Max Oppenheimer

Wer war Max Oppenheimer?

Max Oppenheimer (Wien 1.7.1885–19.5.1954 New York) – nach seiner Signatur auch kurz MOPP genannt – war ein aus Österreich stammender Maler des Expressionismus.

Kindheit & Ausbildung

Max Oppenheimer wurde am 1. Juli 1885 in Wien geboren. Er war der Sohn des Journalisten und Redakteurs Ludwig Oppenheimer und der Bruder des Schriftstellers Friedrich Heydenau. Seine Familie gehörte zu den assimilierten jüdischen Familien in Wien; sein Vater kam aus Mähren und war ein Mitbegründer des „Concordia“-Vereins für Journalisten und Schrifsteller.

Oppenheimer studierte ab seinem 15. Lebensjahr an der Wiener Akademie der bildenden Künste bei Christian Griepenkerl (1900–1903) und danach an der Kunstakademie in Prag bei F. Thiele (1903–1906). 1903 und 1904 erhielt der begabte Student je ein Stipendium der Gesellschaft zur Förderung deutscher Wissenschaft, Kunst und Literatur in Böhmen1 als auch der „Concordia“, des Vereins deutscher Schriftsteller und Künstler in Böhmen, in der Höhe von 200 Kronen2 und zu seinem Studienabschluss einen Preis anlässlich der „Jahres-Schulausstellung“3.

1906 schloss sich Max Oppenheimer der Gruppe „OSMA [Die Acht]“ an, einer der ersten Vereinigungen deutsch-tschechischer Avantgardisten. Im Frühjahr nahm er erstmals mit zwei Werken – dem Genrebild „Strickendes Mädchen“ sowie „Im Weingarten“ – an einer Ausstellung in der Wiener Secession teil.4 Oppenheimers Malweise wurde zu dieser Zeit in hohem Maße von dem erwachenden Interesse an impressionistischer Malerei, besonders der von Max Liebermann beeinflusst. Damit erzielte er erste Erfolge sowohl in der Secessionsausstellung als auch als Porträtist u.a. des Bildnisses von Edgar von Spiegel, dem Präsidenten des Journalisten- und Schriftstellervereins „Concordia“, das er vor Mai bereits ausführte.5 Ebendieses wie auch eine Parklandschaft und das Weingarten-Bild stellte Oppenheimer auch auf der Akademie-Ausstellung aus.6

Früher Werke in Wien

Max Oppenheimer nahm an den legendären Ausstellungen „Kunstschau Wien 1908“ (mit einem Selbstbildnis [Raum 13] und einer Baumgartenlandschaft7) und „Internationale Kunstschau Wien 1909“ (mit einem Porträt eines jungen Mannes, genannt „Der blaue Ring“ → Wien | Belvedere: Internationale Kunstschau Wien 1909) teil. Das Selbstporträt erregte Aufsehen und wurde neben Gustav Klimts berühmten Bildern der „Goldenen Periode“ in der „Muskete“ karikiert. Seine Landschaft kennzeichnete Oppenheimer als „treuen Schüler Liebermanns“, sein Selbstporträt wurde als Versuch gewertet, sich „koloristisch sehr pikant und mit sympathischer Frechheit“ sowie „dämonisch-interessant darzustellen“8. Seine noch im selben Jahr entstandene „Judith“ belegt eine intensive Auseinandersetzung mit der „Danae“ Gustav Klimts.

Auf der „Internationalen Kunstschau Wien 1909“ machte Oppenheimer Bekanntschaft mit zahlreichen progressiven Künstlern, darunter Oskar Kokoschka (1886–1980), Egon Schiele (1890–1918) oder Albert Paris Gütersloh (1887–1973). Seine frühen Landschaften und ersten Porträts konnte Max Oppenheimer bereits 1908 im „Kunstsalon Pisko“ vorstellen. Ihm wurden „große Fortschritte“ und „eine kräftige, verheißungsvolle Begabung“ attestiert.9

Der um fünf Jahre jüngere Egon Schiele suchte 1909 aktiv den Kontakt zu Oppenheimer. Deren freundschaftliche Verbindung überdauerte Jahre und manifestierte sich etwa im gemeinsamen Arbeiten in Schieles Atelier (Winter 1910/11) oder in der gegenseitigen Wertschätzung ihrer künstlerischen Arbeiten. In dieser Zeit porträtierten die Künstler einander einige Male.

