Barbara Hepworth

Wer war Barbara Hepworth?

Dame Jocelyn Barbara Hepworth DBE (Wakefield 10.1.1903–20.5.1975 St Ives) war eine britische Bildhauerin der Klassischen Moderne (→ Klassische Moderne).

Kindheit

Jocelyn Barbara Hepworth wurde am 10. Januar 1903 in Wakefield, Yorkshire, England, als ältestes von vier Kindern von Herbert R. Hepworth, CBE und Gertrude Allison (geb. Johnson) geboren. Ihre Vorfahren stammten aus West Roding of Yorkshire. Berbara Hepworth besuchte die Wakefield Girl’s High School; ihren Urlaub verbrachte sie in Robin Hood’s Bay an der Küste in Nord-Yorkshire. Schon als kleines Kind entdeckte Hepworth dort ihre Leidenschaft für das Zeichnen und Malen. Der tiefe Eindruck, den Barbara Hepworth von der Landschaft Yorkshires empfing, datiert aus diesen Jahren, sie rührte aber auch von den Reisen, die sie mit ihrem Vater im Rahmen dessen Arbeit als County Surveyor von West Riding in einem Auto unternahm.

Ausbildung

Im September 1920 trat Barbara Hepworth in die Leeds School of Art ein, wo sie eine lebenslange Freundschaft mit ihrem Kommilitonen Henry Moore begann. Ein Jahr später wurde sie mit einem am Royal College of Art in London aufgenommen, wo sie bis 1924 ein Studium der Bildhauerei aufnahm. Während der Ferien begann sie das Material direkt zu bearbeiten, was in den frühen 1920ern nicht Teil des Studiums an der RCA war. Hepworth war bereits in Paris gewesen und machte bis zum Ausbruch des Kriegs 1939 regelmäßige Besuche in der französischen Hauptstadt.

Das einjährige West-Riding-Auslandsstipendium, das Barbara Hepworth im Juli 1924 erhielt, ermöglichte ihr eine Reise nach Italien (1924/25). Im September 1924 verließ Hepworth England und reiste nach Florenz, wo sie in den ersten Monaten zeichnete und die Kunst der Romanik und die Skulptur und Architektur der Frührenaissance studierte. Im November besuchte sie Rom und Ende Januar 1925 Siena; dort hielt sie sich für zwei Monate auf.
Während eines Postgraduierten-Stipendiums in Italien arbeitete Hepworth mit Meister-Steinschnitzern und lernte den britischen Bildhauer John Skeaping kennen, den sie am 13. Mai 1925 in Florenz heiratete. Beide erlernten die traditionelle italienische Technik des Marmorbearbeitens vom Meister-Bildhauer Ardini.

Im Juli 1925 kehrte Barbara Hepworth für einen kurzen Aufenthalt nach England zurück, bevor sie wieder nach Rom zurückkehrte. Von 1925 bis 1926 hielt sich die Bildhauerin an der British School in Rom auf.

Werke

Von November 1926 bis 1939 arbeitete Hepworth in London mit Skeaping (im Atelier in St. Ann’s Terrace, St. John‘s Wood, London) und ab 1932 mit dem Maler Ben Nicholson zusammen – Nicholson wurde 1938 ihr zweiter Ehemann. Ab 1927 schuf Barbara Hepworth abstrakte Plastiken, denen 1930/31 erste durchbrochene Skulpturen folgten. Ihre erste Einzelausstellung hatte Barbara Hepworth 1928 in der Braux-Arts Gallery in London.

Im Dezember 1927 baute Barbara Hepworth eine Ausstellung mit Skulpturen von John Skeaping in ihrem St John’s Wood Atelier. Auf Empfehlung des Bildhauers Bedford besuchte George Eumorfopoulos die Ausstellung und kaufte „Seated Figure“ sowie „Doves“.

Anfang 1928 übersiedelte Barbara Hepworth nach 7 The Mall Studios, Parkhill Road, Hampstead. In diesem neuen Atelier hatte Barbara Hepworth einen Garten, wo sie auch unter freiem Himmel arbeiten konnte (bis 1939). Die Beaux Art Gallery organisierte Hepworths erste Einzelausstellung (Juni 1928).

Am 3. August 1929 brachte Barbara Hepworth ihren Sohn Paul Skeaping (3.8.1929–13.2.1953) zur Welt; er wurde Pilot bei der Royal Air Force und starb 1953 bei einem Flugzeugabsturz in Malaya, Thailand.

Im Juli 1930 hielt sich Barbara Hepworth an der Küste von Norfolk auf, um Eisensteine am Strand zu sammeln, die sie bearbeitete. Während dieses Urlaubs traf sie die Künstler Henry Moore und den Maler Ivon Hitchens. Im folgenden Sommer kehrte Hepworth mit ihrer Familie wieder zurück und mietete für den Sommer einen Bauernhof in der Nähe von Happisburgh.

