Francesco Hayez
Wer war Francesco Hayez?
Francesco Hayez (Venedig 10.2.1791–12.2.1882 Mailand) war ein italienischer Maler, Historienmaler, Lithograf und Kupferstecher der Romantik. Er arbeitete und unterrichtete in der Mitte des 19. Jahrhunderts in Mailand und ist bekannt für Historiengemälde, politischen Allegorien und Porträts. er etablierte sich als Maler der Leidenschaft und der Liebe, also des großen romantischen Themas.
Kindheit
Francesco Hayez wurde am 10. Februar 1791 in Venedig geboren. Er stammte aus einer relativ armen Familie aus Venedig.1 Sein Vater Giovanni war ein Fischer aus Valenciennes (Frankreich), während seine Mutter Chiara Torcellan aus Murano stammte. Francesco war der jüngste von fünf Söhnen. Er wurde von der Schwester seiner Mutter aufgezogen, die Francesco Binasco, einen wohlhabenden Reeder, Antiquitätenhändler und Kunstsammler, geheiratet hatte. Hayez zeigte seit seiner Kindheit eine Neigung zum Zeichnen.
Ausbildung
Francesco Hayez verbrachte er seine Kindheit und Jugend im Mailänder Haus seines Onkels, wo er auch seine erste Ausbildung erhielt: Francesco Binasco, der das frühreife künstlerische Talent seines Neffen erkannte, führte ihn in die Malerei ein, in der Hoffnung, ihn in die Restaurierungsbranche zu lenken, um ihn in seinem eigenen Unternehmen zu beschäftigen. Die Autobiografie des Malers ist - aus seiner Perspektive - die wichtigste Quelle für sein Leben: Le mie memorie dettate da Francesco Hayez, (Mailand 1890)
Zur gleichen Zeit begann der junge Francesco, Zeichenunterricht bei einem gewissen Zanotti zu nehmen und wechselte nach dessen Tod in die Schule des Venezianers Francesco Maggiotto aus dem späten 18. Jahrhundert. Hier eignete er sich unter der Anleitung Maggiottos eine umfassende bildliche und literarische Bildung an, verschlang Bücher über Mythologie und Geschichte und hatte die Gelegenheit, einige der großen venezianischen Meister des 18. Jahrhunderts zu studieren, von Giovanni Battista Tiepolo und Sebastiano Ricci bis Francesco Fontebasso und Giovanni Battista Piazzetta. Davon bewunderte er besonders Gregorio Lazzarini. Von ihm wurde Hayez so stark beeinflusst, dass er seinen eigenen Stil auf dessen klarer und geschmeidiger Art aufbaute.
Später wurde Hayez Schüler des Malers Francesco Maggiotto, bei dem er drei Jahre lang studierte. 1806 nahm ihn der Malkurs der Neuen Akademie der Schönen Künste in Venedig auf: Francesco Hayez studierte an der Accademia di Belle Arti di Venezia (Akademie für Schöne Künste) in Venedig bei Teodoro Matteini (1754–1831).
Im Jahr 1809 gewann er einen Wettbewerb der Akademie von Venedig für einen einjährigen Aufenthalt an der Accademia di San Luca in Rom. Dort bildete er sich bei Pelagio Palagi (1777–1860) und unter dem Einfluss von Antonio Canova im Stil des Klassizismus weiter. Francesco Hayez blieb bis 1814 in Rom und zog dann nach Neapel, wo er von Joachim Murat beauftragt wurde, ein bedeutendes Werk zu malen, das Bild „Odysseus am Hofe von Alkinoos“.
Nachdem Hayez die ersten Preise der Akademie von San Luca und der Brera erhalten hatte, wurde er Professor an der Brera.
Werke
Ab 1820 hielt sich Francesco Hayez wieder in Mailand auf, er wechselte 1821 vom Klassizismus zur Romantik und wurde deren führender Maler in Oberitalien, genauer in der Lombardei und in Venetien, die damals unter österreichischer Herrschaft zu einem Königreich vereint waren. Im Laufe seiner langen Karriere erwies sich Hayez als besonders produktiv. Sein Schaffen umfasste historische Gemälde, die das patriotische Empfinden seiner Gönner ansprechen sollten, sowie Werke, die den Wunsch widerspiegelten, einen klassizistischen Stil mit großen Themen aus der Bibel oder der klassischen Literatur zu verbinden. Hayez stand für den Kampf um die nationale Einheit (Risorgimento) und die romantischen Vorstellungen, die mit ihr auch einhergingen. Er malte auch Szenen aus Theateraufführungen.