Ab 1906/07 etablierte sich Max Oppenheimer als Porträtist in Wien und Prag. Er schuf Bildnisse u.a. von:

  • Karl Kraus (1907),
  • Heinrich Mann (Dezember 190710, Sammlung Serge Sabarsky, New York),
  • Stefan Zweig (1908),
  • Peter Altenberg (1909),
  • Arthur Schnitzler (1909),
  • Arnold Schönberg (1909, Privatsammlung),
  • Anton von Webern (1909, Von der Heydt-Museum, Wuppertal),
  • Sigmund Freud (1909, New York Psychoanalytic Society and Institute Archive),
  • Adolf Loos (1910, Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck),
  • Dr. Oskar Reichel (1910, Sammlung Ernst Ploil),
  • Ernst Koessler (1911, Belvedere, Wien),
  • Egon Schiele (1912, Wien Museum),
  • Heinrich Mann (um 1912, Sammlung Grubman),
  • Heinrich Tannhauser (1913, Bayerische Staatsgemäldesammlungen - Sammlung Moderne Kunst in der Pinakothek der Moderne München)

Aus einer anfänglichen Freundschaft mit Kokoschka entwickelte sich aufgrund von Rivalitäten zwischen Protagonisten der österreichischen Avantgarde – so verklagte Oppenheimer erfolgreich den Schauspieler Ernst Reinhold wegen vorsätzlicher Körperverletzung und Ehrenbeleidung11 – eine regelrechte Feindschaft. Kokoschka bezichtigte Oppenheimer des Plagiats und wandte sich an seinen internationalen Bekanntenkreis, um seine Botschaft zu verbreiten und das Werk Oppenheimers zu diskreditierten.12

Berlin – Zürich / Genf – Berlin

Während Oppenheimers mehrjährigem Aufenthalt in Berlin (1911–1915) stellte er in der Modernen Galerie in München (1911) und im Salon von Paul Cassirer aus. Weiters war er erfolgreich für die Zeitschrift „Die Aktion“ tätig und wandte sich kubistischen Tendenzen zu. Ab 1912 signierte er mit seinem Markenzeichen MOPP. Mit seinen expressiven, von El Greco und dem Kubismus beeinflussten Gemälden prägte Max Oppenheimer bereits in den frühen 1910er Jahren die jüngere Generation, darunter den Wiener Maler Fritz Schwarz-Waldegg und Georg Jung.

Existentielle Nöte und das Leiden an der Welt thematisierte Max Oppenheimer in Gemälden christlicher Motivik. Auch bei seiner provozierenden Darstellung „Operation“ (1912, Prag, Národní Galerie) nutzte er Abstoßendes zum Mittel der Abwehr einer als unerträglich empfundenen Wirklichkeit.13

1915 zog er für neun Jahre in die Schweiz (1915–1925), wo er sich intensiv dem Thema Musik zuwandte. Der Maler wurde 1916 in Zürich in den Kreis der Dadaisten eingeführt und nahm noch im selben Jahr an der ersten großen dadaistischen Ausstellung in Zürich teil. Doch bereits ein Jahr später trennte sich Oppenheimer von den Dadaist:innen und zog nach Genf, um sich der sinnbildhaften Verdeutlichung von Musik zuzuwenden.

Max Oppenheimers musisches Interesse zeigt sich unter anderem im Monumentalwerk „Das Orchester“ (1921–1923, Sammlung Dichand, Wien) sowie zahlreichen weiteren dynamischen Darstellungen von konzertierenden Musiker:innen, oft mit Blick auf deren musizierende Hände und Instrumente. Die großen Orchesterbilder waren 1924 in einer vom Wiener Hagenbund ausgerichteten Ausstellung erstmals zu sehen. Kurzfristig bezog der Maler deshalb ein Atelier in Wien. Auch auf der „Biennale 1925“ in Rom war Max Oppenheimer mit einer Orchesterszene vertreten.

1925 übersiedelte Oppenheimer erneut nach Berlin. Wieder waren seine Werke bei Paul Cassirer und der Galerie Arnold in Dresden zu sehen; einige deutsche Museen erwarben Werke des Malers.

Wien

1931 kehrte der Maler wieder in seine Geburtsstadt Wien zurück. Ab 1930 war er korrespondierendes Mitglied des Wiener Hagenbundes; dennoch stellte er 1932 im Wiener Künstlerhaus aus. 15 Gemälde, die im Jahr 1934 entstanden, präsentierte er im Folgejahr in der Wiener Sezession der Öffentlichkeit. Der Künstler erhielt durch Vermittlung des österreichischen Staates ein geräumiges Atelier in der Wiener Hofburg, wo er das monumentale Philharmoniker-Werk in Angriff nahm.

1937 war Max Oppenheimer anlässlich der Pariser Weltausstellung auf der „Exposition d’art autrichien“ im Musée du Jeu de paume des Tuileries vertreten.

