Properzia de’ Rossi

Wer war Properzia de’ Rossi?

Properzia de’ Rossi (Bologna um 1490/91–24.2.1530 Bologna) war Bildhauerin und Kupferstecherin der italienischen Renaissance. Als Künstlerin war sie zu Lebzeiten eine Berühmtheit, während sie heute kaum mehr bekannt ist.

Kindheit und Ausbildung

Properzia de’ Rossi wurde um 1490/91 in Bologna geboren.

Properzia de’ Rossi war Schülerin des Bologneser Kupferstechers Marcantonio Raimondi.

Werke

De’ Rossi wurde mit komplexen und kleinformatigen Skulpturen aus Kernen von Steinobst, wie Aprikosen, Pfirsiche und Kirschen, bekannt. Diese kleinen „Friese“ stellen meist religiöse Geschichten dar. Zwei dieser delikat bearbeiten Kerne sind erhalten geblieben und im Museo degli Argenti des Palazzo Pitti in Florenz zu sehen. Sie sind im Wappen der Familie Grassi im Museo Civico Medievale Bologna abgebildet.

Im Alter von dreißig Jahren bekam Properzia de’ Rossi die Möglichkeit, im größeren Maßstab und mit Marmor zu arbeiten. Durch ihre sorgfältig ausgeführten Porträtbüsten aus Marmor konnte sie öffentliche Aufträge erlangen, darunter der Hochaltar von Santa Maria del Baraccano in Bologna.
1525/1526 war sie auf der Baustelle der Basilika San Petronio in Bologna tätig. Einige der heute erhaltenen Reliefs mit Sibyllen und Engeln stammen von ihrer Hand. Ihr bekanntestes Relief zeigt „Joseph und die Frau des Potiphar“ (Museo de San Petronio, Bologna).

Im 1933 erschienenen Katalog der spanischen und italienischen Bildwerke des Kaiser Friedrich-Museums schrieb Frida Schottmüller der Properzia de’ Rossi ein Marmorrelief (Kriegsverlust, heute in Russland verwahrt) zu. Diese Identifikation lässt sich leider nicht stützen.

Properzia de’ Rossi soll auch Kupferstiche angefertigt haben, doch sind bislang keine bekannt geworden. Auch Zeichnungen von Properzia de’ Rossi kennt man nicht.

Properzia de’ Rossi scheint sehr selbstbewusst und zielstrebig gewesen zu sein und soziale Grenzen nicht nur im Bereich der Kunst überschritten haben. So wurde sie in zwei Fällen auch vor Gericht aktenkundig. 1520 soll sie gemeinsam mit Anton Galeazzo Malvasia, als dessen Konkubine sie öffentlich bloßgestellt wurde, unerlaubt in den Garten eines Nachbarn eingedrungen sein und diesen verwüstet haben. Fünf Jahre später soll sie gemeinsam mit dem Maler Domenico Francia dessen Kollegen Vincenzo Miola angegriffen und ihm das Gesicht zerkratzt sowie mit Farbe bespritzt haben.

Properzia de’ Rossi bei Vasari

Properzia de’ Rossi ist die einzige Frau, der Vasari eine eigene Lebensbeschreibung in seinen „Vite de più eccellenti  architetti, pittori, et scultori italiani [Lebensbeschreibungen der ausgezeichneten italienischen Baumeister, Maler und Bildhauer]“ (2. Ausgabe, 1568) gewidmet hat. Für ihn war sie eine Besonderheit, fast ein Kuriosum in der Kunstwelt, und nicht unbedingt ein Vorbild, an dem man sich orientieren sollte. Er spricht zwar mit gewisser Anerkennung von ihren künstlerischen Leistungen, macht aber zugleich deutlich, dass sie sich in einen Bereich vorgewagt hat, von dem Frauen eigentlich bisher ausgeschlossen gewesen waren: die Bildhauerei. Mit erkennbarer Skepsis schildert Vasari ihre Vorliebe für die Grobheit des Eisens, die Rauheit des Marmors, zwischen den sie es wagte, ihre zarten, weißen Hände zu legen, sowie ihr Interesse für mechanische Dinge.

Tod

Properzia de’ Rossi starb am 24. Februar 1530 in Bologna. Papst Clemens III., der in die Stadt kam und sie treffen wollte, hatte dafür keine Gelegenheit mehr.

„Der Ruhm eines so edlen und erhabenen Geistes verbreitete sich in ganz Italien und erreichte schließlich Papst Clemens VII., der sich kurz nach der Kaiserkrönung in Bologna nach ihr erkundigte und feststellte, dass die arme Frau noch in derselben Woche gestorben und im Spedale della Morte begraben worden war, das sie in ihrem letzten Willen hinterlassen hatte. Daher bedauerte der Papst, der sie unbedingt sehen wollte, ihren Tod sehr, aber noch mehr seine Bürger, die sie, solange sie lebte, als ein großes Wunder der Natur in unserer Zeit hochhielten.“ (Giorgio Vasari, 1568)

Literatur zu Properzia de‘ Rossi

  • Babette Bohn, Women Artists, Their Patrons, and Their Publics in Early Modern Bologna, University Park Pennsylvania 2021, S. 233–234 (Appendix 1, Nr. 54).
  • Le signore dell’arte: storie di donne tra ’500 e ’600, hg. von Annamaria Bava, Gioia Mori, Alain Tapié (Ausst.-Kat. Palazzo Reale Mailand, 2.3.2021–25.7.2021), Rom 2021, S. 94.
  • Der zweite Blick: Frauen, hg. von María López-Fanjul y Díez del Corral (Ausst.-Kat. Skulpturensammlung und Museum für Byzantinische Kunst der Staatlichen Museen zu Berlin, Bode-Museum, seit 30.10.2021), Heidelberg 2021, S. 76.
  • Dizionario Biografico degli Italiani, Rom 1960ff: https://www.treccani.it/biografico/index. html letzter Aufruf November 2022)
  • Vera Fortunati und Irene Graziani, Properzia de’ Rossi: una scultrice a Bologna nell'età di Carlo V., Bologna 2008, S. 85–87 (IV), S. 88–89 (VII).