Die drei vom Wiener Hof am meisten geförderten, von den Sammler:innen bevorzugten und in Wien bekanntesten Künstler aus dem Königreich Lombardo-Venetien mit seinen Hauptstädten Mailand und Venedig waren Mitte der 1830er Jahre der „kaiserlich-königliche Hofstatuarius“ Pompeo Marchesi (Bildhauer) und die Maler Hayez und Giuseppe Molteni, die übrigens auch die wichtigsten Protagonisten der Mailänder Szene waren. Francesco Hayez hielt sich deshalb 1837 in Wien auf, um die Wiener Biedermeiermalerei und den Hof kennenzulernen.2 Hayez hatte den prestigeträchtigen Auftrag erhalten, den neuen Herrscher zu feiern, indem er in einem Gewölbe in der Sala delle Cariatidi im Palazzo Reale in Mailand das Fresko „Allegorie der politischen Ordnung Ferdinands I. von Österreich“ gestaltete. Der Kaiser wollte den Künstler kennenlernen und gleichzeitig die Entwürfe für das Fresko sehen.
Im Folgejahr reiste Friedrich von Amerling von Wien nach Mailand, wo er 1838 ein Porträt von Francesco Hayez schuf. Es ist also nicht auszuschließen, dass Amerling nach eingehender Auseinandersetzung mit Gemälden seiner oberitalienischen Kollegen die Idee hatte, Bilder wie „Taubenmädchen“ oder „Das Souvenir [L’assopita]“ zu malen. Im Gegenzug ist es möglich, dass die internationale Vernetzung des Malers dazu führte, dass Hayez neue Themen aufgriff und zu einem immer stärker betonten Formalismus fand. Zwischen den 1840er und 1850er Jahren entwickelte er neue Ansätze für seine Historienmalerei und bevorzugte nun venezianische Motive.
Um 1850 widmete Francesco Hayez seiner Heimatstadt Venedig drei Gemälde: „Die geheime Anklage [L’accusa segreta]“ (um 1847, Musei Civici di Pavia), „Die Verschwörung zur Rache [Il consiglio alla vendetta]“ (1851, Sammlungen des Fürsten von und zu Liechtenstein, Wien-Vaduz) und „Vendetta di una rivale (Le veneziane)“ (1853, Ausstellungsort unbekannt).
Die Anregung dazu könnte von seinem Freund und Förderer, dem Schriftsteller Andrea Maffei (1798-1885), gekommen sein, der eine kleine Geschichte um eine Verleumdung aus enttäuschter Liebe in der Lagunenstadt entwickelt hatte. Das Gemälde „Die geheime Anklage“ bezieht sich auf das Ende der Erzählung und führt das Geschehen auf einen Höhepunkt zu, der jede Umkehr unmöglich macht. Ausschlaggebend dafür ist der Brief mit der Adresse „A S. Eccelenza / I tre bai / del Consiglio di X“ in der Hand der jungen Frau. Der Brief ist adressiert an den Consiglio dei Dieci, den Rat der Zehn, das oberste Rechtsprechungsorgan. In großer Aufregung eilt die Venezianerin mit gesenktem Kopf und weinend über die Loggia des Dogenpalastes. Der Löwenkopf am linken Bildrand lässt erahnen, dass der Hintergrund dieses Briefes kein ehrlicher ist. Das Maul des Löwen, im Volksmund „Bocca di Leone“ genannt, diente im Venedig der Dogenzeit als von höchster Stelle eingerichtete Sammelstelle für Denunziationen aller Art.
Im Jahr 1855 war Francesco Hayez mit vier wichtigen Historienbildern und drei Porträts als Protagonist im österreichischen Pavillon der Weltausstellung in Paris vertreten, gemeinsam mit seinem Schüler Domenico Induno, der sieben Genrebilder ausstellte. Die Ausstellung umfasste Werke von Künstlern aus den verschiedenen Provinzen, darunter Karl von Blaas, Eduard von Engerth, Ferdinand Georg Waldmüller (sechs Gemälde), Franz Eybl, Rudolf von Alt, Friedrich Gauermann, der Böhmer Josef Führich, der Ungar József Borsos und die Polin Zofia Fredro. Besonders stark vertreten waren norditalienische Künstler wie Carlo Arienti und Francesco Hayez, die von der Kritik gesondert behandelt wurden.
