl Caspar (1879–1956) unter dem Nationalsozialismus, in: Ein schwieriges Erbe 1933–1945 (Kunst Oberschwaben 20. Jahrhundert), hg. von Gesellschaft Oberschwaben (Ausst.­Kat. Museum Biberach), Lindenberg 2014, S. 140–153.
  6. Die Erklärung wurde im „Völkischen Beobachter“ vom 12.6.1933 veröffentlicht.
  7. Christoph Zuschlag, Entartete Kunst. Ausstellungsstrategien im Nazi­Deutschland, Worms 1995, S. 177 f., Dok. 18.
  8. Siehe: Maria Caspar­Filser, Karl Caspar. Verfolgte Bilder (Ausst.­Kat. Städtische Galerie Albstadt), Albstadt 1993.
  9. Edith Raim, Ein Bericht über eine Akademie. Die Bayerische Akademie der Schönen Künste von 1948 bis 1968, München 2018, S. 191 f.