1890
Am 12. Juni 1890 wurde Egon Leo Adolf Schiele als Sohn des Oberoffizials der k.k. Staatsbahn Adolf Eugen Schiele (1850–1905) und dessen Frau Marie Schiele (geb. Soukup, 1862–1935) in Tulln (NÖ) geboren. Die Familie war 1887 nach Tulln übersiedelt, als Adolf Schiele Stationsvorstand wurde. Egon Schiele hatte zwei Schwestern, Melanie (1886–1974) und Gertrude (genannt Gerti, 1894–1981, verheiratet mit dem Maler Anton Peschka). Die 1883 geborene Schwester Elvira starb bereits 1893 an Gehirnhautentzündung.
Der Vater war Stationsvorstand in Tulln, die Familie wohnte daher in einer Dienstwohnung am Tullner Bahnhof (vier Räume, 125 Quadratmeter groß).
1896–1902
Volksschule in Tulln, Realgymnasium in Krems (ab September 1901) und schnelle Rückkehr in die Bürgerschule in Tulln, wo Schiele das Jahr abschloss. Bereits während seiner Schulzeit fertigte Schiele Zeichnungen an. Huptsächlich zeigen sie den Tullner Bahnhof und die dort stehenden oder rangierenden Eisenbahnzüge.
1902
Ab Herbst im neu errichteten Landes-Real- und Obergymnasium in Klosterneuburg, da Schiele schlechte Noten (Zensuren) nach Hause gebracht hatte. Schieles Vater wurde (Syphilis) in den Krankenstand versetzt. Bald beschwerten sich die Lehrer, dass Schiele den Unterricht durch Zeichnen störte.
1904
Übersiedlung der Familie aus Tulln nach Klosterneuburg (Herbst). Im September Besuch von Krumau, der Geburtstadt von Marie Schiele, wo der Vater einen Selbstmordversuch unternahm.Tod des Vaters vermutlich an progressiver Paralyse, d. h. Syphilis (31.12.1904). Der 14-jährige Egon Schiele war tief getroffen.
1905
Schieles Vormund wurde der wohlhabende Onkel väterlicherseits und Taufpate, der in Wien lebende Ingenieur und Oberinspektor der k. k. Staatsbahnen Ing. Leopold Czihaczek (1842–1929). Wegen schlechter Schulleistungen musste Egon Schiele ein Jahr wiederholen.
1905/06
Freundschaft mit dem Zeichenlehrer Ludwig Karl Strauch (1875–1959), der bei Christian Griepenkerl an der Wiener Akademie studiert hatte, und sich als Landschafts- und Porträtmaler betätigte. Aufgrund nterdurchschnittlicher Leistungen beendete Egon Schiele seine Schullaufbahn ohne positiven Abschluss. Neben Ludwig Karl Strauch, der Schieles außerordentliches künstlerisches Talent erkannte, unterstützten der Augustiner Chorherr Wolfgang Peuker, ein Kunsthistoriker und Schieles Religionslehrer, sowie sein außerschulischer Mentor und Förderer in Klosterneuburg, der Maler Max Kahrer, Schieles Kunststudium.
Sommer 1906
Egon Schiele hatte sich endgültig entschieden, Künstler werden zu wollen. Er bereitete sich intensiv für die Aufnahmeprüfung an der Kunstgewerbeschule vor. Er definierte seine künftige Rolle in der Gesellschaft über seine elegante Kleidung und ein Automobil.
3. Oktober 1906
Der schlechte Schulerfolg Schieles zwang dessen Mutter, sich Gedanken über die Berufsausbildung ihres Sohnes zu machen. Die Familie dachte an eine Ausbildung an der Wiener Kunstgewerbeschule. Die vorgelegten Zeichnungen wurden als so gut bewertet, dass man Schiele den Besuch der Akademie für bildende Künste empfahl.
Der 16-jährige Egon Schiele bestand die Aufnahmeprüfung an der Akademie der Bildenden Künste in Wien und trat als jüngster Student seines Jahrgangs in die Allgemeine Malklasse der Akademie der bildenden Künste in Wien unter der Leitung von Christian Griepenkerl ein.
1907/08
Übersiedlung nach Wien. Höchstwahrscheinlich erster Kontakt mit Gustav Klimt (1862–1918). Gemeinsam mit Gerti mehrere Bahnfahrten nach Triest, wo er am Hafen malt. Wieder zurück, bezog Schiele sein erstes Atelier in der KUrzbauergasse 6 im II. Wiener Gemeindebezirk.