Durch den zunehmenden Antisemitismus im Zuge des Aufstiegs des Nationalsozialismus wurde Oppenheimer ob seiner jüdischen Wurzeln in Deutschland von den Nationalsozialisten als „entarteter Künstler“ gebrandmarkt. 1932 wurde Oppenheimers Werk im Rahmen der Verfolgungswelle nach dem Reichstagsbrand, Opfer einer Diffamierungskampagne der SA.

Emigration

Durch den Einmarsch der deutschen Truppen in Österreich im Jahr 1938 war der Künstler gezwungen zu fliehen und emigrierte über Zürich, wo er keine Aufenthaltsgenehmigung erhielt, in die USA (November 1938). An dem monumentalen Bild „Die Philharmoniker“ (Belvedere, Wien, Inv. Nr. Lg 813), das den Komponisten und Staatsoperndirektor Gustav Mahler beim Dirigieren der Wiener Philharmoniker zeigt, arbeitete er seit 1926 und stellte es erst 1952 im New Yorker Exil fertig.

Im Frühjahr 1940 zeigt die Nierendorf Gallery in New York die von Oppenheimer ersehnte erste Ausstellung in der neuen Heimat. Sein unfertiges Philharmonikerbild wird vielerorts in den USA, so auch auf der Weltausstellung in San Francisco, ausgestellt.

Tod

Max Oppenheimer starb am 19. Mai 1954 vereinsamt und verarmt in New York City.

Beiträge zu Max Oppenheimer

26. Februar 2023
Max Oppenheimer, Die Schachpartie, 1925-30, Öl auf Leinwand, 55,2 × 78,2 cm (Oesterreichische Nationalbank, Foto Sammlung Oesterreichische Nationalbank)

Wien | Leopold Museum: Max Oppenheimer Expressionist der ersten Stunde | 2023/24

Das Leopold Museum widmet im Herbst/Winter 2023/24 dem Pionier des Wiener Expressionismus eine große Einzelausstellung, die erste seit fast 30 Jahren, um auf die Leistungen des in Wien und Prag ausgebildeten Malers aufmerksam zu machen.
23. September 2010
Max Oppenheimer, Die Philharmoniker, Detail, 1926–1952, Öl und Tempera auf Leinwand, auf Holz aufgezogen, 302 x 465 cm (Eigentum der Artothek des Bundes, Dauerleihgabe im Belvedere, Wien © Belvedere Wien)

Wien | Belvedere: Max Oppenheimer – Mahler und die Musik Visualisierter Orchesterklang | 2010/11

Im Oberen Belvedere fokussiert man aus das monumentale Ölgemälde „Die Philharmoniker“ (1926–1952) von Max Oppenheimer (1885–1954), mit dem auch dem 150. Geburtstag des Komponisten und Musikoperndirektors Gustav Mahler gedacht wird.
  1. Siehe: Leitmeritzer Zeitung (16.12.1903), S. 4.
  2. Montags-Revue aus Böhmen (14.3.1904), S. 5.
  3. Prager Tagblatt (9.7.1906), S. 4.
  4. XXVI. Ausstellung der Vereinigung Bildender Künstler Österreichs Secession (Ausst.-Kat. Wiener Secession, März – Mai 1906), o. S. [S. 42].
  5. Illustrierte Kronen=Zeitung, Nr. 2277 (4.5.1906), S. 7.
  6. Prager Tagblatt, Nr. 188 (10.7.1906), S. 10.
  7. Prager Tagblatt, Nr. 155 (5.6.1908), S. 9.
  8. Prager Tagblatt, Nr. 179 (1.7.1908), S. 13.
  9. Plein-air, Kunstausstellungen, in: Wiener Sonn- und Montags-Zeitung (27.4.1908), S. 11; siehe auch: Neues Wiener Journal, Nr. 5206 (18.4.1908), S. 8.
  10. Das Prager Tagblatt berichtet am 8. Dezember 1907, dass Heinrich Mann bei seinem letzten Besuch in Prag Oppenheimer Modell gesessen sei. Prager Tagblatt, Nr. 339 (8.12.1907), S. 13.
  11. Prager Tagblatt, Nr. 195 (15.7.1909), S. 8.
  12. Siehe: Gemma Blackshaw, Der moderne Mensch als „Wahnsinniger“. Die Darstellung psychischer Krankheit in Porträts, in: Madness & Modernity. Kunst und Wahn in Wien um 1900, hg. v. Gemma Blackshaw und Leslie Topp (Ausst.-Kat. Wien Museum Karlsplatz 21.1.-2.5.2010), Wien 2009, S. 62-66.
  13. Vergleiche Max Brod, Max Oppenheimer, in: Erdgeist – illustrierte Wochenschrift 3 Jg. (1908), S. 696–700.