Die Präsentation der „Maquetten“ - d.h. Entwürfe und Modelle aus Gips - und die Rekonstruktion des Ateliers von Henry Moore (1898-1986) findet zu Ehren des vor über 30 Jahren verstorbenen, britischen Künstlers statt und zeigt nicht nur zwei großformatige Skulpturen im Park vor dem Hôtel Brion, sondern fokussiert den Arbeitsprozess des schöpferischen Menschen.
Frankreich | Paris: Musée Rodin
15.10.2010 – 27.2.2011
Vor dem Zweiten Weltkrieg entstanden alle Skulpturen auf dem Papier, wie die große Anzahl von dicht beschriebenen Skizzenblättern zu Beginn der Ausstellung zeigt. Moore nutzt die freie Fläche um, wohlgeordnet, Liniengefüge nebeneinander aufzureihen, welche die Objekte aus verschiedenen Perspektiven zeigen. Interessanterweise dachte der Künstler dabei nicht in Volumen, sondern suchte die perfekte, weich schwingende Umrisslinie! Der Kontakt und die Auseinandersetzung mit den Surrealisten Alberto Giacometti, Ossip Zadkine und Pablo Picasso ist den Zeichnungen und Skulpturen der Folgezeit deutlich anzusehen.
Der Durchbruch gelang dem Bildhauer interessanterweise auch mit dem Medium Zeichnung, als er während des Zweiten Weltkriegs in den Londoner U-Bahnen die dort sich versteckenden Menschen als anonyme, liegende Masse dokumentierte. Vielleicht wurde seine Vorliebe für sitzende und liegende, meist weibliche Figuren bereits in diesen Jahren geprägt. Die Nachkriegsskulptur wird im Œuvre Moores u.a. von „Inneren/Äußeren Formen“ bestimmt sein. In diesen Skulpturen suchte der Künstler das Gefühl von Geborgenheit, einer intakten Mutter-Kind-Beziehung Form zu geben. Bei langen Spaziergängen sammelte er interessante Fundstücke wie Muscheln und Holz, besaß aber auch einen Elefantenschädel, der zu den Lieblingsobjekten Moores in dessen Atelier zählte. Das rekonstruierte Atelier macht deutlich, wie klein der Raum war, in dem Moore arbeitete, in welcher Fülle von Materialien der Natur er sich inspirieren ließ (hier ließe sich ein Bezug zu den Arbeitspraktiken von Hans Arp oder Alberto Giacometti anschließen!).
Die großformatigen Gipsmodelle werden in der ehemaligen Kapelle des Hôtel Brion (heute: Musée Rodin, Paris) präsentiert: Arbeitsspuren, glatte Oberfläche, weich fließende Formen, runde Kanten; Durchblicke, Assoziationen mit (Hüft-)Knochen oder prähistorischen Artefakten sind wichtige Ausdrucksmittel Moores. Die Modernität des Bildhauers zeigt sich an seiner Arbeit an der Grenze zwischen Figuration und Abstraktion.
Eine großformatige Arbeit im Öffentlichen Raum findet sich beispielsweise in Wien vor der Karlskirche: "Hill Arches" → Der Karlsplatz in Wien.