Victor Vasarelys Kunst steht gleichsam prototypisch für die Op-Art. Der aus dem ungarischen Pécs stammende Künstler (1906–1997) kam aus der Werbung, studierte am „ungarischen Bauhaus“, an der Műhely-Schule, und übersiedelte 1930 nach Paris. Kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs wandte er sich der Abstrakten Kunst zu, doch erst nach Jahren des Experiments schuf er mit den Serien „Photographismes“ und „Noir et Blanc“ 1951 erste Gemälde der Op-Art. In den 1960er Jahren zählte Victor Vasarely zu den berühmtesten lebenden Kunstschaffenden seiner Zeit. Kurze Zeit später übertrug er seine gestalterischen Konzepte auf Räume (Speisesaal der Deutschen Bundesbank in Frankfurt), Logos (Renault, Olympische Spiele von München) und Plakate.
Deutschland / Frankfurt a. M.: Städel Museum
26.9.2018 – 13.1.2019
Frankreich / Paris: Centre Pompidou
6.2. – 6.5.2019
#Vasarely
„Durch die Loslösung vom Figurativen haben wir das Anekdotische ausgeschaltet: Die reine Plastizität bricht mit dem Literarischen. Eine Annäherung an die mathematischen Wissenschaften zeichnet sich ab ... Eine parallele Erscheinung zur Musik.“ (Victor Vasarely)
Doch bevor Victor Vasarely zur Abstraktion kam, hatte er die Lehren aus Bauhaus und Suprematismus zu ziehen. Zu den berühmtesten Werken seiner Frühzeit zählen „Zebres [Zebras]“ (1932–1942), in denen er die Ornamentalisierung des Sujets auf eine Spitze trieb. Dem illusionistischen Verwirrspiel der Schwarz-Weiß-Periode folgte Vasarelys Hinwendung zur ungegenständlichen Malerei, Auslöser dafür war seine Auseinandersetzung mit Kasimir Malewitschs „Schwarzes Quadrat“, dem sogenannten Nullpunkt der Malerei. Hier fand er wohl die Reduktion auf die Nichtfarben Schwarz und Weiß, und die Lösung der Frage, worauf Abstrakte Kunst bauen könnte. Das prekär erhaltene Bild des russischen Suprematisten scheint bereits eine Drehung des gemalten Quadrats anzudeuten – Vasarely versetzte die Farbfläche dann gänzlich in Schwingung. „Tlinko-II“ (1956) steht neben „Hommage à Malevich“ (1952–1958) prototypisch für die Suche des Künstlers nach einer zeitgemäßen Ausdrucksweise. Hatte sich Victor Vasarely in den zuvor entstandenen Serien „Belle-Isle“, „Gordes-Cristal“ und „Denfert“ noch von der Natur bzw. dem städtischen Umfeld zu abstrahierten Kompositionen inspirieren lassen, so wandte er sich in den 1950ern zunehmend einer Malerei über Malerei zu.
Der konzeptuelle Zugang Vasarelys führte zur Erfindung seines „Unité plastique“ (1959): Er kombinierte zwei geometrische Grundformen – Quadrat und Kreis – mit sechs Lokalfarben. Der Kreis wird dem Quadrat eingeschrieben, beide in den sechs Lokalfarben durchdekliniert, wodurch sich eine Vielzahl von Kombinationsmöglichkeiten ergibt. Malerei – ein statisches Medium – wird mit illusionistischen Effekten, mit überzeichneter Räumlichkeit zu einem sich scheinbar bewegendem Bild. Diese optische Illusion führte zur Prägung des Begriffs Op-Art, deren „Erfinder“ Victor Vasarely gilt.
In den 1960er und 1970er Jahren gestaltete Victor Vasarely berühmte Serien wie „Vega“ (Ende 1960er) oder „Folklore planétaire“. Doch die Malerei war dem vom Bauhaus geprägten Künstler nicht umfassend genug, er strebte nach der Verbindung von Kunst und Leben. Daher integrierte Victor Vasarely Multiples und Raumgestaltung in sein Schaffen: Für die Deutsche Bundesbank in Frankfurt a. M. gestaltete er den Speisesaal. 1972 entwarf er das Logo der Olympischen Spiele in München und die Raute der Automarke Renault (gemeinsam mit seinem Sohn).
Kuratiert von Martin Engler (Sammlungsleiter Gegenwartskunst, Städel Museum) und Jana Baumann (Wissenschaftliche Mitarbeiterin Sammlung Gegenwartskunst, Städel Museum) für das Städel Museum und von Michel Gauthier und Arnauld Pierre für das Centre Pompidou, Paris.
Martin Engler (Hg.)
Mit Beiträgen von Martin Engler, Györgyi Imre, Michel Gauthier, Jana Baumann und Valerie Hillings sowie einem Vorwort von Philipp Demandt.
249 Seiten
Verlag für moderne Kunst