1908
Besuch der Wiener Kunstschau. Erste Ausstellungsbeteiligung mit zehn Arbeiten im Kaisersaal des Augustiner-Chorherrenstiftes Klosterneuburg (15.5. bis Ende Juni). Der Kunstsammler Heinrich Benesch wiude auf Schiele aufmerksam.
1909
Mit vier Werken war Egon Schiele an der Internationalen Kunstschau in Wien vertreten (neben Werken von Vincent van Gogh, Edvard Munch, Henri Matisse, Pierre Bonnard, Paul Gauguin, Jan Toroop, Oskar Kokoschka, Georges Minne). Lernte Josef Hoffmann kennen, der ihn mit der Wiener Werkstätte (WW) in Kontakt brachte.
3. Juli 1909
Ungünstige Beurteilungen an der Akademie, zunehmend divergierende Ansichten mit Griepenkerl. Gründung der Neukunstgruppe (mit Anton Faistauer, Anton Peschka, Erwin Dominik Osen und Hans Massmann) und Abbruch des Studiums. Abschlusszeugnis vom 3. Juli 1909, das nur mit „genügend“ gespickt ist. Schon am 17. Juni 1909 hatte Schiele mit Gustav Pisko einen Vertrag unterzeichnet. Im Dezember erste Ausstellung der Neukunstgruppe im Salon des Kunsthändlers Gustav Pisko, Lothringerstraße 14, III. Bezirk. Schiele lernte den Kunstkritiker Arthur Roessler, den Internisten und Kunstsammler Dr. Oskar Reichel, den Kunstsammler Carl Reininghaus und den Verleger Eduard Kosmack kennen. Schiele schrieb Gedichte (1909/10), inspiriert durch Arthur Rimbaud. Freundschaft mit Max Oppenheimer (1885–1954)
1910
Egon Schiele und die Neukunstgruppe stellten im Club Deutscher Künstlerinnen in Prag aus (ab 1.2.).
Anfang des Jahres Bekanntschaft mit dem Gynäkologen Erwin von Graff, in dessen Klinik er Studien nach kranken Schwangeren und Babys anfertigte. Angeregt durch Otto Wagner Beginn einer Porträtserie von Wiener Persönlichkeiten (unvollendet). Zweite Ausstellungsbeteiligung in Klosterneuburg. Drei Bildkarten nach modebetonten Entwürfen Schieles von der WW aufgelegt.
Mai-Dezember 1910
Über Josef Hoffmann Teilnahme Schieles an der „Internationalen Jagdausstellung“(Mai-Oktober) im Prater mit „Gelber Akt“ (1910, Leopold Museum). Am 12. Mai fuhr Egon Schiele gemeinsam mit Anton Peschka, seinem späteren Schwager, und Erwin Dominik Osen nach Krumau, um eine Künstlerkolonie zu gründen (bis 1.6.). Ab 6. Juni verlor Schiele die finanzielle Unterstützung durch seinen Onkel. Nach Wien zurückgekehrt, bewohnte Schiele bis Oktober ein Atelier in der Alserbachstraße 39 im IX. Bezirk; danach zog er in die Grünbergstraße 31 (12. Bezirk). Otto Wagner soll Egon Schiele geraten haben, eine Serie von bekannten Wiener Persönlichkeiten zu malen, um bekannt zu werden. Sein eigenes Bildnis ist nicht über Kopf- und Händestudien hinausgekommen. Sechs weitere wurden ausgeführt, jene nach dem Maler Zakovesk und dem Verleger Kosmack sind die bedeutendsten.
Herbst 1910
Im Herbst stellte Egon Schiele wieder im Chorherrenstift Klosterneuburg aus. Der Eisenbahnbeamte Heinrich Benesch begann Schiele zu sammeln. Dessen Bild „Sonnenblume“ begeistert ihn so sehr, dass er den jungen Maler besuchte und zu einem passionierten Sammler von dessen Zeichnungen und Aquarellen wurde. Die Sammlung Benesch bildet heute den Grundstock der Schiele-Sammlung der Albertina. In diesem Jahr intensiver Kontakt zu Max Oppenheimer.