Im Jahr 1931 traf Hepworth ihren späteren zweiten Ehemann, den Maler Ben Nicholson. Zudem trat sie der „Seven and Five Society“ bei, mit der sie bis zu deren Auflösung 1936 ausstellte. In diesem Jahr schuf sie auch das erste „Pierced Form“, auch „Abstraction“ genannt, das sie geschnitzt hat. Im November 1932 stellte Barbara Hepworth gemeinsam mit Ben Nicholson in der Arthur Tooth & Sons‘ Gallery, London, aus.

Gemeinsam mit Nicholson reiste Hepworth zu Ostern 1933 nach Paris und St. Rémy de Provence. Dort besuchten sie die Ateliers von Constantin Brancusi, Georges Braque, Pablo PicassoSophie Taeuber-Arp und Hans Arp in ihrem Atelier in Meudon. Im Sommer traf Barbara Hepworth erneut Brancusi, Piet Mondrian und Jean Hélion. Herbin und Hélion luden Barbara Hepworth ein, Mitglied der internationalen Künstlervereinigung „Abstraction-Création“ zu werden. Ein Jahr später wurde die Bildhauerin auch Mitglied der britischen Avantgardegruppe „Unit One“ (1933). Am 3. Oktober 1934 kamen die Drillinge Simon, Rachel und Sarah Hepworth Nicholson zur Welt.

Eine weitere Reise nach Paris im Jahr 1935 führte sie ins Atelier von Piet Mondrian. Die Begegnung mit dem Bildhauer Naum Gabo im Jahr 1935 wurde für die Bildhauerin richtungsweisend. Hepworth begann, an „Circle“ zu arbeiten, gemeinsam mit Nicholson, Gabo und J.L. sowie Sadie Martin (veröffentlicht im Juli 1937).

Im Sommer 1936 verbrachte Barbara Hepworth den Urlaub mit Ben Nicholson in Dieppe, wo Joan Miró und seine Ehefrau in Alexander Calders Haus in Varengeville wohnten. Sie traf auch Braque in seinem Atelier dort und Arp in London, wo die Surrealismus-Ausstellung organisiert wurde. Hepworth und Nicholson halfen Mondrian, ein Atelier in der Nähe von Parkhill Road, Hampstead, zu finden, wo der Niederländer bis 1940 blieb.

St. Ives

Ende August 1939 zogen Barbara Hepworth gemeinsam mit ihrem Ehemann und ihren Drillingen nach St. Ives, Cornwall. Anfangs lebte sie bei Adrian Stokes in Little Park Owles, danach zogen sie nach Dunloce, Carbis Bay, St. Ives. Naum Gabo und seine Frau übersiedelten ebenfalls in dieser Zeit nach St. Ives. In den ersten drei Jahren des zweiten Weltkriegs unterhielt Hepworth eine Kinderkrippe und einen kleinen Markgarten. Die Bildhauerin zeichnete und modellierte in der Nacht.

Im Jahr 1942 erhielt Hepworth die Beauftragung für Kathleen Raines „Stone and Flower Poems 1935–43“ (Nicholson & Watson, London 1943). Ab September arbeitete Hepworth in einem größeren Haus in Chy-an-Kerris, Carbis Bay, St. Ives. Dort hatte sie wieder ein Atelier und konnte auch wieder im Garten arbeiten.

Die erste Retrospektive Hepworths fand in Temple Newsam, Leeds, im April 1943 statt. Kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs erschien die erste schmale Monografie über Barbara Hepworth bei Faber & Faber, London, Ariel Series, mit einem Vorwort von William Gibson. In diesem Jahr lud sie das London County Council Hepworth in einen beschränkten Wettbewerb ein, Maquetten für vier Skulpturen an der Waterloo Bridge zu entwickeln (keine Einreichung erhielt den Zuspruch). Die Anerkennung von Hepworths Bedeutung zeigt sich in diesem Jahr auch an ihrer Einzelausstellung in der Galerie Alex. Reid & Lefevre in London.

Das reife Werk von Barbara Hepworth beginnt mit Zeichnungen von Anatomiesälen aus dem Jahr 1947.

Im August 1949 kaufte die Bildhauerin das Trewyn Studio, St. Ives, wo sie nach ihrer Trennung von Ben Nicholson von Dezember 1950 bis zu ihrem Tod im Mai 1975 lebte. Noch 1949 zählte Hepworth zu den Gründer:innen der Penwith Society of Arts in Cornwall.

Im Juni 1950 vertrat Barbara Hepworth Großbritannien auf der XXV. Biennale von Venedig. Für das Festival of Britain schuf Barbara Hepworth zwei Werke: „Contrapuntal Forms“ (für das Arts Council of Great Britain) und “Turning Forms” (für die Festivalleitung). Im März 1951 wurden beide aufgestellt.

Barbara Hepworth wurde 1951 in das Komitee des zweiten LCC Open Air Exhibition of Sculpture im Battersea Park gewählt. Hepworths Retrospektive in der Wakefield City Art Gallery, die von Sir Herbert Read eröffnete. Für das Old Vic Theatre in London erarbeitete Hepworth Bühnenbild und Kostümentwürfe für „Elektra“ von Sophokles. Das Hatfield Technical College, Hertfordshire, beauftragte bei Hepworth „Vertical Forms“.