In späteren Jahren versuchte er sich in großen Historienbildern der realistisch-historischen Richtung anzupassen. Seine Gemälde sind durch romantische Zartheit der Form und Wahrheit des Ausdrucks ausgezeichnet, weniger durch das allzu weiche Kolorit. Der Kunsthistoriker Corrado Ricci beschrieb Hayez als einen Klassizisten, der sich dann zu einem Stil emotionalen Tumults entwickelte. Auffällig abwesend in seinem Oeuvre sind jedoch Altargemälde – möglicherweise aufgrund der napoleonischen Invasionen, die viele Kirchen und Klöster in Norditalien entweihten.
Eine wissenschaftliche Bewertung von Hayez' Karriere wird dadurch erschwert, dass er seine Werke weder signierte noch datierte. Oft geben die Daten in seinen Gemälden an, wann das Werk erworben oder verkauft wurde, nicht aber, wann es geschaffen wurde. Außerdem malte er oft mehrere Male die gleiche Komposition, mit minimalen oder gar keinen Variationen.
Porträts
Seine Porträts haben die Intensität von Jean-Jacques Ingres und der Nazarener. Hayez' Porträtierte sind oft sitzend und tragen strenge, schwarz-weiße Kleidung mit wenig bis gar keinem Dekor. Hayez malte zwar hauptsächlich Porträts für den Adel, beschäftigte sich aber auch mit anderen Personen, darunter Künstlerkollegen und Musikern. Gegen Ende seiner Karriere arbeitete er nachweislich mit Fotografien als Vorlagen.
Weibliche Akte
Eines von Hayez' Lieblingsthemen war der weibliche Akt bzw. die halb bekleidete Odaliske – ein Lieblingsthema romantischer Maler. Die Darstellungen des Harems und seiner (vermeintlichen) weißhäutigen Frauen erlaubte den Künstlern, Nacktheit zu thematisieren. Sogar Hayez' „Maria Magdalena“ ist sinnlicher als religiöser Eifer.
Der Kuss
Hayez' Gemälde „Der Kuss“ (1859, Pinacoteca di Brera, Mailand) wurde von seinen Zeitgenossen als eines seiner besten Werke angesehen und ist möglicherweise sein bekanntestes Werk. Die ungekünstelte Geste des küssenden Paares erfordert keine Kenntnisse von Mythen oder Literatur und spricht einen modernen Blick an.
Lehre
1850 wurde Hayez zum Direktor der Accademia di Belle Arti di Brera ernannt. Zu seinen Schülern an der Accademia di Belle Arti di Brera zählten:
- Carlo Belgioioso,
- Amanzio Cattaneo,
- Alessandro Focosi,
- Giovanni Battista Lamperti,
- Livo Pecora,
- Angelo Pietrasanta,
- Antonio Silo,
- Ismaele Teglio Milla,
- Francesco Valaperta
Tod
Francesco Hajez starb am 12. Februar 1882 in Mailand im Alter von 91 Jahren.
Literatur zu Francesco Hayez
- Fernando Mazzocca, Malerei im Königreich Lombardo-Venetien 1820–1860. Die lange Phase der Romantik, in: Ist das Biedermeier? Amerling, Waldmüller und mehr, hg. v. Agnes Husslein-Arco und Sabine Grabner (Ausst.-Kat. Belvedere, Wien, 21.10.2016–12.2.2017), München 2016, S. 48–59.
- Francesco Hayez, hg. v. Fernando Mazzocca (Ausst.-Kat. Gallerie d’Italia, Mailand), Cinisello Balsamo 2015.
- Hayez dal mito al bacio, hg. v. Fernando Mazzocca (Ausst.-Kat. Palazzo Zabarella, Padua), Venedig 1998.
- Fernando Mazzocca, Francesco Hayez. Catalogo ragionato, Mailand 1994.
- Hayez, hg. v. Maria Cristina Gozzoli und Fernando Mazzocca (Ausst.-Kat. Palazzo Reale und Palazzo di Brera, Mailand), Mailand 1983.
- Die wichtigste Litertur zu Francesco Hayez ist: Hayez, hg. v. Maria Cristina Gozzoli und Fernando Mazzocca (Ausst.-Kat. Palazzo Reale und Palazzo di Brera, Mailand), Mailand 1983; Fernando Mazzocca, Francesco Hayez. Catalogo ragionato, Mailand 1994; Francesco Hayez, hg. v. Fernando Mazzocca (Ausst.-Kat. Gallerie d’Italia, Mailand), Cinisello Balsamo 2015.
- Ein umfassender Bericht über seinen Aufenthalt in Wien findet sich in der Autobiografie des Künstlers: Francesco Hayez, Le mie memorie, Mailand 1890, S. 86–89).