1911
Albert Paris Gütersloh verfasste einen ersten Aufsatz über Schiele: „Egon Schiele. Versuch einer Vorrede“. April–Mai erste Einzelausstellung in der Galerie H. O. Miethke in Wien. Traf Walburga (Wally) Neuzil, die bis 1915 eine besondere Stellung in seinem Leben einnahm. Übersiedelung am 13. Mai nach Krumau (mit Wally?). Schiele malte v. a. kleinformatige Gemälde nach der Altstadt. Anfang August wurden beide aus der Stadt ausgewiesen und - nach einer kurzen Zwischenstation bei Schieles Mutter - Übersiedelung nach Neulengbach. Im September 1911 lernte Schiele durch den Kunstkritiker Artur Roessler den Münchner Kunsthändler Hans Goltz (1873–1927) kennen, der Schiele vertrat und ihm mehrere Ausstellungen in Deutschland verschaffte. Im November Aufnahme in der Künstlervereinigung SEMA (mit Paul Klee, Alfred Kubin).
1912
Anfang des Jahres Ausstellung mit der Neukunstgruppe im Künstlerhaus im Budapester Künstlerhaus (mit Arnold Schönberg, Oskar Kokoschka). Über Goltz Kontakt mit Karl Ernst Osthaus (1874–1921), der im Museum Folkwang in Hagen eine repräsentative Ausstellung präsentierte. Im Frühjahr im Hagenbund vertreten, was ihm den Kontakt zu Franz Hauer sowie Magda Mautner-Markhof brachte. Teilnahme an der Sonderbundausstellung in Köln (Mai–September). Die SEMA-Mappe erschien.
Neulengbach-Affäre: 11.4.-7.5.1912
11. April Vorladung
13. April–7. Mai Inhaftierung: 21 Tage Untersuchungshaft und drei Tage zusätzlicher Arrest. Bei der Verhandlung wurde ein Blatt, das an Schieles Schlafzimmerwand gepinnt war, vom RIchter verbrannt. Die „Aufzeichnungen“ Schieles aus dem Gefängnis sind eine Erfindung von Artur Roessler (1922).
Sommer 1912
Nach seiner Entlassung schrieb er an Artur Roessler, dass er noch immer ganz „zerrüttet“ wäre.
Im Sommer Reise nach Klagenfurt in Kärnten (mit Wally), Triest (alleine). Seit 25. Mai lief in Köln die „Internationale Sonderbund-Ausstellung“, auf der Egon Schiele mit drei Werken vertreten war. Das bedeutete den internationalen Durchbruch. Zudem wurden seine Bilder in der Kunsthandlung Arnold in Dresden auf im Juli auf der Ausstellung des Hagenbundes („Die Eremiten“) gezeigt. Durch diese Ausstellung lernte Egon Schiele Franz Hauer kennen, der ihn bis zu seinem frühen Tod 1914 sammelte.
Herbst 1912
Im Herbst hielt sich Egon Schiele in München auf (August), Lindau, Bregenz, Zürich. Im November bezog Egon Schiele ein neues Atelier in der Hietzinger Hauptstraße 101 in Wien XIII, das er bis zu seinem Tod nutzte. Klimt stellte ihn dem Industriellenehepaar Serena und August Lederer vor, deren Sohn Erich dem Künstler freundschaftlich verbunden blieb und eine bedeutende Kollektion von Zeichnungen und Gouachen Schieles aufbaute. Weihnachten und Neujahr bei Lederers in Györ.
1913
Teilnahme an der 43. Ausstellung der Wiener Secession mit zwei Landschaftsbildern und vier Zeichnungen (Jänner-Februar). Ab 17. Januar 1913 Mitgliedschaft im Bund Österreichischer Künstler (Präsident Gustav Klimt) und Teilnahme an einer Ausstellung in Budapest. Einjähriger Vertrag mit dem Münchner Kunsthändler Hans Goltz, der Schiele im Sommer eine Kollektivausstellung widmete. Viele Reisen, Im Sommer gemeinsam mit Wally bei Arthur Roessler in Altmünster am Traunsee (Schnappschüsse) und am Kärntner Ossiacher See. Mitarbeit an Franz Pfemferts Berliner Zeitschrift „Die Aktion“.