Lund Humphries veröffentlichte 1952 eine Monografie über Barbara Hepworths Werk, die von Sir Herbert Read eingeleitet wurde.

Im März 1953 erhielt Barbara Hepworth den zweiten Preis im Wettbewerb „Unknown Political Prisoner“, organisiert vom Institute of Contemporary Arts, London. Das London County Council kaufte „Monolith [Empyrean]“ und stellte die Skulptur vor der Royal Festival Hall an der South Bank auf. Dudley Shaw Ashton produzierte und drehte den Film über Hepworths Arbeit mit dem Titel „Figure in Landscape“.

Im April 1954 organisierte die Whitechapel Art Gallery eine große Retrospektive zur Barbara Hepworths. Im August besuchte die Bildhauerin Griechenland, die Ägäis und die Kykladen. Für Michael Tippetts Oper „The Midsummer Marriage“ schuf Hepworth Bühnenbilder und Kostüme (erste Aufführung am 27. Januar 1955 im Royal Oper House, Covent Garden).

Barbara Hepworths Teilnahmen an der Biennal in Sao Paulo, wo sie den Internationalen Preis für Skulptur gewann, und der „documenta I“ in Kassel waren höchst erfolgreich 1955. In diesem Jahr schuf sie große Holzskulpturen: „Corinthos“, „Delos“ und „Delphi“ (1955/56) sowie „Theme on Electronics“ (Auftrag von Mullard House, 1956). Die Verleihung des Commander of the Order of the British Empire (CBE) im Januar 1958 bezeugt den großen Erfolg der britischen Bildhauerin. Im gleichen Jahr beauftragte das State House die Künstlerin mit einen 15 Fuß hohen Bronze „Meridian“ (enthüllt im März 1960). In der Serie „Europäische Bildhauer“ erschien eine kleine Monografie über Hepworths Werk mit einem Vorwort von A. W. Hammacher.

Im Jahr 1959 nahm Barbara Hepworth an der „documenta II“ in Kassel und der Biennale von São Paulo (September), Brasilien, teil. Die britische Bildhauerin gewann den Grand Prix [Prime oft he São Paulo Prefecture].

Neben wichtigen Ausstellung stellte auch die Verleihung einer Ehrendoktorwürde und Filmprojekte wichtige Hommagen an Hepworth dar: 1960 erhielt sie den Ehrendorktor der University of Birmingham und 1961 der University of Leeds. Die BBC produzierte die TV-Dokumentation „Barbara Hepworth“ (Produzent: John Read; Musik: Frederick Phillips, Kommenarte von Barbara Hepworth und Bernard Miles); der Film erhielt den Löwen auf dem 5. Internationalen Filmfestival von Venedig (Juni 1962).

  • Ausführung des Dag Hammerskjöld Memorial in New York sowie anderer öffentlicher Aufträge.
  • Mitglied des Kuratoriums der Tate Gallery 1964
  • 1965 Ehrung mit dem Orden Dame Commander of the British Empire
  • 1968 Retrospektive in der Tate Gallery, London Ehrendoktorwürde der University of Oxford

Zurück in London gehörte Hepworth zu einer Gruppe avantgardistischer Bildhauer:innen, die sich der Erforschung der Abstraktion verschrieben hatten. Obwohl ihre frühesten Arbeiten vereinfachte, naturalistische Formen aufwiesen, konzentrierte sie sich zunehmend auf formale Fragen. In den frühen 1930er Jahren schuf Hepworth rein abstrakte Werke.

Ihr reifer Stil zeichnete sich durch eine sinnliche Art organischer Abstraktion aus. Hepworth besaß eine große Sensibilität für ihre Materialien und praktizierte typischerweise das direkte Schnitzen. Manchmal verarbeitete sie Schnüre, Drähte und farbige Farbe in ihre Skulpturen. Das Spiel zwischen Masse und Raum faszinierte sie und ihre Herangehensweise erzeugte eine Spannung zwischen einem offenen, inneren Raum und der ihn umgebenden materiellen Masse.

1931 ließen sich Hepworth und Skeaping scheiden; zwei Jahre später heiratete sie den englischen Avantgarde-Maler Ben Nicholson, mit dem sie die nächsten zwei Jahrzehnte zusammenlebte und arbeitete.

In den 1950er Jahren wuchs Hepworths Ruf exponentiell: Ihre Arbeiten wurden in der Ausstellung der Biennale von Venedig gezeigt und gewann einen ersten Preis auf der Biennale in São Paolo; 1958 wurde sie zum Commander of the Order of the British Empire ernannt und erhielt 1965 den Rang einer Dame.

Tod

Barbara Hepworth starb im Alter von 72 Jahren am 20. Mai 1975 beim Brand ihres Ateliers in St. Ives.

Beiträge zu Barbara Hepworth

2. März 2023
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