1914
Druck des Manifests der Neukunstgruppe in „Die Aktion“. Schiele bekam den 1913 ausgelobten Carl-Reininghaus-Preis nicht zugesprochen und war in einer finanziell schwierigen Lage. Hans Goltz bot ihm eine Reise nach Paris an, die Schiele jedoch nie antrat. Lernte Anfang des Jahres die Schwestern Harms kennen. Erlernte von Robert Philipp das Anfertigen von Holzschnitten und Radierungen. Ab Herbst gab Schiele Hans Böhler (1884–1961) Kunstunterricht, was Schieles finanzielle Lage verbesserte. Experimente mit fotografischen Selbstbildnissen, hierfür Zusammenarbeit mit dem Fotografen Anton Trčka. Hochzeit seiner Schwester Gertrude mit Anton Peschka im November. Vom Ausbruch des Ersten Weltkrieg anfgangs nicht betroffen und zwei Mal als untauglich ausgemustert.
1915
Erste erfolgreiche Einzelausstellung in der Wiener Galerie Arnot mit 16 Gemälden, Zeichnungen und Aquarellen (31.12.1914–31.1.1915); Otto Benesch schrieb eine Einleitung für den Katalog. Schiele entschied sich Edith Harms zu heiraten, Trennung von Wally und im Mai dritte und positive Musterung. Am 17. Juni 1915 heiratete Egon Schiele Edith Harms, Hochzeitsreise nach Prag und Einrücken zur Grundausbildung ins böhmische Neuhaus (Jindřichův Hradec). Beginn des Einsatzes als Einjährig-Freiwilliger des k.u.k. Infanterie-Regiments Nr. 74. Wegen eines angeborenen Herzleidens musste er keinen Dienst an der Front zu arbeiten. Rückkehr nach Neuhaus und Wien als Bewachungssoldat.
1916
Teilnahme an der Wiener Kunstschau in der Berliner Secession.„Die Aktion“ gab ein Egon-Schiele-Heft, Nr. 34/35, heraus. Schiele führt ein Kriegstagebuch. Stationierung in Liesing, heute der 23. Wiener Gemeindebezirk, zur Bewachung von Kriegsgefangenen sowie als Schreiber in der k. k. Offizierstation für kriegsgefangene Offiziere in Mühling in Niederösterreich.Zeichnungen nach russischen und österreichischen Offizieren im Kriegsgefangenenlager in Mühling.
1917
Versetzung in die k.k. Konsumanstalt für die Gagisten der Armee im Felde nach Wien, zeichnete Magazine und Filialen. Bekanntschaft mit dem dort als Offizier dienenden Kunsthändler Karl Grünwald. Organisierte die Kriegsausstellung 1917 im Prater gemeinsam mit Albert Paris von Gütersloh. Pläne für die Gründung einer „Kunsthalle“ nach Vorbild der Wiener Secession scheitern am Geldmangel. Zahlreiche Ausstellungsbeteiligungen in Wien, München, Amsterdam, Stockholm und Kopenhagen. Vermittelte Klimts „Beethoven-Fries“ an die Familie Lederer. Erster Ankauf von Papierarbeiten Schieles durch die k. k. Österreichische Staatsgalerie (Belvedere) unter Direktor Franz Martin Haberditzl. Im Dezember starb Wally in Sinj bei Split, Dalmatien.
Februar - März 1918
Tod von Gustav Klimt (6.2.). 49. Ausstellung der Secession mit Beteiligung von vielen Mitgliedern der Neukunstgruppe und einem Ausstellungsplakat von Egon Schiele (März). Öffentlicher und finanzieller Durchbruch für Schiele, der 19 großformatige Gemälde und 29 zum Teil aquarellierte Zeichnungen präsentierte - und sich selbst den zentralen Raum der Ausstellung gab. Franz Martin Haberditzl erwarb Schieles Bildnis der Frau des Künstlers, Edith Schiele und damit erstmals ein Gemälde des Künstlers zu dessen Lebzeiten für ein österreichisches Museum.
April - Oktober 1918
Ende April Versetzung an das k.k. Heeresmuseum im Arsenal. Im Sommer bei Broncia Koller-Pinell und ihrem Mann Hugo Koller in Oberwaltersdorf, südlich von Wien. Schiele mietete ab Juli ein zusätzliches Atelier in der Wattmanngasse 6 in Wien XIII.
31.10.1918
Tod der im sechsten Monat schwangeren Edith Schiele am 28. Oktober und von Egon Schiele am 31. Oktober 1918 an der Spanischen Grippe.
1918/19
Drei gemalte und drei gezeichnete Poerträts von Egon Schiele waren in der Ausstellung "Bildnisse" in der Wiener Secession zu sehen (Dezember 1918-Januar 1919).